Château de Millet. Armagnac-Fässer werden nicht fest verschlossen, sondern nur mit Stoff und Kork abgedichtet.
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Château Garreau: Armagnac hautnah erleben

„Der Armagnac war unsere Sparkasse. Er bot uns Sicherheit, war unsere Rücklage für Notzeiten, finanzierte große Anschaffungen oder half, Studium oder Ausbildung zu finanzieren.“ Carole Garreau blickt auf ihre Barrique-Fässer.

„Wenn unsere Vorfahren Geld brauchten, verkauften sie eine pièce, sprich, ein Fass.“ Carole leitet die Domaine, die ihr Urgroßvater angelegt hat. Damals war das Château Garreau noch ein Gutshof, der die polyculture betrieb, die Mischwirtschaft.

Carole Garreau in ihrem unterirdischen Armagnac-Keller. Foto: Hilke Maunder
Carole Garreau in ihrem unterirdischen Armagnac-Keller. Foto: Hilke Maunder

Tradition im Armagnac: Polykultur

Jahrhunderte lang prägte sie die Landwirtschaft im Bas-Armagnac. Ein paar Tiere im Stall, Getreide auf den Feldern, Ackerbau und einige Reihen Wein sorgten dafür, dass Verdiensteinbrüche in einem Bereich gut ausgeglichen werden konnten.

Bis heute prägt dieser Anbau die Landschaft im Bas-Armagnac. Die großen Landstraßen säumen riesige Maisfelder. Und nur, wer auf kleinen Straßen abseits der Verkehrsachsen unterwegs ist, sieht die Weinberge, die den Rohstoff liefern für den teuersten Weinbrand der Welt.

Gleich am Eingang des Château Garreau beginnen die Weinberge. Foto: Hilke Maunder
Gleich am Eingang des Château Garreau beginnen die Weinberge. Foto: Hilke Maunder

Der russische Prinz

Bereits im Jahr 1310 wurde der Armagnac erstmals erwähnt. Die Wurzeln des Château Garreau reichen bis ins 17. Jahrhundert zurück. Im 19. Jahrhundert war sogar ein russischer Prinz Hausherr des Schlosses.

Soukowo Kabylin beendete die Mischwirtschaft, ließ neue Gutsgebäude bauen und machte die Armagnac-Herstellung zur Hauptaufgabe des Hofes. Als Reifekeller ließ der russische Prinz einen unterirdischen Keller bauen. Er ist einzigartig im Armagnac.

Der unterirdische Keller des Château Garreau. Foto: Hilke Maunder
Der unterirdische Keller des Château Garreau. Foto: Hilke Maunder

Seit 1919 im Familienbesitz

1919 kaufte Charles Garreau das Anwesen Domaine de Gayrosse. Mit dem Leutnant begann die inzwischen mehr als 100-jährige Familiengeschichte des Château Garreau.

Carole führt das Weingut heute gemeinsam mit ihrem Mann. Doch die nächste Generation packt bei der Lese bereits mit an: der neunjährige Sohn des Paares.

Die Übersichtskarte verrät euch, wohin ihr wandern könnt auf dem Weingut. Foto: Hilke Maunder
Die Übersichtskarte verrät euch, wohin ihr wandern könnt auf dem Weingut. Foto: Hilke Maunder

Die Sables Fauves

Vom 85 Hektar großen Gutsgelände bedecken die Rebgärten nur 27 Hektar. Die Reben wachsen auf den Sables Fauves. Diesen sandig-lehmigen Boden durchziehen Streifen aus Eisenoxid.

„Ein hervorragendes Terroir für unseren Armagnac“, schwärmt Carole. Ugni Blanc, Folie Blanche und Baco wachsen dort in ordentlich angelegten Rebreihen. Hier und da reckt sich eine Zeder in den hohen Himmel.

