Les Contamines-Montjoie: Schneespaß am Mont Blanc
Heißer Kakao dampft im Becher, und die Jüngsten bekommen zur Begrüßung ein kuscheliges Eichhörnchen überreicht: Wer zum ersten Mal nach Les Contamines-Montjoie im Montjoie-Tal kommt, wird nicht nur von der Herzlichkeit und Ursprünglichkeit überrascht, sondern auch von einer majestätischen Bergkulisse: links das Mont-Blanc-Massiv, am Talende der Bonhomme-Pass, rechts der Mont Joly.
Traditionell & nachhaltig
Diese abgeschiedene Lage hat Les Contamines-Montjoie nicht nur vor dem mondänen Rummel der Nachbarn bewahrt, sondern auch vor deren Bausünden.
Während anderenorts Hochhaustürme im Hochgebirge entstanden, hat sich das alte Savoyer Bergdorf schon früh bewusst für nachhaltigen Tourismus im Einklang mit der Natur und der Tradition des Tales entschieden.
Holzhäuser, Chalets und Bauernhäuser, aus denen es noch nach Kuhmist riecht, säumen den Lauf des ungestümen Bonnant, der wild und schäumend über die Steine schießt, und drängen sich um die farbenprächtige Barockkirche mit ihrer ausladenden Haube.
Achtung, Liftschluss!
In wenigen Minuten surrt die Montjoie-Gondel hinauf zum Signal (1.900 Meter), dann der Tierces-Sessellift zur Aiguille Croche (2.487 Meter). In dem weiten Bergkessel scheinen sich die Skiläufer zu verlieren. Weit reicht die Sicht hinüber nach Hauteluce, dem Pistenpartner im Beauforttal.
Hinter dem Kamm, der unter Landschaftsschutz steht, befindet sich der bekannte Skiort Megève. Linkerhand liegen die schwarzen Hänge des Veleray (2.450 Meter). Gegenüber versteckt sich der Berg der Berge unter einer morgendlichen Wolkenhaube. Zu den Füßen lockt die Croche-Piste mit steilem Einstieg und stiebendem Schnee.
Eine leichte Abfahrt führt hinüber zum Col du Joly (2.000 Meter), dem Verbindungspass zu den Hängen von Hauteluce. Die schwarzen Pisten beim Sessellift du Col kombinieren steile Stücke mit schnellen Passagen – und dem immer wieder atemberaubenden Panorama: vom Mont Blanc über den Dôme de Miage mit dem Naturschutzpark der Contamines, der sich bis zu den Aiguilles des Glaciers erstreckt.
Doch wer beim Skispaß nicht auf die Uhr schaut, hat schlechte Karten: Weit mehr als 100 Euro kostet dann die Rücktour per Taxi einmal rund um die Bergkette.
Abwechslungsreiche Abfahrten
Rhythmuswechsel und Rinnen machen die mittleren Pisten abwechslungsreich. Eher spielerisch ist die rote Piste Bûche Croisée. Das Gebiet des Signal (1.900 Meter) ist ideal für Anfänger. Auch die Rutschbahn am Roselettelift macht bereits Einsteigern Spaß.
Doch stets führt auch eine schwieriger Abfahrt hinab – hier die schwarze olympische Piste. Für viele endet das Pistenvergnügen an der Gondelstation Étape, denn die Route ins Tal ist häufig überfrequentiert.
Während sonst meterhoher Naturschnee die Sommeralmen bedeckt, lässt hier auch besonders im Frühjahr die Schneequalität zu wünschen übrig. Die rote Talabfahrt und die blauen Pisten bei der Jonction werden daher von 84 Schneekanonen künstlich beschneit.
Pisten und Puder-Power
An 44 Hängen erstrecken sich die zehn schwarzen und 17 roten Abfahrten, die häufig bis zu 1.000 Höhenmeter überwinden. Und stellt die Buckelpiste sich doch als steiler heraus, als der Blick vom Lift aus vermuten ließ, so führt stets eine leichtere Variante hinab. Wartezeiten sind selten.
Außerhalb der Pisten sind die Möglichkeiten nahezu unbegrenzt. Vom Gipfel der Aiguille Croche führen mehrere jungfräuliche Pisten durch pulvertrockenen Tiefschnee.
Am Sessellift der Bûche Croisée kann man zur Aiguilles de Roselette aufsteigen und in langer Abfahrt zurück zur Notre Dame de la Gorge gleiten. Da sämtliche Abfahrten an der schattigen Nordseite liegen, ist der Schnee bis ins Frühjahr ausgezeichnet.
