Die Législatives entscheiden über die Zusammensetzung des Parlaments. Die Nationalversammlung von Paris. Foto: Hilke Maunder
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Les Législatives: die Parlamentswahlen

Les Législatives: Zwei Jahre vor Ablauf der fünfjährigen zweiten Amtszeit von Präsident Macron im Jahr 2027 finden nach dem desaströsen Abschneiden der Regierungspartei bei den Europawahlen und dem Erfolg der Rechtsnationalen von Marine Le Pen am 30. Juni 2024 vorgezogene Neuwahlen zum Parlament statt.

Noch am Wahlabend 9. Juni hatte Emmanuel Macron der Forderung des Rassemblement National nachgegeben, das Parlament (assemblée nationale) aufgelöst und so den Weg dafür frei gemacht. Ein etwaiger zweiter Wahlgang ist für den 7. Juli 2024 anberaumt.

Eigentlich wären die nächsten Parlamentswahlen erst 2027 fällig geworden. Anders als in Deutschland, wo die Wahl zum Bundestag auch die Kanzlerfrage entscheidet, bestimmen die Législatives in Frankreich nur die Zusammensetzung der Nationalversammlung.

Der Präsident wird in direkter Wahl vom Volk gewählt – und zwar im Jahr 2027. Nach der französischen Verfassung, die 2008 geändert wurde, darf ein Präsident nicht mehr als zwei aufeinanderfolgende Amtszeiten absolvieren. Das bedeutet, dass Emmanuel Macron nach seiner zweiten Amtszeit im Jahr 2027 nicht direkt für eine dritte Amtszeit kandidieren kann. Nach einer Pause wäre dies jedoch durchaus wieder möglich.

Frankreichs Zweikammer-Parlament

Bei des Législatives wählen die Franzosen die Mitglieder ihrer Nationalversammlung. Die Assemblée Nationale ist, sehr vereinfacht gesagt, das Gegenstück zum Deutschen Bundestag in Frankreich. Das Parlament besteht in Frankreich – wie in Deutschland –  aus zwei Kammern: der Nationalversammlung und dem Senat.

Nur die Nationalversammlung wird direkt vom Volk gewählt. Die Wahl zum Sénat ist eine inhouse-Wahl. Bei ihr werden in den einzelnen départements (Verwaltungsbezirken) Abgeordnete gewählt, die dann die Mitglieder des Senats wählen.

Mehrheits- statt Verhältniswahl

In Frankreich werden bei den législatives alle Abgeordneten nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt. Das bedeutet: Entscheidend ist allein die Zahl der Sitze, die eine Partei erhält. Anders als bei der Verhältniswahl ist es völlig unbedeutend, wie viel Prozent der Wählerstimme eine Partei erhalten konnte.

Dieser Wahlmodus war in der Fünften Republik immer derselbe –  mit einer Ausnahme. 1986 beschloss François Mitterrand, ein Verhältniswahlrecht einzuführen, um das sich abzeichnende Debakel für die Sozialisten abzumildern.

Das Mehrheitswahlrecht hat den Vorteil, dass es klare Mehrheiten schafft, aber die zweitplatzierten Kandidaten gnadenlos aussortiert, egal ob sie 45 Prozent oder nur zwei Prozent der Stimmen auf sich vereinen.

Im Gegensatz dazu ermöglicht das Verhältniswahlrecht, dass alle politischen Gruppierungen entsprechend ihrem nationalen Ergebnis vertreten sind. Bei diesem Wahlmodus hatte die Linke die Mehrheit verloren, aber über 30 Prozent der Sitze behalten, während der Front National mit 35 Abgeordneten (9,65 Prozent der landesweiten Stimmen) zum ersten Mal in die Nationalversammlung einzog.

2022 wie 2017 war die Änderung des Wahlmodus für die Parlamentswahlen eines der Themen, die während des Präsidentschaftswahlkampfs diskutiert wurden. Mehrere Kandidaten griffen das Thema auf, darunter Marine Le Pen, die ein vollständiges Verhältniswahlrecht anstrebte, und Emmanuel Macron, der für eine „Dosis“ Verhältniswahlrecht plädierte.

