Der Retter des Palais des Évêques
Ich bin immer wieder tief beeindruckt, wie sich in Frankreich die Menschen für den Erhalt ihrer Kulturgüter einsetzen. So wie Jacques Lextreyt. Der Homöopath rettet in Bourg-Saint-Andéol mit Freiwilligen den Palais des Évêques vor dem Verfall.
Fast Dreiviertel der 103 Räume im alten Bischofspalast sind bereits instandgesetzt. 2022 wurde der Bau 800 Jahre alt.
Palais von Adel und Klerus
Ursprünglich war das Stadtpalais eine adelige Burg. Die Familie Mondragon ließ sie im Mittelalter erbauen, sicher und standesgemäß auf erhabener Lage auf dem Rocher Saint-Michel.
Ist der Blick von der großen Terrasse auf die Rhône nicht traumhaft? Auch sie schmücken große Tonvasen von Bosset aus Anduze, wie sie schon im Ehrenhof zu sehen waren.
Im Zuge der Albigenserkriege kam die Burg in den Besitz der Bischöfe von Viviers. Jene erkoren zum Ende des 15. Jahrhunderts die Burg zur Hauptresidenz und bauten sie im Laufe der Jahrhunderte immer mehr aus. Mehr als 40 Bischöfe residierten hier im Laufe der Jahrhunderte in ihren 103 Zimmern.
Bischof François-Renaud de Villeneuve jedoch verließ das Palais. Die Residenz wandelte sich zum Seminar, in der die Faculté des Arts de Valence Philosophiestudien anbot. 1852 schloss das Seminar.
Zwei Jahre später wurde der Bau an die Congrégation des Sœurs de la Présentation de Marie übergeben. Jene betrieb in den historischen Mauern 140 Jahre lang eine école maternelle und eine Grundschule – bis Juni 1998. Verwaist, verfiel der seit 1946 denkmalgeschützte Bau mit seiner gotischen Fassade und den auffallend großen Schornsteinen aus dem 17. Jahrhundert.
Mit Engagement zum Erfolg
Bis zum Jahr 2000. Dann erwarb sie Jacques Lextreyt als résidence privée. Doch der damals 68-jährige Homöopath zog mit seiner Gattin Nicole in nur wenige Räume ein. Die restlichen machte er öffentlich. Und gründete die Association Palais des Evêques, die seitdem mit vielen Aktionen, Ausstellungen und Events Gelder für die Restaurierung des Bischofspalastes eintreibt.
Mittelalterfeste, wechselnde Kunstausstellungen, Firmenveranstaltungen. Die Kassen füllen sich, Raum für Raum füllt sich der Bau mit Leben, mit Geschichte(n) und Legenden, Menschen und Mythen – hautnah zu erleben bei jedem Besuch. Und jetzt: hinein!
Der Palais des Évêques: der Rundgang
Öffnet das hohe rote Tor, das in die Mauer der schmalen Straße eingelassen ist. Es öffnet sich zur quadratischen Cour d’Honneur, einem Garten mit alten Rosen, Heil- und Duftpflanzen. Und einer Katze, die um die Gartentische streicht, und später um meine Beine.
Geradeaus geht es hin zu einem Saal, in dem wechselnde Ausstellungen gezeigt werden. Linker Hand wohnen Jacques und Nicole, rechter Hand beginnt der Rundgang mit einem kleinen Museum zur Geschichte von Ort und Objekt.
Und zu einer Kunstausstellung. In der Kapelle, die erst im 18. Jahrhundert erbaut wurde, könnt ihr 50 Arbeiten des französischen Illustrators und Malers René Margottan sehen.
Sie zeigen religiöse Motive und profane Themen. Sie sind recht bunt und plakativ, mitunter ein wenig angelehnt an den Stil von Marc Chagall. In einigen Räume sind auch noch Wandfresken aus dem 17. Jahrhundert original erhalten!
Gegen Ende des Hundertjährigen Krieges ließ Guillaume de Poitiers für Feiern und Feste die wunderschöne Salle des Banquets reich mit Wappen ausschmücken. Hier könnt ihr sonntagabends ein Menü genießen – oder mittelalterliche Bankette erleben, die mehrmals im Jahr stattfinden. Viele der Gäste kommen im Mittelalter-Look!
Gekocht wird dann wie einst in den beiden grandes cuisines. Ein länglicher Tisch aus dickem Holz, funkelnde Kupfertöpfe … wenn das Feuer im Kamin fackelt, muss es wunderschön aussehen!
Letzte Station des Rundgangs ist die Bibliothek der Bischöfe. „Da steckt noch viel Arbeit drin!“, sagt Jacques Lextreyt. Bis unter die Decke stapeln sich viele Gänge lang die alten Bücher. Mit seinen ehrenamtlichen Helfern wird Monsieur auch dies in den nächsten Jahren schaffen. Merci pour la visite !
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Temps Perdu*
Verlassen, vergessen, verloren – und doch ungeheuer faszinierend. Dieser Bildband stellt die schönsten lost places des Hexagons vor: Schlösser, Herrenhäuser, Schiffswracks, Bibliotheken und Kirchen, Schwimmbäder, Bunker, Bahnhöfe, Fabriken und Geisterdörfer.
Stefan Hefele und Felix Röser entdeckten und fotografierten sie. Drinnen wie draußen entfalten ihre Objekte einen morbiden Charme und ein ganz besonderes Flair.
Begleitet werden ihre stillen Fotos von meinen Texten, die Frankreichs Kultur- und Alltagsgeschichte passend zu den Fotos Revue passieren lassen.
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Ich kenne diesen Palais schon seit vielen Jahren, da Bourg-Saint Andéol die Partnerstadt von Monschau/Kreis Aachen ist. 2025 wird das 50jährige Jubiläum gefeiert. Konzerte im Palais zu erleben ist ein Genuss. Ich hatte die große Freude, ein Abendessen mit meiner Frau auf der großen Terrasse genießen zu dürfen- als einzige Gäste an diesem Abend. Ein unvergessliches Erlebnis.
Oh, danke für den Hinweis, lieber Herr Etschenberg. Dann würde ich auch gerne 2025 in der Reihe „So viel Frankreich steckt in Deutschland“ das Jubiläum für einen Beitrag zu Monschau erstellen … und würde mich freuen, wenn Sie vielleicht ein paar frankophile Infos dazu per Mail schicken könnten an info@maunder.de. Merci und frohe Weihnachten! Hilke Maunder