30 Meter breit und 15 Meter hoch ist der imposante Eingang der Höhle von Bédeilhac. Foto: Hilke Maunder
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Grotte de Bédeilhac: Kunst im Karst

Am Fuße des Roc de Sédour in den Pyrenäen  des Départements Ariège leben die rund 130 Einwohner von Bédeilhac bis heute im Rhythmus der Gips-Mine. Aus dem Dorf hinaus schlängelt sich eine schmale Landstraße den Hang hinauf hin zu einem riesigen Schlund im Fels: der Eingang zur Grotte de Bédeilhac.

Die Skulptur am Eingang der Höhle von Bédeilhac schuf Lionel Sabatté im Jahr 2019. Foto: Hilke Maunder
Die Skulpturen am Eingang der Höhle von Bédeilhac schuf Lionel Sabatté im Jahr 2019. Foto: Hilke Maunder

30 Meter breit und 15 Meter hoch öffnet sich dort die Höhle. Mit vielen Galerien hat sie auf einem Kilometer Länge den Karst der Pyrenäen imn Dépargtement Ariège erobert.

In der Öffnung steht ein viersitziges, einmotoriges Sportflugzeug. Es handelt sich um eine Morane-Saulnier Rallye von SOCATA in Tarbes.

Das Flugzeug vom Filmset. Foto: Hilke Maunder
Das Flugzeug vom Filmset. Foto: Hilke Maunder

Filmreife Fliegerei

1972 hatten der Journalist Christian Bernadac, Journalist, und sein Fernsehkollege, der Luftfahrtspezialist Alain Darchy,  eine verrückte Idee. Sie baten einen Testpiloten der Aéropostale, ein besonderes Abenteuer zu wagen. Georges Bonnet sollte an demselben Tag von der Höhle aus zwei Landungen und zwei Starts mit dem Flieger durchführen.

Die Premiere gelang. Bernadec war zufrieden  – und integrierte die Szene in sein Drehbuch. Als Höhepunkt der Fernsehserie Le Passe-Montagne von France 3 wurde der Flug im Juni 1974 wiederholt. Für seinen großen Auftritt erhielt das Sportflugzeug einen deutschen Anstrich aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs.

Die Fabrik der Grotte de Bédeilhac

Am Eingang zur Höhle erzählen historische Fotos von der Flugzeugfabrik im Fels. Foto: Hilke Maunder
Am Eingang der Grotte de Bédeilhac erzählen historische Fotos von der Flugzeugfabrik im Fels. Foto: Hilke Maunder

Damals war die Höhle tatsächlich in den Fokus der Luftahrt geraten. 1939 hatte der Toulouser Industrielle Émile Dewoitine erwogen, die Herstellung seiner Flugzeuge in diese Höhle zu verlegen.

Die Grotte de Bédeilhac lag mitten in den Bergen und war vor neugierigen Blicken ebenso gut geschützt wie vor Bomben. Dewoitine ließ den Höhlenboden terrassieren und baute seine Fabrik dort auf. Doch die Besetzung Frankreichs machte das Projekt obsolet.

Die Deutschen entdeckten die Höhle und die Anlagen – und nutzen sie für die Reparatur ihrer Flugzeuge. Kein einziger Flieger jedoch ist damals von der Höhle aus gestartet. Nach Kriegsende nahm die französische Armee das Gelände in Besitz und nutzte die Höhle als Depot.

Foto: Hilke Maunder
Die Grotte de Bédeilhac ist recht dunkel. Nur hier und da gibt es Strahler. Foto: Hilke Maunder

Tropfstein in XXL

Wer weiter hineinwandert in die Höhle, taucht ein in eine Wunderwelt aus Stein. Hautnah erlebt ihr das stete Tröpfeln, das im Laufe der Jahrmillionen gigantisch große Stalagmiten und Stalaktiten geschaffen hat, Säulen und Wände mit Wasserfällen aus Stein.

Foto: Hilke Maunder
Die Wunderwelt der Grotte de Bédeilhac hat viele Farben. Foto: Hilke Maunder

Hier und da ist das dolomitische Gestein von weißem Marmor durchzogen. Dann wieder sorgt Eisenoxid für Ockertöne von Rot über Gelb bis Braun am Fels. Schwarze Felspartien enthalten meist Mangan.

Foto: Hilke Maunder
Seht ihr nicht auch dort ein Gesicht aus Stein? Foto: Hilke Maunder

Die Kunst von Cro-Magnon

Ganz tief hinten in der Höhle sind prähistorische Malereien erhalten. Vor rund 16.000 Jahren verzierte der Cro-Magnon-Mensch die Höhle mit verschiedenen, ebenso erstaunlichen wie seltenen Techniken wie Malerei, Gravur oder Tonmodellierung.

Er hinterließ sogar den Abdruck seiner Hand. Und setzte einen roten Farbklecks auf die Spitze eines reliefartigen Steins, der einem Phallus ähnelt.

