Savonnerie de Licorne: der traditionelle grüne "cube" der Savon de Marseille. Foto: Hilke Maunder
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Die echte Savon de Marseille

Sie ist die weltweit einzige Seife mit Reinheitsgebot: die echte Savon de Marseille. 1688 bestimmte Sonnenkönig Ludwig XIV.: Sie muss zu mindestens 72 Prozent aus Olivenöl bestehen und darf nur natürliche Farb- und Zusatzstoffe enthalten. Das macht sie 100 % vegan – und zur Sauberfee für jede Haut!

Savon de Marseille: echt oder fake?

Wer durch Marseille bummelt, entdeckt allerorten ihre grüne Kuben. Doch nur einige sind echt – und zum Beweis gestempelt: 72 Prozent Olivenöl. Trotz der großen Tradition sind Herstellung und Ingredienzien der „echten“ Savon de Marseille bis heute nicht geschützt.

So gibt es viele Nachahmer. Um den Verkauf anzukurbeln, fügen sie Parfüms hinzufügen. Oder verwenden, um noch mehr Gewinn zu machen, statt Olivenöl billiges Palmöl aus Asien.

Für den besseren Schutz der echten Savon de Marseille gründeten im Jahr 2011 vier Seifenfabriken aus Marseille die Union des Professionnels du Savon de Marseille, die sich seitdem für das Naturprodukt engagiert und es vermarktet.

Savon de Marseille: die Werkstatt der Savonnerie de Licorne in Marseille. Foto: Hilke Maunder
Die Werkstatt der Savonnerie de la Licorne in Marseille. Foto: Hilke Maunder

Nur noch wenige Seifen-Sieder

Nur noch eine Handvoll Betriebe stellen die Savon de Marseille tatsächlich noch traditionell her. Zu ihnen gehört die Savonnerie de la Licorne am Cours Julien.

Als ich den kleinen Laden betrat, sah ich, dass dort direkt vor Ort produziert wurde. Und täglich außer sonntags jeden Vor- und Nachmittag Führungen angeboten wurden.

Savonnerie de Licorne. Seifenflocken für die Savon de Marseille. Foto: Hilke Maunder
Seifenflocken für die Savon de Marseille. Foto: Hilke Maunder

Zeitloses Handwerk

In der Werkstatt war der gesamte Boden mit feinem Seifenpuder bedeckt. Den Maschinen konnte man ansehen, wie lange sie schon im Einsatz waren. Kein blitzblankes Chrom, sondern schweres Eisen, Holz.

Werkzeug, das auf Tischen und Schemeln lag, Stühle mit verschlissenem Bezug. Papierstapel, Stempel, Karton, ein paar Kaffeebecher. Eine Szenerie, zeitentrückt, ursprünglich, und wie geschaffen für Stillleben.

Savonnerie de Licorne: Seifenstreifen aus Naturingredienzien. Foto: Hilke Maunder
Seife, noch in Streifen. Foto: Hilke Maunder

10 Tage gekocht

Als könnte er meine Gedanken lesen, setzte unser junger Guide die erste Maschine in Gang. In großen Kupferkesseln vermischte sich das Olivenöl mit Natron, Alkali und Meersalz.

Acht Stunden lang köchelte es für die Saponification oder auch Empâtage langsam vor sich hin, ehe es sich in eine grünliche Seifenmasse verwandelt.

Die Rohmasse wird nun mehrfach in Salzwasser gewaschen, um auch das letzte Natron herauszulösen. Danach wird die Seifenmasse bei 100° Celsius erneut gekocht – zehn Tage lang.

Savonnerie de Marseille: Rohseife - auch als breites Band. Foto: Hilke Maunder
Rohseife – auch als breites Band. Foto: Hilke Maunder

Währenddessen schöpft der Seifenmeister regelmäßig das herausgelöste Alkali ab. Da die Masse leicht überkochen kann, wird sie sie immer wieder mit einem langen Löffel umgerührt und nur tagsüber erhitzt.

Nachts wird der Kessel abgeschaltet. Um zu prüfen, ob die Masse fertig für die Weiterverarbeitung ist, muss der Seifenmeister sie wie ein Koch probieren. Seife verkosten?! Iiihh, denke ich mir.