Wahlmüde?

Seit 2002 folgen standardmäß9g die Parlamentswahlen einige Wochen auf die Präsidentschaftswahlen. Die vorgezogenenen Législatives 2024 sind eine Ausnahme.

Die Wahlenthaltung bei den Parlamentswahlen nimmt stetig zu. Sie spiegelt den Vertrauensverlust in die Politik und zeugt von einem wachsenden Desinteresse der Franzosen an diesen Wahlen, die oft als blasse Fortsetzung der Präsidentschaftswahlen wahrgenommen werden. Die Wahlenthaltung 2022 lag bei 52,49 Prozent. Das bedeutet, dass etwas weniger als die Hälfte der Wahlberechtigten an der Wahl teilgenommen haben.

Regierung versus Parlament

Die Regierung entscheidet über die Politik des Landes. Die Nationalversammlung verabschiedet die Gesetze. Das bedeutet: Verfügt ein gewählter Präsident nicht über die Mehrheit in der Nationalversammlung, kann er nichts umsetzen. Dieses Debakel droht Macron.

Wenn die Mehrheit der Abgeordneten einer anderen politischen Partei als der des Präsidenten angehört, dann färbt dies auf die Regierung ab. Die umgesetzte Politik wird dann von der Parlamentsmehrheit – und nicht mehr vom Staatsoberhaupt bestimmt. Dies war bei den drei Kohabitationen (1986-1988, 1993-1995 und 1997-2002) der Fall. Seit 2002 finden die Abgeordnetenwahlen unmittelbar nach den Präsidentschaftswahlen statt.

Die Législatives: der Ablauf

In zwei Wahlgängen werden bei den législatives die Abgeordneten der Nationalversammlung gewählt. Die 577 Sitze in der Assemblée Nationale verteilen sich wie folgt: 558 für die Départements inklusive der überseeischen Départements d´outre-mer (DOM), acht für Neukaledonien und die überseeischen Gebietskörperschaften Territoirs d’outre-mer (TOM) sowie elf für die Franzosen im Ausland.

Das Ziel der politischen Parteien ist es, die absolute Mehrheit in der Versammlung zu erreichen. Dazu benötigen sie 289 Abgeordnete. Dann können sie ihr Programm umsetzen, ohne mit anderen politischen Gruppierungen verhandeln zu müssen.

Die Wahltermine

• Kontinentalfrankreich: 30. Juni 2024 und 7. Juli 2024. In den Wahlkreisen, in denen die Abgeordneten bereits im ersten Wahlgang mehr als 50 Prozent der abgegebenen Stimmen von mindestens 25 Prozent der registrierten Wähler erhalten haben, wird nur am 30. Juni 2024 gewählt.

• Einige französische Überseegebiete, darunter Guadeloupe, Martinique, Guyana, Französisch-Polynesien, Saint-Barthélemy, Saint-Martin und Saint-Pierre-et-Miquelon wählen bei den législatives bereits am Vorabend.

• Auch für die Franzosen im Ausland, die erst seit 2012 durch Abgeordnete vertreten werden, gelten andere Termine. Sei wählen bei den Konsulaten und Botschaften Frankreichs.

Die Wahlkreise

Bei den législatives in Frankreich werden die Vertreter der Nation in den lokalen Wahlkreisen bestimmt. Frankreich hat insgesamt 577 Wahlkreise. 556 Wahlkreise liegen in den Départements, zehn in den Überseegebieten. Weitere elf Wahlkreise wurden für die im Ausland lebende Franzosen eingerichtet.

Das Gesetz sieht vor, dass die Wahlkreise möglichst die gleiche Einwohnerzahl haben sollen, was in der Praxis aber nicht immer eingehalten wird. So vertritt der Delegierte für die USA und Kanada rund 260.000 Franzosen, während der Delegierte für das Überseegebiet St. Pierre und Miquelon nur knapp 6.000 Einwohner repräsentiert.