Phallus mit rotem Farbklecks, ein Symbol der Virilität. Foto: Hilke Maunder
Phallus mit rotem Farbklecks, ein Symbol der Virilität. Foto: Hilke Maunder

1866 führten Édouard Filhol, Jean-Baptiste Noulet und Felix Garrigou erste Ausgrabungen in der Grotte de Bédeilhac durch. Sie entdeckten Werkzeuge und Plastiken aus dem Magdalénien.

Als wertvollster Fund gilt eine Wurfschleuder. Sie ist kunstvoll verziert. Mit derartigen Wurfschleudern konnten die Speere bei der Jagd auf bis zu 120 km/h beschleunigt werden.

Die in Bédeilhac gefundene Wurfschleuder. Foto: Hilke Maunder
Die in der Grotte de Bédeilhac gefundene Wurfschleuder. Foto: Hilke Maunder

40 Jahre später entdeckte Edouard Harlé im Jahr 1906 die erste jemals im Département Ariège gefundene Höhlenmalerei. Es war ein großer schwarzer Bison.

Vor allem Bison-Darstellungen sind in der Höhle von Bédeilhac zu finden. Foto: Hilke Maunder
Vor allem Bison-Darstellungen sind in der Höhle von Bédeilhac zu finden. Foto: Hilke Maunder

Die meisten Zeichnungen sind versteckt oder an schwer zugänglichen Stellen angebracht. Zum Betrachten eines Bisons, das an einer schwer zugänglichen Stelle nur in Umrissen auf der Felswand zu sehen ist, wurde für Besucher daher ein Spiegel angebracht.

Im Spiegel sind die Umrisse des Bisons zu erkennen, den die Besuchergruppe bewundert. Foto: Hilke Maunder
Im Spiegel sind die Umrisse des Bisons zu erkennen, den die Besuchergruppe bewundert. Foto: Hilke Maunder

Ebenfalls auf den Felswänden sind Darstellungen von Hirschen, Rentieren und Steinböcken, teils gemalt, teils als Gravuren oder auch in Lehm modellierte Reliefs zu sehen.

Rätselhafte Striche und Punkte

Völlig ungelöst ist bis heute das Rätsel der vielen Striche und Punkte, die geordnet in Mustern in der Höhle von Bédeilhac mit den Fingern auf den Fels gemalt wurden.

Kaum noch zu erkennen: die Striche und Punkte von Bédeilhac. Foto: Hilke Maunder
Kaum noch zu erkennen: die Striche und Punkte von Bédeilhac. Foto: Hilke Maunder
Eine Zeichnung hilft beim Erkennen. Foto: Hilke Maunder
Eine Zeichnung hilft beim Erkennen. Foto: Hilke Maunder

Die Zeichen der frankokantabrischen Höhlenkunst sah der Paläontologe André Leroi-Gourhan als ethnische Marker. Regionale Sippen und Gruppen haben so ihre Orte markiert, vermutete der Forscher.

Er schloss daraus: Als Nomaden hatten sie kulturellen Austausch und Kontakt mit anderen Stämmen und Völkern. Denn manche Fundstellen übereinstimmender Zeichen liegen nicht nur 60 Kilometer voneinander entfernt, sondern sogar bis zu 600 Kilometer auseinander!

Impressionen aus Bédeilhac

Als Journalistin erhielt ich eine Ausnahmegenehmigung und durfte in der Grotte fotografieren. Für Besucher gilt sonst generell: keine Fotos.

Foto: Hilke Maunder
Jeder Besucher erhält für die Erkundung der Höhle von Bédeilhac eine eigene starke Taschenlampe. Foto: Hilke Maunder
xFoto: Hilke Maunder
Die Ablagerungen der Tropfsteine haben mitunter enorme Größen und Volumina. Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder
Eine Säule aus Tropfstein. Eine zweite riesige Säule liegt in der Höhle zerbrochen am Boden. Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder
Sieht dies nicht wie ein Stein gewordener Wasserfall aus? Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder
Wie Hirnkorallen ist die Oberfläche dieser Tropfsteine geformt. Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder
Die Landschaften unter Tage sind erstaunlich! Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder
Überall in der Höhle gibt es immer wieder recht feuchte Stellen und Pfützen – denkt an passendes Schuhwerk! Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder
Detail eines Säulenstumpfes in der Grotte de Bedeilhac. Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder
Der Boden der Grotte de Bédeilhac ist uneben und naturbelassen. Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder
Die Tropfsteinbildung ist in der Grotte de Bédeilhac noch sehr feucht im Gange. Foto: Hilke Maunder
Tropfsteingeplätscher in Bédeilhac. Foto: Hilke Maunder
Es tröpfelt allerorten in der Grotte de Bédeilhac. Foto: Hilke Maunder

Grotte de Bédeilhac: meine Reisetipps

Bédeilhac

Grotte de Bédeilhac

Die Höhle von Bédeilhac ist nur einen Katzensprung entfernt von Tarascon im Tal der Ariège und liegt an der berühmten Pyrenäen-Passstraße Route des Cols.
• 09400 Bédeilhac-et-Aynat, www.sites-touristiques-ariege.fr/grotte-de-bedeilhac

