Côte Bleue: Edel, diese Ferienvillen von Carry-le-Rouet an der Côte Bleue. Foto: Hilke Maunder

Côte Bleue: die Küste der Maler und Genießer

Auguste Renoir, Paul Cézanne, Raoul Dufy und den deutschen Maler August Macke zog es an die Côte Bleue westlich von Marseille, wo Schirmpinien Schatten spenden, sich zwischen flachen Felsen sandige Badebuchten verstecken und die Fischer in bunten pointus, Holzbooten, frühmorgens zum Thunfischfang hinausfahren. Eine Küste fernab von der Hektik des Alltags. Und noch immer noch an vielen Ecken solch ein Idyll, wie es die Maler vor gut 100 Jahren festhielten.

Morgenstimmung an der Côte Bleue. Foto: Hilke Maunder
Morgenstimmung an der Côte Bleue. Foto: Hilke Maunder

Wanderweg zur Kunst

Georges Braque malte an der Côte Bleue im Jahr 1907 aus groben Kuben und Dreiecken das erste Werk des Kubismus. Heute schmückt die Kopie seines 1906 entstandenen Gemäldes den Chemin des Peintres, der von Estaque aus zu den Motiven der Maler führt. Zu insgesamt 320 Arbeiten hat die Côte Bleue die 60 Maler inspiriert, die hier das Licht und die Farben der Küste auf die Leinwand bannten. Bis nach Martigues erstreckt sich die blaue Küste der Maler mit Pinien und Felsen, Fischerbooten und stillen Buchten.

Der Phare de Cap Couronne. Foto: Hilke Maunder
Der Leuchtturm von Carry-le-Rouet. Foto: Hilke Maunder

Später erreichte die Industrialisierung die Küste. Mehr als 300 Fabriken gab es – für Zement, Fliesen und Soda. Heute geschlossen, sind die Franzosen zurückgekehrt und machen in kleinen Badeorten wie Sausset-les-Pins und Carry-le-Rouet direkt am Meer ganz unter sich Urlaub.

Der „Heimathafen“ von Fernandel

Der berühmte französische Schauspieler und Komiker Fernandel, der als Fernand-Joseph-Désiré Contandin am 8. Mai 1903 in Marseille geboren wurde, wählte Carry-le-Rouet als seinen „Heimathafen“ zwischen den Dreharbeiten und l ließ sich dort eine Villa mit dem Namen „Villa der Tausend Rosen“ bauen, mit Blick aufs offene Meer und auf den kleinen Fischerhafen, den er sehr schätzte.

Ein richtiges Fischerdorf ist bis heute Carro. Sein kleines Museum stellt in der Ausstellung „Zwischen Meer und Hügeln“ den Ort vor, in dessen 1976 Circle des Pêcheurs sich die Fischer des Ortes treffen, einen Pastis trinken und sich austauschen.

Der Fischmarkt von Carro

Ritual für alle ist es, in Carro über den allmorgendlichen Fischmarkt zu bummeln und Thunfisch zu kaufen, der später am Strand frisch vom Grill genossen wird.

Feilschen? Das mag diese Fischerkäuferin aus Carro überhaupt nicht! Foto: Hilke Maunder
Feilschen? Das mag diese Fischverkäuferin aus Carro überhaupt nicht! Foto: Hilke Maunder
Hai, Thunfisch und Schwertfisch: Auf dem Fischmarkt von Carro werden traditionell Großfische verkauft. Foto: Hilke Maunder
Hai, Thunfisch und Schwertfisch: Auf dem Fischmarkt von Carro werden traditionell Großfische verkauft. Foto: Hilke Maunder

Der Star des Winters

Im Winter halten alle nach den oursins Ausschau, den Seeigeln. Sie leben an der Côte Bleue in seichten Fluten von höchsten bis zu 30 cm Tiefe. Dort wachsen sie auf eine Größe von bis zu acht Zentimetern Durchmesser heran.

Stachelige Meeresfrucht: "oursin", Seeigel. Foto: Hilke Maunder
Stachelige Meeresfrucht: der oursin, Seeigel. Foto: Hilke Maunder

Vom Seeigel wird nur der corail gegessen. Er ist orangerot und wird freigelegt, wenn man die Schale horizontal halbiert. Die Häppchen sind klein, aber köstlich.

Ihr braucht sie weder zu kochen noch mit Soße zu versehen. Fügt, wenn ihr mögt, einfach etwas Zitronensaft hinzu und genießt diese Spezialität mit einer frischen Baguette und kühlem Weißwein.

Stachelige Meeresfrucht: "oursin", Seeigel. Foto: Hilke Maunder
Stachelige Meeresfrucht: „oursin“, Seeigel. Foto: Hilke Maunder

Um die stacheligen Meeresbewohner zu schützen, unterliegt das Sammeln der Seeigel strengen Vorschriften. Nur von November bis etwa März dürft ihr sie einsammeln – und nur Tiere, die im Durchmesser größer sind als fünf Zentimeter.

Bei den Oursinades wird die Spezialität an der blauen Küste ausgiebig gefeiert – im Januar in Sausset-les-Pins, im Februar in Carry-le-Rouet und Anfang März in Fos-sur-Mer.