Die Einteilung der Wahlkreise für die Parlamentswahlen regelt ein Gesetz vom 23. Februar 2010. Es stützt die Verteilung der Sitze auf die Einwohnerzahl eines Départements. Pro 125.000 Einwohner darf ein Abgeordneter nach Paris ins Parlament gehen. Départements mit weniger als 125.000 Einwohnern erhalten nur einen einzigen Abgeordneten. Dies betrifft die Départements Creuse und Lozère.

Der bevölkerungsreichste Wahlkreis im Département Loire-Atlantique hat fast 170.000 Einwohner, während der bevölkerungsärmste Wahlkreis im Département Lozère nur knapp 76.000 Einwohner zählt. Diese Unterschiede in der Einwohnerzahl der Wahlbezirke verdeutlich die Ungleichheiten in der Repräsentation.

Die Kandidaten: Person statt Liste

Wie bei der Präsidentschaftswahl gilt auch bei den Législatives das Einpersonenwahlrecht, sprich, es wird eine Person und – anders als bei den Kommunalwahlen – keine Liste gewählt. Bei der Wahl in zwei Runden gilt, anders als in Deutschland, das Mehrheitswahlrecht – und nicht das Verhältniswahlrecht. In Deutschland gibt es bei der Wahl zum Deutschen Bundestag ein Misch-System, bei dem sowohl Mehrheitswahl und Verhältniswahl zur Anwendung kommen.

Nur ein Kandidat kann Abgeordneter des Wahlkreises werden. In die Assemblée Nationale zieht der Kandidat, der die Mehrheit der Stimmen erhalten hat. Er gewinnt dann im Namen seiner politischen Gruppierung dort einen Sitz.

Wer darf kandidieren?

Wer in die Nationalversammlung gewählt werden möchte, hat vier Tage Zeit, seine Kandidatur bei der Präfektur offiziell zu erklären .

Alle Kandidaten müssen die Voraussetzungen für das Wahlrecht erfüllen. Wer unter Vormundschaft oder Pflegschaft gestellt ist, darf nicht wählen. Ebenso wird die Stimmabgabe all jenen verweigert, die den Service National Universel ( SNU )  nicht erfüllt haben. Er ersetzt seit 2022 die Wehrpflicht. Darüber hinaus dürfen Kandidaten nicht aus einigen der Berufe kommen, die vor Ort Sicherheit und Ordnung garantieren.  Niemand kann in mehreren Wahlkreisen kandidieren.

Die Wähler

Wer wählen möchte, muss sich rechtzeitig vorab ins Wählerverzeichnis ( liste électorale ) eintragen lassen. Wählen dürfen nur Franzosen, keine dort lebenden EU-Bürger. Sie müssen neben der französischen Staatsangehörigkeit alle bürgerlichen und politischen Rechte besitzen und mindestens 18 Jahre alt sein. 48,7 Millionen Menschen dürfen damit in Frankreich wählen, so das staatliche Statistikamt INSEE.

Der Wahlkampf

Der Wahlkampf beginnt am zweiten Montag vor dem Wahltag. Anders als in Deutschland verschandelt keine Werbeschlacht die Straßenränder und Kommunen. Plakatiert werden darf nur an offiziell ausgewiesenen Stellen.

Das Geld

Das Wahlgesetz sieht vor, das jeder Kandidat bei den Parlamentswahlen ein Wahlkonto eröffnet. Auf diesem Konto darf er sechs Monate lang Gelder einnehmen und ausgeben, die mit der Kandidatur verbunden sind.

Das Bankkonto muss sich zwingend in Frankreich befinden. Mit der Verwaltung des Wahlkontos darf der Kandidat Dritte beauftragen – natürliche wie juristische Personen.

Das Wahlkampfkonto jedes Kandidaten zeichnet seine Einnahmen und Ausgaben sowie die zu seinen Gunsten gewährten Sachleistungen nach. Es darf kein Defizit aufweisen. Zwei Monate nach der Wahl muss es zur Prüfung an die Commission nationale des comptes de campagne et des financements politiques (CNCCFP) weitergeleitet werden.

