Brigitte Penen-Touyet am Schafgehege. Foto: Hilke Maunder
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Wandertipp: das Vallon de Magnabaigt

Eine Wanderung zum Vallon de Magnabaigt ist eine Reise ins Herz der Pyrenäen, seinen Traditionen und Menschen, seiner Flora und Fauna.

Jedes Jahr im Juni ziehen etwa 140 Hirten mit ihren Herden hinauf zu den Almweiden der drei Béarn-Täler Ossau, Aspe und Barétous. Die Almen, in den Pyrenäen estives genannt, liegen immer auf Höhen von mehr als 1.000 Metern. Diese Jahrtausende alte und bis heute praktizierte Wanderweidewirtschaft will Frankreich als UNESCO-Welterbe anerkennen lassen.

Auf den Spuren der Transhumanz

Seit Generationen ist die Transhumanz tief im Alltag der Pyrenäen verwurzelt und hat die Menschen und Landschaften geformt. Die Association des Eleveurs Transhumants des 3 Vallées Béarnaises hält heute als Transhumanz-Verband diese Symbiose zwischen Mensch und Natur lebendig und fördert die Vermarktung ihrer mitten in den Bergen hergestellten Almkäse.

Die Cabane de Magnabaigt. Auch im Hochsommer ist es dort oft nebelig, wenn feuchte Luft vom Atlantik einströmt. Foto: Hilke Maunder
Die Cabane de Magnabaigt. Auch im Hochsommer ist es dort oft nebelig, wenn feuchte Luft vom Atlantik einströmt. Foto: Hilke Maunder

Die Hirten lassen die Tiere tagsüber in der Wildnis weiden und melken sie zweimal täglich in Freiluftställen. Die Herstellung des Käses erfolgt nach dem Melken täglich im Schutz der Schäferhütte. Zu den erstaunlich vielen Frauen, die auf den Sennereien der Pyrenäen arbeiten, gehört Brigitte Penen-Touyet.

Ursprünglich stammt sie aus dem Umland von Oloron-Sainte-Marie. Den Sommer verbringt Brigitte auf ihrer Sennhütte im Magnabaigt, dem „großen Tal“, den Winter in Loubédat (Gers) auf dem Hof ihres Mannes. Während Brigitte auf der Alm Käse herstellt, macht er dort im Gers das Heu, das die Tiere der Familie im Winter ernährt.

Die Molke, die bei der Schafskäseherstellung anfällt, verfüttert Brigitte Touyet an die Schweine. Foto: Hilke Maunder
Die Molke, die bei der Schafskäseherstellung anfällt, verfüttert Brigitte Touyet an die Schweine. Foto: Hilke Maunder

Die Cabane de Magnabaigt

Bei Brigitte Penen-Touyet sind es nicht nur 275 Schafe, sondern auch 80 Ziegen sowie Kühe der Rasse Béarnaise. Auch einige Schweine tummeln sich auf dem Hof.

Unterstützt von ihrer Tochter und einer Praktikantin auf der Sennhütte stellen Brigitte, Marie-Catherine und Françoise nicht nur Käse vom Schaf her, sondern auch von der Ziege oder als Mix. Früher war auch Brigittes Schwester Monique Lahitette mit von der Partie. 2019 verstarb sie viel zu früh im Alter von 67 Jahren.

Mit Eseln, die ebenfalls rund um die Sennerei weiden, transportiert Brigitte mehrmals pro Woche die Früchte ihrer Arbeit von der Alm in 1.700 Metern Höhe hinab ins Tal. Einen traditionellen Tragekorb zeigt das Musée d’Ossau in Arudy, das Regionalmuseum des größten Tales des Béarn.

So wurde – und wird bis heute von Brigitte Touyet – der Käse von der Alm hinab ins Tal transportiert. Foto: Hilke Maunder
So wurde – und wird bis heute von Brigitte Penen-Touyet – der Käse von der Alm hinab ins Tal transportiert. Foto: Hilke Maunder

Die Hütte der Frauen von Oloron

Brigitte kennt die Alm seit Kindertagen. Ihr Vater Alfred zog vor mehr als 50 Jahren nach Magnabaigt. Früher lag die Almhütte weiter oben und war deutlich spartanischer. Die heutige Sennhütte wurde 1975 erbaut und etwa zwanzig Jahre später dank der Gemeinden Bielle und Bilhères-en-Ossau renoviert.

