
Die spirituelle Heimat Frankreichs hat am 15. April 2019 gebrannt: Notre-Dame de Paris. Um 18.50 Uhr bemerkte Bürgermeisterin Anne Hidalgo, die von ihrem Büro im Hôtel de Ville auf die Kirche blickt, Flammen auf dem Dach der gotischen Kathedrale. Vom Außengerüst eroberte sich das Feuer in Windeseile den gesamten Dachstuhl.
Ausgebrannt: der Dachstuhl
Eine Drohne der Polizei zeigte gegen 22 Uhr, wie das gesamte Dach lichterloh brannte und die steinerne Spitze von Notre-Dame abbrach. Auch einige der berühmten Glasfenster barsten in der Hitze.
Die Rosette der Westfassade, Türme und die steinerne Struktur indes konnten dem Brand widerstehen, ein Großteil der Kunstschätze gerettet werden. Ebenso die Apostel der Westfassade, die zur Restaurierung bereits vor dem Feuer abmontiert waren. Als der Brand gelöscht war, überstrahlte das goldene Kreuz leuchtend die Brandspuren.
400 Feuerwehrleute waren 15 Stunden lang im Einsatz. Einer von ihnen wurde bei den Löscharbeiten verletzt. Das Feuer aus der Luft zu löschen, wie US-Präsident Trump gefordert hatte, war laut Experten des nationalen Denkmalamtes Centre des Monuments Nationaux nicht möglich. Das Wasser hätte zum Einsturz von Notre-Dame de Paris führen kommen.

Nationale Spendenaktion für Notre-Dame
Der Brand löste eine internationale Solidaritätswelle aus. Auch die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Frankreich Hilfe beim Wiederaufbau angeboten. Bereits am Tag nach dem Feuer begann eine nationale Spendenaktion. Bereits in der Brandnacht hat Präsident Macron Superreiche und CEO von großen Firmen um Hilfe gefragt.
Als Erste sagt Familie Pinault (Gucci) eine 100-Millionen-Euro-Spende zu. Bernard Arnault folgte mit der Zusage einer 200-Millionen-Euro-Spende. Die Stiftung für Kulturgüter Fondation Patrimoine hat eine Spendenaktion für Notre-Dame de Paris gestartet. Notre-Dame ist auch für uns ein Symbol unserer Kultur. Bitte helft auch ihr mit. Jeder Cent zählt.
Staatspräsident Emmanuel Macron kündigte bei einer Fernsehansprache an, dass die Kathedrale in nur fünf Jahren wiederaufgebaut werden solle. Für die Rekonstruktion des Vierungsturms rief der damalige Premierminister Edouard Philippe einen internationalen Architektenwettbewerb aus. Flavia Vincent-Petit erhielt den Auftrag zur Rettung und Restauration der berühmten Glasfenster. Hier habe ich die Glaskünstlerin aus Troyes vorgestellt.

Welch eine Kathedrale im Herzen von Paris!
1163 hatte Papst Alexander III. auf der Île de la Cité, der Keimzelle von Paris inmitten der Seine, ihren Grundstein gelegt. Nicht einmal 60 Jahre später, 1220, fand bereits der erste Gottesdienst statt. In den Kapellen wurde damals noch eifrig gebaut.
Wer heute ihr Inneres betritt, ist überrascht, wie dunkel der 127 Meter lange Kirchenraum ist.

Selbst bei strahlendster Sonne gleicht das Gotteshaus einer schützenden Höhle, nur spärlich illuminiert. Umso funkelnder leuchten die Farben auf den Glasfenstern, den prachtvollen Rosetten, fast überirdisch schön.

Orgelmusik per Knopfdruck!
Die klanggewaltige Orgel wurde Anfang des 19. Jahrhundert von François Thierrys erbaut und 1863– 1868 von Aristide Cavaillé-Coll erweitert. Mit 8.500 Pfeifen und 113 Registern auf fünf Manualen gehört sie zu den größten Orgeln Frankreichs.
Auch sie ist mittlerweile im Hightech-Zeitalter angekommen. Dank Sprach- und Computersteuerung können Organisten heute Melodien auch per Knopfdruck abspielen lassen.
Die Schutzpatronin von Notre-Dame
Am südöstlichen Vierungspfeiler findet ihr das hochverehrte Gnadenbild der Schutzpatronin der Kathedrale, das um 1330 entstand. Aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts stammen die 23 Reliefs der Chorschranken.
Sie zeigen Szenen aus dem Leben und der Passion Christi. Rechts neben dem Chor birgt der trésor die „Großen Reliquien“: einen Dorn aus der Dornenkrone sowie ein Stück Holz und einen Nagel vom Kreuz Christi.