Die Wahlkampf-Ausgaben sind auf 38.000 Euro zuzüglich 0,15 Euro pro Einwohner im Wahlkreis begrenzt. Der Betrag ist damit variabel und wird für jeden Wahlkreis auf der Grundlage der Bevölkerungszahlen festgelegt.

Spenden und Zuwendungen

Wer persönlich einen Kandidaten unterstützen will, darf maximal 4.600 Euro beisteuern. Unternehmen dürfen ihren Wunschkandidaten nicht finanziell unterstützen. Auch Spenden von öffentlichen oder privaten französischen juristischen Person sind verboten. Ausgenommen sind Spenden von französischen politischen Parteien oder Gruppierungen.

Vereinigungen, die die Franzosen im Ausland vertreten, dürfen zur Finanzierung einer Kampagne beitragen, indem sie den Kandidaten ihre Leistungen zum Selbstkostenpreis in Rechnung stellen. Ausgenommen sind Sachleistungen oder Direktfinanzierungen.

Der Staat zahlt die Kosten

Der Staat erstattet die Wahlkampfkosten eines Kandidatens. Dazu gehören offizielle Flugblätter, Plakate auf Wahltafeln und Stimmzettel. Hinzu kommt eine Pauschale in Höhe von 47,5 Prozent der Ausgabenobergrenze für jeden Kandidaten, der im ersten Wahlgang die Fünfprozenthürde geschafft hat.

Sämtliche Reisekosten für Wahlkampfauftritte innerhalb des Wahlkreises werden bis zu einer Höchstgrenze ebenfalls erstattet. Mit der Kostenübernahme durch den Staat will Frankreich sicherstellen, dass Kandidaten aus allen sozialen Schichten kommen können.

Die Wahlkarte der Franzosen trägt seit 3033 einen QR-Code.
Die Wahlkarte der Franzosen trägt seit 2022 einen QR-Code.

Die Wahl

Die Abgeordneten werden nach dem Mehrheitswahlrecht in zwei Wahlgängen gewählt. Obwohl sie in einem Wahlkreis gewählt werden, haben sie ein nationales Mandat.

Erster Wahlgang

Anders als bei den Präsidentschaftswahlen kann ein Kandidat bereits im ersten Wahlgang gewinnen. Dazu muss er 50 Prozent der Stimmen erhalten, die mindestens 25 Prozent der registrierten Wähler repräsentieren.

Gelingt es ihm nicht, sich auf Anhieb  einen Sitz zu sichern, muss er für die Zulassung zum zweiten Wahlgang mindestens 12,5 Prozent der Wähler hinter sich vereint haben. Es kann also vorkommen, dass es im zweiten Wahlgang drei oder sogar vier Kandidaten gibt. Die Wahlenthaltungsquote ist somit entscheidend.

Zweiter Wahlgang

Im zweiten Wahlgang genügt die relative Mehrheit. Der Gewinner des zweiten Wahlgangs ist derjenige, der anschließend an erster Stelle steht, unabhängig von der Anzahl der Stimmen. Bei Stimmengleichheit ist der älteste Kandidat gewählt.

Die Auszählung

Die Wahlen finden am siebten Sonntag nach der Veröffentlichung des Dekrets zur Einberufung der Wähler statt. Verantwortlich für die Festlegung der Wahllokale ist der Präfekt. In der Praxis wird jedem Wahllokal ein Einzugsbereich von 800 bis 1.000 Wählern zugewiesen.

Die Auszählung der Stimmen findet statt, sobald der Vorsitzende des Wahlbüros die Wahl für beendet erklärt hat. Gezählt wird ohne Pause. Die Kandidaten wie auch die Wähler dürfen bei der Auszählung mit dabei sein.

Les Législatives 2024: die Kandidaten

In Frankreich nennen sich die Parteien oft um und bilden vor Wahlen Bündnisse mit neuen Namen – das macht es komplizierter als in anderen Ländern, Durchblick in der politischen Landschaft zu behalten. Insgesamt sind 14 Parteien zugelassen zu den Législatives 2024.

