Saint-Gilles-Croix-de-Vie: vive la Sardine
Die Sardine: Sie prägt seit Jahrhunderten Alltag und Arbeit in Saint-Gilles-Croix-de-Vie, einem tradtionsreichen Fischereihafen und Seebad an der Vie und Sprungbrett zu den Inseln der Vendée. Die Sardine sorgte auch dafür. dass Saint-Gilles-Croix-de-Vie als einziger Hafen in Frankreich mit dem Gütesiegel Site Remarquable du Goût ausgezeichnet wurde.
Der Fischer, seine Frau und elf Kinder: 13 Menschen lebten in diesen beiden kleinen Zimmern und fanden ihr Auskommen mit der Sardine. Zu viert schliefen die Kinder quer im großen Bett. Im Innenhof gab es einen einfachen Abort. Wasch- und Trinkwasser holten sie vom Brunnen.
Alltag von einst, hautnah nachzuerleben in der Maison du Pêcheur in der Rue du Maroc. Eng waren die Kopfsteingassen, niedrig die weiß getünchten Katen mit ihren Tonziegeldächern. Hunderte Menschen lebten einst so in La Croix-de-Vie in der Vendée.
Marokko an der Vie
Le Maroc nannten die Reeder, Kapitäne und Kaufleute, die am linken Ufer der Vie in stattlichen Stadthäusern residierten, das Fischerviertel am rechten Ufer auf der sumpfigen Petite Île. Denn viele der Fischer waren Mauren, die bei den Kapitänen aus Saint-Gilles angeheuert hatten.
Sie zeigten ihnen eine neue Technik des Sardinenfischens: mit gerade Netzen. Diese Schleppnetzfischerei revolutionierte den Fischfang in Frankreich.
Sie machte Saint-Gilles zur Hauptstadt der Sardine. Aus dem Ballast der Schiffe entstanden die Mauern der Häuser und Gärten: ein buntes Sammelsurium der Geologie Europas und Nordafrikas.
Ausgezeichneter Genuss
Seit 1967 sind die benachbarten, einst unabhängiger Gemeinden auf beiden Seiten der Vie vereint zu Saint-Gilles-Croix-de-Vie. Seit 1998 ist der Doppelort – wie Cancale für die Auster – wegen seiner Sardinen ein Site Remarquable du Goût.
Wie sie einst – und heute – das Leben am Ufer der Vie prägen, verrät ein Stadtspaziergang vorbei an 14 Stationen. Folgt dem Sardinenschwarm, der auf den Pflaster euch den Weg weist!
Frühlingsfisch: die Sardine
Alljährlich Anfang Mai erreichen die ersten Frühlingssardinen die Küste von Saint-Gilles-Croix-de-Vie. Morgens um fünf Uhr fahren dann die Fischer hinaus.
Gegen zehn Uhr kehren sie in den Hafen zurück und versteigern ihren frischen Fang in der criée, der Fischauktionshalle am Kai der Fischkutter. Den Auftakt jeder neuen Sardinenfangsaison feiern die Stadt und die Bruderschaft der Confrérie de la Sardine mit dem Printemps de la Sardine.
Bis in den Oktober hinein fangen die rund zwei Dutzend örtliche Fischer den kleinen blauen Fisch. Einer von ihnen, Virgile Thomazeau, nimmt euch an Bord seines Kutters L’Ami du Pêcheur mit zum Sardinenfang.
Frisch in die Büchse
35 Meter lang und 15 Meter tief sind die Schleppnetze, die er durch den Atlantik zieht. Tonnenweise holt er die einzige Sardine heraus, die das Gütesiegel Label Rouge trägt.
Denn sie wird bis heute frisch verarbeitet – und lagert nicht, wie in der Bretagne, in den großen Kühlschiffen auf Eis.
Und noch immer sind es die örtlichen Frauen, die sie handverlesen für die Fischkonserven von La Perle des Dieux verarbeiten.
Sammlerstücke
Nur die allerfeinsten Sardinen kommen als millésime in die Büchse. Dort erhalten sie von den Künstlerinnen Delphine Cossais und Coralie Joulin eine so kunstvolle Verpackung, dass die Dosen der Jahrgangs-Editionen längst Sammlerstücke sind.
Hausbesuch bei der Sardine
Hinter die Kulissen der Sardinenverarbeitung könnt ihr bei der Conserverie Gendreau gucken. Die letzte Fischkonservenfabrik der Vendée bietet 90-minütige Führungen an (Buchung: Office de Tourisme)!
