Der Blick über den Hafen von Pornic zur Stadt. Foto: Hilke Maunder
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Pornic: die Perle de Côte de Jade

Pornic! Von dieser Perle der Côte de Jade, die an der Mündung der Loire beginnt und sich bis zur Mündung des Falleron bei  Bourgneuf-en-Retz erstreckt, schwärmte selbst Lenin. 1910 verbrachte er in Pornic seinen Sommer mit seiner Verlobten Nadeshda Krupskaya und einem gewissen Y.V. , dessen Identität bis heute nicht geklärt ist – es soll sich, so vermuten Historiker, um Yuri Vladimirovich handeln. Seiner Schwester schrieb der Kommunist begeistert:

8. Juli 1910

Liebe Manyasha,

Ich schreibe dies in Pornic. Ich wohne hier seit fast einer Woche mit Y.V. und Nadya. Wir haben einen ausgezeichneten Urlaub. Wir gehen baden, usw. Wie geht es dir? Geht es Mutter gut? Wie steht es mit der Frage von Kopenhagen und Stockholm? Schreibe an Pornic (Loire Inférieure). Rue Mon Désir. K. Les Roses. Herr Oulianoff.

Mit freundlichen Grüßen an alle,
V. U.

Seine Begeisterung für Pornic ist auch in seinen Notizen zu spüren. „Der Ort selbst ist sehr schön, eine hübsche Stadt am Meer mit weißen Häusern und Gärten, wo man frische Milch und Eier bekommt. Es gibt viele Villen und Häuser, die man mieten kann. Die Landschaft ist bezaubernd, mit Pinien- und Zypressenwäldern in der Nähe und einer Reihe von Klippen und Stränden entlang der Küste.“

Wenig hat sich seitdem verändert.

Klippe mit Flair – die Hafenbucht von Pornic. Foto: Hilke Maunder
Klippe mit Flair – die Hafenbucht von Pornic. Foto: Hilke Maunder

Berühmte Zeitgenossen

Nach ihm kam der französische Bestseller-Autor Maurice Dekobra nach Pornic, logierte in der Villa Ker Colo und erholte sich mit Bädern und Spaziergängen am Meer.

Bereits 1847 hatte sich der deutsche Freiheitsdichter Georg Herwegh mit seiner Frau für mehrere Monate in diesen „ganz stillen Winkel der Welt“ zurückgezogen. Sein malender Landsmann Max Ernst erfand am 10. August 1925 in Pornic die Frottage-Technik, legte Blätter, Stroh und andere Gegenstände unter das Malpapier und rieb sie mit dem Bleistift durch.

Auch Maxime Mauffra, Bernard Buffet und andere berühmte Künstler wie Pierre Auguste Renoir ließen sich von Pornic inspirieren. Im Sommer 1892 malte Renoir mehrere Gemälde des Badeortes, darunter La Plage de la Noëveillard. Ein kleiner Park trägt dort heute den Namen des Malers.

Auf Führungen des Office de Tourisme Intercommunal mit dem Titel „Artistes d’hier à Pornic“ könnt ihr mehr über die Künstler von Pornic erfahren!

Ganz so still ist es hier nicht mehr – besonders im Sommer herrscht Ferientrubel. Vor allem Franzosen urlauben hier mit der Familie und genießen das besondere Flair von Pornic.

Das Städtchen ist bis heute ungeheuer malerisch mit seinem Blaubart-Schloss, das auf beiden Seiten das Meer umspült. Lauft dort unten entlang bis zum Herzen des alten Freibeuterhafens, seinen Kais und der Marina.

Wimpel in der Altstadt von Pornic. Foto: Hilke Maunder
Wimpel in der Altstadt von Pornic. Foto: Hilke Maunder

Die Bucht von Pornic

Ein Spaziergang entlang der Kais und Terrassen führt euch von Pornic zu einer eindrucksvollen Burg aus dem 13. Jahrhundert und weiter zum 2022 eingeweihten Jachthafen von La Noëveillard an der Baie de Bourgneuf und am Eingang der natürlichen Ria von Pornic. Und danach: ein Eis bei La Fraiseraie. Das ist Kult seit mehr als 30 Jahren.

Bei Familien beliebt: die Badebucht Plage des Sablons. Foto: Hilke Maunder
Bei Familien beliebt: die Badebucht Plage des Sablons. Foto: Hilke Maunder

Auf der anderen Seite der Bucht führt der Weg entlang der Klippen vorbei an schönen Buchten zum Thalassotherapie-Zentrum und zum Strand von Fontaine-aux-Bretons. Treppen und enge Gassen mit Fischerhäusern prägen seinen alten Kern.

Die Côte de Jade

Nördlich der Bucht von Pornic reihen sich auf 52 Kilometern am Meer zerklüftete Felsküsten, intime Buchten und goldgelbe Stränden am jadefarbenen Meer Der Küstenwanderweg sentier littoral folgt dieser Jadeküste.

Dort findet ihr auch immer wieder Fischerhäuschen auf Stelzen! Diese hier pêcheries und anderenorts carrelets genannten Angelhütten habe ich euch hier ausführlich vorgestellt.