Liberales Lager

Das Bündnis, das die Politik von Präsident Emmanuel Macron unterstützt, tritt bei den Législatives 2024 unter dem Namen Ensemble pour la République an. Es besteht aus fünf Parteien:

• Renaissance: Die Partei von Präsident Macron stellt bislang noch die stärkste Fraktion in der Nationalversammlung, Ihr Spitzenkanditat ist der amtierende Premierminister Gabriel Attal. Er tritt im Wahlkreis 10 im Département Hautes-Seine an.
Mouvement Démocrate (MoDem): François Bayrou ist seit 2007 Vorsitzender der „Demokratischen Bewegung“ und seit 2014 Bürgermeister von Pau. Die Spitzenkandidatin von MoDem bei den Législatives 2024 ist Sarah El Hairy, beigeordnete Ministerin für Kinder, Jugend und Familie aus dem 5. Wahlkreis des Départements Loire-Atlantique.
Horizons: Édouard Philippe, Bürgermeister von Le Havre und Premierminister Macrons von 2017 bis 2020, gründete mit „Horizonte“ eine Partei, die einen eigenen Kurs unabhängig vom Präsidenten fahren will. Ihre Spitzenkandidatin bei den Législatives 2024 ist die ehemalige Ministerin Bérangère Abba aus dem 1. Wahlkreis des Départements Haute-Marne.
• Union des démocrates et indépendants: Die 2012 gegründete Union der unabhängigen Demokraten (UDI) unter Vorsitz von Jean-Christophe Lagarde stellt keine eigenen Kandidaten auf.
Parti Radical: Der europafreundliche Parti Radical wurde 1901 gegründet und gehört damit zu den ältesten politischen Parteien in Frankreich.

Frankreichs Linke

2022 waren bei den Législatives die vier linken Parteien Frankreichs –  Parti socialiste (PS), Parti communiste (PCF), Europe Ecologie-Les Verts (EELV) und La France Insoumise (LFI) – als Nouvelle Union populaire écologique et sociale (NUPES) angetreten.

Nach der Niederlage von NUPES nennen sie sich nun Nouveau Front Populaire (NFP). Der Name ist eine doppelte Anspielung: zum einen auf den Front Populaire von Léon Blum aus dem Jahr 1936, zum anderen als Gegenantwort auf den Front National der Rechtsextremen (heute: Rassemblement National).

Unterstützung findet der NFP bei den Législatives 2024 bei den Gewerkschaften und anderen linken Kleinparteien wie Génération.s von Benoît Hamon, der Kommunistische Partei Frankreichs von Fabien Roussel,  der linken Partei La France Insoumise unter dem Vorsitz von Manuel Bompard, die Jean-Luc Mélenchon mitbegründet hat, der Place publique von Raphaël Glucksmann sowie der linken politischen Bewegung Ensemble!, die sich bei den Législatives 2024 ür soziale und ökologische Transformationen einsetzt.

Zu den Spitzenkandidatiten des NFP bei den Législatives 2024 gehören einige der bekanntesten Politiker Frankreichs. Ex-Präsident François Hollande tritt im ersten Wahlkreis des Département Corrèze an; Olivier Faure, Erster Sekretär des Parti Socialiste, kandidiert im elften Wahlbezirk des Département Seine-et-Marne. Fabien Roussel, Generalsekretär der Kommunistischen Partei Frankreichs PCF , hofft im dritten Wahlkreis des Département Somme auf zahlreiche Stimmen.

Frankreichs Rechte

Die rechtskonservative Partei Les Républicains fühlen sich als einzig wahre Vertreter des politischen Erbes von de Gaulle. Im Vorfeld der Législatives 2024 zeigte sich jedoch deutlich, wie sehr die Richtungskämpfe die Partei spalten.

Ihr Vorsitzender Éric Ciotti hatte am 11. Juni 2024 einen Tabubruch begangen und angekündigt, ein Wahlbündnis mit dem Rassemblement National (RN) eingehen zu wollen. Sein politisches Kalkül war ein höchst persönliches: Er möchte Bürgermeister von Nizza werden – und hofft auf Unterstützung seiner Bewerbung durch den RN. Ciotti ist seit 2007 Abgeordneter in der Nationalversammlung für den 1. Wahlkreis in den Alpes-Maritimes.

