
Gâteau Basque ! Das ist das magische Wort, das alljährlich am ersten Wochenende im Oktober Basken und Besucher zur Fête du Gâteau Basque nach Cambo-les-Bains pilgern lässt.

Denn in dem Kurort mitten im Anbaugebiet des Piment d’Espelette AOP soll 1832 der berühmte Kuchen der Basken erfunden worden sein.
Damals hätten die Schwestern Elisabeth und Anne Dibar solch einen runden Mürbteigkuchen gebacken, bezeugt eine notariell beglaubigte Urkunde zur Backstube der Schwestern. Die beiden „Biskotx-Schwestern“, wie sie die Einheimischen nannten, gelten bis heute als Hüterinnen des etxeko-biskotxa, des baskischen „Haus-Kekses“.

Sonntags-Genuss
Für die Basken ist ihr Haus das Symbol ihrer Familie, ihres Lebens und Seins. Vernachlässigte Häuser werdet ihr daher kaum im Pays Basque sehen. Frisch weiß getüncht, mit grünen Fensterrahmen, rotem Fachwerk und roten Dächern sehen selbst Jahrhunderte alte Häuser mitunter aus, als seien sie erst wenige Jahre alt. Ein Ausnahme bildet die Maison Basque in Cambo-les-Bains, die mir gerade wegen der sichtbaren Patina so gut gefällt.

Nach der Sonntagsmesse aß jedes Haus, jede Familie damals einen Hauskeks, dessen Rezept über Generationen tradiert worden war. Wer ihn nicht selber buk, kaufte ihn in der Konditorei Marie-Anne in der Xerri-Karrika-Straße in Haut-Cambo.

Vom Keks zum Kuchen
Den einst eher kargen Keks aus Mürbteig mit Beleg verwandelten die Biskotx-Schwester in jenen Gâteau Basque, der heute längst auch außerhalb des Baskenlandes immer mehr Anhänger hat. Und kreativ weiter entwickelt wird.


Wurde er zunächst nur mit einer Eierkrem befüllt, später mit Schwarzkirschenmarmelade, gibt es ihn heute auch mit Mandelmus, Haselnüssen und anderem Innenleben.

Die Hüter der Tradition
Um vor der Bruderschaft Confrérie du Gâteau Basque beim jährlichen Kuchenbäcker-Wettbewerb bestehen zu können, müssen jedoch sämtliche Zutaten aus dem Baskenland stammen oder in ihm verwurzelt sein.
So wie Vanille und Rum, die aus den einstigen Kolonien über den Hafen von Bayonne ins Land gekommen waren. Eine Charta hält genau die Regeln, Zutaten und Zubereitungsart für den baskischen Kuchen fest.

Wer gewinnt?
Im Trinquet, der Spielhalle für das Pelote-Spiel, sind auf Holztischen die fast 50 Kuchen aufgereiht, die um den Titel „Bester Gâteau Basque des Jahres“ konkurrieren. Gewertet werden die Backwerke der Amateure und der Azubis, die an der Bäckerschule in Bayonne ausgebildet werden.
Aroma, Aussehen und Geschmack sind die Hauptkriterien bei der Bewertung. „Wir kauen zwischendurch Apfelspalten, um den Zuckergeschmack zu neutralisieren“, erzählt mir Monsieur Sallaberry, ehemals Bäcker und Mitglied der Jury sowie Confrérie.

Nach der Erstauswahl kommen zehn Kuchen ins Finale. Je drei Preise winken in beiden Kategorien. Am Ende des Trinquet, vor der Spielwand, sind sie aufgebaut: Präsentkörbe mit den Köstlichkeiten der Region.

Garantiert 100% lokal
Keine Chinaware oder kommerzielle Händler, sondern 100 Prozent lokal und möglichst nachhaltig, bio oder Fairtrade, so lautet die Vorgabe auch bei der Standvergabe des großen Marktes, der sich über mehrere Straßen im gesamten Ortszentrum erstreckt.

Das sorgt für einen wunderschön abwechslungsreichen wie genussvollen Bummel. Da dienen Holzpantinen als Weinhalter, verkauft ein älterer Herr die Helden der Tour-de-France als Sammlermodelle, warten Schaffellpuschen und Gefilztes, Keramik und Schmuck auf Käufer.

So schmeckt das Land
Zwischen Bürgermeisteramt und La Maison Basque erstreckt sich eine wahre Schlemmenmeile. Hartwürste vom Wild, Piment aus Espelette, Käse von Schaf und Ziege, hausgemachte Konfitüre und Marmelade, und immer wieder Gâteau Basque, Gâteau Basque, Gâteau Basque. Holzplatten, Schalen und Teller werden in die Menschenmenge gereicht: Goûtez ! Probieren Sie!

Und immer wieder, mitten in der Menge, musiziert eine Banda, eine Musikgruppe mit Blasinstrumenten, Trommel und Schellen. Eines der beliebtesten Stücke ist die Instrumentalversion von Udo Jürgens Hit „Griechischer Wein“ . Wohl jeder Franzose kennt und liebt ihn.

