Les Milandes: bei Josephine Baker
Black Pearl, Ebenholz-Venus und Jazz Cleopatra: So wurde Josephine Baker einst genannt. Frankreich war für die afroamerikanische Sängerin, Tänzerin und Schauspielerin ein ganz besonderer Ort. In Paris explodierte ihre Karriere. In der Dordogne machte sie ihr Schloss zum Weltdorf ihrer Regenbogenfamilie.
1938 mietete sie zunächst das Château des Milandes in Castelnaud-la-Chapelle. 1947 kaufte sie es – und heiratete noch im selben Jahr den damals berühmten Dirigenten Jo Bouillon in der Schlosskapelle. Das Paar hatte sich bereits 1933 in Belgien kennengelernt.
Hoch über der Dordogne
Das Château des Milandes erhebt sich 16 Kilometer südlich von Sarlat am linken Ufer der Dordogne. François de Caumont, Herr von Castelnaud, hatte es 1489 auf Initiative seiner Frau Claude de Cardaillac erbauen lassen – als prachtvolle Residenz der Renaissance mit Hauptgebäude und Vierecksturm, großen Sprossenfenstern und formellem Garten à la française.
Sein heutiges Aussehen erhielt das Schloss erst 1910, als der Industrielle Charles Claverie das Anwesen erwarb. Er ließ ein zweites Hauptgebäude und zwei weitere Türme errichten und beauftragte den Gartenarchitekten Jules Vacherot mit der Umgestaltung des Gartens. Es entstand so jenes grünes Paradies aus Garten und Park, das ihr heute bewundern könnt.
Der formelle Garten erstreckt sich über mehrere Terrassen mit Springbrunnen. Buchsbaum, Blumenbeete und Rasenflächen geben ihm Struktur. Der große Park birgt Atlaszedern, Korkeichen, Tulpenbäume und Schirmkiefern.
Das Schloss – ein Weltdorf
Von ihren vielen Reisen brachte sie verlassene Kinder zurück. Mit ihrem vierten Ehemann, dem Dirigenten Jo Bouillon, adoptierte sie insgesamt zwölf Kinder verschiedener Rassen und Nationalitäten. Mit dieser Regenbogenfamilie lebte sie auf dem Schloss – und machte ihr Dorf im Dorf zum Weltdorf.
1939 schloss sich Josephine Baker der Résistance an. Sie übergab als Kurier Dokumente, machte den Pilotenschein, arbeitete für den französischen Geheimdienst und sang, obwohl sie sehr krank war, für die in Nordafrika stationierten Soldaten.
Tous les hommes n’ont pas la même couleur, le même langage, ni les mêmes mœurs, mais ils ont le même cœur, le même sang, le même besoin d’amour.
Alle Menschen haben nicht die gleiche Hautfarbe, nicht die gleiche Sprache, nicht die gleiche Moral, aber sie haben das gleiche Herz, das gleiche Blut, das gleiche Bedürfnis nach Liebe.
Josephine Baker
Baker ließ 1949 eine Musikhalle errichten, produzierte eigene Shows, trat dort für ihre Freunde auf und holte internationale Künstler wie Dalida, Jacques Brel und Luis Mariano auf ihr Schloss. Alles, was sie verdiente, steckte sie ins Schloss.
Sie baute ein öffentlich zugängliches Schwimmbad und sogar den ersten Vergnügungspark der Region. Der Vergnügungspark wurde finanziell jedoch zu einem Loch ohne Boden– zumal skrupellose Handwerker den Star Rechnungen gleich mehrmals bezahlen ließen.
Großzügig und verschwenderisch
Geld zerfloss in ihren Händen. Ihr verschwenderischer Lebensstil, verbunden mit einer grenzenlosen Großzügigkeit, ließen die Schulden ins Unermessliche steigen. Sie war bettelarm. 1968 wurde ihr Schloss zwangsversteigert und für einen Hungerlohn verkauft, während Josephine auf Tournee war.
Während die neuen Besitzer einzogen, verbarrikadierte sie sich in der Küche. Doch ihr Widerstand war zwecklos. Josephine Baker wurde hinausgeworfen. Als gebrochene Frau zeigt sie ein Foto auf den Stufen ihres einstigen Schlosses.
Sieben Jahre später brachte man sie ins Krankenhaus von Périgueux. Am 12. April 1975 starb Josephine Baker an den Folgen einer Hirnblutung in Paris. Bestattet wurde sie auf dem Friedhof des Fürstentums von Monaco. Grace Kelly kam zu ihrer Beerdigung. Am 30. November 2021 wurden die sterblichen Überreste von Josephine Baker in das Pariser Panthéon überführt. Es wurde nicht Bakers vollständiger Körper überführt, sondern ein Sarg mit etwas Erde aus verschiedenen für sie bedeutsamen Orten. Josephine Baker ist die erste schwarze Frau, der diese Ehre zuteilwurde.
