Narbo Via – die Antike lebt in Narbonne
Erste römische Kolonie in Gallien, Hauptstadt der Provinz Gallia Narbonensis: In Narbonne schlug das Herz Roms in Frankreich. Schaufenster seines unglaublich reichen geschichtlichen Erbes ist ein Museum, das Lord Norman Foster entworfen hat: das Musée Narbo Via.
Narbo Via: Megamuseum zur Antike
Das im Mai 2021 eröffnete Museum Narbo Via vereint am Ufer des Canal de la Robine die Schätze, die zuvor im Musée archéologique und im Musée lapidaire ausgestellt waren oder im Stadtarchiv lagerten. Mehr als 15.000 Exponate umfasst der Fundus.
Er bildet die gesamte Vielfalt des städtischen Lebens in der Antike ab. Skulpturen, Mosaiken, Wandbilder, Vasen und Keramiken, Alltagsgegenstände, Handwerksgeräte und Gegenstände, die im Handel Verwendung fanden, sind dort erhalten.
Der Name des Museums, das während der Projektplanung noch MuReNa geheißen hatte, entstand aus dem Ortsnamen Narbonne und dem lateinischen Begriff für Weg: Narbo Via. So verweist der Kunstname auf die Via Domitia. Die alte Handelsstraße der Römer führt mitten durch die Stadt. Per Zufall wurden bei Bauarbeiten Reste freigelegt, die ihr heute bewundern könnt.
Narbo Via – entworfen von Lord Norman Foster
Realisiert wurde das Projekt von Lord Norman Foster, der mit seinem Büro Foster + Partners den Architekturwettbewerb gewonnen hatte. Projektpartner waren Studio Adrien Gardère (Museumsdesign), OGER International (technisches Studien), Gardiner & Theobald (Wirtschaftlichkeitsstudie), Urbalab (Landschaftsplanung) und Georges Sexton (Beleuchtung).
Als schlichtes, 97 Meter langes, 85 Meter breites und acht Meter hohes Rechteck mit hellem Flachdach erstreckt sich das Museum ebenerdig auf einem erhöhten Plateau.
Für das Museum stellte die Stadt Narbonne am östlichen Stadtrand in der Nähe von Stadion und Theater am Ufer des Canal de la Robine ein drei Hektar großes Grundstück zur Verfügung.
8.000 Quadratmeter groß ist der Museumsbau. Die Dauerausstellung von Narbo Via umfasst 2.700 Quadratmeter. Für Sonderschauen sind 500 Quadratmeter vorgesehen. Weitere 3.000 Quadratmeter nehmen die Restaurierungswerkstätten und der Fundus ein. Hinzu kommen Büros und Verwaltungsräume.
Der lange Weg zur Eröffnung
Die Investitionskosten von rund 44 Millionen Euro trug komplett die Region Occitanie. Die Eröffnung indes verschob sich immer weiter hinaus. März 2016, dann 2018, 2019, 2020.
Die Verzögerung hatte vielerlei Ursachen. Eine davon: Der Baugrund bereitete Probleme. Der Untergrund am Kanal war viel weicher als erwartet. Für nicht eingeplante Mehrkosten von fast zwei Millionen Euro wurde er inzwischen befestigt.
Dann kam die Corona-Pandemie. 2021 war das Museum fertig gebaut und eingerichtet, bereit für die Eröffnung am 12. Februar. Doch dann kam die hochgefährliche Virus-Variation B 117. Am 19. Mai 2021 öffnete das Museum endlich seine Pforten. Die offizielle Einweihung holgte Regionspräsidentin Carole Delga am 11. Dezember 2021 nach.
Weinstöcke aus aller Welt
Bereits am 1. April 2021 hatte die Regionalpräsidentin und Politikerin des parti socialiste den ersten von 100 Rebstöcken gepflanzt, die Didier Viguier von der Abteilung Bois et Plants der Landwirtschaftskammer Aude ausgewählt hätte. Mit dabei waren 65 Sorten aus der ganzen Welt.
Für den Mittelmeerraum fiel die Wahl auf griechische, italienische, marokkanische und sogar eine sehr alte biblische Sorte. Und natürlich auch auf französische Sorten, darunter auch alte Sorten aus den Jahren vor der Reblauskrise. Sie bilden neben Ölbäumen das passende grüne Dekor für das Antikenmuseum.
Die Sammlung
Der Bau von Narbo Via ist riesig. Die eigentliche Sammlung indes überraschend übersichtlich und sehr klar strukturiert. Kommt mit auf einen virtuellen Rundgang!
Galerie Lapidaire
Die eindrucksvolle Hochregalmauer, 76 Meter lang und zehn Meter hoch, präsentiert 760 antike Steine aus Narbonnes römischen Bauten.
Saal 1: Die erste römische Kolonie in Gallien
Im Jahr 118 v. Chr. gründet Rom die Kolonie Narbo Martius nahe der befestigten Stadt ( oppidum ) Montlaurès.
Saal 2: Die Stadt und ihre Monumente
Narbo Martius schmückt sich wie ein kleines Rom aus – und erhält alle Monumente einer großen Stadt samt Forum, Thermen und Kapitol. Zwei Seitenräume stellen die antike Stadt und ihren Tempel auf dem Kapitol szenisch vor.
Saal 3: Stadt und Nekropole
Die Inschriften und Reliefs auf den Grabmalen verraten etwas über den Ablauf des Lebens im antiken Narbonne.
Saal 4: Reiche Stadthäuser
Im Herzen der Ausstellung steht eine Galerie, die – einem Atrium nachempfunden – den Aufbau und die Ausschmückung eines großbürgerlichen Hauses vorstellt.
