Der Mythos von Rennes-le-Château
Was für eine Lage! 481 Meter hoch thront der Bibliotheksturm von Rennes-le-Château auf einem Felskegel hoch über der Aude und überrascht mich mit einem Ausblick, den ich nie erwartet hätte:
In der Ferne begrenzen gen Süden die winterlichen Schneespitzen der Pyrenäen den Horizont. Davor erstreckt sich das weite Hochtal der Aude. Gen Südosten dominiert das markante Profil des Pech du Bugarach die Aussicht.
Ein zweiter Aussichtspunkt eröffnet weite Blicke gen Norden mit den Ketten der wilden Corbières und Couiza mit seinem Burgschloss, in dem heute ein gehobenes Hotel-Restaurant zur genussvollen Auszeit lädt.
Das Vermächtnis des Priesters
Eine Lage, die inspiriert. Das hat auch Bérenger Saunière erkannt, der ab 1891 die ursprünglich romanische Dorfkirche Sainte Marie-Madeleine als damaliger Pfarrer des Ortes volkstümlich renovierte.
Wenige Meter entfernt ließ er die Villa Béthania als Wohnhaus errichten. Er umgab sein Heim mit einem großen Garten. Jener dient heute als Bühne für ein ungewöhnliches Filmfestival.
Saunière ließ auch einen Bibliotheksturm erbauen, der zum Wahrzeichen des Dorfes wurde: die Tour Magdala. Doch wie konnte ein armer Pfaffe im Katharer-Land solch ein großzügiges Anwesen errichten?
Eine Frage, die auch Noël Corbu (1912 – 1968) beschäftigte, der 1946 das Wohnhaus des Abbés erworben und darin ein Hotel nebst Restaurant eröffnet hatte.
Geschäftstüchtig begann er, über den Abt Dinge zu erzählen, die neugierig machten. Corbu lancierte zudem einige Zeitungsartikel und holte so Glücksritter nach Rennes-le-Château und damit in sein Hotel.
Der Heilige Gral: gefunden?
Der Abt, behauptete Corbu, habe im Dorf im Jahr 1900 den legendären Heiligen Gral zusammen mit den Schätzen der Templer und Katharer gefunden – und sei dadurch unermesslich vermögend geworden. Den Schlüssel zum Reichtum habe der Abt beim Renovieren des Altars entdeckt: ein verblichenes Pergament mit verschlüsselten Botschaften.
Aufgegriffen wurden die Gerüchte von einem Mann, der häufig zu Gast im Restaurant war: Gérard de Sède – ein adeliger Trotzkist, der sich in vielen Berufen versuchte, so auch im Schreiben. 1967 veröffentliche der Marquis sein erstes Werk über das Enigma des Landpfarrers: L’Or de Rennes* (Das Gold von Rennes).
Muse der Dichter
Pierre Plantard verarbeitete die Ideen seines Freundes Gérard in seinen Dossiers zur Prieuré de Sion. Der Mythos war geboren und breitete sich immer weiter aus.
Literaten wie Michael Baignent, Henry Lincoln und Richard Leigh nahmen sie in ihrem Bestseller Der heilige Gral und seine Erben* ebenso auf wie Umberto Eco im Foucaltschen Pendel* oder Dan Brown in Sakrileg*.
Und auch Helene-Luise Köppel wurde von der Legende zu ihrem Roman Die Erbin des Grals* inspiriert. Selbst Computerspiele widmen sich den Gerüchten.
Schräge Fassaden
Rennes-le-Château erlebt jeden Sommer einen Besucherboom. Dann sperren die Gemeindeväter den kleinen Ort für Fahrzeuge von Fremden und richten Großparkplätze am Hang ein.
Die besondere Aura des Adlernestes hat auch einige Individualisten angelockt, die Haus und Hof, Fassade und Fenster ganz besonders ausgefallen schmücken. Lasst euch durch die Gassen treiben und schaut euch die alten Fassaden einmal genauer an.