Unseren Lieblingsstrand haben wir zwischen kleinen Felskaps an der Plage des Sablons gefunden – mit goldgelbem Sand, sanfter Brandung und zahlreichen Schnorchelspots entlang der Felsküste.

Die Plage des Sablons von Pornic, gesehen vom Küstenwanderweg. Foto: Hilke Maunder
Der Beginn der Plage des Sablons von Pornic, gesehen vom Küstenwanderweg. Foto: Hilke Maunder

Der Curé Nantais

Kulinarischer Botschafter von Pornic ist keine Meeresfrucht, sondern ein Käse. Erfunden wurde er im Jahr 1880 in Saint-Julien-de-Concelles, einem kleinen Dorf am Ufer der Loire.

Als der Bauer Pierre Hivert mal wieder mit dem Ortspfarrer bei einem Gläschen Wein zusammen saß, schlug die Geburtsstunde des Régal des Gourmets. Erst viele Jahre später erhielt er in Erinnerung und Anerkennung des geistlichen Mitschöpfers seinen heutigen Namen: Le Curé Nantais.

Vier Generationen lang blieb die Käsefabrikation in Saint-Julien-de-Concelles. 1980 übernahm Georges Parola das Unternehmen, zog kurz darauf nach Pornic und stellte dort den weichen Rundkäse nach alter Tradition handwerklich her.

Die Kühe werden morgens und abends gemolken. Dann wird die frische, unbehandelte Rohmilch beim Bauer eingesammelt. Jede Kanne trägt dabei den Namen des jeweiligen Lieferanten. Das erlaubt eine genaue Qualitätskontrolle.

Verarbeitet in Kupferkesseln

Bereits 30 Minuten später kommt die frische Rohmilch in die Verarbeitung. Dort wird sie auf 36 °Celsius erwärmt. Sie erhält damit genau die Temperatur wie zuvor im Euter der Milchkuh. Die Verarbeitung erfolgt nicht in großen Edelstahl-, sondern in traditionellen Kupferkesseln.

Seinen markanten und doch milden Geschmack erhält der Käse während seiner vierwöchigen Reifezeit. Währenddessen wird er zweimal pro Woche mit einem Ferment eingerieben, das ihm seine typisch orangefarbene Haut verleiht.

Der Muscadet-Keller von Château Cassemichère. Foto: Hilke Maunder
Der Muscadet-Keller von Château Cassemichère. Foto: Hilke Maunder

Affinage mit Muscadet

Einige der Käse erhalten eine besondere affinage. Sie werden mit Muscadet eingerieben. Der delikate Weißwein wächst im Halbkreis südlich von Nantes.

Eine Million Liter Rohmilch verarbeitet jährlich die kleine Fabrikation zum Curé Nantais. Rund 2000 Exemplare in drei Größen werden daraus täglich hergestellt.

Es sind der 200 g schwere, runde Klassiker, ein 800 g schwerer Brocken, von dem im Verkauf Scheiben geschnitten werden können, und der 200 g schwere Curé Nantais mit Muscadet.
• Curé Nantais: 28, rue du Port-Chéri, 44210 Pornic, Tel. 02 40 82 28 08, www.curenantais.com

Die Weine von Pornic

Pornic liegt im Herzen des Pays de Retz, wo landein herrlich aromatische und fruchtige Weine angebaut werden, die perfekt zu Schalentieren und Fisch passen und als AOP (Apellation d’Origine Protégée) Muscadet Côte de Grandlieu und mehrere IGP (Indication Géographique Protégée) klassifiziert sind.

Die Haupttraube im Pays de Retz ist eine seltene, autochthone Sorte, die überraschend neue Noten beim Verkosten und Genießen eröffnet: der Grolleau Gris. Der goldgelbe Wein mit lachsfarbenen Anklängen zeigt sich im Mund geschmeidig und ausgewogen. In der Nase eröffnet er fruchtige, aber auch exotische Aromen.

Der Muscadet Côtes de Grandlieu wird rund um einen See angebaut, der im Winter der größte See Frankreichs ist und sogar den Lac de Bourget dann übertrifft, im Sommer indes nur die Nummer zwei im Land: der Lac de Grandlieu.  Dort spielt auch der zwölfte Krimi der Commissaire-Dupin-Reihe von Jean-Luc Bannalec, Bretonischer Ruhm*.

