Am Ufer der Vézère. Foto: Hilke Maunder
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Im Tal der Vézère

Die Vézère ist eine echte Aquitanierin. Sie entspringt auf dem Plateau de Millevaches in der Nähe des Ortes Meymac und mündet nach rund 211 Kilometern bei Limeuil in die Dordogne. Viel schneller als der breitere und längere Namen sgeber des Départements rauscht sie durch den Périgord Noir und begeistert Kanuten.

Schon die ersten Menschen fühlten sich an ihren Ufern wohl und hinterließen in 147 gisements genannten Lagern und 25 Höhlen ihre Zeugnisse. Dies macht das Tal der Vézère zur vallée de l’homme, zum Tal der Menschheit, das seit 1979 für seine Spuren aus der Prähistorie als Welterbe anerkannt ist.

Das Erbe der ersten Menschen

Die Höhlenmalereien im Vézère-Tal sind Meisterwerke der frühen Kunst und zeugen von der Kreativität und dem symbolischen Denken des Homo sapiens. Die Darstellungen von Tieren, Menschen und abstrakten Zeichen sind nicht nur faszinierend, sondern verraten auch viel über die religiösen, sozialen und kulturellen Aspekte der damaligen Gesellschaften.

Das Tal ist gespickt mit bedeutenden Fundstätten, von denen ihr zahlreiche besichtigen könnt. Am berühmtesten sind die Höhlen von Lascaux mit ihren beeindruckenden Wandmalereien, die vor etwa 17.000 Jahren entstanden sind. Hier erfahrt ihr mehr. Nur wenige Kilometer südlich will der Parc du Thot mit Tiergehegen und prähistorischem Museum einen umfassenden Einblick in das Leben der Cro-Magnon-Menschen und ihre Beziehung zur Tierwelt geben.

Die Grotte de Font-de-Gaume ist eine der letzten öffentlich zugänglichen Höhlen mit polychromen Malereien aus dem Jungpaläolithikum. Rund 200 farbenprächtige Malereien sind hier aus der Frühzeit erhalten, darunter auch. 84 Bisons und rund 40 Pferde. Rund 13.000 Jahre alt sind die Gravuren der Grotte de Combarelles, die Menschen und Tiere zeigen.

Les Eyzies-de-Tayac ist die selbst ernannte „Hauptstadt der Prähistorie“ und stellt im Nationalmuseum der Vorgeschichte Entwicklungsstränge und Exponate der frühen Menschheitsgeschichte vor. Hier erfahrt ihr mehr.

Die halb offene Höhle La Madeleine gab der Magdalénien-Kultur ihren Namen, denn hier wurden eine außergewöhnliche Vielfalt an Artefakten aus der Altsteinzeit gefunden. Neben den üblichen Werkzeugen aus Stein und Knochen kamen bei den Ausgrabungen auch kunstvoll geschnitzte Knochenflöten, Schmuckstücke und zahlreiche Tierknochen ans Tageslicht und gaben detaillierte Einblicke in das Leben und die Kultur der damaligen Menschen. Erfahrt hier mehr!

Auch in der Roque Saint-Christophe, einer rund einen Kilometer langen Kalksteinmauer mit 80 Metern Höhe rund fünf Kilometer flussaufwärts, die ständig vom Fluss und vom Frost unterspült wird, wohnten Menschen von der Vorzeit bis zum Beginn der Renaissance. Faszinierend!

Besondere Orte im Tal der Vézère

Tursac

Der Préhistoparc, ein Themenpark zum Alltagsleben der ersten Jäger und Sammler, hob das kleine Dorf Tursac, rund sechs Kilometer außerhalb von Les Eyzies, auf die touristische Landkarte.

Doch von Rummel ist in dem kleinen Dorf nicht viel zu spüren, obgleich sich mit dem Troglo-Dorf von La Madeleine und der Maison Forte de Reignac noch zwei weitere Stätten hier befinden, zu denen Schildern den Weg weisen. Letztere entpuppt sich als eine Felsenburg, die direkt in den Fels gebaut wurde und das Tal der Vézère überragt.

Und genau hier hat Patrick Druet nach seiner Rückkehr aus dem Himalaya ein Bauernhaus gekauft, Gästezimmer eingerichtet und in ein Terrassen-Restaurant verwandelt, das die Kultur und Lebensart der höchsten Berge der Welt ins Herz des Périgords holt. Erfahrt hier mehr.

