Malerisch: der Altstadt- Hafen von Martigues. Foto: Hilke Maunder
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Martigues – das Venedig der Provence

Auf halbem Weg zwischen Marseille und Arles versteckt sich die Hauptstadt der Côte Bleue: Martigues. Die meisten fahren auf der Hochbrücke (1972) der mautfreien Autoroute A55 am Venedig der Provence vorbei, hin zum Flughafen Marseillle-Provence.

Martigues. Foto: Hilke Maunder
Blick auf den Pont de Baussengue und auf das Nordufer von Martigues. Foto: Hilke Maunder

Zwischen Mittelmeer und Lagune

Biegt ab und entdeckt das Städtchen, das seit dem Mittelalter die Passage zwischen der Bucht von Fos und dem Étang de Berre kontrolliert! Wehrhaft erhebt sich bis heute das Fort du Bouc an der Einfahrt in den 6,5 km langen Chenal de Caronte.

Das Stadtzentrum besteht aus drei historischen Vierteln. Je eines findet ihr am Nord- und Südufer sowie auf der Insel in der Mitte.

Martigues. Foto: Hilke Maunder
Blick über den Kanal hin zur Autobahn. Foto: Hilke Maunder

Quartier de Jonquières

Das südliche Quartier de Jonquières wird begrenzt vom Étang de Berre und dem Canal Galliffet. Aus dem Dächergewirr erhebt sich am Quai Alsace-Lorraine der Turm der Église Saint-Génies (1625). Ihre Fassade birgt eine Statue von Gérard Tenque, der im Jahr 1040 in Martigues geboren wurde.

Martigues. Foto: Hilke Maunder
Die Promenade des Nordufers am Canal de Baussengue. Foto: Hilke Maunder

Berühmt wurde der Mann als Gründer des Hospitaliterordens. Der einheimische Bildhauer Nazaire Bernard fertigte um 1880 seine Statue. Ebenfalls am Quai Alsace-Lorraine findet ihr die Chapelle de l’Annonciade des Pénitents Blanc, eine kleine Kapelle im Barockstil.

Martigues. Foto: Hilke Maunder
Blick über den Canal de Baussengue zum Quartier de l’Île. Foto: Hilke Maunder

Dass bereits die Römer Martigues kannten, belegen die Fragmente eines gallo-römischen Tempels, den ihr im Jardin Lapidaire am Ufer des Gallifet-Kanals findet.

Quartier de l’Île

Martigues: das Quartier de l'Île mit seinem Canal Saint-Sébastien. Foto: Hilke Maunder
Martigues: das Quartier de l’Île mit seinem Canal Saint-Sébastien. Foto: Hilke Maunder

Zwischen dem Canal Gallifet im Süden und dem Canal de Baussengue mit seinem großen Jachthafen findet ihr auf einer kleinen Insel das charmante Quartier de l’Île, das wiederum von einem Wasserlauf unterteilt wird – dem Canal Saint-Sébastien.

Martigues: das Quartier de l'Île mit seinem Canal Saint-Sébastien. Foto: Hilke Maunder
Martigues: das Quartier de l’Île am Canal Saint-Sébastien. Foto: Hilke Maunder

Dort versteckt sich am Quai Brescon der Miroir aux Oiseaux. Die kleine Wasserfläche ist bis heute unglaublich malerisch. Vor den Fassaden der schmalen, hohen Häuser tummeln sich bunt bemalte pointus, hölzerne Fischerboote, die sich im dunklen Wasser spiegeln. Manchmal wird Tango getanzt.

Martigues. Foto: Hilke Maunder
Der Canal Saint-Sébastien des Quartier de l’Île von Martigues. Foto: Hilke Maunder

Das Restaurant Le Miroir hat einige Tische auf den Kai gestellt. Diese stille, pittoreske Szenerie hat seit Ende des 19. Jahrhunderts Maler wie Delacroix, Corot, Ziem und Dufy zu weltberühmten Werken inspiriert. Schöne Bürgerhäuser und ein Brunnen säumen die ebenfalls sehr schöne Place Mirabeau.

Martigues. Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Auf der Insel sind auch einige der schönsten Stadtpalais von Martigues erhalten, darunter das Hôtel Colla de Pradines aus dem 17. Jahrhundert, der Palais Comtal in der Rue Galinère aus dem 16. – 18. Jahrhundert.

Martigues, Quartier de l'Île, Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Und die Maison en Chapeau de Gendarme aus dem 18. Jahrhundert, die ihr vielleicht als Kulisse aus der Filmkomödie La cuisine au Beurre  mit Fernandel und Bourvil kennt. Hinter der neoklassizistischen Fassade der Prud’homie de Pêche (1930) wurden einst die Gerätschaften der Fischer aufbewahrt.

Martigues. Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Wichtigste Verkehrsader der Insel ist die Rue de la République, wo sich zwischen den Geschäften die Église Sainte-Marie-Madeleine (1670-1688) erhebt. Ebenfalls auf der Insel erinnert schließlich noch eine Stele an Henri Fabre.