Brigitte und ihre Schwester Monique waren damals die ersten Frauen, die mit den Kindern auf der Alm blieben. Mit der Verbesserung der Hütten, dem Zugang zu fließendem Wasser und dank einer Antenne sogar mit Telefonanschluss fanden sich immer häufiger ganze Familien im Sommer auf der Alm wieder. Und auch die Enkelin von Brigitte ist ein gern gesehenes Sommerferienkind.

Bienvenue bei den Cabanes Ouvertes

Wie viele andere Schäferinnen und Schäfer hat auch Brigitte Touyet ihre Almhütte für Besucher geöffnet. Bei den Cabanes Ouvertes im Juli und August können alle, die zu ihr in rund einer bis anderthalb Stunden vom Parkplatz am Stausee Bious-Artigues hinauf wandern, einmal in die Kammer gucken, in denen das Trio den Schafskäse fertigt.

„Bei den Besuchern merkte ich das Bedürfnis, dass sie die Natur suchen – und das Bedürfnis verspüren, sich die Dinge erklären zu lassen“, erzählt Brigitte. „Sie sehnen sich nach Authentizität“.

Ein- bis zweimal pro Woche bringt Brigitte Touyet den frisch hergestellten Schafskäse mit Eseln hinab ins Tal. Foto: Hilke Maunder
Ein- bis zweimal pro Woche bringt Brigitte Penen-Touyet den frisch hergestellten Schafskäse mit Eseln hinab ins Tal. Foto: Hilke Maunder

Bei geführten Touren, wie sie beispielsweise Caminam während der Saison anbietet, gehören neben der Besichtigung der Sennhütte aus dem Jahr 1975 auch eine Verkostung zweier Käse, begleitet von einem Probierglas Jurançon. Für Kinder und alle, die keinen Alkohol wünschen, hält die Bäuerin Apfelsaft bereit.

Gehört zu jeder Besichtigung der Sennhütte: eine Verkostung. Foto: Hilke Maunder
Gehört zu jeder Besichtigung der Sennhütte: eine Verkostung. Foto: Hilke Maunder

Einzigartige endemische Flora

Die Wanderung im Magnabaigt ist nicht nur wegen der Almhütte lohnenswert; auch Flora und Fauna des großen Tales sind einmalig. Murmeltiere (marmottes) huschen dort zwischen großen Felsblöcken umher, vor denen giftiger Rittersporn blüht.

Auf der Roten Liste der bedrohten Arten steht in Frankreich der Bären-Enzian (gentiana burseri Lapeyr.). Im Vallon de Magnabaigt begrüßen euch im Sommer seine leuchtend gelben, hohen Blütenstände, wenn ihr aus dem Wald herauskommt und das Hochtal betretet.

Im Reich der Almen

Er sieht schön aus, ist aber höchst giftig: Rittersporn. Foto: Hilke Maunder
Er sieht schön aus, ist aber höchst giftig: der Fingerhut. Foto: Hilke Maunder

Ebenfalls auf der Roten Liste der bedrohten Arten steht eine Iris-Art, die nur in den Pyrenäen zu finden ist: die Iris latifolia Voss. Noch blüht sie im Vallon de Magnabaigt – wie auch das Œillet de Montpellier (Dianthus hyssopifoliusus L.), eine Nelkenart mit kleinen, weißen Büscheln.

Die endemische Iris-Art der Pyrenäen. Foto: Hilke Maunder
Die endemische Iris-Art der Pyrenäen. Foto: Hilke Maunder

Auf den frischen Weiden des Magnabaigt-Tals blüht die Delta-Nelke (Dianthus deltoides) in kleinen Gruppen. Auch sie ist geschützt. Auf rund 1.600 Metern Höhe blüht im Vallon de Magnabaigt die Martagon-Lilie (Lilium martagon L) im blassen Rosa. Auch sie ist eine sehr seltene Pflanze und steht in den gesamten Pyrenäen unter Schutz.

