Die Grand-Place von Lille. Foto: HIlke Maunder
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Frankreichs nördlichste Metropole: Lille

Eben noch im Job, jetzt schon in Lille: Die Hauptstadt von Hauts-de-France liegt im Herzen Europas, nur eine Stunde von Paris entfernt. Das Auto könnt ihr getrost stehen lassen. In Lille flaniert man, radelt oder nutzt Metro, Tram und Bus. 2021 wurde die gesamte Innenstadt zur Fußgängerzone umgestaltet.

Die Grand-Place von Lille. Foto: Hilke Maunder
Die Grand-Place von Lille. Foto: Hilke Maunder

Die gute Stube von Lille

Treffpunkt der Stadt seit Jahrhunderten ist die Grand-Place, wo Pariser Haussmann-Prunk mit flandrischem Erbe flirtet. Unter den Arkaden der Vieille Bourse, dem schönsten Renaissancebau der Stadt, verkaufen Antiquare dicke Wälzer, alte Illustrierte und Comics.

Die Börse an der Grande Place von Lille. Foto: Hilke Maunder
Die alte Börse an der Grand-Place von Lille. Foto: Hilke Maunder
Lille: In der alten Börse verkaufen Händler Bibliophiles. Foto: Hilke Maunder
In der alten Börse verkaufen Händler Bibliophiles. Foto: Hilke Maunder

Wer Charles de Gaulle verwöhnte

Schachspieler überlegen sich den nächsten Zug. Abends wird zum Plätschern des Brunnens Tango getanzt. Vorbei an edlen Boutiquen erreicht ihr die 1677 gegründete Confiserie Meert.

Im Sommer verkauft Meert an einem nostalgischen Eisstand hausgemachte glaces und Sorbets. Foto: Hilke Maunder
Im Sommer verkauft die Pâtisserie Meert an einem nostalgischen Eisstand hausgemachte glaces und Sorbets. Foto: Hilke Maunder

Zu den Stammgästen, die sich vom Traditionshaus verwöhnen ließen, gehörte auch der einstige Staatspräsident Charles de Gaulle. Er ließ sich stets die geliebten Waffeln aus seiner Heimatstadt in den Élysée-Palast schicken.

Lille: Pâtisserie Meert. Foto: ATOUT France
Ein verführerischer Traum der Belle Époque: die Pâtisserie Meert. Foto: ATOUT France

Zeitreise im Museum

Nun geht es tiefer hinein ins alte Lille. In der Rue de la Monnaie entführt das ehemalige Armenhospiz Comtesse ins 13. bis 18. Jahrhundert. Die Sammlungen blättern Arbeit und Alltag von einst auf. Der einstige Schlafsaal der Nonnen birgt eine kleine Kunstsammlung.

Die Rue de la Monnaie. Foto: Hilke Maunder
Die Rue de la Monnaie. Foto: Hilke Maunder

Im Musée des Beaux-Arts locken Van Dyck, Donatello, Goya und Rodin. Der Kunstpalast an der Place de la République ist mit 22.000 Quadratmetern das größte Kunstmuseum Frankreichs nach dem Louvre von Paris.

Lille: Das Hospice de la Comtesse in der Rue de la Monnaie. Foto: Hilke Maunder
Das Hospice de la Comtesse in der Rue de la Monnaie. Foto: Hilke Maunder

Vauban & de Gaulle

Weiter gen Westen errichtete Vauban 1667-1673 die „Königin der Zitadellen“ aus Backstein. Mit Zoo und Naturgarten bildet der Wehrbau heute den grünen Stern der City. Am Ufer der Lys lockt der Prés du Hem mit Barfußpfad und Badesee.

Nordöstlich der Zitadelle wurde am 22. November 1890 Charles de Gaulle geboren. Sein Geburtshaus findet ihr in der Rue Princesse Nr. 9.  Seit 1983 dokumentiert es als Maison Natale Charles de Gaulle das Leben und Werk des ersten Staatspräsidenten im Nachkriegsfrankreich. 

Der Parc Carnot. Foto: Hilke Maunder
Der Parc Carnot. Foto: Hilke Maunder

Neue Türme

Östlich der Innenstadt haben Architekten aus aller Welt mit Glas und Stahl Euralille geschaffen, das Lille des 21. Jahrhunderts mit der 120 Meter hohen Tour de Lille und der Tour Lilleurope, die an die Bahnhöfe Lille Flandres und Lille Europe andocken.

Das Rathaus samt Belfried von Lille. Foto: Hilke Maunder
Das Rathaus samt Belfried von Lille. Foto: Hilke Maunder

Die Rue Faidherbe, die nach Villeneuve-d’Asq und zum Stadion der EURO 2016 führt, wandelte sich bereits zum Kulturhauptstadtjahr 2004 zur Bummelmeile für Spaziergänger.

