Saint-Jean-de-Luz: die Lebensart der Basken
Donibane Lohizune heißt: Saint-Jean-in-der-Marsch. Doch das klingt nach Mücken, Sumpf, nichts Nettem. So gab sich das einstige Seeräubernest im Süden der baskischen Küste den klingenden Namen Saint-Jean-de-Luz.
Was zwar nicht anderes bedeutet (Luz ist eine Mutation des Wortes Lohitz), aber andere Assoziationen weckt: ans spanische Wort Luz, Licht. Ganz Unrecht hatten die Stadtpolitiker damit nicht. Saint-Jean-de-Luz strahlt, ja, vielleicht sogar überstrahlt, die anderen Badeorte an der baskischen Küste.
Hohe Mauern schützen die weite Bucht vor den Wellen des Atlantiks. Feinsandig, breit und schön geschwungen säumt ein Sandstrand die Bucht.
Im Süden grüßt das kleine Seefort von Socoa, im Nord die St. Barbara-Kapelle vom Hügel Saint-Barbe. Jenseits des Seedeiches, der als Strandpromenade die weite Bucht säumt, erstreckt sich ein Gewirr alter Gassen mit Fachwerkhäusern und stattlichen Steinpalais.
Sie enden am Hafen, wo die Fischer noch Thunfisch fangen und Kräne riesige Mengen an Rotalgen auf Laster laden. Im tiefen Blau des Hafenbeckens spiegelt sich die Fassade eines Patrizierhauses, in dem 1660 die Infantin Maria Theresa von Spanien auf ihren Gatten wartete.
Am 9. Juni 1660 heirate sie der Kirche Saint-Jean-Baptiste mit 22 Jahren den nur fünf Tage älteren Ludwig XIV. Sein Logis lag ebenfalls am Hafen – und könnt ihr heute als Maison Louis VIX besichtigen.
Wenige Schritte entfernt Markthallen. Nicht nur sie beweisen: Saint-Jean-de-Luz hat wie kein zweiter Ort an der Côte Basque die Lebensart der Basken bewahrt. Entdeckt sie – mit meinen Genuss- und Lebensart-Tipps aus Saint-Jean-de Luz!
Saint-Jean-de-Luz: 100% baskisch
Les Halles
Das Angebot und die Atmosphäre der Markthallen von Saint-Jean-de-Luz sind einfach einzigartig. Taucht ein in dieses nostalgische Schlaraffenland und folgt eurer Nase…!
In der ersten Markthalle biegen sich die Marktstände unter den Bergen an frischem Obst und Gemüse. Bayonne-Schinken und Hartwürste baumen von Stangen und Haken, Schafskäse von frisch bis alt, von winzigen Talern bis zu riesigen Laiben, stapeln sich bei den Affinateurs, den Käsemeistern.
Die Bäcker reichen Kostproben von Gâteau Basque, dem Paradekuchen der Basken mit einem köstlichen Innenleben. Wer ihn nachbacken möchte, findet hier das Rezept.
Perfekt zum Zuschauen und Eintauchen ist die Buvette, das Marktcafé mit seiner eindrucksvollen Kännchensammlung. Bis zu 80 Kilomgramm schwer ist der Rote Thunfisch, den ihr in der zweiten Markthalle bestaunen könnt, die die Poissonnerie birgt.
• Boulevard Victor Hugo, 64500 Saint-Jean-de-Luz, Tel. 05 59 26 66 70, Mo. geschl.
Beñat Moity
Der Käsekönig der Stadt heißt Beñat Moity. 150 Sorten Käse führt er im Bestand, viele hat er selbst gereift. Dies gelingt ihm so perfekt, dass Dreisternekoche Alain Ducasse und der Élysée-Palast Stammkunden sind. Beñat ist nicht nur in der Markthalle vertreten, sondern hat nur wenige Schritte entfernt auch ein eigenes Ladengeschäft samt Reifekeller eröffnet.
