Der schönste Platz des Marais: die Place du Vosges. Foto: Hilke Maunder
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Königliche Plätze in Paris: Place des Vosges

479 Plätze gibt es in Paris. Doch nur fünf davon sind „königliche Plätze“: die Place de la Concorde, Place des Victoires, Place Dauphine, Place Vendôme. Und die Place des Vosges im Herzen des Marais. 

In der Mitte ein Park, eingerahmt von Arkaden, in denen schicke Galerien, kleine Bistros und Sternekoch Bernard Pacard die Pariser Lebensart hochhalten: Die Place des Vosges ist der älteste der fünf königlichen Plätze von Paris. Und für viele das schönste Idyll zum Entspannen, Schauen und Genießen.

Lebensart statt Hektik

Elf Galerien säumen den 140 x 140 Meter großen Platz. Je nach Sonnenstand wählt man sein Freiluftlokal. Auch im Winter, wenn Heizstrahler aufgestellt und Decken bereitgelegt werden.

Feinschmecker genießen bei Dreisternechef Bernard Pacard unter der acht Meter hohen Kassettendecke des L’Ambrosie eine Gourmetküche, die ohne Schnickschnack und Zeitgeistzauber pure Freude für alle Sinne ist.

Kinder spielen im Park, Brunnen plätschern, und bei schönem Wetter werden die Rasenflächen rund um das marmorne Reiterstandbild Ludwigs XIII. von Dupaty und Cortot zum Sonnen und Picknicken in Beschlag genommen. Handy und Laptop sind dabei auf Empfang: Paris bietet an der Place des Vosges kostenloses WLAN an – unbegrenzt.

Raphael Parthe braucht solch unsichtbare Wellen nicht. Er sei ein Medium, sagt er, und hat Los Angeles gegen die Place des Vosges 17 eingetauscht. Dort liest er Tarot-Karten, reinigt die Aura, findet verlorene Dinge beim Pendeln und tritt mit Verstorbenen ins Gespräch.

Turniere, Feste und Duelle

Im Auftrag von Heinrich IV. gestalteten ab 1605 Claude Chastillon und Louis Métezeau, die beide in königlichen Diensten standen, die großartige Festkulisse für Turnierspiele, Staatsempfänge und Hochzeiten des Hofes nach den Idealen der Renaissance.

Damals noch Place Royale genannt, war er trotz eines Verbotes von Kardinal Richelieu auch bevorzugter Ort für Duelle. Seinen heutigen Namen erhielt die Place des Vosges im Jahr 1800. Das Département Vosges hatte als Erstes Steuern an das neue Regime der Republik Frankreich abgeführt.

Den quadratischen Platz umgeben 38 Häuser, die noch so aussehen wie einst. Ihre Fassaden aus Naturstein sind über den Arkaden zwei Stockwerke hoch mit Backstein verblendet. Darüber folgt ein steiles Schieferdach mit Lukarnen.

Paris: König Ludwig XIII. thront hoch zu Ross auf dem Denkmal der Places des Vosges. Foto: Hilke Maunder
König Ludwig XIII. thront hoch zu Ross auf dem Denkmal der Places des Vosges. Foto: Hilke Maunder

Prominente Bewohner

Die königlichen Wohnbauten – im Norden der Pavillon de la Reine, im Süden der Pavillon du Roi mit den Initialen Heinrichs IV. – wurden höher und stattlicher aufgerichtet als die anderen Häuser und fungierten als Torbauten. Auch die restlichen 36 Häuser sind mit berühmten Namen verbunden.

In Haus Nr. 1 kam 1626 die Marquise de Sévigné zur Welt. Mehr als 750 Briefe schrieb sie ihrer Tochter in den Süden, wo sie in der Drôme auf dem Château de Grignan wohnte. Der Briefwechsel machte Mutter und Tochter weltberühmt – und ist bis heute beredtes Zeugnis dieser Epoche.

Théophile Gautier und Alphonse Daudet lebten in Nr. 8, Marion Delorme in Nr. 11, Kanzelredner Bossuet in Nr. 17 und Richelieu in Nr. 21. Als jener sah, wie sich François de Montmorency-Bouteville (1600 – 1627) am 2. Juni 1626 unter seinem Fenster duellierte, bezahlte der junge Adlige den Frevel mit dem Leben. Er wurde prompt auf der Place de Grève enthauptet.

