Opoul-Périllos: Die Zufahrtstraße zum Château. Foto: Hilke Maunder
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Opoul-Périllos: Grenzfeste & Geisterdorf

Am Rande der Garrigue duckt sich Opoul-Périllos unter der wachsamen Ruine des Château de Salveterra, einer ehemaligen Grenzfeste zwischen Frankreich und Aragón. Opoul hat die Nähe zu Perpignan zu einem beliebten Wohngebiet für Pendler gemacht. Das einst blühende Weindorf Périllos, jahrzehntelang ein Geisterdorf, erwacht heute langsam zu neuem Leben und bewahrt behutsame seine Geschichten und Geheimnisse zwischen zerfallenen Mauern, wilden Kräutern und dem Wind, der über die Corbières pfeift.

Schmal ist die Straße. Ein Asphaltband mit Schlaglöchern. In hellem Grau zieht sie sich zwischen kalkig ausgemergelten Bergen durch die Garrigue. Weit ist die Landschaft, durchsetzt von Fels. Auch im Winter ist der Himmel blau, das Licht hart.

Bei jeder Kurve habe ich Angst, dass mir ein anderes Fahrzeug entgegen kommt. Dann würde ich wieder ein halsbrecherisches Manöver machen müssen, um ihm auszuweichen. Doch es ist Sonntag, Mittagszeit. Und die Franzosen sitzen vermutlich mit der Familie zu Tisch. Und fahren nicht bei eisigem Wind und Minusgraden durch die Corbières.

Opoul-Périllos: Landschaft. Foto: Hilke Maunder
Ausgemergelt und karg: die Landschaft bei Opoul-Périllos. Foto: Hilke Maunder

Weites, wildes Bergland

Einsam ist das Land, ein wilder Westen im Süden von Frankreich. Längst haben sich die Weingärten von Vingrau und Opoul verabschiedet. In eisigen Böen peitscht die Tramontane über das Land.

Rosmarin und Buchsbaum hat sie windschnittig verformt. Auch die Kiefern und die knorrigen Olivenbäume sind windgebeutelte Veteranen. Einzig den Zedern scheint der Sturm nichts anzuhaben. Groß und mächtig erheben sich sich aus dem Boden; Wächter der Natur vor den Schneespitzen der Pyrenäen, die in der Ferne eisig funkeln.

Die Burg von Opoul überragt auf einem 400 m hohen Tafelberg das Dorf von Opoul. Foto: Hilke Maunder
Die Burg von Opoul überragt auf einem 400 m hohen Tafelberg das Dorf von Opoul. Foto: Hilke Maunder

Die Burg von Opoul

Dann ragt, einem Tafelberg gleich, ein Plateau 400 m hoch schroff und steil in den Himmel. Es wird bekrönt von der Ruine einer Burg, die einst ein ganzes Dorf hinter seinen wehrhaften Mauern barg: das Château de Salveterra.

Jakob I. von Aragonien ließ die wehrhafte Burg, im Katalanischen auch Castell d’Òpol genannt, im dreizehnten Jahrhundert an der Grenze zwischen dem Königreich Frankreich und dem Königreich Aragón erbauen.

Opoul-Périllos: Der Blick auf Opoul und die Schwemmlandebene des Roussillon mit seinen Schwemmlandseen. Foto: Hilke Maunder
Der Blick gen Osten hin zum Mittelmeer. Foto: Hilke Maunder

Die Straße windet sich hinauf. Immer atemberaubender werden die Ausblicke. Vom unbefestigten, geräumigen Parkplatz am linken Straßenrand führen mehrere Wanderwege in 15-30 Minuten hinauf zur Burg.

Opoul-Périllos: Ausblick vom Château. Foto: Hilke Maunder
Jenseits des Riesen-Fenchels erheben sich am Horizont die Pyrenäen an der Grenze zu Spanien. Foto: Hilke Maunder

Oben pfeift der Wind noch mehr. Doch die Aussicht ist grandios. Gen Süden dominieren der Canigou und das Massif du Madrès die Bergkette der Pyrenäen. Im Südosten gehen die Berge über in die Ausläufer der Albères, die sich ins Mittelmeer stürzen.