Schwingen am Dach Europas
Brettern, bis die Beine brennen, lässt es sich mit den Skipässen für den Skigroßraum am Mont Blanc. Bei der Option 1 sorgen 445 Kilometer Piste und 107 Lifte zwischen Saint Gervais, Megève und Les Contamines-Montjoie für variantenreiches Skifahren.
Option 2 schließlich bildet die Eintrittskarte zu einem der größten Skigebiete weltweit: 700 Kilometer Piste bietet der Verbund aller 14 Skiorte zu Füßen des „weißen Berges“.
Hinzu kommen ungezählte Tiefschneeabfahrten und Wedelhänge. Geführte Gletschertouren führen zum Glacier de Toule oder zum Pas de Chèvre; Mehrtagestouren rund um Europas höchsten Gipfel oder via Chamonix ins schweizerische Zermatt.
Auf Boarder wartet ein Snowpark mit Buckelpistenstadion, Halfpipe und Boardercross in Tierces. Auf Wunsch begleiten Hochgebirgsführer sehr gute Snowboarder beim Surfen außerhalb der Piste.
Lust auf Heli-Ski?
Les Contamines-Montjoie gehört zu den wenigen Orten, die in den Alpen Heli-Ski anbieten. Start ist in Italien (Transfer), Ziel sind die unverspurten Tiefschneehänge der Dômes de Miage. Nach der Landung auf dem Col Infranchissable und kurzem Aufstieg auf die erste Bergkuppe folgt die Armencette, ein Tiefschnee-Traum mit 2.400 Meter Höhenunterschied.
Schlummern auf der Sommeralm
Nur im Anfängerbereich und an den Abfahrten ins Tal sind die 64 Schneekanonen installiert. Im übrigen Skigebiet bedeckt Naturschnee meterhoch die Sommeralmen.
„Das macht die Nähe zum Mont Blanc. Contamines ist ein wahres Schneeloch,“ sagt Didier Mollard. Der Vize-Weltmeister im Skispringen von 1993 betreibt heute das Chalet de l’Étape.
Sobald um 17 Uhr der Betrieb der Montjoie-Kabinenbahn eingestellt ist, sind die Gäste der Berghütte auf 1500 Meter Höhe völlig für sich. Draußen umgibt sie ein enormes Schneefeld, drinnen grüßt aus jedem der neun Zimmer der Mont Blanc herüber. Unten in der Gaststube prasselt das Feuer im Kamin.
Ausgezeichnet familienfreundlich
Nur wenige Meter vom Chalet entfernt tobt der Nachwuchs. Im Schneekindergarten machen Skilehrerinnen mit Staatsdiplom Kinder ab drei Jahren spielerisch mit den Grundkenntnissen des Gleitsports vertraut. Noch jüngere werden in der Kinderkrippe La Galipette betreut.
Kinderfreundlichkeit gehört zum Konzept von Contamines-Montjoie. Zur Begrüßung der P’tits Montagnards, der kleinen Gebirgler, gibt es ein Eichhörnchen als Kuscheltier. Marionettentheater, Karneval, Fackelabfahrten und Wettbewerbe im Schneemannbauen sorgen für Abwechslung.
Langlauf im Tal des Bonnant
In der Nähe der Barockkirche Notre Dame de La Gorge befindet sich auch das Chalet der Langläufer, ein Blockhaus mit Räumen zum Waschen und Wachsen, zum Planen und Picknicken. Sechs Rundkurse mit insgesamt 29 Kilometer Länge beginnen hier, folgen durch Wald und Wiesen dem Tal des Bonnant.
Jeden Montag von 18 bis 21 Uhr erhellt Flutlicht die drei Kilometer lange Loipe Les Blanchots. Neugierige können auf der leichten Strecke kostenlos erste Schritte wagen. Sonst ist für das Langlaufnetz ein Loipenticket erforderlich.
Gäste an neue Winterangebote heranführen, gehört zum Konzept von Les Contamines-Montjoie. Seit 1937 wird in dem Hochsavoyer Hochtal Ski gelaufen, 1946 gingen die ersten Lifte in Betrieb. Heute heißt das Ziel Diversifikation. Auch, weil strenge Umweltauflagen einen weiteren Ausbau des Liftbetriebes nahezu unmöglich machen.
Abenteuer abseits der Piste
So ergänzen inzwischen andere Angebote die klassische Ski-Palette. Immer beliebter werden Tandemflüge per Gleitschirm durch das winterliche Gebirge. Von Mitte Dezember bis Ende April zieht Bruno Stritmatter mit seinen Eskimohunden durch unberührte Schneefelder.