Saint-Léon-sur-Vézère

Auf halbem Weg zwischen Lascaux und Les Eyzies war das charmante Périgord-Dorf Saint-Léon-sur-Vézère einst ein blühender Hafen an der Vézère.

Heute lebt das Dorf hauptsächlich vom Tourismus. Denn Saint-Léon-sur-Vézère gehört zum prestigeträchtigen Kreis der schönsten Dörfer Frankreichs. Und ist, das zeigt der Großparkplatz am Dorfeingang, entsprechend gut besucht während der Saison.

Foto: Hilke Maunder
Der Manoir de la Salle von Saint-Léon-sur-Vézère. Foto: Hilke Maunder

Drei Schlösser bewachen das Dorf: der Manoir de la Salle am Eingang des Dorfes, das Château de Clérans oberhalb des Flusses und das Château de Chaban als Juwel der Côte de Jor. Sie überragen auf einer Länge von etwa drei Kilometern Kalksteinfelsen mit üppigem Grün.

Früher war die Côte de Jor mit Weinreben bepflanzt, und es wurde angenommen, dass sie einige der besten Rebsorten beherbergte, die einst den französischen Königen serviert wurden.

Im Ortszentrum von Saint-Léon-sur-Vézere. Foto: Hilke Maunder
Im Ortszentrum von Saint-Léon-sur-Vézere. Foto: Hilke Maunder

Heute ist von dieser landwirtschaftlichen Vergangenheit nichts mehr übrig geblieben, außer einigen Terrassen und einfachen Gebäuden, tief versteckt im Wald.

Oben auf der Klippe starten heute die Paraglider und Drachenflieger. Ihr könnt von dort oben eine wunderschöne Aussicht auf das Dorf Saint-Léon-sur-Vézère und seinen Fluss genießen.

Foto: Hilke Maunder
Goldgeber Dordognestein, grüne Fensterläden und viel Grün ringsum: Saint-Jean-sur-Vézère. Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder
Solche Schilder begleiten euren Bummel durch Saint-Léon-sur-Vézère. Foto: Hilke Maunder

Während des Zweiten Weltkriegs war ein Mann in der Résistance aktiv, der am 7. März 1915 in Paris geboren wurde: Jacques Michel Pierre Delmas.

Während seines Widerstandes gegen die deutsche Besatzung kam er im Tal der Vézère nach Saint-Léon, sah dort ein Hinweisschild zum Château de Chaban – und machte Chaban zu seinem Codenamen, den er auch nach Kriegsende beibehielt. Als Jacques Chaban-Delmas war der Gaullist von 1947 bis 1995 Bürgermeister von Bordeaux sowie von 1969 bis 1972 Premierminister Frankreichs.

Foto: Hilke Maunder
Zahlreiche Künstler und Kunsthandwerker haben sic hin Saint-Léon-sur-Vézèref niedergelassen und ihre Ateliers für Besucher geöffnet. Foto: Hilke Maunder

Die romanische Dorfkirche Église Saint-Léonce aus dem 12. Jahrhundert zeigt sich im Innenraum überraschend schlicht und kahl – und ist alljährlich eine der Spielstätten des Musikfestivals des Périgord Noir.

Wenige Schritte weiter, hindurch durch die courédous genannten engen Gassen, könnt ihr am Ufer der Vézère picknicken. Und danach über eine Brücke ans andere Ufer spazieren, wo Le Conquil einige Höhlenwohnungen im Kalk präsentiert.

Foto: Hilke Maunder
Am Ufer der Vézère. Foto: Hilke Maunder

Die Schlösser der Vézère

Das Ufer der Vézère säumen mehrere stattliche Adelssitze. Besonders malerisch gelegten ist das Château de la Petite Filoli in Saint-Amand-de-Coly. Sein Name stammt wahrscheinlich von der Familie de La Filolie ab, die im Mittelalter mehrere Güter in Montignac und Umgebung besaß. Erbaut wurde es in der Renaissance-Architektur des 15. Jahrhunderts.