Fantasievögel & Wasserspeier
Mit ihren 69 Meter hohen Türmen war Notre-Dame bis Mitte des 13. Jahrhunderts das höchste Gebäude des Abendlandes. 422 Stufen führen euch in drei Etappen hinauf zu einer der schönsten Aussichten über Paris. Vorbei am Hochsaal mit gotischer Spitzbogen-Architektur erreicht ihr die Galerie des Chimères in 46 m Höhe.
Ihre 56 Fantasievögel und Fabelwesen sind ein Werk des 19. Jahrhundert. Viollet-le-Duc hat sie als Ersatz für die mittelalterlichen Wasserspeier entworfen. Jene waren im 18. Jahrhundert wegen Baufälligkeit entfernt worden.
Besonders berühmt wurde der Stryge. Halb Mensch, halb Bestie, stutzt er seinen Kopf auf die Hände und blickt auf Paris. Vom Turm habt ihr wundervolle Ausblicke auf Paris. Schaut doch mal hier!

Der Geist von Notre-Dame lebt
Zwei Monate nach dem verheerenden Großbrand fand im Juni 2019 in einer kleinen, weitgehend unbeschädigten Kapelle am östlichen Ende des weltberühmten Pariser Wahrzeichens erstmals wieder ein Gottesdienst statt. 30 Geistliche durften daran teilnehmen. Doch die Messe wurde landesweit im Fernsehen übertragen – und eine Nation erlebte sie live mit.
Doch 2019 fiel die Christmette aus. Zum ersten Mal seit mehr als 200 Jahren – und erstmals seit Ende der Französischen Revolution – gab es keinen Gottesdienst zu Weihnachten im Pariser Wahrzeichen. Die Gemeinde wusste sich zu helfen. Sie lud zum Gottesdienst im Exil.
Als Ausweichquartier für den Gottesdienst dient während des Wiederaufbaus die nahe gotische Kirche Saint-Germain-l’Auxerrois. Doch steht jetzt, wie die nachgebaute Kanzel, auch die zwei Meter hohe Skulptur der Jungfrau Maria mit dem Jesuskind. Wie durch ein Wunder hat die gotische Skulptur aus dem 14. Jahrhundert den Großbrand überlebt.
Für viele, die heute die Kirche Saint-Germain-l’Auxerrois besuchen, ist sie ein Zeichen der Hoffnung. Und Symbol, dass der Geist von Notre-Dame de Paris noch lebt.

Ab in die Unterwelt!
Der Vorplatz vor Notre-Dame war früher dicht bebaut. Im Zuge der Stadtsanierung ließ Baron Haussmann jedoch fast das gesamte Domherrenviertel Quartier de Chanoine abreiße. Wie es einst vor und um die Kathedrale ausgesehen hat, verrät ein Stadtmodell im Musée Carnavalet.
In der crypte archéologique entführt die Place de Parvis noch tiefer in die Vergangenheit. Die 117 Meter lange archäologische Krypta birgt Reste von gallorömischen Gebäuden und mittelalterlichen Häusern. Zu sehen sind dort auch die Fundamente der merowingischen Vorgängerkirche, die 1980 beim Bau der Tiefgarage zum Vorschein kamen.

