Carcans-Plage: Vater mit Tochter. Foto: Hilke Maunder
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Carcans-Plage: eine Sommerliebe

War es 1984 gewesen? Oder 1985? 30 Stunden hatten wir gebraucht, um mit Rucksack, Zelt und herausgestrecktem Daumen einmal quer durch Frankreich von Freiburg an die Atlantikküste zu trampen.

Kurz vor Mittag kamen wir an, todmüde, staubig, hungrig. Der Betreiber des Campingplatzes stellte zwei petits noirs vor uns hin. „Damit ihr durchhaltet, bis ihr den Platz gefunden habt“.

Carcans-Plage. Blick aufs Meer. Foto: Hilke Maunder
Côte d’Argent, Silberküste, heißt der sandige Streifen von Nouvelle-Aquitaine. Und badet im goldenen Licht… Foto: Hilke Maunder

Denn groß war sein Gelände wirklich, eine richtige Zeltstadt im Kiefernwald hinter den Dünen der Silberküste. Wir – das waren mein damaliger Freund Claudio, der bereits aus Rom zu meiner Unistadt in den Schwarzwald getrampt war, und ich.

Hamburgerin mit einer unendlichen Sehnsucht. Nein, nicht nach Italien. Sondern nach Frankreich. So kam „mein“ Italiener erstmals ins Hexagon.

Camping 1984. Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Unseren Stellplatz fanden wir mit vereinter Hilfe. Gefühlt zehn Franzosen halfen uns, das Zelt aufzustellen. Claudio und ich kannten Jugendherbergen aus Inter-Rail-Zeiten, hatten aber von Camping so gar keine Ahnung.Als schließlich der letzte Hering im Boden versenkt war, wurde der erste Wein entkorkt.

Wir steuerten Tomaten, Oliven und deutsche Mettwurst bei zum Apéro. Die drei Wochen, die wir im Médoc Atlantique des damaligen Aquitaine verbrachten, sind heute in der Erinnerung auf wenige tolle Tage zusammengeschmolzen.

Jakobswege: Der Atlantikstrand bei Carcans
Der Atlantikstrand bei Carcans. Foto: Hilke Maunder

Mehr als 30 Jahre lang habe ich die Küste nie wiedergesehen. Doch jetzt stehe ich hier am Strandzugang von Carcans-Plage, und ein kleines Mädchen rennt den Dünenweg hinab.

Im Südwesten endet die Diagonale du Vide am Atlantik - wie hier am Strand von Hourtin. Foto: Hilke Maunder
Lauft am Strand entlang – gen Norden kommt ihr nach Hourtin. Foto: Hilke Maunder

Fast straucheln die Füße im weichen Sand. Eine sanfte Brise weht durch das Gras, tosend kracht die Brandung an den breiten Strand, der kein Ende zu haben scheint. Sylt in XXL, noch imposanter als die Westküste Jütlands.

Das Meer. Eine Urgewalt, weit, großen, offen, unglaublich lockend. Ich laufe dem Mädchen nach, mit dem Sommerkleid hinein die Brandung. Überraschend kalt ist das Wasser.

Carcans-Plage. Foto: Hilke Maunder
Der Weg hinab zum Paradies: Carcans-Plage. Foto: Hilke Maunder

Und herrlich erfrischend. Der Vater der Kleinen ist am Strand stehen geblieben, starrt uns beide nur ungläubig an. Seine Tochter und ich grinsen uns verschmitzt an, füllen die Hände mit Wasser – und werfen ihm einen nassen Gruß zu.

Abends, nach dem Dîner, muss ich noch mal zurück zum Strand. Die Wellenreiter haben einigen wenigen Strandläufern Platz gemacht, die den Sonnenuntergang erleben möchten. In eine Decke gehüllt, sehe ich Vater und Tochter. Und 30 Jahre sind wie weggeblasen in der sanften Brise vom Atlantik.

Carcans-Plage. Foto: Hilke Maunder
Überall an der Atlantikküste findet ihr solche Staketenzäune aus Holz. Foto: Hilke Maunder

Carcans erleben: meine Reisetipps

Schlafen

Camping de l’Océan

Carcans-Plage. Camping de l'Océan. Foto: Hilke Maunder
Camping de Luxe: die Safarizelte des Camping de l’Océan. Foto: Hilke Maunder

Auch diesmal campte ich wieder – allerdings in einem der wahrhaft geräumigen und luxuriösen Safarizelte, die ihr beim Camping de l’Océan buchen könnte.
• 1, rue du Camping, 33121 Carcans, Tel. 05 56 03 41 44, www.camping-carcans-ocean.com

