Safaripark Sigean: Aug in Aug mit Afrika
„Achtung, Lebensgefahr!“, warnt ein Schild am Stacheldrahtzaun. Wenig weiter taucht im Grün ein schwarzer Totenkopf auf, leuchtend rot durchkreuzt. Doch um uns herum nur Karst und Teiche, sumpfiges Grasland und gelb verbrannte Steppe.
Doch plötzlich zeigt Lara aufgeregt auf eine Anhöhe: Ein halbes Dutzend Löwen döst dort in der Sonne. Wir sind unterwegs in der Réserve Africaine de Sigean, einem 300 Hektar großen Safaripark im Languedoc. Ihr findet ihn nur einen Steinwurf entfernt von der A9 Richtung Perpignan.
Mehr als 3.800 Tiere aus 160 Arten – zu 48 Prozent Vögel, 29 Prozent Reptilien und 23 Prozent Säugetiere – lassen sich dort im Süden Frankreichs seit mehr als 40 Jahren hautnah beobachten.
Erst auf acht Rundkursen im eigenen Auto oder bei einer geführten Tour im Minibus, dann zu Fuß im ausgedehnten konventionellen Zoo mit Schimpansen-Insel, Elefantengehege, Solarhaus für Krokodile und afrikanischer Savanne, die sich Zebra, Gnu und Co. teilen.
1971 hatten Paul de la Panouse und Daniel de Monfreid die Idee zu ihrem Tierpark. Im April 1974 war Eröffnung. Drei Jahre später wurde bereits der einmillionste Besucher begrüßt.
Heute kommen jährlich mehr als 330.000 Besucher im Jahr, davon zwölf Prozent aus dem Ausland. Sie machen die Réserve Africaine nach der Cité von Carcassonne zur Nummer zwei der besucherstärksten Tourismusattraktionen der Region. 365 Tage im Jahr erlebt ihr dort Afrika hautnah.
Der Tierpark ist zudem ein wichtiger regionaler Arbeitgeber. 70 festangestellte Mitarbeiter und 55 Saisonkräfte sorgen für den reibungslosen Betrieb des Zoos.
Afrika im Auto
Nach dem Eingangstor, wo ihr vom Wagen aus Tickets und Faltplan erhaltet, fahrt ihr im Schritttempo – empfohlen: 10 km/h – durch die Freigehege. „Fenster stets geschlossen halten. Und nicht anhalten“, geben mehrsprachige Schilder die Verhaltensregeln vor.
Da stolziert auch schon ein Strauß direkt vor uns auf der Fahrbahn und schaut bei jedem Fahrzeug durch die Scheibe. „So richtig dick ist Autoglas ja nicht“, geht mir durch den Kopf. „Wie nah wohl die Löwen kommen….“
Doch jetzt erspähen wir im weiten Buschland nur Herden von Impalas und Onagera, lagern Gnus im Grün und machen in der Ferne Springböcke, Gazellen und Antilopen aus. An einem Bachlauf grätschen Giraffen und lassen ihre blaue Zunge ins Wasser schnellen.
Unter der breiten Krone einer Pinie suchen Watussi-Rinder Schatten. Andere lagern nahe einer Wasserstelle. Auch Sitatunga (Wasserkudus) sollen sich hier verstecken. Doch wo nur?
Doch da drängelt schon mein Hintermann. Weiter in der Autokolonne, hin zu den Tibetbären und afrikanischen Löwen, die im Hochsicherheitstrakt des Tierparks daheim sind.
Als Puffer folgt danach wieder Savannenland mit Gazellen, somalischen Eseln, Giraffen und tonnenschweren Nashörnern. Und wie der Strauß am Eingang begleitet uns jetzt ein Zebra hin zum Ausgang des ersten Teils, in dem die Zeit nur so verflogen ist. Waren wir wirklich schon fast zwei Stunden in Frankreichs Afrika?