Unter den Instrumenten oft vertreten ist auch eine ungewöhnliche, typisch baskische Flöte. Drei Löcher einhändig bespielen und mit der Zunge die Töne von zwei Oktaven formen: Die Txistu zu spielen, ist nicht so einfach. Diese Banda-Flötistin beherrscht es grandios!

Crash-Kurs zu zehnt
Wer einmal selbst ganz praktisch lernen möchte, wie der Gâteau Basque perfekt gelingt, kann während des zweitägigen Kuchenfestes von Cambo-les-Bains an gut dreistündigen Backkursen teilnehmen.

Während Ausbilder der Bäckereischule Kuchen und Arbeitsschritte erklären, euch die Passanten beobachten, France Bleu mal schnell Kamera und Mikro ins Geschehen hält, knetet ihr den Teig, füllt die Crème ein, dekoriert den Deckel – und nehmt zum Abschluss euren frisch gebackenen Gâteau Basque in Empfang. Mmmhhh… duftet er lecker!

Das Rezept: der véritable Gâteau Basque
Für alle, die nicht in Cambo-les-Bains dabei sein können, hat mir die Bruderschaft das offizielle Gâteau-Basque-Rezept mitgegeben. Doch, wer die Basken kennt, weiß: Es gibt so viele Rezepte wie Häuser. Gutes Gelingen!
Zutaten
Für den Teig
- 300 g Mehl (T 45 bzw. Typ 450)
- 3 Messerspitzen Salz120 g Butter
- 200 g Kristallzucker
- 11 g Backpulver (in Frankreich = 1 Päckchen)
- 2 Eier
- 1 Eigelb
Für die Crème
- 4 Bio-Eier
- 120 g Zucker Kristallzucker
- 1/2 l Milch (am besten: Rohmilch oder Vorzugsmilch, sonst Biomilch (3,5-3,8 % Fettanteil)
- 40 g Mehl (T 45 bzw. Typ 450), alternativ Maizena/Mehl 1:1
- Rum oder Vanille
Zum Bestreichen
- 1 Bio-Ei
- 1 Prise Salz

Zubereitung
Am Abend vor dem Backen
Den Teig herstellen
Kalte Butter in kleine Stücke schneiden, mit Zucker und Mehl vermengen und raschen zwischen den Händen so reiben, dass „Sand“ entsteht aus dem Mehl-Zucker-Butter-Mix. Dann die Eier und das Backpulver einarbeiten. Den fertigen Teig mindestens fünf Stunden im Kühlschrank ruhen lassen.

Die Füllung herstellen
- Die Eier aufschlagen, mit Zucker und Mehl vermengen.
- Die Milch unter ständigem Rühren zum Kochen bringen.
- 3/4 der Milch in die Eier geben und verrühren.
- Den Eier-Milch-Mix zur Restmilch im Topf geben und unter kräftigem Schlagen aufkochen lassen, Temperatur etwas senken und weiter schlagen, bis die Masse fester und pastos wird.
- Den Teig in eine mit Frischhaltefolie ausgelegte Schale legen, je dünner, desto besser. Mit Folie bedeckt, so dass die Masse nahezu luftdicht abgedeckt ist.
- Im Kühlschrank über Nacht ruhen und festigen lassen.

Am Backtag
- 2/3 des Teigs rund drei Millimeter dick ausrollen, nur kurz vorher dafür einmal durchkneten – es muss vermieden werden, dass die Butter sich durch die Hände erwärmt.
- Den Teig in eine gebutterte runde Backform mit einem Durchmesser von 22-24 Zentimetern legen.
- Die Crème mit Rum und/oder Vanille nach Belieben aromatisieren und im Spritzbeutel spiralförmig von der Mitte aus auf den Teig geben, bis der Boden vollständig bedeckt ist.

• für den Decke das Rest-Drittel Teig dünn ausrollen und die Füllung damit bedecken. Am Rand vier Mal sowie in der Mitte mit der Messerspitze zum „Ablüften“ klein einstechen.
• Unter- und Oberseite des Teigs gut verschließen.
• Mit der Gabel sieben Streifen über den Teig ziehen – sie symbolisieren die sieben Provinzen des Baskenlandes.
• Wer noch Teigreste vom Deckelausschneiden hat, kann daraus das Kreuz der Basken formen und den Kuchen so ganz traditionell verzieren.
• Für den glänzenden Look ein ganzes (!) Ei mit einer Prise Salz vermengen und den Kuchen oben bestreichen. Das ganze Ei sorgt für weniger starke Bräunung, als wenn nur Eigelb verwendet wird.
• bei 165 – 175° C 30 – 40 Minuten lang backen.
Bon appétit!

Cambo-les-Bains: der Gâteau Basque… und viel mehr!
Erleben
Villa Arnaga
Hier schrieb Edmond Rostand den Cyrano de Bergerac – und schuf rund um seine imposante neobaskische Villa, deren 19 Räume ihr besichtigen könnt, ein großartiges, weitläufiges Gartenparadies.
• Avenue du Dr Alexandre Camino, 64250 Cambo-les-Bains, Tel. 05 59 29 83 92, www.arnaga.com

Auftanken
Die Thermen von Cambo-les-Bains
Bis 18 Uhr sind die Thermen fest in der Hand der Kurgäste. Danach könnt ihr auf Wasserbetten, bei Jet-Massagen, mineralisierenden Farblicht-Bädern, Schlammpackungen und anderen Anwendungen neue Energie tanken und ganz und gar entspannen. Ein Erlebnis sind die modelages sous affusion, bei denen ihr unter einer prasselnden Dusche liegend durchgeknetet werdet.