Die Oper von Lille. Foto: Hilke Maunder
Die Oper von Lille. Foto: Hilke Maunder

Abends locken die vielen Restaurants der Rue de Gand, ein Cabaretbesuch oder ein Konzert des Orchestre National de Lille. Live-Musik, Ausstellungen, Tanz und Theater erlebt ihr in einstigen Fabriken.

In der Altstadt von Lille. Foto: Hilke Maunder
In der Altstadt von Lille. Foto: Hilke Maunder

Die Folies von Lille

Zwölf von ihnen wurden für das Kulturhauptstadtjahr 2004 in die Maisons Folie, multifunktionale Kultureinrichtungen, verwandelt. Besonders spektakulär gelang Lars Spuybroek und François Andrieux die Umnutzung der Leinenspinnerei Leclercq in Wazemmes.

Lille. Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Der einstige Güterbahnhof von Saint-Sauveur erlebte eine Wiedergeburt als Veranstaltungsareal. Der Tripostal, vormals ein Postamt, fungiert heute als Ausstellungsort für aktuelle Kunst.

Europas größter Flohmarkt

Am ersten Septemberwochenende veranstaltet Lille die Braderie. Der größte Flohmarkt Europas lockt mit 100 Kilometer Tand und Trödel in der City. Kult sind auch die moules frites, Miesmuscheln mit knusprigen Pommes, die während der Braderie verspeist werden. Die Schalen der Muscheln landen im hohen Bogen auf der Straße, wo sie sich zu eindrucksvollen Bergen auftürmen.

Die Passage des Arts verbindet Kunst und Kneipenkultur. Foto: Hilke Maunder
Die Rue des Arts verbindet Kunst und Kneipenkultur. Foto: Hilke Maunder

Sonntags zieht es die Einheimischen zum Wochenmarkt von Wazemmes oder zum alten Güterbahnhof von Saint-Sauveur, wo sie auf der Terrasse des Bistrots trinken, schlemmen, schauen: der perfekte Abschied eines erlebnisreichen Wochenendes in der Europa-Metropole Lille!

Vieux-Lille. Foto: Hilke Maunder
Vieux-Lille. Foto: Hilke Maunder

Ausflüge

Ihr wollt länger bleiben? Dann macht einmal einen Ausflug in den Südwesten des Großraums nach Houplin-Ancoisne. Dort lädt im Herzen der Parks an der Deûle das MOSAÏC ein, in zehn Themengärten Kulturen der Menschen zu entdecken, die in der Metropolregion Lille leben.

Street Art in Vieux-Lille. Foto: Hilke Maunder
Street Art in Vieux-Lille. Foto: Hilke Maunder

Auf 33 Hektar zeigt die als jardin remarquable ausgezeichnete Anlage ihre Welt im Kleinen – mit Pflanzen, Kunst und Tieren aus der Heimat der Migranten. Konzerte und Kunstkurse, Tanz und Unterhaltung für die ganze Familie beleben den grünen Mikrokosmos der Kulturen.

Die Porte de Paris in Lille. Foto: Hilke Maunder
Die Porte de Paris in Lille. Foto: Hilke Maunder

Lille: meine Reisetipps

Schlafen

Hôtel Brueghel

62 Kleinode, die Nostalgie und Zeitgeist komfortabel verbinden. Schön wie das Flair ist die zentrale Lage des Dreisternehauses.
•   3/5 Parvis Saint Maurice, 59800 Lille, Tel. 03 20 06 06 69, https://hotel-brueghel-lille.com

Hôtel Couvent des Minimes

Karges Klosterleben in nüchternen Zellen? Von wegen! Die 75 Zimmer und acht Suiten im alten Konvent aus dem 17. Jahrhundert sind stylische Oasen, ruhig und doch zentral.

Aus den Fenstern blickt ihr auf den ehemaligen Hafen. Schön: das Restaurant im überdachten Innenhof, das auch als Event-Location dient.
• 17, quai de Wault, 59800 Lille, Tel. 03 20 30 62 62, www.alliance-lille.com

Hôtel L’Arbre Voyageur (Best Western Premier Collection)

Eine Empfehlung meiner Leserin Eva Kaiser. Sie schreibt: Die Altstadt ist fußläufig zu erreichen, Parkhaus (13 € pro Tag) gleich am Hotel, Zimmer geräumig, separates WC vom Bad, modernes Design.
• 45, Boulevard Carnot, 59800 Lille, Tel. 03 20 20 62 62, www.hotelarbrevoyageur.com

Schlemmen

Gemütlich: eine Kneipe in der Rue des Arts. Foto: Hilke Maunder
Gemütlich: eine Kneipe in der Rue des Arts. Foto: Hilke Maunder