Mehr als 400 Namen stehen auf der Kandidatenliste des gemäßigten Flügels der Republikaner bei den Législatives 2024

Frankreichs Ultra-Rechte

Der Rassemblement National (RN) war der große Gewinner der Europawahlen 2024 in Frankreich. Sein Vorsitzender ist der erste 28-jährige Jordan Bardella, der wie die euroskeptische Partei auf einen moskaufreundlichen Kurs setzt. Marine Le Pen und ihr Vater hatten wegen der Nähe zu Putin oftmals für Negativschlagzeilen gesorgt.

Marine Le Pen, ehemalige Partei- und Fraktionsvorsitzende des RN, kandidiert im 11. Wahlkreis des Département Pas-de-Calais; ihr früherer Lebensparter und Parteigenosse Louis Aliot ist seit 2020 Bürgermeister von Perpignan und damit der erste RN-Politiker, der eine Stadt von mehr als 100.000 Einwohnern in Frankreich regiert.

Der rechtsextreme Publizist Éric Zemmour ist der Spitzenkandidat der von ihm gegründeten Partei Reconquête!

Marion Maréchal, die Nichte von Marine Le Pen ist besonders im Süden Frankreichs unter den RN-Anhängern enorm beliebt. Sie war die Frontfrau von Reconquête bei der Europawahl 2024, sprache sich aber bei für die vorgezogenen Parlamentswahl in Frankreich 2024 für Kandidaten des Rassemblement National aus. Éric Zemmour reagierte auf diesen „Verrat“ mit Parteiausschluss.

Der Palais Bourbon mit der frisch restaurierten Säulenreihe. Foto: Assemblée Nationale
Der Palais Bourbon mit der frisch restaurierten Säulenreihe. Foto: Assemblée Nationale

Der Sitz der Nationalversammlung

Die Nationalversammlung residiert im Palais Bourbon an der rive gauche. Das Stadtpalais wurde für die Aristokratie erbaut. Seit rund 200 Jahren ist es der Tempel der Demokratie. Seit 1827 tagen hier die Abgeordneten, beraten und verabschieden Gesetze im Halbrund der Nationalversammlung.

Erbaut wurde der französische „Bundestag“ 1722-1728 als „Lusthaus“ ( maison de plaisance ) für die Duchesse de Bourbon, die einen Teil ihres Grundbesitzes ihrem Liebhaber überließ, der darauf das benachbarte Hôtel de Lassay errichtete. Zum Palais stieg die Maison erst auf, als Mitglieder der zum Königshaus gehörenden Familie Condé das Anwesen bewohnten und beide Bauten verbinden ließ.

Detail der Säulenfront am Palais Bourbon. Foto: Assemblée Nationale
Detail der Säulenfront am Palais Bourbon. Foto: Assemblée Nationale

Seine Säulenfront erhielt der Palais jedoch erst 1806 unter Napoleon – als Pendant zur Madeleine-Kirche am rechten Seine-Ufer. Zur Schauseite Richtung Seine stellen Monumentalplastiken  berühmte Minister französischer Könige dar. Von links sind es: Sully unter Heinrich IV., Michel de l’Hôpital unter Franz I., Henri II. d’Agnesseau unter Ludwig XV. und Colbert, Minister unter Ludwig XIV.

Die Allegorien im Giebelfeld zeigen Frankreich, eingerahmt von Freiheit und Ordnung. Links und rechts der Freitreppe symbolisieren Minerva die Weisheit und Themis die Gerechtigkeit.

Der Blick in den Sitzungssaal: Foto: Assemblée Nationale
Der Blick in den Sitzungssaal: Foto: Assemblée Nationale

Stadt in der Stadt

Auf Führungen und virtuell könnt ihr die Nationalversammlung besichtigen. Auf dem Weg zu den Zuschauertribünen kommt ihr an einem Fries von Hervé di Rosa vorbei, der nach Comic-Art die Staatsbürgerschaft thematisiert.