Opoul-Périllos: Der Canigou ist der heilige Berg der Katalanen. Foto: Hilke Maunder
Der Canigou ist der heilige Berg der Katalanen. Foto: Hilke Maunder

Der Blick wandert über die weite Schwemmlandebene des Roussillon zu den Lagunenseen von Saint-Cyprien und Leucate-Salses im Osten.

Opoul-Pérrillos: Blick vom Château gen Süden. Foto: Hilke Maunder
Der Blick gen Süden. Foto: Hilke Maunder

Ihr blickt dann gen Norden auf den Montouillé de Périllos der Corbières. Gen Westen thront auf den Bergkegeln der Corbières der Turm von Tautavel. Ganz in der Ferne folgen dann die ersten Katharerburgen.

Opoul-Pérrillos: Blick vom Château gen Westen. Foto: Hilke Maunder
Blick vom Château gen Südwesten. Foto: Hilke Maunder

Auf der nördlichsten Spitze des Départements erlebt ihr die gesamten Pyrénées-Orientales als 360-Grad-Rundblick!

Opoul-Périllos: Der Blick auf Opoul und die Schwemmlandebene des Roussillon mit ihren Lagunenseen. Foto: Hilke Maunder
Der Blick auf Opoul und die Schwemmlandebene des Roussillon mit ihren Lagunenseen. Foto: Hilke Maunder

Dorf und Burg sind heute eindrucksvolle Ruinen inmitten von Buchs, hohen Gräsern und der Steinblume, die zart in Lila und Pink hier blüht.

Opoul-Périllos: Die letzen Überreste der inneren Burg. Foto: Hilke Maunder
Die letzen Überreste der inneren Burg. Foto: Hilke Maunder
Opoul-Périllos: Der Donjon der Burg. Foto: Hilke Maunder
Der Donjon der Burg. Foto: Hilke Maunder
Opoul-Perillos. Die Schlossruine. Foto: Hilke Maunder
Die Schlossruine. Foto: Hilke Maunder
Opoul-Périllos: Blick vom Wehrgang gen Osten. Foto: Hilke Maunder
Der Ausblick auf die Lagunenseen der Mittelmeerküste. Foto: Hilke Maunder

Im Süden des Plateaus sind die Reste der Burg noch am besten erhalten. Sie bestehen aus einer durch einen Graben geschützten Einfriedung, mehreren gewölbten Räumen, Teilen eines überdachten Weges mit Zinnen und Schießscharten, zwei Zisternen und Überresten eines Turmes, an dem noch die Maschikulis zu sehen sind, durch die heißes Wasser oder Öl auf etwaige Angreifer gegossen werden konnten.

Opoul-Périllos: Der letzte Blick zurück auf die Burg von Opoul. Foto: Hilke Maunder
Der letzte Blick zurück auf die Burg von Opoul. Foto: Hilke Maunder

Kleinod am Ende der Straße

Die Straße zur Burg endet an einem Dorf, das als village ruiné in den Karten eingetragen ist. „Das ist so nicht ganz korrekt“, sagt ein bärtiger Franzose mit Strickmütze in Karibikfarben. Er hat seinen Transporter vor einem Natursteinhaus geparkt – und lädt mit seiner Freundin Zementsäcke aus.

„Wir haben das Dorf nie ganz aufgegeben. Ganzjährig lebt niemand mehr hier in Périllos. Aber um die Häuser hier kümmern sich doch immer einige“, erzählt er.

Opoul-Périllos: Auf den ersten Blick wirkt Périllos nicht wie ein Geisterdorf. Foto: Hilke Maunder
Auf den ersten Blick wirkt Périllos nicht wie ein Geisterdorf. Foto: Hilke Maunder

Ganz zaghaft beginnt Périllos (Perellós) wieder zu leben. Hinter der ruralen Renaissance, die 2006 begann, steht der Verein Terre de Pierre. Im Sommer bewirtschaften seine Mitglieder dort einen Gemüsegarten.

Opoul-Périllos: Natursteinhaus. Foto: Hilke Maunder
In Périllos. Foto: Hilke Maunder

Sie laden zu Skulptur-Workshops oder oder zu Apérillos (Aperitifs) in der Buvette Le Lézard, die dann ihre Tische vor dem l’Oustal, dem Hauptplatz des Dorfes aufstellt.

