Villa Arnaga: der Traum des Cyrano
In der Villa Arnaga entstand eines der bedeutendsten Werke der französischen Literaturgeschichte: der Cyrano de Bergerac. Entdeckt die Villa und seinen Autor.
Bis heute ist es das meistgespielte Stück auf Frankreichs Bühnen: der Cyrano von Bergerac. Geschrieben hat es ein Provenzale aus Marseille, der in Paris langatmige Versdramen verfasste.
Doch die Gesellschaft der Belle Époque wollte sich amüsieren. Der Druck des Marktes zwang Edmond Eugène Alexis Rostand, umzuschwenken auf leichte Unterhaltung. Seine romantische Komödie über den Ghostwriter der Liebe wurde ein Welterfolg.
Und genau jener Cyrano ist es, der die Franzosen ins Baskenland lockt. Hin nach Cambo-les-Bains, wo der Dichter im Jahr 1900 eine Rippenfellentzündung kurierte. Die Kur veränderte sein ganzes Leben.
Vom Ort und den Spaziergängen durchs Baskenland so angetan, kehrte Rostand Paris den Rücken. Zurück im Südwesten, erbaute er 1903-1906 einen neobaskischen Traum: die Villa Arnaga.
Der Gartentraum im Tal der Nive
Rund zwei Kilometer außerhalb des Ortes liegt die prachtvolle rot-weiße Villa eingebettet in einem zwölf Hektar großen Park. Auf einem Felsvorsprung mit Blick auf die Berge von Itxassou ließ Rostand auf vier Hektar einen Garten à la française anlegen, in dem die Bäume formvollendet gestutzt, die Wege sauber mit Kies angelegt sind.
Drei Gärtner kümmern sich um den Garten. Im Wechsel der Jahreszeiten ändern sich die Beete mit ihrer schier überbordenden Blütenpracht. Per Hand stutzen sie die niedrigen Buchsbaumhecken. Oberster Gartenchef ist seit Herbst 2019 Jean-François Oxarango.
Alljährlich im März reinigen sie die Bassins. Ab Ostern sprudeln wieder die Fontänen im lang gestreckten Bassin. Ein Pavillon mit Pergola begrenzt den formellen Garten.
Hinter der Villa und gen Westen erstreckt sich ein Landschaftspark im englischen Stil mit großen, alten Bäumen und lauschigen Spazierwegen, Farn und mehr als 1000 Hortensien. Besonders eindrucksvoll ist die riesige Atlaszeder auf der Rückseite der Villa.
Durch den Park führt eine Route mit QR-Codes. Scannt einfach den Code für alle Infos zum Baum!
Villa Arnaga: großbürgerliche Lebensart hautnah
19 Räume könnt ihr in der Villa Arnaga besichtigen. Wie im Baskenland üblich, ziert ihr Türsturz ein Sinnspruch. „Tritt nur mit deinem Herzen ein, lass alles andere draußen“, heißt es dort. Drinnen verströmt warmes Holz Gemütlichkeit.
Dekorative Wandbilder, Kachelfriese, Marmorimitationen und Trompe-l’œil-Malereien schmücken die Wände der kostbar eingerichteten Räume. Jeder Raum, jedes Detail atmet die großbürgerliche Lebensart des frühen 20. Jahrhunderts. Und zeigt, dass Rostand auch beim technischen Fortschritt ganz vorne mit dabei war – vom Sicherungskasten für den Strom bis zum Wasserentkalkungsapparat an der Küchenwand.
Das Erdgeschoss
Obergeschoss
Rostand lebte in seiner Villa nicht allein. 1886 hat er in Luchon die Dichterin Rosemonde Gérard kennengelernt. Sie war es auch, die Rostand überzeugte, ebenfalls zu dichten. Gemeinsam mit seinem späteren Schwager Henry Lee schrieb er 1888 sein erstes Stück Le Gant Rouge. Es war solch ein Misserfolg, dass Rostand zwei Jahre nicht mehr zur Feder griff.
Doch mit Cyrano de Bergerac gelang ihm der Durchbruch. Paris, Frankreich, die Welt feierte Rostand, verraten Zeitdokumente, die in der Villa Arnaga ausgestellt sind.
Zu sehen sind auch Originalkostüme von einem Stück, das Rostand 1910 in der Villa Arnaga verfasst hat: Chantecler, eine poetische Fabel, die mit dem Hahn im Hühnerhof menschliche Fehler wie Eitelkeit, Ehrgeiz, Eifersucht, Zynismus und Überheblichkeit verspottet.
Filmtipp
Wie viel Cyrano steckt in Rostand? Das verrät der Schauspieler Alexis Michaliks in seinem Spielfilmdebüt „Vorhang auf für Cyrano!*“ (Originaltitel: „Edmond“). Der Film verwebt das Leben des Dichters und die Entstehung des Cyrano nicht immer historisch korrekt, aber herrlich unterhaltsam miteinander.
