Das Denkmal für Denis Diderot in Langres. Foto: Hilke Maunder
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Langres: die Heimat von Denis Diderot

„Ich bin und bleibe ein Kind meiner Heimat“, bekannte Denis Diderot (1713 – 1784), Philosoph, Kunstkritiker und Schriftsteller der Aufklärung – und Sohn eines Messerschmieds aus Langres im Département Haute-Marne.

Die alte Bischofsstadt liegt auf einem Felsplateau im Süden der Champagne ganz in der Nähe der Quelle der Marne, die zehn Kilometer südlich entspringt.

« Les habitants de ce pays (Langres) ont beaucoup d’esprit, trop de vivacité, une inconstance de girouette.
Cela vient, je crois, des vicissitudes de leur atmosphère qui passe en vingt-quatre heures du froid au chaud,
du calme à l’orage, du serein au pluvieux (… ).
Pour moi, je suis de mon pays : seulement le séjour de la capitale, et l’application assidue m’ont un peu corrigé. »

Quelle: Les deux amis de Bourbonne – Édition Michel Delon – Folio classique

Paris, so Diderot, habe ihn „nur ein wenig korrigiert.“ Als 15-Jähriger war er in die Hauptstadt gegangen. Zunächst hatte Diderot in Langres den Collège des Jésuites besucht.

Von einer wehrhaften Stadtmauer umschlossen: das alte Langres. Foto: Hilke Maunder.
Von einer wehrhaften Stadtmauer umschlossen: das alte Langres. Foto: Hilke Maunder.

1728 zog es den jungen Mann nach Paris, wo er das Philosophie-Studium aufnahm. Sein Vater hatte gewünscht, er solle Geistlicher oder Jurist werden. Doch Diderot gab diese Pläne bald auf, um zu schreiben.

Denis Diderot: ein genialer Freigeist

Denis Diderot führte das Leben eines Bohemiens. In Paris traf er einflussreiche Schriftsteller und Philosophen wie Jean-Jacques Rousseau. In seiner Jugend folgte Diderot den Ideen Voltaires, der seinerseits von Newton und seinen Theorien zu Optik und Gravitation beeinflusst war.

Doch nach und nach wandte sich Denis Diderot davon ab und neigte mehr zur Denkrichtung des Materialismus und Atheismus. Er stellte alles infrage und lehnte es ab, sich der starren Kirchenlehre zu unterwerfen.

Das Mühlentor von Langres. Foto: Hilke Maunder
Das Mühlentor von Langres. Foto: Hilke Maunder

In seinen Schriften stellte er auch die herkömmliche Struktur und den Inhalt von Novellen infrage, so in seinem Werk Jacques der Fatalist und sein Herr ( Jacques le Fataliste et son Maître ).

Seinen Vater verärgerte Denis Diderot auch durch die Heirat mit einem armen, römisch-katholischen Mädchen, das eine Tochter gebar. Diderot verdiente nie viel Geld, trotz seiner Hingabe an seine Arbeit. Um seine Tochter mit einer Mitgift auszustatten, musste er sogar seine umfangreiche Büchersammlung verkaufen.

Katharina die Große erfuhr von seinen Nöten und erwarb die komplette Bibliothek von Denis Diderot. Sie beließ die Bücher in Paris und stellte den Aufklärer als Bibliothekar an. Bei seinem Tod 1784 übergab die Zarin die Sammlung der Nationalbibliothek von Russland.

Bei der Porte Henri IV steht die Cathédrale Saint-Mammes von Langres. Foto: Hilke Maunder
Die Cathédrale Saint-Mammes von Langres. Foto: Hilke Maunder

Frankreichs einziges Diderot-Museum

Am 5. Oktober  2013 eröffnete die Maison des Lumières Denis Diderot (Denis Diderots Haus der Aufklärung) zum Leben und Werk des großen Philosophen. Es ist das einzige seiner Art in Frankreich.

In seinen acht Sälen zeigt es persönliche Gegenstände, Originalmanuskripte, Druckplatten seiner Enzyklopädie, Zeichnungen und wissenschaftliche Objekte.

Infotafeln, Filme und interaktive Stationen illustrieren das Denken und Wirken von Denis Diderot. Zudem gewähren sie Einblicke in das Zeitalter der Aufklärung. Und die Art und Weise, wie das 18. Jahrhundert die neue Sicht auf die Welt, die Gesellschaft und den Platz des Menschen in der Welt revolutionierte.

In der Altstadt von Langres zeugen stattliche Renaissancepalais vom einstigen Wohlstand der Stadt. Foto: Hilke Maunder
In der Altstadt von Langres zeugen stattliche Renaissancepalais vom einstigen Wohlstand der Stadt. Foto: Hilke Maunder

Die Enzyklopädie

Quelle der Inspiration für Diderots Enzyklopädie war Ephraim Chambers Cyclopaedia, or An Universal Dictionary of Arts and Sciences, veröffentlicht 1728 in London. Diderot hatte Englisch studiert und schon mehrere Übersetzungsarbeiten ausgeführt.