Saal 5: Der Handelshafen am Mittelmeer
Zu Zeiten der Römer war Narbo Martius eine Hafen- und Handelsstadt mit Zugang zum Mittelmeer. Vorgestellt werden typische Bootstypen wie die „Thalia“ mit ihrer Mannschaft aus fünf bis sechs Seeleuten. Eindrucksvoller Hingucker ist ein hölzerner Anker, der mehrere Meter hoch ist.
Saal 6: Das frühchristliche Narbonne
Als Narbonne wirtschaftliche wie militärische Probleme bekam, schickte Rom im dritten Jahrhundert seinen Bischof Paul nach Narbonne. Mit dieser Abteilung endet die Sammlung von Narbo Via.
Römische Antike mal drei
Im Großraum Narbonne könnt ihr die römische Antike an drei Standorten entdecken. Neben dem Museum Narbo Via könnt ihr auch das einstige unterirdische Warenlager der Römer besichtigen, das Horreum im Herzen der Altstadt von Narbonne. Etwas außerhalb findet ihr Amphoralis, das Museum zur römischen Töpfer- und Keramikkunst von Sallèles d‘
Okzitanien inszeniert seine Antike
Die Entdeckung der antiken Geschichte lässt sich der Conseil Régional von Okzitanien einiges kosten. In der Region finden rund 200 Ausgrabungen statt, 30 davon im Zuge von Bauprojekten.
Neben Narbonne profitiert vor allem Nîmes von finanzieller Unterstützung für das antike Erbe. Die Region unterstützt die derzeit laufende Restaurierung des Amphitheaters. Weitere Gelder flossen in die Maison Carrée und das Centre d’interprétation de l’architecture et du patrimoine.
Millionenschwere Zuschüsse erhielt das Musée de la Romanité von Nîmes, das am 2. Juni 2018 eröffnete – drei Monate eher als geplant. Das antike Lattera, dessen Funde das Musée Henri-Prades in Lattes zeigt, wurden ebenfalls großzügig unterstützt.
Ehrgeizige Pläne hegt Okzitanien auch für das Ausgrabungsgelände Anderitum im Stadtgebiet von Javols. Die einstige Hauptstadt von Gébaudan auf dem Gebiet des heutigen Départements Lozère war im 1. und 2. Jahrhundert nach Christus ein wichtiges Handelszentrum mit blühender Kultur. Mehr dazu erfahrt ihr hier.
Narbonne & Narbo Via: meine Infos
Narbonne & Umland entdecken
Meine kleine Liebeserklärung an Narbonne findet ihr hier.
Im regionalen Naturpark PNR Narbonnaise en Méditerranée versteckt sich Bages, ein wunderschönes Örtchen der Aalfischer am gleichnamigen étang. Impressionen und Infos gibt es hier.
14 Kilometer südwestlich von Narbonne erhebt sich mitten in der Garrigue eine der schönsten Abteien des Languedoc: Fontfroide. Hier gibt es alles Infos.
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Im Blog
Ein schöner Spaziergang am Kanal bringt euch vom Museum ins Herz der alten Stadt Narbonne. Entdeckt sie hier.
Im Buch
Ralf Nestmeyer, Languedoc-Roussillon*
Zwischen dem Delta der Camargue und den Gipfeln der Pyrenäen hat Ralf Nestmeyer nahezu jeden Strand gesehen, jede Stadt besucht, jedes Wehrdorf besichtigt – im Languedoc etwas intensiver, im Roussillon fokussiert er auf bekannten Highlights. Inzwischen ist der wohl beste Führer für diese wunderschöne Ecke Frankreichs 2024 in der 10. Auflage erschienen.
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Guten Tag liebe Frau Maunder, vielen Dank für Ihre überaus reichen Informationen zu Narbonne (Narbo Martius). Ich bin Studentin der Archäologie und schreibe grad meine Hausarbeit zu Narbo. Da kann ich Ihre Informationen sehr gut gebrauchen. Eine Spende ist schon an Sie getätigt, damit es mit Ihrem Blog weitergehen kann.
In 10 Tagen machen mein Mann und ich uns wieder auf den Weg nach Cabris (im 06 in der Nähe von Grasse) Da habe ich mit unseren Söhnen 17 Jahre gelebt und von dort aus bis Narbonne ist es ja nicht soooo weit. Vielen Dank und herzliche Grüße Ihre Katrin Peitz
Liege Frau Peitz, ganz herzlichen Dank, das freut mich – merci! Wenn Sie sich ein wenig nach Grasse zurückträumen möchten – oder vielleicht noch den einen oder anderen Tipp haben – klicken Sie doch einmal hier: https://meinfrankreich.com/duefte-grasse.
Herzliche Grüße, Hilke Maunder
Hallo Hilke, Danke für diesen sehr ausführlichen Bericht über das Museum. Wir konnten im Juni diesem imposanten Bau einen ersten Besuch abstatten. Eine sehr beeidruckende Sammlung, die gut aufbereitet wurde. Vor allem die zwei großen Videostationen bringen dem Besucher die Arbeiten und die Erkenntnisse im Rahmen aktueller Ausgrabungen näher. Wer die Antike und die Bedeutung der römischen Siedlungen bis in die heutige Zeit verstehen will, kann hier einiges lernen. Zusammen mit dem Musée de la Romanité in Nimes sind hier auf jeden Fall Austellungen entstanden, die Ihresgleichen suchen.
Ja, das stimmt, lieber Thomas! Viele Grüße ! Hilke