• 6, rue Renau d’Elissagaray, 64500 Saint-Jean-de-Luz, Tel. 05 59 26 68 73, www.facebook.com
Maison Adam
Bereits Ludwig XIV. und Maria Therese genossen bei ihrer Hochzeit die Macarons der Maison Adam. Ihr großer Unterschied: Anders als sonstige Macarons, besitzen sie keine Ganache-Füllung, sondern sind reinster Mandelgenuss. Zu Familienfesten baut Patron Jean-Pierre Telleria-Adam aus den Keksen hohe Kegel.
• 6, rue de la République, 64500 Saint-Jean-de-Luz, Tel. 05 59 26 03 54, www.maisonadam.fr
Confiserie Pariés
Kennt ihr Mouchou oder Kanougas? Diese typisch baskischen Köstlichkeiten gehören zu den Spezialitäten, die Pariés seit 1895 als Entreprise du Patrimoine Vivants (Unternehmen des lebendigen Erbes) herstellt.
Mouchou heißt „Küsschen“ auf Baskisch und entpuppt sich als handgefertigte Macacaron ohne Crème. Jacques Damestoy erfand 1905 die Kanougas, Karamellbonbons aus Schokolade mit heute sieben Aromen.
• 9 Rue Léon Gambetta, 64500 Saint-Jean-de-Luz, www.paries.fr
Egiategia
Wein aus dem Meer: Ob Dena Dela Root, Rosé oder Weiß, bei Egiategia kommen alle Tropfen für drei bis vier Monate ins Meer. Der Wasserdruck entfaltet Aromen, die an Land nicht entstehen können, ist der Kellermeister überzeugt.
• Zone Portuaire de la Socoa, 64500 Ciboure, Tel. 05 59 92 27, www.egiategia.fr
Le Comptoir du Pêcheur
Alles, was der Atlantik an Köstlichkeiten bietet – in der Konserve oder im Glas.
• Quai du Maréchal Leclerc, 64500 Saint-Jean-de-Luz, Tel. 05 59 26 84 47, www.lecomptoirdupecheur.com
Bayona
Seit 1890 steht dieser Familienbetrieb für schöne Espadrilles aus Saint-Jean-de-Luz. Waren sie früher klassisch gestreift, gibt es sie inzwischen in mehr als 50 Farben und Formen, mit und ohne Absatz.
Jedes Jahr präsentiert Bayona ein neues Modell, mitunter auch mit Durchbruchmuster oder Spitze.
• 30, rue Gambetta, 64500 Saint-Jean-de-Luz, Tel. 05 59 51 96 41, www.espadrilles-bayona.com
Goicoetchea
Wirklich ungewöhnlich sind die XXL-Keramiken, die Goicoetchea erstellt. Seine 20 Töpfer drehen sie nicht auf der Scheibe, bauen sie nicht aus Einzelteilen auf, sondern bewerfen dazu Taue mit Ton.
Vasen und Objekte, mehr als einen Meter hoch, entstehen mit dieser außergewöhnlichen Technik seit drei Generationen in Ossès im Baskenland. Im Innern der Vasen könnt ihr noch das Muster der Taue stehen.
Ob die XXL-Keramik ins eigene Heim passt – und die Größe stimmt – verrät eine App des Familienbetriebes.
• Atelier, Showroom, Lehrpfad; Village d’Artisans, Route de Saint-Jean-Pied-de-Port, 64780 Ossès, Tel. 05 59 37 71 30; Showroom: Place Louis XIV, 64500 Saint-Jean-de-Luz, Tel. 05 59 43 17 20, www.poterie-goicoechea.com
Maison Laffargue
Jean-Daniel Laffargue war der Sohn eines Sattlers. 1890 kam er auf die Idee, die Taschen und Gürtel der Damen mit genau jenen Metallmustern zu schmücken, die die Halsbänder der Rinder zierte.
Dieser Metallschmuck ist bis heute das Markenzeichen der edlen Ledewarenkollektion.
• 25, rue Léon Gambetta, 64500 Saint-Jean-de-Luz, Tel. 05 59 26 11 38, www.maisonlaffargue.fr
Laulhère
Auch Laulhère ist ein Unternehmen des lebendigen Erbes. 1840 gegründet, hat es die Tradition des Bérets erfolgreich modisch verjüngt.