1744 begann er, die Enzyklopädie ins Französische zu übersetzen. Mit seinem wachen und forschenden Geist ging er schon bald über diese Aufgabe hinaus.

Er strebte eine wesentlich komplexere Aufgabe an, die nicht nur Kunst und Wissenschaft, sondern das gesamte Wissen der Zeit umfassen sollte. Und mehr noch: Das Werk sollte dazu beitragen, das gewohnte Denken des Menschen zu verändern.

Hinter Hoftoren verbergen sich oft Innenhöfe, mal lauschig, mal streng klassisch, mal ganz ländlich. Foto: Hilke Maunder
Hinter Hoftoren verbergen sich in Langres oft Innenhöfe, mal lauschig, mal streng klassisch, mal ganz ländlich. Foto: Hilke Maunder

Ändert euer Denken!

Die Enzyklopädie war für ihre Zeit sehr fortschrittlich. Zugleich war sie auch sehr unorthodox, vor allem bei den Einträgen zu Religion und Naturgesetzen. Diderot befürwortete die religiöse Toleranz und die Freiheit des Denkens.

Das führte dazu, dass Kirche und Adel das werdende Werk als Bedrohung empfanden. Der Schriftsteller wurde überwacht und verfolgt. Sein Werk wurde zensiert, 1759 sogar verboten.

Viele einflussreiche Partner, Zulieferer von Beiträgen und Sponsoren schieden aus, und auch seine Freunde mieden ihn. Doch in dem Maße, in dem der Skandal wuchs, stieg auch die Zahl derjenigen, die ein Exemplar erwerben wollten. 4.000 Subskribenten ermutigten Denis Diderot, trotz aller Kontroversen weiterzumachen

Schöne Haustüren, gesehen in Langres. Foto: Hilke Maunder
Schöne Haustüren, gesehen in Langres. Foto: Hilke Maunder

35 Bände Wissen

Im Geheimen schloss er das Mammutwerk ab. Oft verbrachte er die Tage mit Recherchen und die Nächte mit dem Schreiben der Einträge. Er schwebte dabei ständig in der Angst vor polizeilichen Razzien.

Erst 1772 erhielten die Besteller die letzten der insgesamt 35 Bände der „Enzyklopädie oder kommentiertes Wörterbuch der Wissenschaften, freien und mechanischen Künste“. Nach 20 Jahren harter Arbeit war das Projekt zwei Jahre vor Diderots Tod abgeschlossen.

Kontrastre in Langres. Foto: Hilke Muander
Kontrastre in Langres. Foto: Hilke Muande

Langres: meine Reisetipps

Diderot erleben

2013 feierte Langres den 300. Geburtstag seines großen Philosophen ein ganzes Jahr lang. Seitdem könnt ihr Langres‘ berühmten Bürger im Museum hautnah entdecken  – in der Maison des Lumières Diderot und beim Stadtspaziergang mit den 28 Etappen der App, die es auch auf Deutsch gibt.
• 2, Rue Chambrulard, 52200 Langres, Tel. 03 25 86 86 40, www.musees-langres.fr

Schlemmen & genießen

La Villa Vauban

Stylisches Café-Restaurant mit großer Terrasse direkt an der Festungsmauer.
• Place du Colonel de Grouchy, 52200 Langres, Tel. 03 25 86 00 54, www.facebook.com/lavillavauban

Fromage de Langres.

Typisch für den Rohmilch-Käse aus Langres ist die fontaine – eine kleine Mulde, die sich während der Reife bildet. Wer zuschauen möchte, wie der Rotschimmel-Käse mit AOP-Siegel gefertigt wird, besucht die Käserei Germain in Vaux-sous-Aubigny und kostet am Bar à Fromage die Käse des Hauses, die sie seit 1921 handwerklich fertigt.

Langres-Käse. Foto: Hilke Maunder
Langres-Käse, eine AOP-geschützte Spezialität. Foto: Hilke Maunder

Hier könnt ihr schlafen*



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Töpferin beim Kunstmarkt in Langres. Foto: Hilke Maunder
Eine Töpferin arbeitet auf dem Kunstmarkt von Langres. Foto: Hilke Maunder

Erleben

Kunstmarkt

Mitte August arbeiten alljährlich ein Wochenende lang die Kreativen der Stadt unter freiem Himmel und töpfern, malen, kleben, drucken und sprayen auf den Plätzen, in den Parks und den Straßen und Gassen.

Charmant entspannt: der sommerliche Kunstmarkt in Langres.
Kunstgenuss ganz entspannt: der Freiluftmarkt der lokalen Künstler, denen ihr bei der Arbeit zusehen könnt. Foto: Hilke Maunder

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