Opoul-Périllos: In Périllos wurde einst auch einige Olivenbäume bewirtschaftet. Foto: Hilke Maunder
In Périllos wurde einst auch einige Olivenbäume bewirtschaftet. Foto: Hilke Maunder

800 Jahre Geschichte

Doch jetzt ist es Winter, und Périllos erinnert an eine schlafende Schönheit. Historische Dokumente erwähnen es erstmals im Jahr 1215. In jener Zeit errichtete die Familie von Périllos dort eine Burg, die ab dem 13. Jahrhundert als Vorposten für das Château de Salvaterra diente.

Opoul-Périllos. Blick auf Périllos. Foto: Hilke Maunder
Périllos. Foto: Hilke Maunder

1391 stieg das Lehen von Périllos zur Vizegrafschaft auf.  Ramon de Périllos wurde Gouverneur von Roussillon, aber auch von Cerdanya, Conflent und Vallespir. Er erbte auch den Titel eines Marschalls von Aragon und Sizilien. Ein paar Jahre später wurde ein anderer Ramon de Périllos Großmeister der Malteserritter.

Das Geschlecht der Périllos endete im 15. Jahrhundert. Eleonora de Perellós starb ohne Erben. Ihr gesamter Besitz ging an ihren Neffen, Bernat-Beranger de Perapertusa. Unter Ludwig XIV. fiel die Vizegrafschaft bis zur Französischen Revolution an den Grafen von Durban-Corbières zurück.

Opoul-Périllos. Ein letzter Überrest der Burg von Périllos ist diese Steinbogen. Foto: Hilke Maunder
Auch Périllos besaß einst eine kleine Burg, Reste des Donjons recken sich in den Himmel. Ausblicke auf die Hautes-Corbières eröffnet dieser Steinbogen. Foto: Hilke Maunder

Kriege und Läuse

Eine lange Reihe von Katastrophen führte schließlich zum Niedergang des Dorfes. Die Reblaus vernichtete die wenigen Weinstöcke, die jahrhundertelang für ein karges Auskommen gesorgt hatten. Die Kindersterblichkeit stieg. Der Erste Weltkrieg holte die Männer aus dem Dorf, in dem 1916 das letzte Kind geboren wurde.

Opoul-Périllos. Blick auf Périllos. Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Als sie nicht mehr zurückkehrten, die Frauen Witwen wurden, kehrten sie dem Dorf den Rücken und gingen ins zehn Kilometer entfernte Opoul. Dort war das Leben schon damals einfacher, das Klima freundlicher, das Auskommen besser.

Heute wachsen dort kantige Eigenheime aus dem kargen Boden: protzige Anwesen, umgeben von hohen Mauern, gesichert mit Kameras.

Der Zweite Weltkrieg dezimierte die Bevölkerungszahl auf zwölf. 1968 lebten nur vier Menschen im Dorf. Um 1970 verließ mit dem staatlichen Schafhirten, der ebenfalls nach Opoul zog, der letzte ständige Bewohner das Dorf. 1971 wurde Périllos als verlassenes Geisterdorf administrativ Opoul zugeschlagen.

Die rurale Renaissance

Blick vom Kirchenturm auf die Corbières-Berge ringsum. Foto: Hilke Maunder
Blick vom Kirchturm auf die Corbières-Berge ringsum. Foto: Hilke Maunder
Opoul-Périllos. Foto: Hilke Maunder
Die Église Saint-Michel. Foto: Hilke Maunder
Opoul-Périllos: Detail der Kirche. Foto: Hilke Maunder
Der Schaugiebel der Kirche mit dem offenen Geläut. Foto: Hilke Maunder

Heute ist Périllos ein Dorf im Wiederaufbau. Rund um die Kirche Saint-Michel sind die Häuser inzwischen wieder recht gut erhalten. Auch die Hauptstraße ist saniert.

Opoul-Périllos. Der Friedhof von Périllos. Foto: Hilke Maunder
Der Friedhof von Périllos. Foto: Hilke Maunder
Opoul-Périllos. Der Friedhof von Périllos. Foto: Hilke Maunder
Eisenkreuze dominieren auf dem Friedhof von Périllos. Foto: Hilke Maunder
Opoul-Périllos. Der Friedhof von Périllos. Foto: Hilke Maunder
Jenseits des Friedhofs beginnt die Bergnatur. Foto: Hilke Maunder

Der Friedhof erinnert mit Eisenkreuzen an 15 Familien, die hinter der Kapelle oftmals namenslos ihre letzte Ruhestätte fanden. Jetzt zieht hier und da wieder Leben ein in Périllos.