Das Château La Fleunie, ursprünglich ein Wehrbau aus dem 12. Jahrhundert mit eindrucksvollen Rundtürmen, wurde im 15. Jahrhundert im Stil der Renaissance umgebaut und erweitert und birgt heute ein Viersternehotel, das im Innern den Komfort von heute mit dem Ambiente von einst verbindet. Erst im 17. Jahrhundert entstand das Château de Sauvebœuf, wo ihr nicht nur Hochzeiten feiern, sondern auch Exponate aus der Vorzeit entdecken könnt.

Im 11. Jahrhundert kam die aus Flandern stammende Familie de Losse ins Tal der Vézère und errichtete ihr Château de la Losse in Thonac und damit nur vier Kilometer entfernt von Montignac und seinen berühmten Höhlen von Lascaux. Jean II de Losse (1504-1580) verwandelte die mittelalterliche Burg in eine Residenz und ließ den Grand Logis und seine Renaissance-Terrasse in die Festung einfügen.

Während seines Lebens tobten die Religionskriege in Frankreich. Jean II de Losse war ein treuer Diener der französischen Krone. Er begann seine Karriere als Page von König Franz I., diente dann den Söhnen von Katharina von Medici: Franz II., Karl IX. und Heinrich III. und war Vormund des späteren Heinrich IV., was seine enge Verbindung zum französischen Königshaus unterstreicht. Gegen Ende seiner Karriere hatte er die Positionen des Generalleutnants und Gouverneurs des Limousin und der Guyenne inne.

Bei seiner Rückkehr ins Périgord begann er, seinen Stammsitz nach italienischem Vorbild zu modernisieren, ohne die Wurzeln in der Architektur des Périgord aufzugeben. Angesichts der vielen Kriege und Kämpfe ließ Jean II de la Losse die Wehreinrichtungen der Burg modernisieren und neue Mündungen für Kanonen, Rutschen und Musketen in Türme und Mauern einfügen. Im Falle eines Angriffs konnte so ein geschickt ausgeklügeltes Kreuzfeuer erfolgen.

L’homme fait ce que peut, la fortune ce que veut.
Der Mensch tut, was er kann, das Glück, was es will.

Inschrift auf dem Châtelet des Château de la Losse

Ein Hauch von Exotik an der Vézère

1930 erwarb die Prinzessin Nhu May d’Annam das Anwesen und brachte einen Hauch von fernöstlicher Kultur ins Périgord. Die Tochter des vietnamesischen Kaisers Hàm Nghi von Annam, der von 1884 bis 1885 regierte, war nach Frankreich gekommen, um, wie es damals für Eliten aus den französischen Kolonien üblich war, die Schule zu besuchen.

Nach ihrem Abschluss am Lycée Henri IV in Paris studierte sie am Institut National Agronomique und schloss ihr Landwirtschaftsstudium nicht nur als einzige Frau des Jahres 1927 ab, sondern auch als Jahrgangsbeste.

Als neue Eigentümerin des Schlosses verwandelte sie das Anwesen in einen landwirtschaftlichen Betrieb, züchtete Limousin-Rinder und baute Weizen an, wobei sie selbst mit dem Traktor fuhr. Für ihre Experimente mit neuen Anbauarten und Maschinen in der Landwirtschaft wurde sie zum Ritter der Ehrenlegion ernannt und als officier mit einem landwirtschaftlichen Verdienstorden ausgezeichnet.

Nhu May d’Annam schmückte das Schloss mit asiatischen Kunstwerken und ließ im Garten exotische Pflanzen anpflanzen. Ab den 1940er-Jahren war sie Gemeinderätin des Dorfes Thonac. Die Einheimischen erzählen, dass sie aktiv die résistance unterstütze und während der deutschen Besatzung im Park ein Waffenlager für den Widerstand versteckt hatte.

Da sie keine Erben hatte, vermachte Prinzessin Nhu May das Schloss ihrem Neffen, als sie sich zur Ruhe setzte. Sie zog in ein kleines Haus neben dem Schloss, wo sie bis zu ihrem Lebensende lebte. Im Jahr 1999 verstarb sie und wurde auf dem Friedhof von Thonac neben ihren Eltern und ihrem Bruder beerdigt.

Eine kleine Ausstellung im Château de la Losse verrät euch mehr über das Leben der vietnamesischen Prinzessin in Losse. Auch eine Teestube erinnert in ihrem Garten an die adelige Gutsherrin, die tief verwurzelt war in beiden Kulturen: Le Jardin de la Princesse.