Die baskische Kopfbedeckung wird erst aus Merinowolle gestrickt, bei der foulonnage bei verschiedenen Temperaturen zwölf Stunden lang gewaschen und so gefilzt und danach mit Satin als Innenfutter ausgestattet.
• 78, rue Gambetta, 64500 Saint-Jean-de-Luz, Tel. 05 59 85 14 59, www.laulhere-france.com
Baskische Stoffe
Früher bedeckten die Basken ihre Ochsen bei der Feldarbeit mit Stoff. Abgenommen und abgewischt, diente das Tuchals Unterlage für die mittägliche Tafel. Traditionell mit sieben Streifen für die sieben baskischen Provinzen geschmückt (Labourd, Basse-Navarre und Soule in Frankreich, weitere vier in Spanien).
Die baskische Textiltradition halten heute Ona Tiss, Jean Vier, Lartigue 1910 und Ariga aufrecht. Die Webereien von Ona Tiss und Lartigue 1910 könnt ihr sogar besichtigen!
Lartigue 1910
1910 gründeten Calixte und Anastasia Lartigue in Oloron-Sainte-Marie im Béarn mit den Tissages Lartigue eines der ersten Textilwerke der Region. Heute entwirft Philippe Lartigue in Ascain die berühmten Streifenmuster der Basken.
Die Dicke der Streifen verriet einst den Reichtum der Familie, die Farbe die Profession – blau für Fischer und Seeleute, rot für Landwirte. Die sieben Streifen symbolisieren die sieben baskischen Provinzen.
• Atelier: ZAC de Larre Lore, 64310 Ascain, Tel. 05 59 26 81 81, www.lartigue1910.com; Showroom: 67, rue Gambetta, 64500 Saint-Jean-de-Luz
Jean Vier Concept Store
Jean Vier fertigt seit 1981 edle Haushaltswäsche und Accessoires für daheim. Auch, wenn sie aus Kostengründen in Portugal gefertigt werden, sind sie tief im Baskenland verwurzelt und werden von seinen Traditionen, Farben und Landschaften inspiriert.
2019 eröffnete Jean Vier in einem liebevoll restaurierten Bauernhaus nördlich von Saint-Jean-de-Luz seinen ersten Concept Store. Dort findet ihr nicht nur die gesamte Produktpalette von Jean Vier, sondern auch andere lokale Marken und Designer.
Das Untergeschoss birgt mit den Tokiko ein angesagtes Restaurant samt Tapas-Bar und Gartenterrasse. Für urgemütliches Ambiente sorgen die alten Holzfässer der Izarra-Kellerei.
• Chemin de Chibau, 64500 Saint-Jean-de-Luz, Tel. 05 59 51 33 24, www.jean-vier.com
Saint-Jean-de-Luz: meine Reisetipps
Schlemmen und genießen
La Boëte
Frische Meeresküche mit Schalentieren, blauem Hummer und anderen köstlichen Meeresfrüchten.
• 3, rue Jean Bague, 64500 Saint-Jean-de-Luz, Tel. 05 59 22 54 76, www.facebook.com/laboete
Schlafen
Hôtel Madison
Mitten im Zentrum und doch fußläufig zum Strand liegt das Hôtel Madison mit 32 Zimmern und einer Suite begrüßen zu dürfen, die modern und baskisch inspiriert eingerichtet sind. Im Wellnessbereich findet ihr ein Gegenstromschwimmbecken sowie Whirlpool, Sauna und Fitnessgeräte. In der gemütlichen Brasserie wird frisch und lokal gekocht.
• 25, boulevard Thiers, 64500 Saint-Jean-de-Luz, Tel. 05 59 85 55 55, https://madison-saintjeandeluz.com
Grand Hôtel Thalasso & Spa
Fünf Sterne schweben über dem Badehotel, das am Standort des Hôtel Terminus am nördlichen Ende der Stadt in den Dünen am Strand sich erhebt. Der Vorläufer des Grand Hôtel wurde 1904 durch einen Brand zerstört und musste komplett neu aufgebaut werden. Es machte Platz für ein größeres Hotel: das Modern Hôtel.