Villa Arnaga: meine Reisetipps
Villa Arnaga
• Avenue du Dr Alexandre Camino, 64250 Cambo-les-Bains, Tel. 05 59 29 83 92, www.arnaga.com
Auftanken
Die Thermen von Cambo-les-Bains
Bis 18 Uhr sind die Thermen fest in der Hand der Kurgäste. Danach könnt ihr auf Wasserbetten, bei Jet-Massagen, mineralisierenden Farblicht-Bädern, Schlammpackungen und anderen Anwendungen neue Energie tanken und ganz und gar entspannen. Ein Erlebnis sind die modelages sous affusion, bei denen ihr unter einer prasselnden Dusche liegend durchgeknetet werdet.
Wunderschön davor oder danach: ein Spaziergang durch den großen Kurpark mit seinen alten Bäumen. Im Kurlokal Pavillon Bleu wird bewusst kalorienarm und gesund gekocht: Kaum zu glauben, dass man bei diesen köstlichen Dreigängemenüs abnimmt. Doch die Pfunde flutschen, haben mir Gäste versichert – wenn man auf Alkohol verzichtet.
• 5, Avenue des Thermes, 64250 Cambo-les-Bains, Tel. 05 59 29 39 39, www.chainethermale.fr/cambo-les-bains
Schlemmen und genießen
Chocolaterie Puyodebat
1787 begann mit der Maison Fagalda die Schokoladenherstellung in Cambo-les-Bains. Seit 2014 hält die Chocolaterie Puyodebat als eine der letzten beiden Kakaoröstereien und Schokoladenmanufakturen diese Tradition aufrecht.
Das Musée du Chocolat erzählt davon. Beeindruckend ist seine Kakaotassen-Sammlung. Da gibt es sogar spezielle Tassen für Bartträger und Kriegsversehrte!
• 31, Avenue de Navarre, 64250 Cambo-les-Bains, Tel. 05 59 59 48 42, https://chocolats-puyodebat.com
Salon Cyrano
Wo einst das Hôtel Laurent die Gäste verwöhnte, findet ihr heute das schönste Café der Stadt – mit Terrasse hoch über dem Tal der Nive und köstlichen hausgemachten Torten und Tartes.
• 17, Boulevard des Terrasses, 64250 Cambo-les-Bains, Tel. 05 59 52 32 07, www.saloncyrano.com
La Fête du Gâteau Basque
Alljährlich am ersten Wochenende im Oktober feiert Cambo-les-Bains den berühmten Kuchen der Basken.
• www.lafetedugateaubasque.com
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Im Blog
Cambo-les-Bains feiert alljährlich Anfang Oktober seinen berühmten Kuchen. Erfahre hier mehr zum Gâteau Basque.
Im Buch
Marcus X. Schmid, Südwestfrankreich*
Der freie Reisejournalist Marcus X. Schmid hat für alle, die gerne auf eigene Faust unterwegs sind, den besten Reisebegleiter verfasst: sachlich, mit viel Hintergrund, Insiderwissen und Tipps, und dennoch sehr unterhaltsam und humorvoll.
Ich kann ihn aus ganzem Herzen empfehlen, denn auch in diesem Band zu Südwestfrankreich sind tolle Tipps enthalten. Auch kritische Anmerkungen fehlen nicht. Kurzum: ein Reiseführer, der grundehrlich das Reisegebiet vorstellt – ohne versteckte Promotions.
Der gebürtige Schweizer, Jahrgang 1950, lebt heute als Autor und Übersetzer in der französischsprachigen Schweiz. Wer mag, kann ihn hier* direkt bestellen.
Hilke Maunder, Le Midi*
Die gâteau basque ist eine der 80 echten, authentischen Speisen, die ich bei meiner kulinarischen Landpartie durch den Süden von Frankreich entdeckt habe. Zwischen Arcachon, Hendaye und Menton schaute ich den Köchen dort in die Töpfe, besuchte Bauern, kleine Manufakturen, Winzer und andere lokale Erzeuger.
Gemeinsam mit dem Fotografen Thomas Müller reiste ich wochenlang durch meine Wahlheimat und machte mich auf die Suche nach den besten Rezepten und typischsten Spezialitäten der südfranzösischen Küche. Vereint sind sie auf den 224 Seiten meines Reise-Kochbuchs Le Midi.
Ihr findet darin 80 Rezepte von der Vorspeise bis zum Dessert, Produzentenportraits, Hintergrund zu Wein und Craftbeer, Themenspecials zu Transhumanz und Meer – und viele Tipps, Genuss à la Midi vor Ort zu erleben. Wer mag, kann meine 80 Sehnsuchtsrezepte aus Südfrankreich hier* online bestellen.
Offenlegung
Ich entdeckte das französische Baskenland auf Einladung auf einerindividuellen Pressereise der Agence d’attractivité et de Développement Touristiques Béarn Pays Basque. Vor Ort unterstützten mich unglaublich kundige wie herzliche Mitarbeiter der Office de Tourisme, Geschäfte, Hotels und Restaurants. Ihnen allen sage ich merci und herzlichen Dank.
Einfluss auf meine Blogberichte hat dies nicht. Ich berichte subjektiv, wie ich es erlebt habe, mache kein Merchandising und werde erst recht nicht für meine Posts bezahlt.
Wieder Mal ein toller Bericht. Danke
Danke! Das Anwesen ist aber auch wirklich beeindruckend!