Carcans-Plage. Safarizelt des Camping de l'Océan. Foto: Hilke Maunder
Geräumig und gemütlich: ein Safarizelt des Camping de l’Océan. Foto: Hilke Maunder

Schlemmen

Le Galipo

Ich bestellte einen kleinen Salat – und erhielt eine mehr als komplette Mahlzeit. Mit vielen Köstlichkeiten der Ente. Und ja, auch etwas Grün. Der Wein kam im pichet, das WLAN ( wifi ) war flott und der Service sehr herzlich: Rundum zufrieden verließ ich das Strandlokal, dessen Besuch länger als eingeplant war. Und das lag nicht am Wein… sondern an tollen Gesprächen!
• 2, Rue des Sapins Verts, 33121 Carcans, Tel. 05 56 03 35 13www.facebook.com

Carcans-Plage. Le Galipo. Salat. Foto: Hilke Maunder
Opulent: der Salat von Le Galipo. Foto: Hilke Maunder

Erleben & entdecken

Surfen

Carcans, Hourtin, Lacanau, und weiter im Süden Biscarosse, Mimizan, Hossegor und Biarritz: Namen, die Mythen sind unter Surfern. Anfänger tummeln sich auf den weiten, flachen Süßwasserseen hinter den Dünen, Cracks auf den oft meterhohen Wellen des Atlantiks.

Carcans-Plage: Mal Neues wagen - warum nicht? Bei meinen ersten Surfversuchen gab's reichlich Badespaß! Foto: Hilke Maunder
Mal Neues wagen – warum nicht? Bei meinen ersten Surfversuchen gab’s reichlich Badespaß! Foto: Hilke Maunder

Ihr braucht noch einige Inspirationen? Baptiste Haugomat hat unglaublich schöne Bilder der legendären Wellen auf seine Webseite gestellt.

See-Romantik

Diagonale du Vide: Der Lac d'Hourtin bei Carcans. Foto: Hilke Maunder
Der Lac d’Hourtin bei Carcans. Foto: Hilke Maunder

Mit 57 Quadratkilometern gehört der Lac de Hourtin et de Carcans zu den größten natürlichen Süßwasserseen in Frankreich. 18 Kilometer lang und maximal sechs Kilometer breit, erstreckt sich das sehr seichte Gewässer hinter dem Dünengürtel der Atlantikküste. Im Norden findet ihr Hourtin, im Süden Carcans. Beide Orte besitzen einen kleinen Hafen und Sandbadestrände.

Der Lac de Hourtin-Carcans. Foto: Hilke Maunder
Der Lac de Hourtin-Carcans. Foto: Hilke Maunder
Morgenstimmung am Lac de Carcans. Foto: Hilke Maunder
Morgenstimmung am Lagunensee. Foto: Hilke Maunder

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Carcans-Plage, Sonnenuntergang. Foto: Hilke Maunder
Richtig romantisch: der Sonnenuntergang am Strand von Carcans. Foto: Hilke Maunder

6 Kommentare

  1. Wie sehr ich mich nach diesem Strand zurück sehne. Mein Vater hat mich als Kind mehrere Sommer auf eben jenen Campingplatz in den Urlaub mitgenommen. Keine 30, aber 16 oder 17 Jahre sind es bei mir inzwischen schon.
    Ich erinnere mich, wie ich letztes Jahr in Erinnerungen schwelgen wollte und auf google Streetview all die Veränderungen sah. In meinem Kopf war dieses Dorf so erhalten geblieben wie ich es kennen und lieben gelernt hatte, trotz des Wissens, dass in so vielen Jahren unausweichlich Veränderungen geschehen sein müssen.
    Der Metzger und der Laden mit all dem frischen Obst und Gemüse waren nirgends zu finden und während damals wochenlange Aufenthalte möglich waren schlucke ich bei den Preisen für die Unterkünfte nur schwer. Trotz allem wünsche ich mir, noch mindestens ein Mal den Strand und das Dorf und die Region besuchen zu können.
    Die Bilder allein haben mir die Tränen in die Augen schießen lassen.