Savonnerie de Licorne: die Rohmasse für die Savon de Marseille - als Endloswurst. Foto: Hilke Maunder
Die Rohmasse für die Savon de Marseille – als Endloswurst. Foto: Hilke Maunder

Mit reinem Wasser gewaschen

Danach wird der Kupferkessel abgedeckt. So kann sich die Masse in den folgenden 36 Stunden setzen. Nach mehreren Waschvorgängen mit reinem Wasser ist die Seife rein genug für das Prädikat extra pur. Noch 50 – 70° C warm, wird die Seifenmasse in Becken abgegossen und mit dem Spachtel geglättet.

Jetzt beginnt die Trocknung an der frischen Luft. Der Mistral hilft dabei mit seinen kräftigen Nordwinden. Mithilfe eines Drahtes werden die Barren in die berühmten Würfel geschnitten. Sobald sich an der Oberfläche eine Kruste gebildet hat, kann der Stempel aufgedrückt werden,

Savonnerie de Licorne: Model geben der Savon de Marseille Form und Muster. Foto: Hilke Maunder
Model geben der Savon de Marseille Form und Muster. Foto: Hilke Maunder

Savon de Marseille: gemahlen, gewalzt und gerollt

Neben den klassischen Kuben in Olivgrün werden in der Savonnerie auch noch andere Seifen ganz traditionell gefertigt. Bei ihrer Herstellung wird kalt verarbeitete Seife gemahlen und gewalzt. Dreimal wird die klumpige Rohseife durch mehrere Walzen gerollt, um alle Spuren von Lauge zu entfernen.

So sauber geputzt, kommen die Seifenspäne in eine Maschine. Sie spukt an ihrem Ausgang unten Seife als Endlosstück aus. Ein junger Mann teilt die „Wurst“ in handlange Barren und reicht sie der Frau an der Presse. Ein Hebeldruck, fertig. Und ab ins Papier und in den Laden…

Savonnerie de Licorne: Die Seifen-Presse der Savon de Marseille. Foto: Hilke Maunder
Die Seifen-Presse der Savon de Marseille. Foto: Hilke Maunder

Savon de Marseille: meine Reise-Infos

Savonnerie de la Licorne

• Fabrikation + Verkauf: 34, Cours Julien, 13006 Marseille
• nur Verkauf: 24, quai de Rive Neuve, 13007 Marseille; 112, quai du Port, 13002 Marseille, Tel. 04 91 59 43 58, www.savon-de-marseille-licorne.com
Kostenlose Führungen durch die Werkstatt: Mo. – Sa. 11, 15, 16 Uhr.

MuSaMA

Am 12. März 2018 eröffnete der Seifensieder Sylvain Dijon in den ehemaligen Räumlichkeiten der Espace Vieux-Port auf 413 Quadratmetern sein MuSaMa – sein Musée du Savon de Marseille, das euch Geschichte und Kultur der berühmten Seife nahebringt.
• 1, rue Henri Fiocca, Tel. 09 72 54 51 09, www.facebook.com

Savonnerie de Licorne: Die Savon de Marseille gibt es längst auch mit duftenden Zusätzen - und in vielen Farben und Formen. Foto: Hilke Maunder
Die Savon de Marseille gibt es längst auch mit duftenden Zusätzen – und in vielen Farben und Formen. Foto: Hilke Maunder

Die Seifenmacher von Marseille

Im Großraum Marseille gibt es noch weitere Seidensiedereien – klickt mal hier:

Savonnerie de Licorne: Savon de Marseille. Foto: Hilke Maunder
Savon de Marseille. Foto: Hilke Maunder

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3 Kommentare

  1. Salut 🙂
    Leider sind alle meine vorherigen Savon de Marseille Lieferanten vom Markt verschwunden. Können Sie mir sagen, wo ich noch welche (auch die Duftseifen) beziehen kann? ich betreibe einen kleinen Laden in Norddeutschland mit Produkten aus Südeuropa, auch aus der Provence.
    Über eine Nachricht würde ich mich sehr freuen.
    Sibylle Kraschutzki
    http://www.solysal.de

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