Als leidenschaftliche Gärtnerin gestaltete Nhu May d’Annam den formellen französischen Garten ganz nach ihren Vorstellungen neu – ein grünes Gesamtkunstwerk mit Rosensträuchern bewachsenen Mauern, zu Köpfen geschnittenem Lavender, gefasst von niedrigen Ölweide (Eleagnus)-Hecken, Buchsbaum-Topiari und rankendem Wein.

Mittendrin plätschert der kleine Kanal des Apollo- und Venus-Brunnens: welch ein Idyll für alle Sinne! Der Schlossgarten ist ausgezeichnet als jardin remarquable – und eröffnet von seiner Terrasse hoch über dem Fluss traumhafte Ausblicke auf den Fluss und das Land am Lauf der Vézère.

Im Tal der Vézère: meine Reisetipps

Schlemmen und genießen

Le Bistro des Glyzines

Für die moderne und kreative französische Küche des Hotelbistros, die auf lokale und saisonale Produkte setzt, gab es 2024 den Bib Gourmand von Michelin.
• im Hôtel & Spa Les Glycines, 4, avenue de Laugerie, 24620 Les Eyzies, Tel. 05 53 06 97 07, www.les-glycines-dordogne.com

La Table du Centenaire

Mathieu Métifet verwöhnt euch im eleganten Gourmetrestaurant des Hôtel du Centenaire mit raffiniert zubereiteten Speisen aus dem Périgord.
• 2, avenue du Cinglé, 24620 Les Eyzies, Tel. 05 53 06 68 68, www.hotelducentenaire.fr

Le Petit Léon

Von Mai bis September könnt ihr bei Sina und Nick Honeymann im Garten allerbeste Bistronomie erleben.
• Le Bourg, 24290 Saint-Léon-sur-Vézère, Tel. 05 53 51 18 04, https://restaurantlepetitleon.fr

Das Restaurant de la Poste ist seit 1948 eine beliebte wie gute Adresse. Foto: Hilke Maunder
Das Restaurant de la Poste ist seit 1948 eine beliebte wie gute Adresse in Saint-Léon-sur-Vézère. Foto: Hilke Maunder

Restaurant de la Poste

Seit 1948 wird in diesem Stadthaus aus dem 17. Jahrhundert die bodenständige Küche des Périgord serviert.
• 814, route 66, 24290 Saint-Léon-sur-Vézère, Tel. 05 53 50 73 08, www.facebook.com

Le déjeuner sur l’herbe

Charmant entspannt ist dieses Laden-Restaurant – wer dort eine Flasche Wein kauft, um sie gleich zu genießen am Flussufer, erhält mit einem Lächeln ein Leih-Glas dazu.
• 1, impasse Courédou de Clérans, 24290 Saint-Léon-sur-Vézère, Tel. 05 53 50 69 17, www.facebook.com

Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Hier könnt ihr schlafen

Camping „Le Paradis“ 

• La Rebeyrolle, 5667 Rte de la Vallée, 24290 Saint-Léon-sur-Vézère

Noch mehr Betten*

 

Foto: Hilke Maunder
In Saint-Jean-sur-Vézère. Foto: Hilke Maunder

Weiterlesen

Im Blog

Alle Beiträge aus dem Département Dordogne vereint diese Kategorie. Im Département Corrèze wurde Frankreichs Neandertaler gefunden. Erfahrt hier mehr.

Im Buch

Klaus Simon, Hilke Maunder, Roadtrips Frankreich*

Roadtrips Frankreich

Das zweite gemeinsame Werk mit Klaus Simon stellt euch die schönsten Traumstrecken zwischen Normandie und Côte d’Azur vor. 14 Strecken sind es – berühmte corniches wie die Route Napoléon durch die Alpen oder die Route des Cols durch die Pyrenäen, aber auch echte Entdeckerreisen wie die Rundtour durch meine Wahlheimat, dem Fenouillèdes.

Von der Normandie zur Auvergne, vom Baskenland hin zu den Stränden der Bretagne und dem wunderschönen Loiretal laden unsere Tourenpläne ein, Frankreich mobil zu entdecken – per Motorrad, im Auto, Caravan oder Wohnmobil. Hier* gibt es das Fahrtenbuch für Frankreich!

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