Le Calamès

Am zentralen Dorfplatz findet ihr das Café-Restaurant culturel Le Calamès. Es lädt zur kulturellen wie kulinarischen Pause. Auf der Karte: frische Saisonküche, Ausstellungen, Konzerten und anderen Veranstaltungen
• place du village, 09400 Bédeilhac-et-Aynat, Tel. 06 09 63 26 31, www.facebook.com/cafe.restaurant.lecalames

Saurat

Saurat. Foto: Hilke Maunder
Saurat. Foto: Hilke Maunder

Dieses kleine Dorf war bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs Frankreichs Hauptstadt des or gris, des grauen Golds – Schiefer! Um 1920 wurden dort jährlich bis zur vier Millionen Tonnen Schiefer geschlagen. Heute findet ihr im Dorf Europas letzte Fabrik für natürliche Schleifsteine.

Die feine Körnung und die Reinheit des Schiefersandsteins von Saurat ermöglicht ein genaues Schärfen. Der Stein besitzt helle und dunkle Adern. Die dunklen Stellen besitzen eine höhere Schleifkraft. Die hellen Stellen sind etwas weicher.
www.pierre-a-aiguiser-naturelle.com

Col de Port

Am Col de Port. Foto: Hilke Maunder
Am Col de Port. Foto: Hilke Maunder

Die D 618 windet sich von Saurat hinauf zum Col de Port. Der Sattel auf 1.250 Meter Höhe markiert die Sprachgrenze zwischen der Langue d’Oc und dem Gascon. Westlich des Passes beginnt der Couserans. Gen Osten eröffnen sich herrliche Blicke auf das Tal der Ariège und den Hauptkamm der Pyrenäen.

Auberge de la Sapinière

In der gemütlichen Ausflugsgaststätte mit Garten und Terrasse serviert Küchenchef Jérôme Guillaurie Traditionsgerichte wie Rouzole, ein traditioneller, gut gewürzter flacher XXL-Fleischklops aus Ariège, an Blattsalat mit Apfel und Senf-Dressing. Ihr wollt selbst einmal Rouzole zubereiten? Hier gibt es das Rézept.
• Col de Port, 09400 Saurat, Tel. 05 61 05 67 90

Die Auberge de la Sapinière am Col de Port. Foto: Hilke Maunder

Hier könnt ihr schlafen*

 

Weiterlesen

Im Blog

Nicht weit entfernt von der Grotte de Bédeilhac ist Europas größte Höhle, Lombrives. Hier habe ich sie vorgestellt.

Ein ganz besonderes Erlebnis ist eine Kahnfahrt unter Tage. Die Rivière souterraine de Labouiche windet sich eindrucksvoll durch den Karst der Montagne de Plantaurel. Infos und Impressionen gibt es hier.

Noch mehr Reise-Inspirationen für das Département Ariége findet ihr in dieser Kategorie.

Im Buch

Hilke Maunder, Okzitanien: 50 Tipps abseits der ausgetretenen Pfade*

Okzitanien abseits GeheimtippsOkzitanien ist die Quintessenz des Südens Frankreichs. Es beginnt an den Höhen der Cevennen, endet im Süden am Mittelmeer – und präsentiert sich zwischen Rhône und Adour als eine Region, die selbstbewusst ihre Kultur, Sprache und Küche pflegt.

Katharerburgen erzählen vom Kampf gegen Kirche und Krone, eine gelbe Pflanze vom blauen Wunder, das Okzitanien im Mittelalter reich machte. Acht Welterbestätten birgt die zweitgrößte Region Frankreichs, 40 grands sites – und unzählige Highlights, die abseits liegen.

50 dieser Juwelen enthält dieser Band. Abseits in Okzitanien: Bienvenue im Paradies für Entdecker!  Hier* gibt es euren Begleiter.

Hilke Maunder, Le Midi*

Die poule au pot ist eine der 80 echten, authentischen Speisen, die ich bei meiner kulinarischen Landpartie durch den Süden von Frankreich entdeckt habe. Zwischen Arcachon, Hendaye und Menton schaute ich den Köchen dort in die Töpfe, besuchte Bauern, kleine Manufakturen, Winzer und andere lokale Erzeuger.

Gemeinsam mit dem Fotografen Thomas Müller reiste ich wochenlang durch meine Wahlheimat und machte mich auf die Suche nach den besten Rezepten und typischsten Spezialitäten der südfranzösischen Küche. Vereint sind sie auf den 224 Seiten meines Reise-Kochbuchs Le Midi.

Ihr findet darin 80 Rezepte von der Vorspeise bis zum Dessert, Produzentenportraits, Hintergrund zu Wein und Craftbeer, Themenspecials zu Transhumanz und Meer – und viele Tipps, Genuss à la Midi vor Ort zu erleben. Wer mag, kann meine 80 Sehnsuchtsrezepte aus Südfrankreich hier* online bestellen.

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