Afrika zu Fuß
Jetzt geht es zu Fuß weiter durch Afrika. Am Étang de l’Oeil de Ca treffen sich Flamingos, Enten, Pelikane, Störche. Auf einer Holzschwebebrücke könnt ihr nach Geparden im Unterholz Ausschau halten.
Die Schimpansen, die die Affeninsel bewohnen, zeigten 1996 ihre Malereien bei einer großen Ausstellung im Tierpark.
Engagiert in der Arterhaltung
Neben den Freizeitangeboten mit Führungen zu Fuß und im Minibus, Unterrichtsprogrammen für Schulklassen und Gruppen, widmet sich der Zoo von Sigean auch der Forschung und dem Artenerhalt im Rahmen des Europäischen Erhaltungszuchtprogrammes (EEP).
So erblickte 1994 der erste in Frankreich geborene Somali-Esel in Sigean das Licht der Welt. Weltweit gibt es jährlich nur zehn Geburten.
Bei der Onager-Zucht arbeitet der Safaripark von Sigean eng mit Tierpark Hagenbeck in Hamburg zusammen. Bei der Schimpansen-Zucht kooperiert der Safaripark von Sigean mit dem Zoo von Kopenhagen, beim Arterhalt der Afrikanischen Elefanten mit dem Tiergarten Schönbrunn in Wien.
2012 wurde erstmals Nachwuchs vom weißen Nilpferd im Park geboren; ein zweites weibliches Rhino-Baby folgte im Jahr 2013.
Seit der Gründung der Réserve Africaine de Sigean gab es mehr als 10.000 Mal tierischen Nachwuchs. Finanziert werden die Zuchtbemühungen durch die recht hohen Eintrittsgelder. Wer online bucht, spart.
Was futtern die Tiere?
Tag für Tag verteilen die Tierpfleger drei Tonnen Futter – darunter 198 Kilogramm Obst und Gemüse, 134 Kilogramm Brot und Gebäck, 75 Kilogramm Fleisch, 101 Kilogramm Fisch, 511 Kilogramm Körner und Granulat und 1.518 Kilogramm sonstiges Futter!
Sigean: meine Reise-Infos
Réserve Africaine
• D 6009, 19, Chemin Hameau du Lac, 11130 Sigean, Tel. 04 68 48 20 20, www.reserveafricainesigean.fr
In der Nähe
L.A.C – Lieu d’Art Contemporain
Ein riesiges altes Weinlager in einem Weiler am Étang de Sigean birgt seit 1991 die wohl aufregendste Adresse für zeitgenössische Kunst im Großraum Narbonne: das L.A.C – Lieu d’Art Contemporain.
Vor mehr als 20 Jahren wurde der rund 2.000 Quaratmeter große chai vom holländischen Maler Piet Moget und seiner Tochter Layla komplett umgestaltet, um die Werke zeitgenössischer Künstlern unterzubringen.
Eröffnet wurde mit einer Retrospektive von Geer Van Velde und Jacques Villon, Richard Long, Fred Sandback und Walter de Maria.
1993 zeigte die Ausstellung „Profil einer Galerie“ Werke von Robert Barrie, Niele Toroni, Jean-Michel Basquiat, Robert Combas, Carl Andre, Sol LeWitt und Agnes Martin.
Auch Anselm Kiefer war damals dort zu sehen. 1994 folgten Serge Charchoune, Richard Serra, David Tremlett, Yan Pei Ming, Matias Spescha und viele andere.
1997 widmete sich das L.A.C. den beiden deutschen Künstlern Wolfgang Laib und Thomas Ruff. 1998 waren einige Berliner Künstler im L.A.C. zu sehen.
Installationen des niederländischen Künstlers Carlijn Mens erstaunten, ebenso die Auswahl von Werken aus dem FRAC Fonds Régional d’Art Contemporain Occitanie. Jeder Besuch begeistert mich aufs Neue!