Malerisch: der Altstadt- Hafen von Martigues. Foto: Hilke Maunder
Malerisch: der Altstadt- Hafen von Martigues. Foto: Hilke Maunder

Größter Fischereihafen der Provence ist Martigues, das vor dem Eintreffen der Industrie ebenfalls ein idyllisches Fischernest gewesen ist, das die Künstler angelockt hat. André Derain, Raoul Dufy, Francis Picabia, Vincent van Gogh pilgerten ins Venedig der Provence. Und Félix Ziem, der am Canal de Caronte sein Atelier hatte. Heute zeigt das Musée Ziem Landschaftsbilder, Stillleben und Portraits, die er dort gemalt hat.

Côte Bleue: meine Reisetipps

Hinkommen

Bahn

Der Train de la Côte Bleue fährt ab Marseille oder L’Estaque bis Martigues durch unzählig viele Tunnels und über Viadukte der Küste entlang.

Schlemmen

Le Mange-Tout

Direkt am Hafen von Méjean trifft man sich hier seit mehr als 30 Jahren, um auf der Terrasse frische Meeresküche mit Blick aufs Wasser zu genießen – ganz entspannt und gemütlich. Der Service könnte mitunter etwas besser sein, aber die gute Küche macht dieses Manko wett.
• 8, chemin du Tire-Cul, 13820 Ensuès-la-Redonne, Tel. 04 42 45 91 68, Mittwoch Ruhetag

Hier könnt ihr schlafen*

 
Der Hafen von Carry-le-Rouet an der Côte Bleue. Foto: Hilke Maunder
Der Hafen von Carry-le-Rouet an der Côte Bleue. Foto: Hilke Maunder

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Im Blog

Alle Beiträge aus dem Département Bouches-du-Rhône vereint diese Kategorie.

Im Buch

Cay Rademacher, Gefährliche Côte Bleue*

In der Nähe von Salon-de-Provence wohnt Cay Rademacher mit seiner Familie seit 2013 in einer umgebauten Ölmühle. Nur 45 Minuten braucht der beliebte Krimi-Autor von dort an die Côte Bleue, wo ihn sein Lieblingsspaziergang hin zu einer abgelegenen Badebucht führt.

Gefährliche Côte Bleue* ist der vierte Band der Provence-Krimi-Reihe mit Capitaine Roger Blanc. Gemeinsam mit seinem Kollegen Marius Tonon erhält Blnac den Auftrag, Froschmänner der Regierung während einer geheimen Mission an der Côte Bleue zu beschützen.

Was zunächst als ruhiger Einsatz an der malerischen Mittelmeerküste beginnt, nimmt eine dramatische Wendung, als ein toter Taucher im Wasser treibt – mit einer Harpune im rechten Auge. Während die meisten von einem Unfall ausgehen, wird Blanc misstrauisch. Seine Ermittlungen führen ihn in die Welt der Wracktaucher – Spezialisten, die illegal jahrhundertealte Schiffswracks plündern und die Beute an wohlhabende Sammler verkaufen.

Diese gefährliche und umstrittene Praxis stößt bei den Einheimischen auf Ablehnung, insbesondere bei der Fischerin und Umweltaktivistin Christin Antunes. Als ein weiterer mysteriöser „Unfall“ an der Küste geschieht, wird klar, dass Blanc es mit einem komplexen Kriminalfall zu tun hat. Der Roman verbindet Spannung mit Einblicken in die Unterwasserwelt der Côte Bleue und thematisiert dabei Umweltschutz und illegale Schatzsuche. Wer mag, kann ihn hier* bestellen.

Hilke Maunder, DuMont-Bildatlas Provence

DuMont Bildatlas Provence 2021

In meinem DuMont-Bildatlas „Provence“* stelle ich in sechs Kapiteln zwischen Arles und Sisteron die vielen Facetten der Provence vor. Ihr erfahrt etwas vom jungen Flair zu Füßen des Malerberges, vom Weltstadttrubel an der Malerküste, dem weißen Gold aus der Pfanne oder einer Bergwelt voller Falten.

Neben Aktivtipps, Hintergrund und Themenseiten präsentiert die Rubrik “Ja, natürlich” zahlreiche Tipps für nachhaltige Erlebnisse und Momente. In “Urlaub erinnern” stelle ich Andenken, Eindrücke und Erinnerungen vor, mit denen der Urlaub daheim noch weiter lebendig bleibt. Hinzu kommen Serviceseiten mit allen Infos, persönlichen Tipps und großer Reisekarte. Wer mag, kann den Band hier* direkt bestellen.

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8 Kommentare

  1. Hallo, vielen Dank für diesen stimmungsvollen Text.

    Ich habe ein Patenkind (nun gut, inzwischen ist er ein erwachsener langer Lackl, der gerade seinen Master macht) in Carry, und mir ist die Côte Bleue so ans Herz gewachsen. Dieser Moment, wenn ich im Auto den Scheitelpunkt der D9 erreiche… Vor einigen Minuten habe ich die zer- und übersiedelte Étang-Ebene verlassen, gerade eben bin ich an diesem albernen kleinen Vergnügungspark vorbeigefahren – die zumindest bis zum Winter noch vorhandenen Wigwams zeugen von einer ruhmreichen Vergangenheit als Cowboy- und Indianerpark – und jetzt der erste Blick aufs Meer. In diesem Augenblick bin ich immer wortlos glücklich.

    Ja, ich kenne die Gegend ganz gut, und deshalb traue ich mir auch, einen Hinweis anzubringen: Ich würde annehmen, daß es sich bei dem Leuchtturm auf dem Foto nicht um den von la Couronne, sondern um den vor Carry handelt, wo ich unzählige Male mit dem Patenkind beim „cherchez les crabes“ war.

    Herzliche Grüße
    Susanne

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