Im Bergwald

Im Bergwald haben Flechten und Moose die Bäume erobert. Foto: Hilke Maunder
Im Bergwald haben Flechten und Moose die Bäume erobert. Foto: Hilke Maunder

Geradezu mystisch und urzeitlich wirkt der Bergwald, der euch beim steilen Aufstieg zum Hochtal rund 40 Minuten lang begleitet. Dichte Moospolster haben das Totholz erobert, Flechten und Baumpilze die Buchen.

Wie ausgefranster Mini-Löwenzahn sieht die Blüte des Crepid-Lampsanoides Tausch aus, der in den kühlen Wäldern rund um den Stausee Bious-Artigues häufig zu finden ist und neben den Pyrenäen in Frankreich nur noch im Cantal endemisch ist. Zum Schutz der einzigartigen Natur patrouillieren regelmäßig Ranger des Pyrenäen-Nationalparks das Tal.

Nebelschwaden lassen das Vallon de Magnabaigt geradezu geheimnisvoll wirken und verändern die Landschaft mit jedem Windstoß. Foto: Hilke Maunder
Nebelschwaden lassen das Vallon de Magnabaigt, in dem auch Rinder frei weiden, geradezu geheimnisvoll wirken. Foto: Hilke Maunder

Cabane de Magnabaigt: meine Infos

Hinkommen

Auf eigene Faust

Der Stausee von Bious-Artigues. Foto: Hilke Maunder
Der Stausee von Bious-Artigues. Foto: Hilke Maunder

Nehmt vom Parkplatz Lac de Bious Artigues (kostenpflichtig von Juni bis September) den Weg nach links in Richtung Pombie/Col de Suzon. Rund 30 bis 45 Minuten geht es durch den Bergwald der Pyrenäen steil bergauf, bis ihr eine Lichtung erreicht – artigues heißt eine Öffnung im Wald im Béarn.

Die Lichtung markiert den Beginn des Plateaus. Folgt dem Wanderweg bis zum Schild „Fromage“. Biegt dort links ab, überquert den Bach und wandert dort nun sanfter bergauf, bis die Schäferei am Horizont erscheint. Verpasst ihr den Abzweig zur Almhütte, führt der Weg stetig weiter bergauf zum Col du Suzon.

Mit Führer

Pierre Vidal ist Schäfer – und Wanderführer bei Caminam. Mit kleinen Gruppen steigt er vom Parkplatz Bious-Oumettes hinauf zu den bergeries von Magnabaigt. Die Halbtageswanderung überwindet 300 Höhenmetern. Ein Halt bei Brigitte Penen-Touyet mit Käseverkostung und -kauf zu einem Glas Jurançon rundet die Wanderung ab.
• Tel. 06 47 50 17 21, caminamossau©gmail.com, www.caminam.fr

Brigitte Touyet mit Wanderführer Pierre Vidal. Foto: Hilke Maunder
Brigitte Penen-Touyet mit Wanderführer Pierre Vidal. Foto: Hilke Maunder

GAEC Touyet

Cabane de Magnabaigt (Juni bis September)

GPS: 42,861619, -0,427080

Tel. 05 62 69 02 40, mobil06 80 53 07 48

www.facebook.com/profile.php?id=100057607622575

Erleben

Cabanes Ouvertes

Je einen Tag im Juli und August könnt ihr einen Tag lang Einblicke in die Arbeitsweisen der Schäferinnen und Schäfer erhalten und hautnah eintauchen in ihr Leben.
www.estives-bearn.com

Schlemmen und genießen

Marche ou crêpes

Am oberen der beiden Parkplätze, direkt neben dem Stausee von Bious-Artigues, gibt es neben Trockentoiletten auch ein Freiluftlokal, das neben Kaffee, Tee und kühlen Getränken auch Crêpes und andere kleine Gerichte bereithält.
• Tel. mobil 06 40 33 08 10

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