Die Baco-Traube. Foto: Hilke Maunder
Die Baco-Traube. Foto: Hilke Maunder

Der rettende Baco

Der Baco war es, der dem Armagnac rettete. „Erfunden“ hat ihn ein Einheimischer: François Baco, 1865 in Peyrehorade geboren. Er wird als rau und zäh beschrieben, mit einer lebhaften und leidenschaftlichen Natur, aufmerksam und hartnäckig.

Als Ende des 19. Jahrhunderts der französische Weinbau von einem unsichtbaren Insekt namens Phylloxera heimgesucht wurde,  wurde der Schullehrer zum Retter. 1896 begann Monsieur Baco mit der Züchtung pilzresistenter Hybridreben.

Mit solchen Traktoren wurden einst die Weinberge des Château Garreau bearbeitet. Foto: Hilke Maunder
Mit solchen Traktoren wurden einst die Weinberge des Château Garreau bearbeitet. Foto: Hilke Maunder

Zeitreise im Winzer-Museum

Berühmt wurde er vor allem mit dem Baco Blanc (Baco 22), einer Kreuzung aus der amerikanischen Rebsorte Noah und der europäischen Rebsorte Folie Blanche.

Auch davon erzählt das Musée du Vignéron, das in einer Scheune aus dem 17. Jahrhundert zur Zeitreise lädt. Zur Rechten sind Gerätschaften der Weinbauern ausgestellt, zur Linken kaufmännische Erbstücke von der Schreibmaschine bis zu einem alten Sprechapparat. Sein Name? Corona.

Eines der frühen Radios in Frankreich: die Corona Talking Machine. Foto: Hilke Maunder
Die Corona Talking Machine. Foto: Hilke Maunder

Armagnac: die Infos

Das Anbaugebiet für die Armagnac-Trauben erstreckt sich über drei Départements: Landes, Lot-et-Garonne und Gers. Zum Haut-Armagnac gehören Kalkböden, die von Osten nach Süden verlaufen.

Die mittlere Zone L’Armagnac-Ténazère erstreckt sich rund um Condom. Ganz im Westen liegt der Bas-Armagnac. Das Land der Sables Fauves schützen die Wälder der Forêt landaise.

Jakobswege: Cassaigne im Winter: Frost im Armagnac-Land.. Foto: Hilke Maunder
Im Herzen des Armagnac: Cassaigne mit seinen Weinstöcken, an denen die Trauben für den berühmten Weinbrand reifen. Foto: Hilke Maunder

Die Trauben des Armagnac

Zehn Traubensorten sind in der AOC (1936) zugelassen:

Ugni blanc
• Colombard
• Folie blanche
• Baco blanc
• Clairette de Gascogne
• Plant de Grèce
• Jurançon blanc
• Mauzac blanc
• Mauzac rosé
• Meslier Saint-François

Der Aperitif dieses Landstrichs ist der Floc de Gascogne. Mischt dazu  1/3 Armagnac, 2/3 Traubensaft (rot oder weiß).

Alter Armagnac gehört zu den teuersten Weinbränden der Welt. Foto: Hilke Maunder
Alter Armagnac gehört zu den teuersten Weinbränden der Welt. Foto: Hilke Maunder

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Im Blog

Das Kellergold des Armagnac: Château Millet

Labastide-d’Armagnac: bitte kein Rummel

Im Buch

Le Midi*

Carole Garreau gehört zu den tief in der Heimat und ihrem terroir verwurzelten Produzenten, die ich bei meiner kulinarischen Landpartie durch den Süden von Frankreich entdeckt habe. Zwischen Arcachon, Hendaye und Menton schaute ich den Köchen dort in die Töpfe, besuchte Bauern, kleine Manufakturen, Winzer und andere lokale Erzeuger.

Gemeinsam mit dem Fotografen Thomas Müller reiste ich wochenlang durch meine Wahlheimat und machte mich auf die Suche nach den besten Rezepten und typischsten Spezialitäten der südfranzösischen Küche.  Vereint sind sie auf den 224 Seiten meines Reise-Kochbuchs Le Midi.

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