Am Nullpunkt Frankreichs
Bei Sonne funkelt im Pflaster des Vorplatzes ein ganz besonderer Bronzestern: der Point Zero. Vom offiziellen französischen Nullpunkt werden alle Entfernungen in andere französische Städte berechnet. Die Reiterstatue zeigt Karl den Großen, der in Frankreich Charlemagne genannt wird, mit seinen beiden Vasallen Roland und Olivier.
Vor dem 15 Tonnen schwere Bronzedenkmal, von den Brüdern Louis und Charles Rouchet für die Weltausstellung 1878 geschaffen, gab es am 26. Juni 2009 einen Menschenauflauf: Tausende betrauerten damals zu Füßen des Kaisers den Tod des King of Pop, Michael Jackson, nachzuerleben auf Youtube.
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Mein Reiseführer: Baedeker „Paris“*
Monatelang habe ich recherchiert und gewühlt, ehe ich zur Feder griff. Und danach mit Dr. Madeleine Reincke als Redakteurin im Verlag an ihm feilte. Bis „mein“ Baedeker „Paris“* erschien.
„Tango unter freiem Himmel: Die Stadt der Liebe: Der neue Reiseführer ‚Paris‘ zeigt – neben Sehenswürdigkeiten – besondere Orte für Höhenflüge, romantische Momente wie ‚Tango unter freiem Himmel‘ und unvergessliche Dinners. Dazu gibt’s viele Kulturtipps…“ schrieb die Hamburger Morgenpost über meinen Paris-Führer.
Zu den Fakten, neu und unterhaltsamer präsentiert, gibt es jetzt auch Anekdoten und Ungewöhnliches, was ihr nur im Baedeker findet. Und natürlich ganz besondere Augenblicke und Erlebnisse, die euren Paris-Aufenthalt einzigartig und unvergesslich machen. Wer mag, kann meinen Paris-Reiseführer hier* bestellen.
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Hallo.
Hiermit stelle ich meine Kenntnisse als Kirchenrestaurator uneigennuetzig
sofort der Kathedrale NOTRE DAME vor Ort zur Verfuegung.
Kontaktierung per Email.
Lieber Herr Dr. von Kerckhoff, herzlichen Dank für Ihr Engagement! Beste Grüße!
Hallo Hilke Maunder,
die derzeitigen Ereignisse in Paris haben uns geschockt, und wir sind doch froh, dass der Note Dame nicht ganz von den Flammen zerstört worden ist und eine Welle der Hilfsbereitschaft zum Wiederaufbau auch aus Deutschland sich zeigt.
Ich selber bin vor einiger Zeit auf deine schön und informativ gestalteten Seiten gestossen, da ich mich seit Jahren mit mittelalterlichen Bauten (Kathedralen, Kapellen und Burgen) beschäftige, ja die Besuche mit Wanderurlaube, mit meiner Frau, Europaweit verbinden kann.
Nun freue ich mich, Ende Mai nun auch nach Frankreich kommen zu dürfen und an einer einwöchigen Busreise zum Thema „Templer“ teilnehmen zu dürfen.Der Veranstalter Thomas Ritter aus Dresden wird die Reise selber begleiten, auf die ich natürlich gespannt bin.
Liebe Grüsse vom Niederrhein aus Krefeld
Andre´
Hallo André, dann sind Sie ganz in der Nähe von mir unterwegs! Ich bin gespannt, was Sie über die Templer erfahren – und würde mich, falls Sie Lust haben, auch über einen Gastbeitrag oder einen Kommentar zu den Templern freuen. Selbst verfasst habe ich leider erst einen Beitrag dazu (https://meinfrankreich.com/rennes-le-chateau/), aber da soll noch mehr kommen.
Ich wünsche Ihnen eine wundervoll abwechslungsreiche Reise!
Viele Grüße, Hilke
Gut, daß Sie Hilfe anbieten, weil das Herz von Paris getroffen worden ist. Der Wiederaufbau der von deutschem Militär im 1. Weltkrieg zerstörten Krönungskathedrale von Reims zeigt exemplarisch, was für Möglichkeiten bestehen. Mit Notre Dame de Paris verbindet wohl jede(r) eigene Erinnerungen. Mir hat es besonders die Orgel angetan – les Grandes Orgues de la Cathédrale – , auf der Olivier Messiaen, der große Komponist, so gern gespielt hat. Nach ersten Berichten konnte sie gerettet werden. Wie es um die vielgeliebten mittelalterlichen Fensterrosetten steht, weiß ich nicht. Die Wiederinstandsetzung dieses Symbols des Christentums wird – soweit überhaupt möglich – viel Zeit benötigen.
Lieber Herr Dr. Traub, ja, es wurde das Herz von Paris getroffen… und ein Symbol unserer Kultur, weit jenseits nationaler Grenzen. Der Wiederaufbau wird, sagen Experten, rund zehn Jahre dauern. Aber was ist das schon angesichts der 855 Jahre, die Notre Dame de Paris bereits erlebt hat. Ich möchte alles dafür tun, das dieses Wahrzeichen wieder ereder ersteht – und freue mich über jeden, der wie ich der Fondation du Patrimoine dazu einen Betrag spendet, egal, wie groß oder klein. Beste Grüße, Hilke Maunder
Liebe Frau Maunder,
vielen Dank für Ihren Link zur Fondation Patrimoine. Es ist mir heute Nachmittag tatsächlich gelungen, etwas für Notre Dame zu spenden. Es ist eine wahre Katastrophe-wir haben das Inferno gestern bei France 24 verfolgt-ich denke, daß geht auch per Internet.
Für die französische Spendenseite sind schon Französich-Kenntnisse nötig-dies als Info für Ihre Leser. Vielleicht gibt es ja auch bald eine deutsche oder deutschsprachige Seite zur Verfügung.
Herzlichen Dank nochmals auch für Ihren tollen Blog!!!!
Viele Grüße
Birgit Borgert
Liebe Frau Borgert, danke für Ihre Mail. Es gibt, wenn die IP des Rechners richtig erkannt wird, auch eine englischsprachigen Spendenseite. Ich habe auch gespendet. Es war für mich selbstverständlich – denn Notre Dame steht für mich für unsere europäische Kultur- Ganz herzluchen Dank, dass auch Sie den Wiederaufbau unterstützt haben! Und merci für Ihr Lob! Viele Grüße! Hilke Maunder
Hallo,Frau Maudner,
gibt es auch einen deutschen Text für das Spendenkonto „Notre-Dame“? Ich würde gerne etwas geben.
mfg
Heide Lange
Liebe Frau Lange, der Server der Fondation Patrimoine ist wegen Überlastung zusammengebrochen. Ich melde mich, sobald dort mehr zu erfahren ist!
Beste Grüße, Hilke Maunder