Martigues. Foto: Hilke Maunder
Das Denkmal für Étienne Richaud. Foto: Hilke Maunder

Der Erfinder des Wasserflugzeuges wagte am 28. März 1910 auf dem Étang de Beurre den Erstflug. Sein Flieger hob sich tatsächlich 20 Meter hoch in die Lüfte! Ein zweites Denkmal ehrt Étienne Richaud.

Der Fischersohn, 1841 in Martigues geboren, hatte nach seinem Studium Karriere beim Staat gemacht und war zunächst zum Generalgouverneur von Indochina, dann zum Inspektor der Marine und der Kolonien aufgestiegen. Er starb am 31. Mai 1889 an Bord des Schiffes Le Calédonien auf hoher See.

Martigues. Foto: Hilke Maunder
Am Étang de Berre. Foto: Hilke Maunder

Quartier de Ferrières

Zwei Brücken verbinden die Insel mit dem volkstümlichen Ferrières-Viertel am Nordufer, das der Turm der Église Saint-Louis d’Anjou (1650) bekrönt. Wichtigste Sehenswürdigkeit ist das Musée Ziem am Boulevard du 14 Juillet, das die Arbeiten des französischen Malers Félix Ziem und anderer Provence-Künstler des 19. Jahrhunderts ausstellt.

Martigues. Foto: Hilke Maunder
Blick über den Canal de Baussengue zum Rathaus. Foto: Hilke Maunder

Der Schriftsteller und Intellektuelle Charles Maurras lebte im 20. Jahrhundert in der Bastide du chemin du Paradis, einer großbürgerliche Villa aus dem 17. Jahrhundert mit einer typisch französischen Gartenanlage von Henri Mazet.

Prosper Gnidzaz war ein begeisterter Kinoliebhaber und Sammler. Er schenkte der Stadt mehr als 105 Filmrollen ( bobines ) von 1920 bis 1980, 1000 Scopitone sowie 65 Vorführgeräte. Das älteste stammt von 1885. In der Cinémathèque Prosper Gnidzaz könnt ihr seine cinematografische Sammlung heute bewundern.

Martigues. Foto: Hilke Maunder
Hier und da sind zwischen den Freizeitbooten noch die Arbeitsschiffe der Fischer vertäut. Foto: Hilke Maunder

Von der Prähistorie bis zur Zukunft blättert die Galerie de l’Histoire de Martigues am Kreisel vor dem Hôtel de Ville die Geschichte der Stadt auf. Wenn ihr jetzt noch ein wenig am Ufer des Kanals entlang bummelt, entdeckt ihr vielleicht neben Fischerbooten und Jachten auch große Netze.

Bastia: Boutargues. Foto: Hilke Maunder
Für boutargues wird der Rogen der Meeräsche gesalzen, gepresst, an der Sonne getrocknet und dann mit einer dünnen Wachsschicht überzogen. Foto: Hilke Maunder

Sie gehören zur pêche au calen, die zwischen den Ufern von Jonquières und Ferrières in die Strömung gespannt werden. Mit etwas Glück landen auch Meeräschen im Netz. Aus ihrem getrockneten und gesalzenen Rogen stellen noch ein paar Fischer am Chenal de Caronte die exklusiven boutargues (auch: poutargues) her – selten und sehr teuer.

Martigues. Foto: Hilke Maunder
Der Sportseglerhafen am Canal de Baussengue. Foto: Hilke Maunder

Meine Reisetipps: Martigues

Schlemmen und genießen

Le Garage

Eines meiner Lieblingslokale – von Dienstag bis Freitag mit einem interessanten Mittagsmenü.
• 20, Av. Frédéric Mistral, 13500 Martigues, Tel. 04 42 44 09 51, www.restaurantlegaragemartigues.com

Shopping

Der morgendliche Fischmarkt von Carro, einem Ortsteil am Mittelmeer, ist für Thunfisch berühmt. Mélets heißen in Martigues die Anchovis, die mit Fenchel, Meersalz und Pfeffer verfeinert wurden. Guten Wein findet ihr bei der örtlichen Coopérative vinicole de Saint-Julien-les-Martigues.

La Tomette Gourmande von Jean-Bernard Poitevin besteht aus Milchschokolade, Haselnüssen, Mandeln, Sesam, Anis und einer Messerspitze Fleur de Sel aus der Camargue.

Monsieur Favier erfand 1965 die Perles de l’Étang. Diese Nascherei besteht aus Konfekt-Kirschen. Sie werden erst in Alkohol mazeriert, dann in einer Mandelmasse gerollt, in Schokolade getaucht und schließlich mit Zucker glasiert.