Viele Jahre lang sammelte der musher im Norden Kanadas und Sibiriens seine Erfahrung, ehe er in Contamines-Montjoie vor mehr als einem Vierteljahrhundert die ersten Schlittenhund-Touren der etwas anderen Art anbot.
„Ich bin kein Kutscher. Bei mir führt jeder Gast sein eigenes Gespann“, sagt Strittmatter und zeigt, wie die drei Hunde an die Zugleine eingeklinkt gespannt werden. Der Platz für persönliches Gepäck ist begrenzt.
Genächtigt wird in einfachen Hütten ohne Strom, der Schnee ersetzt den Wasserhahn, das Fernsehprogramm das funkelnde Firmament.
Schneeschuhwandern an den Dômes de Miage
Fast senkrecht marschiert Serge Errat den Hang hinauf. Der Schnee staubt, knirscht vor Trockenheit. Nur ein regelmäßiges Klack-klack unterbricht die Stille. Stunden- oder tageweise führt er Winterurlauber auf seinen Randonnées en raquettes – Schneeschuhwanderungen – durch die Winterlandschaft von Les Contamines-Montjoie.
Sein Wanderrevier: die Flanken der Dômes de Miage. Das 3.770 Meter hohe Bergmassiv im Schatten des Mont Blanc (4.807 Meter) bildet den 5.500 Hektar großen Naturschutzpark der Hochsavoyen.
Über offene Schneefelder, dann nur schneebedeckte Tannenwälder wandern wir immer leicht bergauf durch jungfräulichen, unberührten Schnee. Was so kinderleicht aussieht, lässt mich trotz der Kälte schwitzen.
An einem Chalet macht der Bergführer Rast. Et öffnet seinen Rucksack, holt Rotwein, Bauernbrot und würzigen Beaufort-Käse hervor, der aus dem Nachbartal stammt. „Auch unterwegs verzichten wir doch nicht auf unsere goûter, lacht Serge. Der kleine Imbiss hat Tradition.
Les Contamines-Montjoie: meine Reisetipps
Hinkommen
Rund eine Autostunde entfernt liegen die Flughäfen von Annecy (90 Kilometer) und Genf-Cointrin (80 Kilometer). Nächste Bahnstation ist St-Gervais-Le Fayet (12 Kilometer).
Im eigenen Gefährt erreicht ihr von Genf aus auf der mautpflichtigen Autoroute Blanche (A40) nach 62 Kilometer die Ausfahrt Passy. Folgt dann zwölf Kilometer lang der kurvigen Landstraße D 902 das Hochtal hinauf bis nach Les Contamines-Montjoie.
Schlemmen
Le Husky
Bürgerlich: Le Husky von Carole und Dany Ussereau an der Hauptstraße von Les Contamines ist bekannt für gute, grundsolide Küche und kommunikativer Treff des Dorfes.
• 114 Route de St Gervais, Tel. 04 50 47 03 13
Auberge de Colombaz
Urig: In der Berghütte auf 1.500 Meter Höhe dreht sich alles um Käse und Kartoffeln: Raclette und Croutes, Farcement und Tartiflette bestimmen kalorienreich die Speisekarte.
• Tel. 04 50 47 01 50, www.facebook.com
Schlafen
Chalet de l’Étape
Einfach rustikal.
• CR de la Joux aux Tappes, 74170 Les Contamines-Montjoie, Tel. 04 50 47 04 68, https://etape.lescontamines.org
Hôtel Christiana*
Komfortabel mit viel Holz. Hier* könnt ihr die charmante Unterkunft buchen.
• 93, Route de Notre Dame de la Gorge, 74170 Les Contamines-Montjoie, Tel.04 50 47 02 72, www.lechristiania-hotel.com
Noch mehr Betten*
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Im Blog
Alle meine Beiträge zum Thema Wintersport in Frankreich sind in dieser Kategorie vereint.
Im Buch
Klaus Simon, Hilke Maunder, Roadtrips Frankreich*
Das zweite gemeinsame Werk mit Klaus Simon stellt euch die schönsten Traumstraßen zwischen Normandie und Côte d’Azur vor. 14 Strecken sind es – berühmte wie die Route Napoléon durch die Alpen oder die Route des Cols durch die Pyrenäen, aber auch echte Entdeckerreisen wie die Rundtour durch meine Wahlheimat, dem Fenouillèdes.
Von der Normandie zur Auvergne, vom Baskenland hin zu den Stränden der Bretagne und dem wunderschönen Loiretal laden unsere Tourenpläne ein, Frankreich mobil zu entdecken – per Motorrad, im Auto, Caravan oder Wohnmobil. Hier* gibt es das Fahrtenbuch für Frankreich!
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