Im Innern der Maison Victor Hugo (sorry, Handy-Foto!). Foto: Hilke Maunder
Im Innern der Maison Victor Hugo (sorry, Handy-Foto!). Foto: Hilke Maunder

Nationaldichter und Möbelbauer

Berühmtester Bewohner war jedoch Victor Hugo. Er erwarb das hôtel particulier Rohan-Guéménée an der Place des Vosges Nr. 6. 16 Jahre lang – von 1832 bis  1848 – wohnte der Nationaldichter dort. Mit kreativem Esprit und handwerklicher Expertise richtete er sein Domizil ein. Der Schöpfer von Les Misérables* (Die Elenden*) gestaltete seine Möbel selbst, ganz im Stil der Neogotik.

Noch heute ist die schöpferische Kraft zu spüren, mit dem Hugo auf vier Stockwerken seinem 1000 Quadratmeter großen Lebensraum den Stempel aufdrückte. Auch das Dekor des chinesischen Salons der zweiten Etage wurde von ihm entworfen!

Schätze des Museums sind die Originalseiten seiner Manuskripte zu Les Miserables sowie Gemälde und Zeichnungen des Meisters, die belegen, dass Hugo auch mit Stift und Pinsel umzugehen wusste.

Stylisch in Textil: der Sonnenschutz auf den Fassaden der Place des Vosges. Foto: Hilke Maunder
Stylisch in Textil: der Sonnenschutz auf den Fassaden der Place des Vosges. Foto: Hilke Maunder

Die Küchen des Kommissars

Ende 1921 zog ein Krimischreiber in das einstige Haus von Kardinal Richelieu und mietete sich in der zweiten Etage ein. Seinen Commissaire Maigret ließ Georges Simenon dort speisen, wo er Stammgast war: im Eckbistro Ma Bourgogne.

Robert J. Courtine, lange Gastrokritiker bei Le Monde und guter Freund Simenons, ist dem Autor und seinem Ermittler bei den Erkundungen der bodenständigen Bistroküche gefolgt. Und hat mit Maigret und Simenon bitten zu Tisch* einen amüsanten Führer über die Lokale verfasst, in denen die beiden zu speisen pflegten. Dazu hat er ihre Lieblingsrezepte von Bouillabaisse bis Profiteroles au Chocolat gestellt – Nachkochen erwünscht!

Der Tote von der Place des Vosges

Auch in die Krimis von Marie Pellisier hat die Place des Vosges Eingang gefunden. In Der tödliche Tanz des Monsieur Bernard* wohnt dort das Opfer. Am Tage seines 60. Geburtstags wird Ballettdirektor Guillaume Bernard nach seiner glanzvollen Premierenvorstellung und Verabschiedung in den Ruhestand tot in der Pariser Oper aufgefunden. Er sei wegen seiner Krücken die große Treppe heruntergefallen, lautet die offizielle Erklärung.

Ein tragischer Unfall? Gardienne Lucie, per Zufall auch vor Ort, mag es nicht so recht glauben. Sie kannte Guillaume schon lange, wohnte er doch im Haus an der Place des Vosges, wo sie seit mehr als 40 Jahren als Hausmeisterin das Regiment führt. Lucie beginnt zu ermitteln. Und entdeckt einen ähnlichen Fall, der zehn Jahre zurückliegt.

Auch der zweite Krimi von Marie Pellisier steckt wieder voller Pariser Flair. Sie führt sie den Leser auf falsche Fährte, lässt die Protagonisten lebendig werden, blickt hinter die Kulissen des Opéra Garnier und sorgt bis zur letzten Seite für Spannung: ein feinsinniger, gut gesponnener Krimi, der unbedingt mit ins Reisegepäck gehört!

Die Schwester der Place de Vosges

In den Ardennen findet ihr die kleine Schwester der Place des Vosges. Es ist die Place Ducale von Charleville-Mézières. Ihr Architekt war der Bruder des Erbauers des Pariser Platzes.

Der Traum eines italienischen Prinzen, beseelt von der Renaissance: Charleville in den französischen Ardennen ist die Vision von Clément Métezeau. Für den Franco-Italiener Charles de Gonzague hat er eine Idealstadt des 17. Jahrhundert verwirklicht. Sie ist symmetrisch und erstreckt sich mit schachbrettartig angelegten Straßen um die zentrale Place Ducale.

Foto: Hilke Maunder

Die Kopie des Bruders

Zwar wurde 1843 der Bau des Herzogpalastes durch das neoklassische Rathaus ersetzt, doch beeindrucken die Harmonie und Umsetzung des Stilmusters im Zeichen der Vier bis heute.

Foto: Hilke Maunder

Aus den vier Himmelsrichtungen münden vier Straßen auf den Platz und unterteilen ihn in vier Segmenten mit 24 vierstöckigen Häusern aus rotem Backstein und hellem Sandstein, je vier Fenster bzw. Kamine breit und bekrönt von dunklen Schieferdächern.