• 1, rue de la berre, Hameau du lac, 11130 Sigean, Tel. 04 68 48 83 62, www.lac.narbonne.art
Schlemmen und genießen
La Cave de Théo
• 82, Avenue de Narbonne, 11130 Sigean, Tel. 04 68 48 95 01
La Guimbarde
Gute Burger und andere Kneipengerichte, samstags stets mit Live-Musik.
• 11, Avenue de Narbonne, 11130 Sigean, Tel. 07 81 61 68 26
Le Potager
Sehr charmantes Grillrestaurant samt Weinbar, 2023 frisch saniert neu eröffnet.
• 28, Avenue de Perpignan, 11130 Sigean, Tel. 04 68 48 42 76, www.instagram.com/restaurantlepotagersigean
Schlafen
Camping
Diese beiden Campingplätze gibt es ganz in der Nähe. Dort könnt ihr auch Hütten mieten.
La Grange Neuve
• 17 La Grange Neuve-Nord, 11130 Sigean, Tel. 04 68 48 58 70, www.campingsigean.com
Camping Ensoya Tohapi
• 54, Avenue de Perpignan, 11130 Sigean, Tel. 04 68 48 43 68, www.tohapi.de
Noch mehr Betten*
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Im Blog
20 Kilometer nördlich von Sigean liegt die sehr sehenswerte Stadt Narbonne, einst die erste römische Kolonie in Gallien überhaupt.
Die Lagunenseen des Languedoc lassen sich in diesem Beitrag entdecken.
Im Buch
MARCO POLO Languedoc-Roussillon/Cevennen*
Diesen Titel habe ich nach Axel Patitz und Peter Bausch inzwischen seit sechs Ausgaben umfangreich erweitert und aktualisiert.
Strandvergnügen und Kultur, quirlige Städte und wildromantische Landschaften: Von den Cevennen über das Languedoc bis hin zum Roussillon findet ihr dort Highlights und Kleinode, Tipps für Entdecken und Sparfüchse – und Adressen, die ich neu entdeckt und getestet haben. Denn dieser Landstrich ist seit 2014 meine zweite Heimat.
Wandert rund um den Mont Lozére, radelt durch die Petite Camargue, schippert im Hausboot auf dem Canal du Midi, taucht mit der Zahnradbahn in die faszinierende Tropfsteinwelt der Cevennen ein oder entdeckt die Côte Vermeille bei einer Schnorchelwanderung. Wer mag, kann ihn hier* direkt bestellen.
Der Reisebegleiter vor Ort: Ralf Nestmeyer, Languedoc-Roussillon*
Zwischen dem Delta der Camargue und den Gipfeln der Pyrenäen hat Ralf Nestmeyer nahezu jeden Strand gesehen, jede Stadt besucht, jedes Wehrdorf besichtigt – im Languedoc etwas intensiver, im Roussillon fokussiert er auf bekannten Highlights. Inzwischen ist der wohl beste Führer für diese wunderschöne Ecke Frankreichs 2021 in 9. Auflage erschienen.
Das 588 Seiten dicke Werk ist der beste Begleiter für Individualreisende, die diese Region entdecken möchten und des Französischen nicht mächtig sind. Wer möchte, kann den Band hier* direkt bestellen.
Okzitanien: 50 Tipps abseits der ausgetretenen Pfade*
Okzitanien ist die Quintessenz des Südens Frankreichs. Es beginnt in den Höhen der Cevennen, endet im Süden am Mittelmeer – und präsentiert sich zwischen Rhône und Adour als eine Region, die selbstbewusst ihre Kultur, Sprache und Küche pflegt.
Katharerburgen erzählen vom Kampf gegen Kirche und Krone, eine gelbe Pflanze vom blauen Wunder, das Okzitanien im Mittelalter reich machte. Acht Welterbestätten birgt die zweitgrößte Region Frankreichs, 40 grands sites – und unzählige Highlights, die abseits liegen. 50 dieser Juwelen enthält dieser Band. Abseits in Okzitanien: Bienvenue im Paradies für Entdecker! Hier* gibt es euren Begleiter.
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