Von Sonnenuhren bis Knochenschmuck findet ihr allen möglichen Zierrat auf dem Naturstein. Auch zahlreiche Künstler haben sich in dem malerischen Ort niedergelassen, der alljährlich im August das Festival du Film Insolite feiert.
Legendäres Wanderland
In der Umgebung von Rennes-le-Château könnt ihr herrlich wandern. Der 13 Kilometer lange Circuit de Ritou führt euch als markierter Rundweg in rund 3,5 Stunden durch die Wälder und offenen Wiesen rund um die Gemeinde.
Ihr kommt vorbei an den Resten einer alten Mühle, die einem Wehrturm gleicht, vorbei und könnt immer neue Blicke auf Rennes-le-Château genießen. Mit seinem Namen verweist der Weg auf Le Ritou – jener war der Spitzname des Abbé Saunière.
Der heilige Gral für Wanderer heißt Pech de Bugarach. Stichwanderungen führen von Rennes-le-Château hin zum Dorf am Fuße jenes Berges, auf dessen Gipfel angeblich ein Weltuntergang überlebt werden könne. Mehr zur höchsten Spitze der Corbières erfahrt ihr hier.
Rennes-le-Château: meine Reisetipps
In der Nähe
Steigt auf den Pech du Bugarach
Bummelt durch Alets-les-Bains
Wandert auf dem Katharerweg
Lernt den Fenouillèdes kennen
Schlemmen
Leider nur von April bis Oktober sind die Lokale des Ortes geöffnet. Herrlich picknicken könnt ihr neben dem Bibliotheksturm im Gras.
Le jardin de Marie
11190 Rennes-le-Château
Tel. 04 68 20 99 71
Facebook
Le Bistrot des Amis
11190 Rennes-le-Château
Tel. 09 54 77 00 19
www.lebistrodesamis.fr
La reine du Château
11190 Rennes-le-Château
Tel. 04 68 20 14 72
Facebook
L’ Antre temps
Grand rue
11190 Rennes-le-Château
Tel. 04 68 74 28 98
Shopping
La savonnerie de la Haute Vallée
Handgefertigt – von der Lippenpflege bis zur Seife!
• 11190 Rennes-le-Château, Tel. 09 80 86 97 44, www.savonneriehva.com
Galerie d’art de Luke Owens
Luke Owen ist Brite – und malt seit 2015 in Rennes-le-Château Bilder, die abstrakt sind – und doch voller Wärme, gemalte Seelenlandschaften, Balancen zwischen Licht und Dunkel, Innen und Außen.
• 11190 Rennes-le-Château, am oberen Parkplatz, Tel. 04 68 31 38 85, www.artfinder.com/luke-owen
Schlafen
Heute gibt es keine Hotels mehr in Rennes-le-Château, jedoch Privatvermieter, Gîtes und Campingplätze.
Chambres d’hôtes
Die schönsten Gästezimmer verstecken sich in einem imposanten Bau, der das Ortsbild prägt – aber nicht zu besichtigen ist: das Château d’Hautpoul, das in seiner Architektur noch westgotische Bauteile aufzeigt.
La Maurine
Pieter und Carine Oudejans-Mathijssen
11190 Rennes-le-Château
Tel. 09 75 43 82 62
La Maison d’Elise
Grand rue
11190 Rennes-le-Château
Tel. 04 68 20 66 72
Mobil: 06 07 82 73 48
www.la-maison-d-elise.fr
Noch mehr Betten*
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Weiterlesen
Im Blog
Rennes-le-Château ist alljährlich im August Gastgeber des Festival du Film Insolite von Fanny Bastien und Geoffroy Thiebaut. Hier gibt es dazu Infos und Impressionen.
Untrennbar mit Rennes-le-Château ist Rennes-les-Bains verbunden. In der einzigen Thermalstation des Départements Aude sprudeln vier kalte und fünf warme Quellen aus dem Untergrund. Für Infos und Impressionen klickt bitte hier.