Ebenfalls zur Fischfabrik gehört am östlichen Osteingang das Atelier de la Sardine als Fabrikverkauf mit angeschlossenem Museum, das kompakt und anschaulich die Geschichte der 1887 gegründeten Fischfabrik und ihrer Marke La Perle des Dieux erzählt.
Saint-Gilles-Croix-de-Vie: meine Reiseinfos
Hinkommen
Auto
A 87 bis La Roche sur Yon, dann D 948 und D 6 bis nach Saint-Gilles-Croix-de-Vie.
Bahn
TGV-Bahnhof in Les Sables d’Olonne, Lokalzug der SNCF bis Saint-Gilles-Croix-de-Vie.
Rad
Saint-Gilles-Croix-de-Vie ist Etappenort der Vélodyssée. 1200 Kilometer lang folgt der Radwanderweg dem Atlantik.
Schiff
Großer, geschützter Sportboothafen mit rund 1200 Liegeplätzen an der Vie.
Erleben
Sardinha Cup
Seit 2019 hat auch Saint-Gilles seine Regatta! Diese Zweihandsegel-Veranstaltung ist Teil der französischen Elite-Offshore-Racing-Meisterschaft und findet an Bord der Figaro Bénéteau 3-Boote statt, der neuen Generation von foils ausgestatteten One-Design-Booten. Zur Premiere 2019 kamen Pascal Bidégorry, Conrad Colman, Loïck Peyron, Jérémie Beyou und viele andere bekannte Skipper.
• www.facebook.com/SardinhaCup
Festival La 7ème Vague
Rock und Pop open-air im Frühling – vom Buena Vista Social Club bis Amadou & Mariam, von Yann Thiersen bis Alha Bonday:
• Ende Mai / Anfang Juni, Parc des Morinières, https://7vague.com
Schlemmen
Le Casier
Nur einen Steinwurf von den Kais von Saint-Gilles entfernt, direkt am Kirchplatz, serviert dieses typisch französische Bistro in einem alten Feinkostladen ein bodenständige, ehrliche wie köstliche Meeresküche.
Der Besitzer – ein ehemaliger Fischer in St. Gilles-Croix-de-Vie – und sein Küchenchef verwöhnen den Gaumen mit Gerichten, die einfach glücklich machen.
• 15, place du Vieux Port, 85800 Saint-Gilles-Croix-de-Vie, https://lecasier.com
Noch mehr lokale Genüsse
Les Brasseurs de la Vie
Caroline und Antoine Thomas fertigen seit Oktober 2018 fünf Sorten Craft-Bier ganz bio. Auch das Trou de Diable, Teufelsloch, gibt es als Gerstensaft. Wer mag, kann bei Führungen beim Brauen zusehen.
• 50, rue des Couvreurs Tel. 02 51 55 04 75, www.lesbrasseursdelavie.com
Shopping
Drôles de Filles
Der Concept Store der vier Schwestern – die Malerin Corinne Groisard, Kürschnerin Anne-Laure Bouthemy, Bildhauerin Marie-Hélènne Cordonnier und Modeschöpferin Hélène Dies – ist eine Fundgrube für schöne Unikate und ausgefallene Geschenke.
• 21B, quai du Port-Fidèle, 85800 Saint-Gilles-Croix-de-Vie, www.facebook.com/drolesdefilles
Kartonik
Céline Morit besitzt eine geradezu überbordende Fantasie – und lässt ihr in Bildern und Skulpturen freien Lauf.
• 4 Bis, rue Achard, 85800 Saint-Gilles-Croix-de-Vie, www.kartonik-artistecreateur.com
Le Rêve
Matthieu und Gwenaëlle Berthomé haben eine Badevilla von 1901 in eine Bar à thé und Lifestyle-Boutique verwandelt. Bei einer Teepause könnt ihr hier trendige Teile für Haus und Garten entdecken oder in der kleinen Buchhandlung stöbern.
• 4, avenue Notre Dame, 85800 Saint-Gilles-Croix-de-Vie, Tel. 06 87 22 56 91, www.facebook.com
In der Nähe
La Plage de Boisvinet
Nördlich der Mündung der Vie beginnt die drei Kilometer lange Corniche Vendéenne mit einigen zauberhaften Badevillen der Belle Époque und einer kleinen, rotsandigen Bucht, die nicht nur perfekt zum Baden ist, sondern auch für einen aussichtsreichen Apéro!
