
Wie gemalt liegt La Roque-Gageac im Périgord Noir am Fuße einer nach Süden ausgerichteten Klippe. Seine goldgelben Häuser mit ihren Dächern aus Schiefer oder braunen Ziegeln spiegeln sich in den Fluten der Dordogne. An ihren Ufern sind bis heute die Nachfahren jener gabares vertäut, die im 19. Jahrhundert Wein und Walnüsse transportierten.
Fragile Felsen

Das Dorf besteht aus nur wenigen Häuserzeilen. Viel musste nach dem verheerenden Unglück vom Winter 1957 neu aufgebaut werden. Am 17. Januar waren 2500 Kubikmeter Kalksteinfelsen auf das darunter liegende Dorf gestürzt.
Als die Rettungskräfte eingriffen, bargen sie drei Leichen unter den Trümmern. Zehn Jahre lang dauerten die anschließenden Sicherungsarbeiten an den Felsen. Im Januar 2010 stürzte ein Teil der Decke des Höhlenforts ein. 750 Tonnen Felsbrocken mussten entfernt werden. 1,6 Millionen Euro kosteten die Bauarbeiten.
Sie wurden zu 70 Prozent aus EU-Mitteln finanziert. Weitere Gelder flossen aus dem Fonds Barnier zu. Der Fonds zur Prävention größerer Naturrisiken des Umweltministeriums
(FPRNM) unterstützt Maßnahmen, die zur Vorbeugung oder zum Schutz von Personen und Gütern dienen, die größeren Naturrisiken ausgesetzt sind. Weitere 500.000 Euro steuerten die 430 Einwohner große Gemeinde bei.

Vom Hang ins Tal
Während am Höhlenfort die Felsen gesichert wurden, drohte im Juni 2010 ein weiterer, 320 Tonnen schwerer Fels auf das Dorf zu stürzen. So wurde am 3. Juni 2010, und damit zu Beginn der Touristensaison, die durch das Dorf führende D 703 für fünf Wochen gesperrt und die gefährdeten Häuser geräumt. Netze am Fels schützen seitdem die Bewohner und Besucher vor Steinschlag. Doch die Felsen bleiben fragil.
Jahrhundertelang führten die Straße und Wege über die Hänge. Mit ihren Überschwemmungen drang die Dordogne viel zu häufig in das Tal ein. Erst als Dämme errichtet und der Flusslauf gezähmt wurde, eroberten Straße und Schiene ihr Tal. Besonders der Straßenverkehr nahm zu. Staus wurden zur Tagesordnung.
Um die gewachsene Dorfstruktur von La Roque-Gajac und im benachbarten Beynac zu erhalten, gab es Umbaumaßnahmen und Verkehrsberuhigungen. Doch das reicht Anne-Marie Cocula-Vaillières nicht. Die Historikerin der Universität Michel de Montaigne-Bordeaux 3, deren Präsidentin sie von 1994 bis 1999, griff zur Feder. Ihr Buch fordert: Il faut sauver Beynac et la Roque-Gageac. La Roque-Gajac und Beynac müssen gerettet werden!
Sommerfrische der Bischöfe

Während des Hundertjährigen Krieges suchten die Bischöfe aus dem zwölf Kilometer entfernten Sarlat immer wieder Schutz im Dorf. Nach Kriegsende wandelte sich ihr Domizil zur Sommer- und Wochenendresidenz. In ihrem Gefolge kamen Adlige und Bürger, Gelehrte und Literaten an, die sich in La Roque-Gageac niederließen.
Bei ihrem Aufenthalt in La Roque-Gageac residierten die Geistlichen im Manoir de Tarde im Herzen des Dorfes. Ihr stattliches Herrenhaus wurde im 15. Jahrhundert aus typisch goldfarbenen Sandstein der Dordogne errichtet. Es besteht aus einem rechtwinkligen Hauptgebäude mit einem runden Turm. Im Erdgeschoss befindet sich ein gewölbter Durchgang, unter dem ein Weg verläuft.
Dreieckige Giebel mit Sprossenfenstern schmücken die Fassade. Unter dem Schieferdach des Anwesens wohnte im 17. Jahrhundert der Kanoniker Jean Tarde. Er war der Erste, der Karten der Diözese Sarlat gezeichnet hatte. Später wohnte hier der Philosoph Gabriel Tarde. Zu den Freunden der Familie gehörte auch Galileo Galilei.