Im Buch
Dan Brown, Sakrileg*
Der Bestseller von Dan Brown (2003) mit dem Originaltitel The Da Vinci Code* hat seine Wurzeln im Département Aude. Inspiriert wurde er von den Thesen des Priesters Bérenger Saunière, der 1885 im Dorf Rennes-le-Château bei Quillan in einer Kapelle Pergamentrollen fand, die die Geschichtsschreibung des Vatikans zu Maria Magdalena infrage stellen.
48 Wochen lang war der Historienroman in den Jahren 2004 und 2005 auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste. 2006 wurde er verfilmt – mit Tom Hanks, Jean Reno, Audrey Tautou und Ian McKellen in den Hauptrollen. Den Roman könnt ihr hier*, den Film hier* online erwerben.
Ralf Nestmeyer, Languedoc-Roussillon*
Zwischen dem Delta der Camargue und den Gipfeln der Pyrenäen hat Ralf Nestmeyer nahezu jeden Strand gesehen, jede Stadt besucht, jedes Wehrdorf besichtigt – im Languedoc etwas intensiver, im Roussillon fokussiert er auf bekannten Highlights. Inzwischen ist der wohl beste Führer für diese wunderschöne Ecke Frankreichs 2024 in 10. Auflage erschienen.
Das 588 Seiten dicke Werk ist der beste Begleiter für Individualreisende, die diese Region entdecken möchten und des Französischen nicht mächtig sind. Wer möchte, kann den Band hier* direkt bestellen.
Hilke Maunder, Okzitanien: 50 Tipps abseits der ausgetretenen Pfade*
Okzitanien ist die Quintessenz des Südens Frankreichs. Es beginnt in den Höhen der Cevennen, endet im Süden am Mittelmeer – und präsentiert sich zwischen Rhône und Adour als eine Region, die selbstbewusst ihre Kultur, Sprache und Küche pflegt.
Katharerburgen erzählen vom Kampf gegen Kirche und Krone, eine gelbe Pflanze vom blauen Wunder, das Okzitanien im Mittelalter reich machte. Acht Welterbestätten birgt die zweitgrößte Region Frankreichs, 40 grands sites – und unzählige Highlights, die abseits liegen. 50 dieser Juwelen enthält dieser Band. Abseits in Okzitanien: Bienvenue im Paradies für Entdecker! Hier* gibt es euren Begleiter.
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Ich glaube auch das dort vielleicht noch was zu holen ist.
Hätte ich das Geld, würde ich das Anwesen kaufen.
Für 1 paar Wochen im Jahr würde ich das Anwesen für Touristen schliessen und mit Drohnen, Radargeräten auf Goldsuche gehen.
Dann würde ich ein neues Gebäude südlich des Anwesens, am Hang, bauen und hätte so ein Grund um in den Untergrund bohren zu dürfen.
Hallo Alex, danke für Deine Einschätzung. Viele Grüße! Hilke
und zum SEEBARSCH: ja, es ist die vier mit der kleinen 3 oben rechts:
wenn mjan auf dem Grabstein oben rechts bei dem großen L anfängt undverbindet eine 4, und P wird zu R, dann erhält man LLOBARDO, die 3 besteht aus TOBIT,ein Buch der Bibel…
DAS ist Wissenschaft!
und kein IGLU…LG
Sandra
Vielleicht dazu noch ein kleiner aber feiner Buchtipp! Okzitanien – Reiseführer von Michael Hock.
Gerne doch, liebe Heike. Danke für den Tipp – ein spiritueller Reiseführer und historischer Wegbegleiter auf den Spuren der Druiden, Katharer, Tempelritter und Troubadoure… klingt spannend und kannt ich noch nicht. Merci!
In der Geschichte von Rennes-le-Chateau steckt viel mehr als man bisher vermutet hat. Das Geringste ist noch die darin enthaltene kunstgeschichtliche Sensation. Die Entdeckung der realen Vorlage für den weltberühmten Genter Altar.
Lieber Oliver, danke für diese Info! Bises, Hilkr
100 Jahre Mythos um Rennes-le-Chateau – Ein interessanter und zugleich aktueller Beitrag, Frau Maunder! Vielen herzlichen Dank!