Feilschen? Das mag diese Fischerkäuferin aus Carro überhaupt nicht! Foto: Hilke Maunder
Feilschen? Das mag diese Fischverkäuferin aus Carro überhaupt nicht! Foto: Hilke Maunder

Erleben

Le Targon : Fischerstechen à la Provence, ab Juni
La Fête Vénétienne : seit 28. Juli 1928, erster Sonnabend im Juli

Schlafen

Hôtel Le 5

Schlicht, einfach, sauber, zentral und günstig.
• 37, boulevard du 14 juillet, Martigues, Tel. 04 42 80 49 16 

Noch mehr Betten*

 

Côte Bleue: Edel, diese Ferienvillen von Carry-le-Rouet an der Côte Bleue. Foto: Hilke Maunder
Edel, diese Ferienvillen von Carry-le-Rouet an der Côte Bleue. Foto: Hilke Maunder

Weiterlesen

Im Blog

Martigues liegt an der Côte Bleue. Die Malerküste im Westen von Marseille habe ich euch hier vorgestellt.

Im Buch

Zur Einstimmung: DuMont Bildatlas Provence*

DuMont Bildatlas Provence 2021

In meinem DuMont-Bildatlas „Provence“* stelle ich in sechs Kapiteln zwischen Arles und Sisteron die vielen Facetten der Provence vor. Ihr erfahrt etwas vom jungen Flair zu Füßen des Malerberges, vom Weltstadttrubel an der Malerküste, dem weißen Gold aus der Pfanne oder einer Bergwelt voller Falten.

Neben Aktivtipps, Hintergrund und Themenseiten präsentiert die Rubrik “Ja, natürlich” zahlreiche Tipps für nachhaltige Erlebnisse und Momente. In “Urlaub erinnern” stelle ich Andenken, Eindrücke und Erinnerungen vor, mit denen der Urlaub daheim noch weiter lebendig bleibt. Hinzu kommen Serviceseiten mit allen Infos, persönlichen Tipps und großer Reisekarte. Wer mag, kann den Band hier* direkt bestellen.

Das Südfrankreich-Reise-Kochbuch: Le Midi*

Die boutargues ist eine der 80 echten, authentischen Speisen, die ich bei meiner kulinarischen Landpartie durch den Süden von Frankreich entdeckt habe. Zwischen Arcachon, Hendaye und Menton schaute ich den Köchen dort in die Töpfe, besuchte Bauern, kleine Manufakturen, Winzer und andere lokale Erzeuger.

Gemeinsam mit dem Fotografen Thomas Müller reiste ich wochenlang durch meine Wahlheimat und machte mich auf die Suche nach den besten Rezepten und typischsten Spezialitäten der südfranzösischen Küche. Vereint sind sie auf den 224 Seiten meines Reise-Kochbuchs Le Midi.

Ihr findet darin 80 Rezepte von der Vorspeise bis zum Dessert, Produzentenportraits, Hintergrund zu Wein und Craftbeer, Themenspecials zu Transhumanz und Meer – und viele Tipps, Genuss à la Midi vor Ort zu erleben. Wer mag, kann meine 80 Sehnsuchtsrezepte aus Südfrankreich hier* online bestellen.

 * Durch den Kauf über den Partner-Link, den ein Sternchen markiert,  kannst Du diesen Blog unterstützen und werbefrei halten. Für Dich entstehen keine Mehrkosten. Ganz herzlichen Dank – merci !

Martigues. Foto: Hilke Maunder
Am Nordufer von Martigues. Foto: Hilke Maunder

6 Kommentare

  1. Hallo Hilke,
    wie schön, wir waren erst im Mai (in Istres) und manche deiner Martigues-Tipps habe ich nicht befolgen können. Aber mein Tipp ist die kostenlose Fährverbindung vom großen Rathausparkplatz Parking la Halle über die Ile nach Jonquieres, an Markttagen auch weiter bis zum Parkplatz, wo dieser stattfindet! Ist natürlich (den Einheimischen) bekannt, wird auch bei der OT publiziert. Aber bei uns fand auch noch eine Regatta statt – perfekter Blick auf das Wasser, die Stadtteile von der Route aus… Besser kann der Einstieg nicht sein. Wir sind dann doch noch ganz viel zu Fuß gelaufen, weil auch außerhalb der Ile hat dieses Städtchen seinen Charme.

    1. Oh, das ist ja ein toller Tpp, liebe Sybille – danke! Die Fähre kannte ich noch nicht. Top! Viele Grüße, Hilke

  2. Wir sind mit unserem Schiff von Holland über die Kanäle nach PSL gefahren und haben den Winter 2014/2015 in dieser Region verbracht. Eigentlich wollten wir in Martigues überwintern. Aber die Raffinerien und deren Gestank hat uns dann doch in PSL bleiben lassen. Trotzdem, die vielen Ausflüge nach Martigues in den Étang de Berre und Umgebung haben unser Faszination für diese Region nur verstärkt. In den nächsten Jahren werden wir länger mit unserem Segelschiff in dieser Region bleiben. Es ist eine der Schönsten überhaupt am Mittelmeer.

    1. Oh, wie schade – bei meinem Besuch waren die Raffinerien nicht zu riechen. PSL= Port Saint-Louis? Auch wunderschön!!!!

  3. Vielen Dank..Sehr froh sie durch Zufall gefunden zu haben…Malerisch schön!!!

    1. Hallo Pascal, ja, ist wirklich wunderschön! Und ideal gelegen für Ausflüge an die Côte Bleue – oder nach Marseille.

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