Ausgezeichnet als schönstes Dorf
La Roque-Gageac ist ein wunderschönes Bilderbuchdorf und gehört zu den ältesten Mitgliedern im erlauchten Kreis der schönsten Dörfer Frankreichs. Dadurch ist der kleine Ort während der Saison recht überlaufen. Im und vor dem Dorf nehmen mehrere Großparkplätze die Fahrzeuge der Besucher auf. Direkt an der Départementsstraße durch das Dorf findet ihr auch das Office de Tourisme sowie Picknickplätze.

Bereits um 1330 hatte La Roque-Gageac eine mittelalterliche Kapelle erhalten. Mit der Ankunft der Bischöfe wurde sie zur Pfarrkirche erweitert und erhielt einen offenen Mauerglockenturm mit zwei Glocken. Auffällig ist das steile, mit Schiefer gedeckte Dach der Église Notre-Dame de La Roque-Gageac. Seine große Neigung verhinderte, dass sich im Winter schwerer Schnee darauf festsetzen und es zum Einsturz bringen konnte.

Im 17. Jahrhundert wurde die Westmauer renoviert. Sie weist seitdem im Giebel einen Durchbruch mit einem Rundbogen auf. Vor der Kirche erhebt sich ein altes Steinkreuz. Palmen und Yuccaarten umgeben die Kirche und verraten, dass La Roque-Gageac ein Mikroklima besitzt, das milder ist als ringsum im Périgord.

Die Festung im Fels
In den Felsen, die sich über dem Dordogne-Dorf erheben, sind Reste einer Festung aus dem 12. Jahrhundert zu erkennen. Dort fanden die Bischöfe aus Sarlat während der Religionskriege Zuflucht.Im Jahr
1589 eroberte Geoffroy de Vivans, auf dem Schloss von Castelnaud geboren und Seigneur de Doissac, La Roque Gageac. Auch unter seiner Führung blieb die Festung blieb gegen die Hugenotten stark.

Hinauf zum Fort Troglodytique führt eine hölzerne Treppe an der Felswand. Am Ende des Aufstiegs könnt ihr Überreste des Verteidigungssystems entdecken, darunter Kanonenschächte und Schießscharten. Erst in der Renaissance wichen sie richtigne Fenstern.

Oben angekommen, eröffnet sich von der Höhenfestung ein 180-Grad-Panorama über die Schleifen der Dordogne und die Steinhäuser von La Roque-Gageac. Seit Sommer 2021 präsentiert ein Video eine 3D-Rekonstruktion der Festung von La Roque-Gageac im Mittelalter.

Ein Hauch von Exotik
Die Südlage des Dorfes sorgt für ein Mikroklima, das mediterran und mitunter sogar subtropisch. Tagsüber speichern die Kalkklippen die Wärme und geben sie nachts wieder ab. Der Boden ist locker und gut belüftet, sodass sich keine Feuchtigkeit bilden kann, und der Fluss reguliert die Luftfeuchtigkeit. „Kleines Nizza des Périgord“ wird daher La Roque-Gageac gerne auch genannt. Mehr als 150 verschiedene exotische Pflanzenarten sind dort daheim!
Dieses exotische Flair besitzt La Rocque-Gageac jedoch erst seit den 1960er-Jahren. Damals beschloss der Botaniker Gérard Dorin, beschloss, Setzlinge von seinen Reisen mitzubringen und sie in seinem Heimatdorf anzupflanzen.