Das Deckengemälde der Bibliothek fertigte Eugène Delacroix. Der Maler war auch zeitweilig Abgeordneter! Zu den Schätzen der 800.000 Dokumente gehört die Originalaufzeichnung vom Prozess gegen die Jungfrau von Orléans.

1300 Beamte arbeiten im Palais Bourbon. Für Sicherheit sorgt die Republikanische Garde. Den Durst stillt eine Bar im Jugendstil hinter dem Sitzungssaal. Für schick gestyltes Haar sorgt der hauseigene Friseur. Im benachbarten Hôtel de Lassay residiert der Präsident der Assemblée Nationale.

Die buvette des parlementaires im Palais Bourbon. Foto: Assemblée Nationale
Die buvette des parlementaires im Palais Bourbon. Foto: Assemblée Nationale

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Quellen

www.vie-publique.fr/eclairage/38011-legislatives-2022-regles-et-deroulement-du-scrutin

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Alle fünf Jahre wählt Frankreich seinen neuen Präsidenten. Wie die Direktwahl erfolgt, erfahrt ihr in diesem Beitrag.

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6 Kommentare

  1. Guten Morgen,
    danke für die Erklärungen. Es wäre interessant zu wissen, wie sich die Wahlentscheidung auf das Leben der Deutschen und anderer Ausländer, aus EU und nicht EU, in Frankreich auswirken könnte. Erstrebt Frankreich denn wirklich den Austritt aus der EU? Und wie schnell könnte das gehen?
    LG aus Spanien.
    Ines

    1. Liebe Ines, danke für Deine Nachfrage! Dies ist ein Thema, das sehr intensiv diskutiert wird derzeit …. aber alles sind nur Vermutungen. Und je nach eigener politischer Einstellung sehr unterschiedlich gefärbt. Bitte hab Verständnis dafür, wenn ich mich aus dieser Diskussion heraushalte. Merci und herzliche Grüße, Hilke

  2. In der Tat könnte Macron sich zu späterer Zeit wieder als Präsident bewerben, er kann nur nicht in Folge dreimal gewählt werden. Also 2032 könnte er legal wieder antreten. Die Idee, dass er nach einem jetzigen Rücktritt für 2027 wieder kandidieren könne, scheint nach diesem Text verfassungsmäßig nicht möglich zu sein (scheint aber in Polynesien möglich) : https://www.emilemagazine.fr/article/2022/12/8/emmanuel-macron-peut-il-demissionner-et-se-representer-
    Dass er den extrem Rechten die Tür öffnet, damit alle sehen können, dass sie inkompetent sind, wurde aber durchaus in der französischen Medien erwogen. Ob das eine gute Idee ist, sei dahingestellt.

    1. Liebe Christiane, danke für Deine Vorort-Einschätzung auf die französische Politik – ein riskanter Schachzug, denke ich. Bises an die Côte! Hilke

  3. Liebe Hilke,
    wie üblich detailliert und kompetent erklärt (obwohl wir, du genauso wie ich, als Nicht-Franzosen gar nicht mitwählen dürfen).
    Mich würde interessieren, ob dir bei deinen Recherchen eine Regelung untergekommen ist, die besagt, wie eine unvollständige Präsidenten-Amtszeit behandelt wird. Es gab mal ein Gerücht, Macron könne zurücktreten, die unvollständige Amtszeit (<als 50%) würde nicht gezählt, so dass er nach Ablauf der Amtszeit seines Nachfolgers trotzdem noch einmal – also ein drittes Mal – antreten dürfte.
    Wenn er nach dieser Wahl keine Mehrheit mehr hat und Frankreich für ihn faktisch unregierbar ist, könnte er ja zurücktreten, der neuen Regierung in aller Ruhe dabei zusehen, wie sie sich selber zerlegt und danach sagen: "Schaut her, so schlimm war es mit mir doch gar nicht! Probieren wir es doch noch einmal zusammen."

    Liebe Grüsse aus der Provence
    Robert

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