Pornic: meine Reisetipps

Schlemmen und genießen

Nos belles années

Für den Küchenchef von Nos belles années waren die „guten Jahre“ die Kindheit – das zeigen Deko und Speisekarte mit Gerichten, die nicht nur Kinder lieben.
• 18, rue des Sables, Tel. 02 51 18 19 25, https://restaurant-nosbellesannees.com

L’Orangerie

18 Jahre lang lernte er bei Alain Dutournier, Jean-Michel Lorrain und Alain Ducasse und ist ein Glücksfall für Pornic, wo eher touristisch orientierte Lokale dominieren: Julien Lainé. Seine Küche verjüngt gekonnt Traditionsrezepte – und ist dabei so erfrischend anders wie auch die beiden kleinen Säle seines Eckrestaurants.
• 9, rue de la Prepoise, 44210 Pornic, Tel. 02 40 82 88 52, www.restaurant-orangerie.com

Weingüter

Domaine de la Coche

• 44680 Sainte-Pazanne, Tel. 02 40 02 44 43, www.domainedelacoche.com

Domaine du Sillon Côtier

• 1 ter, Chemin de Trelebourg, 44760 Les Moutiers-en-Retz, Tel. 02 40 64 77 29, www.facebook.com/domaine.du.sillon.cotier

Domaine de la Chapellerie

• La Chapellerie, 44680 Chaumes-en-Retz

Domaine du Moulin de la Touche

• 44580 Le Moulin de la Touche, Tel. 02 40 21 47 89, https://lemoulindelatouche.com

Hier könnt ihr schlafen

La Fontaine Aux Bretons

Beim Ökohotel liefert ein Küchengarten die Zutaten fürs Restaurant.
• Rue des Noëlles, 44210 Pornic, Tel. 02 51 74 07 07, www.ecodomaine-la-fontaine.fr

Armelle Le Roux-Babert und ihr Mann Stéphane. Foto: Hilke Maunder
Armelle Le Roux-Babert und ihr Mann Stéphane. Foto: Hilke Maunder

SAHA

Ein alter Pferdestall, rund sechs Kilometer von Pornic an der Küste des Départements Loire-Atlantique, von den Deutschen im Zweiten Weltkrieg als Kommandozentrale genutzt, birgt heute inmitten von drei Hektar Land, Wiesen und Weiden eines der schönsten chambres d’hôtes auf dem Lande. SAHA nennt es sich.

Die beiden chambres d’hôtes haben Armelle Le Roux-Babert und ihr Mann Stéphane sehr unterschiedlich, aber beide Male sehr geschmackvoll gestaltet.  Das Zimmer Adèle sorgt mit alten Möbeln und besticktem Leinen für nostalgisches Wohlfühlambiente. Im Zimmer Zénaïde flirtet der Zeitgeist mit rustikalem Charme.

Ein Gästezimmer von SAHA bei Pornic. Foto: Hilke Maunder
Ein Gästezimmer von SAHA bei Pornic. Foto: Hilke Maunder

Die beiden Zimmer von SAHA verbindet der Speisesaal, in dem morgens das Frühstück serviert wird. Dieses fällt herrlich lokal und heimatverbunden aus –  mit hausgemachter Marmelade, Biobrot, Ziegenkäse und Eiern von acht glücklichen Hühnern, die frei über das Gelände laufen.

Wie auch der Terrier Tempo, der mit Vorliebe im Licht der abendlichen Sonne die schwarzen Schafe und die Ponys jagt. Und beim Esel hält, der ihn anschaut, das Maul aufreißt und ihn mit einem lauten Ih-aah vertreibt. Dann wieder: Stille. Eine sanfte Brise, die Blütendüfte vorüber trägt. Was für eine herrliche Ruhe und Landschaft!

Mit SAHA hat sich das Paar als Endvierziger im Jahr 2006 einen Lebenstraum erfüllt, den sie mit ihren beiden Jungs teilen – und ihre Gäste an ihrem Glück und innerer Zufriedenheit teilhaben lassen.
SAHA, Armelle Le Roux-Babert, La Bâte, 44210 Pornic, Tel. 02 40 21 36 72 oder mobil 06 63 14 69 85, www.saha-pornic.fr

Offenlegung

Den Aufenthalt im SAHA dort habe ich aus eigener Tasche bezahlt. Meine Freundin und ich machten dort Urlaub – und waren begeistert von der Gastfreundschaft.

Die Terrasse der chambres d'hôte SAHA bei Pornic. Foto: Hilke Maunder
Die Terrasse der chambres d’hôtes SAHA bei Pornic. Foto: Hilke Maunder

Noch mehr Betten*

 

Weiterlesen

Im Blog

Von Pornic fährt mehrmals täglich der TER-Lokalzug nach Nantes. Was ihr in der Hauptstadt der Pays de la Loire nicht verpassen solltet, erfahrt ihr hier.

Wahrzeichen der französischen Westküste sind die carrelets genannten Fischerhütten. Erfahrt hier mehr.

Im Buch

Klaus Simon, Hilke Maunder, Secret Citys Frankreich*

Gemeinsam mit meinem geschätzten Kollegen Klaus Simon stelle ich in diesem Band 60 Orte in Frankreich vor, die echte Perlen abseits des touristischen Mainstreams sind. Le Malzieu in der Lozère, Langogne im Massif Central, aber auch Dax, das den meisten wohl nur als Kurort bekannt ist.

Mit dabei sind auch Senlis, eine filmreife Stadt im Norden von Frankreich, und viele andere tolle Destinationen. Frankreich für Kenner  – und Neugierige!

Lasst euch zu neuen Entdeckungen inspirieren … oder träumt euch dorthin beim Blättern im Sessel oder am Kamin. Wer mag, kann das Lesebuch mit schönen Bildern hier* bestellen.

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