Aux Épherites

Ein Katzensprung von der Place de la République entfernt betreiben der Koch Alexandre Sergiu und die Konditorin Annabelle Lévêque ein Bistrot, das mit einem schlichten, natürlichen Stil die Küchenkunst vorwegnimmt: einfach und ehrlich, lokal und lecker. Vom Buchweizenerbsen-Törtchen bis zum Steinpilzsüppchen findet ihr dort allerbeste Bistronomie. Lasst euch vom Menü Les yeux fermés acht Gänge lang überraschen!
• www.auxepherites.com

Aux Moules

Seit 1930 die Adresse zum Miesmuschelschlemmen.
• 34, rue de Béthunes, Tel. 03 20 57 12 46, www.auxmoulesdelille.fr

La Terrasse des Remparts

Die Lage ist traumhaft. In einem alten Stadttor aus dem Jahr 1621, mit Blick auf die Befestigungen von Vauban, servieren Cathy und Bruno Suppa im gepflegten wie zeitgemäßen Dekor drinnen und draußen französische Küche im klassischen Stil.
• Logis de la Porte de Gand, rue de Gand, Tel. 03 20 06 74 74

Bloempot

Florent Ladeyns flämische Küche macht glücklich. Im Stammhaus der Auberge du Vert Mont – und hier, in einem Innenhof der Straße der Schlachter. Mittags bei Entrée, Plat und Dessert, abends und sonnabends bei Menüs, deren Zusammenstellung die Natur und die Produkte der lokalen Hersteller komponieren.
• 22, rue des Bouchers, Reservierung nur online, www.bloempot.fr 

Les Hauts de Lille

Nachtschwärmer werden im Obergeschoss des Kasinos noch zu später Stunde mit Jakobsmuscheln, Seeteufel oder Hühner-Suprême beglückt.
• 777 bis, Pont de Flandres, Tel. 03 28 14 45 50,  www.hotelsbarriere.com

Shopping

Olivier Desforges

Schöne Wäsche für Haus, Heim und Strand von einem lokalen Hersteller, der 1974 seine erste Boutique an der Place du Lion d’Or von Lille eröffnete – und heute international vertreten ist.
• 15, place du Lion d’Or, 59000 Lille, Tel. 03 20780417,  www.olivierdesforges.fr

Maisons de Mode

Im einstigen Kino der Rue du Faubourg des Postes von Lille vibriert die Mode am Puls der Zeit. In den Maisons de Mode, deren Ableger in Lille sich Jardin de Mode nennt, kreieren junge Modemacher den Look von morgen.

Orlane Herbin mit rockiger Brautmode, Julie Meuriss mit strukturstarken Taschen, Clivia Nobili mit geometrischer Mode voller Harmonie. Entdeckt die neuen Kollektionen von mehr als 100 Designern im Mai und Dezember beim Marché des Modes.

Echte Schnäppchen findet ihr bei der Nuit des Soldes. Oder mischt euch unter die 17.000 Fashionistas, die bei den 48 Heures Maisons de Mode die großen Schauen auf keinen Fall verpassen wollen. Eine zweite Boutique findet ihr in Roubaix neben dem Musée La Piscine.
• Mi – Sa. 14 – 19 Uhr, www.maisonsdemode.com
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https://meinfrankreich.com/lille_hauts-de-france

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Georg Renöckl, 111 Orte in Nordfrankreich111 Orte, die man in Nordfrankreich gesehen haben muss*

Wisst ihr, wo Banksy an Nordfrankreichs Küste seine Stencils hinterlassen hat? Wo ihr am besten salicornes sammeln könnt? Oder wo bis heute die Zeitung im Bleisatz gesetzt wird? Georg Renöckel kennt die ungewöhnlichsten, überraschendsten und außergewöhnlichsten Orte im Norden von Frankreich.
111 davon hat der Wiener Journalist (Jg. 1976), der u.a. in Paris studiert hat,  für seinen Reiseführer 111 Orte, die man in Nordfrankreich gesehen haben muss* ausgesucht. Auch für Insider und gute Kenner der Region hält er noch so manche Entdeckung bereit.

Wer ausgiebig darin stöbert, erfährt auch, warum ein Zwerg die einst mächtigste Ritterburg der Welt zerstörte.Auf der Suche nach historisch, kulturell und legendären Orten hat Georg Renöckl nicht nur die Picardie, das französische Flandern, den Hennegau und den Artois besucht, sondern auch die Île-de-France.

Heraus kam ein lesenswerter Band, der Lust macht auf Entdeckungen abseits eingetretener Pfade. Wer mag, kann den Reiseführer  hier*online bestellen.

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4 Kommentare

  1. So zufällig hier gelandet wie in Lille (wobei- ein Opernbesuch war war der Anlass): wunderschöne Bilder und die vergnüglich zu lesende Beschreibung der wunderbaren Stadt trifft’s genau. Vielen Dank! Ich komme gerne wieder….

  2. Schönes Land. Super Landschaft. Ich liebe Frankreich. Ich kam über die Seite des Massakers von Asque hierher…Ich bin erst 1960 geboren und schäme mich trotzdem!

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