1982 wurde das Modern Hôtel zum Verkauf angeboten, vollständig umgebaut und saniert, erhielt seine alten Kronleuchter zurück und den Grand Hôtel getauft, dass es seitdem in den 52 Zimmern und Suiten, im Thalasso-Spa und in der Gasttronomie vollends gerecht wird. Drei Zimmer sind behindertengerecht eingerichtet.
• 43, boulevard Thiers, 64500 Saint-Jean-de-Luz, Tel. 05 59 26 35 36, https://luzgrandhotel.fr
La Ferme d’Ika
In seinem authentischen baskischen Bauernhaus aus dem 17. Jahrhundert, das er komplett renoviert hat, hat Fredérik Gillet zwei Zimmer eingerichtet, Itsasoa und Mendia. Eine schöne Adresse mit viel Charme!
• chemin Ithurbidéa, 64500 Saint-Jean-de-Luz, Tel. mobil 06 86 12 75 85, www.lafermedika.fr
Noch mehr Betten*
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Marcus X. Schmid, Südwestfrankreich*
Der freie Reisejournalist Marcus X. Schmid hat für alle, die gerne auf eigene Faust unterwegs sind, den besten Reisebegleiter verfasst: sachlich, mit viel Hintergrund, Insiderwissen und Tipps, und dennoch sehr unterhaltsam und humorvoll. Ich kann ihn aus ganzem Herzen empfehlen, denn auch in diesem Band zu Südwestfrankreich sind tolle Tipps enthalten. Auch kritische Anmerkungen fehlen nicht. Kurzum: ein Reiseführer, der grundehrlich das Reisegebiet vorstellt – ohne versteckte Promotions.
Der gebürtige Schweizer, Jahrgang 1950, lebt heute als Autor und Übersetzer in der französischsprachigen Schweiz. Wer mag, kann ihn hier* direkt bestellen.
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Offenlegung
Ich entdeckte das französische Baskenland auf Einladung auf einer individuellen Pressereise der Agence d’attractivité et de Développement Touristiques Béarn Pays Basque. Vor Ort unterstützten mich unglaublich kundige wie herzliche Mitarbeiter der Office de Tourisme, Geschäfte Hotels und Restaurants, Ihnen allen sage ich merci und allerbesten Dank. Einfluss auf meine Blogberichte hat dies nicht. Ich berichte subjektiv, wie ich es erlebt habe, mache kein Merchandising und werde erst recht nicht für meine Posts bezahlt.
Liebe Hilke,
es ist wieder Mal ein toller Artikel von der für mich schönsten KleinStadt am Atlantik❤️
Die Macarons ohne Füllung sind für mich die Erfüllung😋
Letzen September wollten mein jetziger Mann (er kennt diese entzückende Stadt noch nicht) und ich dorthin um auch in den Pyrenäen Motorrad zu fahren… Vllt. d.J.
Jedoch meine ich bei meinem Besuch damals gelesen zu haben, das König Ludwig einen Vertreter zu seiner Hochzeit geschickt hatte🤷🏼
Freue mich auf noch mehr wundervolle Artikel!
Merci vielmals und liebe Grüsse
agnes
Hallo Agnes, oh, wie schön, das freut mich – ich mag die dortigen Macarons auch lieber als jene mit Füllung. Und ja, der König hat dort geheiratet: https://www.cotebasque.net/pays_basque/la-veritable-histoire-du-mariage-de-louis-xiv-a-saint-jean-de-luz/ (deepl.com ggf. zum Übersetzen nehmen!).
„Adishatz“ – heißt auf Baskisch „tschüs“. Hilke
Hi HIlke, was auch cool ist, ist eine Bootstour. Du kannst vom Hafen aus eine Rundfahrt machen – oder sogar bis Biarritz schippern. Wir haben das mit der ganzen Familie gemacht, war richtig gut.
Das klingt gut – und habe ich gleich mal online recherchiert! Für alle, die es auch interessiert, gibt es hier den Link vom Office de Tourisme für Bootsausflüge: https://www.saint-jean-de-luz.com/fr/les-activites/activites-ocean-et-riviere/ballade-en-mer/