Le Dolmen des Pierres Folles
Der rund zehn Meter lange Dolmen bei Commequiers gehört zu den wichtigsten Megalithstandorten der Vendée, auch, wenn er weitgehendzusammengebrochen ist. Er entstand am Ende des 4. Jahrtausend. Auf einem der Steine sind zwei Zeichnungen eingraviert, die eine schwarz, die andere weiß. Sie sollen – schwarz – die Hand oder den Fuß des Teufels zeigen – und weiß den linken Fuß der Jungfrau, die ihn jagt.
Le Trou du Diable
Das „Loch des Teufels“ findet ihr an der Corniche Vendéenne Richtung Saint-Hilaire-de-Riez: eine Öffnung im Stein, durch das (nur bei) bei richtig hohem Wellengang Wasserfontänen hoch aufspritzen. Die Legende besagt, dass der Teufel an dieser Stelle der Klippe aus Verdruss über seinen verlorenen Handel mit St. Martin einen Fersenschlag versetzt hat. Eine andere Version besagt, dass der Teufel in dieser Höhle gefangen gehalten und von fünf Mönchen bewacht wurde.
Les Marais Salants de la Vie
Ebenfalls in Saint-Hilaire-de-Riez liegen die Salzpfannen. Die Anlage, deren Wurzeln bis in die Antike zurück reichen, hat die Kommune heute als lebendiges Salzmuseum restauriert.
Es verrät bei Führungen, wie aus Meerwasser und Sonnenwärme das weiße Gold des Mittelalters gewonnen wird. Der Betrieb läuft so erfolgreich, dass ein zweiter Salzgärtner einen alten Salzgarten wieder bewirtschaftet.
• www.sainthilairederiez.fr/les-marais-salants-de-la-vie
Schlafen
Hôtel La Sterne*
Das grundsolide Zweisternehaus trägt das Label accueil vélo. Es ist damit auf Radfahrer sehr gut eingestellt. Eure Räder (oder anderes Fahrzeug) könnt ihr sicher in der hauseigenen Garage unterbringen. Die Zimmer sind klein, aber komfortabel, die Küche ist bodenständig, und der Empfang ausgesprochen freundlich und hilfsbereit. Von Zimmer 43 aus blickt ihr auf den Marktplatz mit der Kirche – und über die Stadt. Hier* könnt ihr die Unterkunft ansehen und buchen.
• 2, place Kergoustin, 85800 Saint-Gilles-Croix-de-Vie, Tel. 02 51 55 09 50, www.hotellasterne.com
Noch mehr Betten*
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Im Blog
Alle Beiträge aus der Vendée sind hier vereint.
Im Buch
Klaus Simon, Hilke Maunder, Secret Citys Frankreich*
Gemeinsam mit meinem geschätzten Kollegen Klaus Simon stelle ich in diesem Band 60 Orte in Frankreich vor, die echte Perlen abseits des touristischen Mainstreams sind. Le Malzieu in der Lozère, Langogne im Massif Central, aber auch Dax, das den meisten wohl nur als Kurort bekannt ist.
Mit dabei sind auch Senlis, eine filmreife Stadt im Norden von Frankreich, und viele andere tolle Destinationen. Frankreich für Kenner – und Neugierige!
Lasst euch zu neuen Entdeckungen inspirieren … oder träumt euch dorthin beim Blättern im Sessel oder am Kamin. Wer mag, kann das Lesebuch mit schönen Bildern hier* bestellen.
Klaus Simon, Hilke Maunder, Roadtrips Frankreich*
Das zweite gemeinsame Werk mit Klaus Simon stellt euch die schönsten Traumstraßen zwischen Normandie und Côte d’Azur vor. 14 Strecken sind es – berühmte wie die Route Napoléon durch die Alpen oder die Route des Cols durch die Pyrenäen, aber auch echte Entdeckerreisen wie die Rundtour durch meine Wahlheimat, dem Fenouillèdes.
Von der Normandie zur Auvergne, vom Baskenland hin zu den Stränden der Bretagne und dem wunderschönen Loiretal laden unsere Tourenpläne ein, Frankreich mobil zu entdecken – per Motorrad, im Auto, Caravan oder Wohnmobil. Hier* gibt es das Fahrtenbuch für Frankreich!
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