Heute könnt ihr so nun in einer Allée des Bananiers die verschiedensten Bananen-Arten aus aller Welt entdecken. Palmen und Agaven gedeihen im Jardin Exotique. Dann begleiten Orangenbäume und Granatapfelbäume den Spaziergang durch das Dorf. Bougainvillea setzen leuchtende Farbtupfer in Weiß, Rosa, Lila und Rot. Im nahen Saint-Julien de Cénac baut Sylvie Tisserand von Les Safranelles sogar Safran an!
Der Bambusgarten
Am Dorfeingang besitzt La Roque-Gageac sogar einen echten, fünf Hektar großen grünen Bambuswald. Bis zu 20 Meter hoch ragen die tropischen Gräser auf und beschatten den Weg. Ist es richtig heiß im Sommer, sind dort die Temperaturen deutlich niedriger, und der Bambus bildet die kühlste Allee des Dorfes!
DerBambushain besetzt seit mehr als 600 Jahren und wird bis heute von der Tarde gepflegt. Ihr könnt ihr kostenlos besichtigen. Nur am Samstag ist der Garten geschlossen. Und bevor es nun Abschied nehmen heißt, setzt euch zwischen die Klippen und den Bambus und genießt noch einmal den besonderen Zauber von La Roque-Gageac!

La Roque-Gageac: meine Reisetipps
Schlemmen und genießen
Ô Plaisir des Sens

Lydia und Bruno lieben die Maxime von Paul Bocuse. „Das Glück liegt in der Küche“ war der Dreisternechef überzeugt, und das Paar teilt dieses Glück mit raffinierter, frischer Marktküche für ihre Gäste.
• D 703, Sous la grande vigne, 24250 La Roque-Gageac, Tel. 05 53 29 58 53, www.restaurant-o-plaisirdessens.com
Marché des producteurs
Von Mai bis September findet ihr am Freitagvormittag auf einem bunten Erzeugermarkt Produkte und Spezialitäten der Dordogne unter dem Dach der Markthalle am Ufer der Dordogne.
Les Safranelles
Sylvie Tisserand hat sich auf den Anbau von Crocus sativus vor und stellt euch bei Führung ihr edles Gewürz Safran vor. Neben Tipps und Tricks beim Anbau verrät sie dabei auch Küchentipps und ihre Lieblingsrezepte. Ihr Hof ist keine reine Safran-Farm, hat mehrere wirtschaftliche Stanbeine. Dazu gehören eine Zucht von Zier- und Legehennen aus zehn Rassen in freier Wildbahn sowie zwei günstige Gästezimmer und eine Ferienwohnung für sechs Gäste in der einstigen Scheune.
• 24250 Cénac et St Julien, Tel. 05 53 59 51 05, mobil: 06 15 15 85 58, www.les-safranelles.com
Aktiv
Geocaching
Terra Aventura nennt sich die Geocaching-Schatzsuche von Sarlat, Beynac und La Roque-Gageac.
• https://sarlat-tourisme.com
Nicht verpassen
Die Gärten von Marqueyssac

Keine Blumen. Sondern Buchsbaum und Immergrünes: So ließ Bertrand Vernet die hängenden Gärten von Marqueyssac auf einer Klippe hoch über der Dordogne anlegen. Hier findet ihr Infos und Impressionen.
Die Burg von Castelnaud-la-Chapelle
Die mittelalterliche Höhenburg gehört zu den meistbesuchten Burgen im Südwesten von Frankreich. Ihr Museum stellt mittelalterliche Kriegsmaschinen vor. Für Fotos vom Museum und der Burg klickt hier!
Bilderbuch-Bastide: Domme

Ebenfalls hoch über der Dordogne liegt die Bastide Domme, die ebenfalls zum prestigereichen Verbund der schönsten Dörfer Frankreichs gehört. Voilà ein Portrait.

Gabare-Törn
Von La Roque-Gageac legen zwei Nachbauten alter Lastkähne zu Bootsausflügen auf der Dordogne ab: die gabares Norbert und Caminade.

Hier könnt ihr schlafen*
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