Foto: Hilke Maunder

Bühne der Stadt

Um den Herzogplatz führt eine Galerie mit Korbbogen-Arkaden, in die einige Bars,Cafés und Bistros eingezogen sind. Die kopfsteingepflasterte Freifläche, auf der sich bis Ende Februar 2009 noch die Fahrzeuge drängten, ist heute autofreies Terrain.

Seitdem dient sie als Bühne für Veranstaltungen, Standort des Weihnachtsmarktes und dank einiger aufgestellter Bänke aus Stahl auch Sonnenplatz für eine Pause.

Foto: Hilke Maunder

Die Place des Vosges von Paris: meine Reisetipps

Schlemmen und genießen

Le 1905

Der Speakeasy über dem nahen Bistro Les Vins des Pyrénées der Rue Beautreillis. Im zweiten Stock könnt ihr freitags im Belle-Époque-Ambiente in gemütlichen Samtsesseln Cocktails wie Zelda schlürfen, gemixt aus Wodka, dem Saft von Zitronen und Cranberries, Hibiskussysrup und Chambord-Beerenlikör.
• 26, rue Beautreillis, 75003 Paris, Tel. 01 42 71 19 62

L’Ambrosie

Seit mehr als 30 Jahren zieren drei Michelinsterne das berühmte Gourmetlokal von Bernhard Pacaud, das heute sein Sohn Mathieu weiterführt. Der Name „L’Ambroisie“stammt aus der griechischen Mythologie und bedeutet sowohl „Nahrung für Götter“ als auch „Quelle der Unsterblichkeit“.
• 9, Place des Vosges, 75003 Paris, Tel. 01 42 78 51 45, www.ambroisie-paris.com

La Place Royale

Die Küche des Südens kommt in diesem schicken Bistro-Lokal auf den Tisch.
• 2, Place des Vosges, 75004 Paris, Tel. 01 , www.facebook.com/RestaurantLaPlaceRoyale

Ma Bourgogne

Natursteinwände, rote Sitzbänke entlang der Wand, rot-weiß eingedeckte Holztische und echte Brasserieküche: La Bourgogne ist urgemütlich und tief verwurzeln in der cuisine du terroir. Aus der Küche kommen Schnecken, Andouillette, Gänseleberpastete oder der berühmte hausgemachte Tartar von Thérèse.
• 19, Place des Vosges, 75004 Paris, https://ma-bourgogne.fr

Shopping

Dammann & Frères

Eines der besten Teehäuser Frankreichs.
• 15, place des Vosges, 75004, Tel. 01 44 54 04 88, www.dammann.fr

Lemaire

Die Designer Christophe Lemaire und Sarah-Linh Tran verkaufen in ihrer Boutique stylische Schuhe und edle Accessoires.
• 11, place des Vosges, 75004 Paris, Tel. 01 76 21 79 03

Schlafen

Pavillon de la Reine

Ein schlichtes Schild neben einem Metallgitter verrät in den Arkaden der Place des Vosges den Zugang zu einem Pariser Fünfsternehotel, dessen Fassade Kletterpflanzen völlig erobert haben. Dahinter findet ihr 56 edle wie geräumige Zimmer und das seit 2019 michelinbesternte Restaurant Anne, das mit seinem Namen an die spanisch-portugiesische Infantin und Erzherzogin von Österreich aus dem Hause Habsburg erinnert.
•  28, Place des Vosges, 75003 Paris, Tel. 01 40v 29 19 19, www.pavillon-de-la-reine.com

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Meinen Baedeker „Paris“*  gibt es seit 4. Oktober 2023 in der komplett aktualisierten und mittlerweile 20. Auflage!

„Tango unter freiem Himmel: Die Stadt der Liebe: Der neue Reiseführer ‚Paris‘ zeigt – neben Sehenswürdigkeiten – besondere Orte für Höhenflüge, romantische Momente wie ‚Tango unter freiem Himmel‘ und unvergessliche Dinners. Dazu gibt’s viele Kulturtipps…“  schrieb die Hamburger Morgenpost über meinen Paris-Führer.

Zu den Fakten, unterhaltsamer präsentiert, gibt es jetzt auch Anekdoten und Ungewöhnliches, was ihr nur im Baedeker findet. Und natürlich ganz besondere Augenblicke und Erlebnisse, die euren Paris-Aufenthalt einzigartig und unvergesslich machen. Wer mag, kann meinen Paris-Reiseführer hier* bestellen.

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