Ein Museum als Hommage
Doch ihr Geist lebt weiter – auch auf dem Château des Milandes. Seit 2001 ist Angélique de Labarre die Schlossherrin – und inszeniert Leben und Werk der Künstlerin in einem Museum. Seine Räume sind noch originalgetreu aus der Zeit von Josephine Baker erhalten – samt Art-Déco-Bad in Rot und Schwarz.
Fotos und Plakate, Videoclips und Originalkostüme lassen die Künstlerin wieder im Geiste lebendig werden. Audiokommentare laden ein, die verschiedenen Phasen ihres Lebens zu entdecken.
Wie bei einem Puzzle entsteht beim Rundgang das Bild der schwarzen Diva in einer weißen Welt, einer engagierten Künstlerin, die viel mehr war, als ihre Spitznamen ahnen lassen.
Château des Milandes: die Infos
24250 Castelnaud-la-Chapelle, Tel. 05 53 59 31 21, www.milandes.com
Tipp
Für den Besuch gibt es Audioguides – auch auf Deutsch!
Schlemmen
Brasserie
In einem Nebengebäude des Schlosses findet ihr die Brasserie von Angélique de Labarre, die dort die Küche des Périgord serviert – im Sommer auf der Terrasse unter schattigen Linden.
Erleben
Raubvogelschau
Die Schloss-Falkner Patrick und Steve stellen bei den spectacles de rapaces ein Dutzend tag- und nachtaktive Raubvögel vor.
Hier könnt ihr schlafen*
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Im Blog
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Im Buch
Martin Walker, Connaisseur*
Ich bekenne: Ich bin während der Pressereise in die Dordogne noch nicht zum Lesen dieses Krimis gekommen. Doch da ich andere Bände kenne und liebe, voilà der Hinweis auf den zwölften Band der beliebten Commissaire-Bruno-Krimireihe von Martin Walker.
Der Inhalt laut Klappentext: Bruno ist neues Mitglied einer Wein- und Trüffelgilde. Doch lange kann er die pâtés und Monbazillacs nicht verkosten, denn er wird an einen Unfallort gerufen.
Auf dem Anwesen des ältesten Gildenmitglieds ist eine Studentin, die in dessen Gemäldesammlung recherchierte, nach einem nächtlichen Rendezvous zu Tode gestürzt. Oder war es Mord?
Eine Spur führt Bruno zum Schloss einer berühmten Tänzerin und Résistance-Heldin: Josephine Baker. Wer mag, kann den Krimi hier* online bestellen.
Marcus X. Schmid, Südwestfrankreich*
Der freie Reisejournalist Marcus X. Schmid hat für alle, die gerne auf eigene Faust unterwegs sind, den besten Reisebegleiter verfasst: sachlich, mit viel Hintergrund, Insiderwissen und Tipps, und dennoch sehr unterhaltsam und humorvoll.
Ich kann ihn aus ganzem Herzen empfehlen, denn auch in diesem Band zu Südwestfrankreich sind tolle Tipps enthalten. Auch kritische Anmerkungen fehlen nicht. Kurzum: ein Reiseführer, der grundehrlich das Reisegebiet vorstellt – ohne versteckte Promotions.
Der gebürtige Schweizer, Jahrgang 1950, lebt heute als Autor und Übersetzer in der französischsprachigen Schweiz. Wer mag, kann ihn hier* direkt beim Verlag bestellen.
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Jetzt gibt es eine Initiative, Joséphine Baker ins Pariser Panthéon zu bringen. Diese Ehre ist nur wenigen herausragenden Franzosen vergönnt, darunter bisher nur 5 Frauen, zu denen die Doppelnobelpreisträgerin Marie Curie und Simone Veil, die erste Präsidentin des Europaparlaments, gehören.
Ich habe die Petition, die Präsident Macron übergeben werden soll, unterzeichnet – der „Club der toten Dichter“ auf dem Genofeva-Hügel braucht noch mehr weibliche Verstärkung.
http://chng.it/6qFwK5bKFn
Liebe Antje, eine tolle Initiative! Danke für diesen Tipp! Viele Grüße! Hilke
Heute auf den Tag vor 4 Jahren brachen wir zu einer Urlaubsreise ins Perigord auf.
Nachdem ich in den letzten Jahren das Vergnügen hatte, Martin Walker bei einigen seiner Lesungen als „deutsche Stimme“ zu begleiten, waren wir 2017 auf seine Einladung hin Gast auf seinem Anwesen im Perigord. Während dieses Urlaubs besuchten wir auf Martin’s Empfehlung unter anderem auch das Chateau des Milandes. Neben dem künstlerischen Schaffen von Josephine Baker wird dort auch ihr Wirken als Philanthropin und Mitglied der Resistance gewürdigt. Wer einmal dort war, dem gräbt sich vor allem das Foto von Josephine Baker auf den Stufen der Küche ins Gedächtnis.
Und die Bruno-Romane können wir als Reise- und Essensführer wirklich empfehlen!
Liebe Grüße
Jutta und Peter
Oh, wie schön, ihr zwei, dass muss eine wunderbare Begegnung gewesen sein! Liebe Grüße! Hilke