  2. Carcans-Plage:

    Das war einmal mein absoluter Lieblingsort im Aquitaine, und viele Jahre lang hab ich mir gewünscht, hier im Alter viel Zeit zu verbringen, wenn nicht gar, ganz dort zu leben… Wie oft hab ich am Strand gesessen und den goldenen Sonnenuntergang betrachtet, allein mit Sand, Meer und Universum. Das geht da. und man ist dem Himmel sehr nah… Es ist für mich einer der friedlichsten Orte, wenn auch nur am Strand… Nirgends sonst, so dachte ich, lagen so goldene und silberne vom Wasser geschliffene Steine im Spülsaum… Wir hatten immer wieder ein Haus gemietet, direkt neben dem “Sauerkraut und Schinken Chez Heidi“ (nicht so meins …), hatten es per Zufall entdeckt, absolut ruhig, hinter dem Zaun spürte man nichts vom Augusttourismus, auch wenn der Parkplatz pickepackevoll war. Abends ging’s zum Woodstock, da ging die Post ab, Rockkonzerte gab’s und das Leben pulsierte auf eine lässige Art. Dann, Anfang der 2000er, machten sich Drogentypen breit, und irgendwann schrie ein Mann um Hilfe. Hin- und hergerissen hab ich den zitternden, verletzten, blutenden Mann nach einiger Überlegung ins Haus gelassen, die lange gerufene Polizei erschien erst am Morgen. Der Nachbar erzählte erst später, die Polizei führe immer nur herum, sie spähten “wie die Indianer“ und führen dann wieder. Der arme Verfolgte tat mir Leid, auch wenn er vielleicht ein Junkee oder Hallodri war, auf jeden Fall war er erleichtert, als die Gendarmen ihn im Morgengrauen endlich eingesammelten. Mein Mann konnte mir damals nicht helfen, er war schon zu krank, meine Tochter war ein Teenie und der Hund 3 Monate. ???? Jahre später kam ich wieder. Nach dem Tod meines Mannes, mit meinem neuen Lebensgefährten, dem ich diesen Lieblingsort zeigen musste… Es war nicht mehr “mein Carcans- Plage “. Strand und Meer, das war unverändert, natürlich, immer noch wunderbar weit und immer noch golden, die Sonne , und immer noch kann man hier den Himmel spüren. Die Drogentypen hatte man vertreiben können. Aber der einst sandige Dorfplatz, über den man so schön schluffen konnte, er war geplättet , sandfrei und alles touristengerecht aufbereitet. In unserem ehemaligen Lieblingslolal gab’s Pizza und keine gute und einmal wurden wir gar nicht bedient… Das Woodstock war einer eher langweiligen Crêperie gewichen. Der freundliche Metzger mit dem erstklassigen Fleisch, den gab’s nicht mehr, und auch der wunderbare Bäcker war fort. Nur noch einen ollen Supermarkt gab’s … Natürlich ist es immer noch schön dort, aber seit der Tourismus so richtig Fuß gefasst hat, ist vieles, was ich liebte, verloren gegangen. Diese Eindrücke entstanden 2012. Es hat mich danach wieder in Bretagne und Normandie gezogen. Aber wenn man im Sand von Carcans-Plage buddelt, abseits der Touristenhandtücher, dann kann man vielleicht ein Stückchen Herz finden. Es ist von mir.

    1. Liebe Uschi, ich kann Deine Gefühle und Liebe für Carcans-Plage so nachfühlen! Ich denke, das Drogenproblem der Jahrtausendwende hat sich jetzt woanders hin verzogen, ich habe es nicht vor Ort mehr erlebt. Schade, dass da der Bäcker und Metzger fort sind – es würde dem Ort bestimmt gut tun, wenn sich zur touristisch geprägten Infrastruktur ein wenig Alltagsgeschäfte ansiedeln würden. Auch, wenn es nur ein „Strandableger“ des Dorfes Carcans ist. Ganz, ganz herzlichen Dank für Deine tollen Impressionen!! Herzlich, Hilke

  3. Liebe Hilke, liebe Aquitaine-Freunde,

    Oh ja, Carcans-Plage: Austern, Surfen, knallrote Sonnenuntergänge, wie es sie nur hier gibt, an diesem Strand.

    Ich war so verliebt in diesen Ort und seine Bewohner, dass am Ende ein Buch draus wurde – vielmehr der Beginn einer Krimireihe:

    https://www.amazon.de/Retour-Luc-Verlains-erster-Fall/dp/3455000096

    „Retour“ ist im März bei Hoffmann und Campe erschienen, und mein Commissaire Luc Verlain wohnt genau hinter der Düne in Carcans-Plage.

    Also, wenn Sie mögen, dann schauen Sie mal rein – es gibt einen spannenden Fall, das beste Essen aus dem Aquitaine und eine schöne Liebesgeschichte – im Buchladen, bei amazon und natürlich im Presseladen in Carcans Plage.

    Schönen Urlaub
    Ihr Alexander Oetker

  4. Hallo Ulli, ja, die Erosion nagt extrem an der Küste… und leider klettern immer wieder Urlauber und Einheimische über die Staketenzäune, die die großen Dünen mit ihrem Bewuchs schützen sollen. Lacanau, Hourtins, Carcans … ein wundersvolles, aber bedrohtes Trio!

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