Opoul-Périllos: Natursteinhaus. Foto: Hilke Maunder
Dieses Natursteinhaus renovierte das Paar, das ich im Geisterdorf traf. Foto: Hilke Maunder

„Seien Sie willkommen, in der Gemeinde, die unseren Vorfahren so teuer war, und denen wir über ihr Grab hinaus Respekt zollen. Wir fordern Sie auf, das zu respektieren, was von der Gemeinde übrig geblieben ist!“

Opoul-Périllos. Besucherhinweis in Périllos. Foto: Hilke Maunder
Périllos: ein Dorf mit langer Geschichte. Foto: Hilke Maunder

Darum bittet eine Inschrift auf einem der ersten Häuser, die jeder Besucher von Périllos als erstes erblickt. „Seien Sie vorsichtig, die Mauern haben Augen und die Fenster Ohren“.

Opoul-Périllos. Besucherhinweis in Périllos. Foto: Hilke Maunder
In den Ruinen von Périllos. Foto: Hilke Maunder

Périllos: meine Reisetipps

Essen und Trinken

Buvette Le Lézard

Juni bis September

Nicht verpassen

Chapelle Sainte-Barbe (Església de Santa Barbara)

Die kleine Kapelle erhebt sich direkt an der Stichstraße nach Périllos in der Garrigue.

Opoul-Périllos. Die Sankt-Barbara-Kapelle von Périllos. Foto: Hilke Maunder
Die Sankt-Barbara-Kapelle von Périllos. Foto: Hilke Maunder

La Caune de Périllos

Das Trou La Caune ist eine fast kreisrunde Höhle mit einem Durchmesser von rund  50 Metern und einer Höhe von 15 Metern. Ein Teil des Gewölbes ist eingestürzt und hat eine Allee gebildet, durch die Tageslicht flutet und die „Lochhöhle“ erhellt.

Montoullié de Périllou

Der Gipfel an der Südflanke des Dorfes Périllos markiert den nördlichsten Punkt des Départements Pyrénées-Orientales und des gesamten katalanischen Landes.

Auf seinem Gipfel könnt ihr vom Dorf aus ein Wetterradar sehen. Es gehört zu den 18 regionalen französischen Radaren, die zur Überwachung von Bränden und Stürmen aufgestellt wurden und jeweils einen Radius von 100 bis 200 Quadratkilometern abdecken.

Wacholder im Weinberg

Der Walcholderbaum im Weinberg von Opoul-Périllos erhielt vom Verband A.R.B.R.E.S. die Auszeichnung als bemerkenswerter Baum Frankreichs. Er ist 17 Jahrhunderte alt und hat einen Umfang von 4,40 Metern. Landesweit tragen rund 350 Bäume diese Auszeichnung, davon sechs in den Pyrénées-Orientales.

Constellation-Stele

Am 11. Januar 1963 kollidierte eine in Toulouse-Francazal stationierte Lockhead L 749 A Constellation des E.A.R.S. (Air Search and Rescue Squadron) bei einem Ausbildungsflug mit dem Mont Plat. Das Flugzeug wartete nach einer Übung vor dem Cap Béar auf einen Höhenwechsel und flog über die Corbières nördlich von Perpignan.

Ein dichter Nebel hüllte an jenem Tag das Massiv ein. Die Constellation explodierte mit einem höllischen Lärm. Die Erde verkohlte. Die Triebwerke und Teile des Rumpfes fanden die Rettungskräfte verstreut  im Umkreis von dreihundert Metern. Keiner der zwölf Menschen an Bord überlebte diesen Absturz. Heute erinnert ein Stele an diesen tragischen Tag.

Hier könnt ihr schlafen*

 
Opoul-Périllos: Der Ausblick von Périllos auf die Pyrenäen und den Canigou. Foto: Hilke Maunder
Der Ausblick von Périllos auf die Pyrenäen mit dem Canigou. Foto: Hilke Maunder

Weiterlesen

Im Blog

Ganz in der Nähe wird im Fitou der älteste Rotwein des Languedoc angebaut. Mehr dazu erfahrt ihr in diesem Beitrag.

Im Buch

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