Wunderschön davor oder danach: ein Spaziergang durch den großen Kurpark mit seinen alten Bäumen. Im Kurlokal Pavillon Bleu wird bewusst kalorienarm und gesund gekocht. Kaum zu glauben, dass man bei diesen köstlichen Dreigängemenüs abnimmt. Doch die Pfunde flutschen, haben mir Gäste versichert – wenn man auf Alkohol verzichtet.
• 5, Avenue des Thermes, 64250 Cambo-les-Bains, Tel. 05 59 29 39 39, www.chainethermale.fr/cambo-les-bains
Schlemmen und genießen
Chocolaterie Puyodebat
1787 begann mit der Maison Fagalda die Schokoladenherstellung in Cambo-les-Bains. Seit 2014 hält die Chocolaterie Puyodebat als eine der letzten beiden Kakaoröstereien und Schokoladenmanufakturen diese Tradition aufrecht. Das Firmenmuseum erzählt davon.
• 31, Avenue de Navarre, 64250 Cambo-les-Bains, Tel. 05 59 59 48 42, https://chocolats-puyodebat.com

Salon Cyrano
Wo einst das Hôtel Laurent die Gäste verwöhnte, findet ihr heute das schönste Café der Stadt – mit Terrasse hoch über dem Tal der Nive und köstlichen hausgemachten Torten und Tartes.
• 17, Boulevard des Terrasses, 64250 Cambo-les-Bains, Tel. 05 59 52 32 07, www.saloncyrano.com

Hier könnt ihr schlafen*
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Weiterreisen
Im Reiseführer:
Reiseführer Südwestfrankreich*
Der freie Reisejournalist Marcus X. Schmid hat für alle, die gerne auf eigene Faust unterwegs sind, den besten Reisebegleiter verfasst: sachlich, mit viel Hintergrund, Insiderwissen und Tipps, und dennoch sehr unterhaltsam und humorvoll.
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Das Reise-Kochbuch: Le Midi*
Die gâteau basque ist eine der 80 echten, authentischen Speisen, die ich bei meiner kulinarischen Landpartie durch den Süden von Frankreich entdeckt habe. Zwischen Arcachon, Hendaye und Menton schaute ich den Köchen dort in die Töpfe, besuchte Bauern, kleine Manufakturen, Winzer und andere lokale Erzeuger.
Gemeinsam mit dem Fotografen Thomas Müller reiste ich wochenlang durch meine Wahlheimat und machte mich auf die Suche nach den besten Rezepten und typischsten Spezialitäten der südfranzösischen Küche. Vereint sind sie auf den 224 Seiten meines Reise-Kochbuchs Le Midi.
Ihr findet darin 80 Rezepte von der Vorspeise bis zum Dessert, Produzentenportaits, Hintergrund zu Wein und Craftbeer, Themenspecials zu Transhumanz und Meer – und viele Tipps, Genuss à la Midi vor Ort zu erleben. Wer mag, kann meine 80 Sehnsuchtsrezepte aus Südfrankreich hier* online bestellen.
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Ich würde das Rezept sehr gern ausprobieren, aber es verwirrt mich ein wenig, dass unter Zutaten auch Trockenhefe aufgelistet ist, die später im Rezept aber nirgendwo auftaucht… oder habe ich mich da vertan?
Über Hilfe würde ich mich sehr freuen!
Viele Grüße
Schande auf mein Haupt, liebe Isabella … nach so vielen Jahren hier verwechsle ich noch immer levure chimique (Backpulver) mit levure de boulanger (Hefe). Hab’s gleich korrigiert… SORRY!!
Ach, halb so wild, das kann ja mal passieren. Ich hab eben den Teig gemacht und wollte mich gerade an die Füllung machen, da ist mir aufgefallen, dass da steht, dass man die Eier mit Zucker und Mehl vermengen soll, unter Zutaten ist aber kein Zucker aufgeführt… (so weit ich das jetzt sehe) wie viel Zucker kommt denn in die Füllung?🙈
Liebe Isabella, 120 g – da war ja wirklich der Wurm drin… sooooooooorrrryyy!!
Leider sind im Rezept für den Teig keine Eier vorgesehen, in der Zubereitung steht dann „erst dann die Eier mit verarbeiten“.. Wieviele Eier für den Teig sollen verwendet werden? Danke und beste Grüße
Hallo Tobi,
uuuups – in den Teig kommen, je nach Größe, zwei Eier, und, falls erforderlich, noch ein Eigelb. Sorry und frohes Gelingen!
Viele Grüße, Hilke
Ein wunderbarer Artikel und dieser Gâteau ein Traum.
Vielen Dank und weiter so Hilke Maunder für diesen tollen Blog.
Bisous
Merci!!!!