Die Rentrée Littéraire 2024: die Top-Titel

Frankophile Bücher: meine Tipps zum Fest

Eigentlich … wollte ich euch ganz viele neue Bücher für die Winterabende und Weihnachtstage vorstellten. Doch die Adventszeit war in diesem Jahr so hektisch gewesen, dass ich kaum Zeit fürs abendliche Lesen fand. Doch dieses Quartett an Neuerscheinungen möchte ich euch nicht vorenthalten. Vielleicht ist ja ein Last-Minute-Geschenk mit dabei.  Viel Lesespaß und bonne lecture !

Jean-Paul Dubois, Jeder von uns bewohnt die Welt auf seine WeiseJean-Paul Dubois, Jeder von uns bewohnt die Welt auf seine Weise*

Er war der Überraschungssieger des Prix Goncourt 2019, setzte sich gegen die Topfavoritin Amélie Nothomb durch – und schafft es wie kein Zweiter, mit leichter Feder existentielle Fragen des Seins zu Papier zu bringen – und bei aller Unterhaltung den Blick aufs Große nicht zu verlieren. Genau hinzugucken, präzise zu analysieren, in der Realität verhaftet zu sein: Das war viele Jahre lang das tägliche Brot des Journalisten Dubois. Als Romanautor bleibt er dieser Präzision treu. Er bettet sie ein in eine Schreibe, die klar und doch unterhaltsam ist. Und dazu verführt, immer weiterzulesen, bis auch die letzte der 256 Seiten verschlungen ist.

Die Handlung inszeniert eine comédie humaine im Knast von Montréal. Dort sitzt seit 2009 Paul Hansen, Sohn eines dänischen Priesters und einer französischen Kinobesitzerin, hinter Gittern. Im früheren Leben hatte er 20 Jahre lang eine Wohnanlage in Montréal als Facility-Manager betreut. Nun teilt er sich seine Zelle mit einem Hells-Angel-Biker und denkt über sein Leben nach: seine Kindheit in Toulouse, seine Großeltern und Eltern, deren Scheidung, die Flucht des Vaters nach Kanada. Sein Leben dort, seine eigene Liebesgeschichte. Und die Geschichte der Welt: ein privates Schicksal, eingebunden in Porträts beider Länder.  Still, unaufdringlich und stets menschlich. Wer mag, kann den Roman hier* online bestellen – oder in jeder gut sortierten Buchhandlung erhalten.

Waltraud Schleser/Pierre Sommet, Pot-Pourri/Potpourri*

Seit mehreren Jahren stellen die Duisburger Romanistin und der Krefelder Autor Pierre Sommet im Newsletter der Deutsch-Französischen Gesellschaft Duisburg Redewendungen aus Deutschland und Frankreich vor, erklären die Ursprünge und schauen, ob es ein entsprechendes Äquivalent in der anderen Sprache gibt.

Ihre sehr unterhaltsame Sprachkunde verrät viel über Ähnlichkeiten, Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Länder. So bedeutet „karrieregeil sein“ auf Französisch avoir des longues dents – und erinnert damit an die Hungersnöte des 14. Jahrhunderts in Frankreich, wo die Bauern oft nicht genug zu essen hatten. Damals bedeutete die Redewendung „hungrig sein“. Und hungrig sind für die Franzosen bis heute all jene Menschen, die ohne Rücksicht auf Verluste ihre Gier nach Geld und Erfolg stillen wollen. Da möchte man am liebsten foutre le camp (abhauen) und schnell weiterlesen und all die anderen Redewendungen entdecken, die das Duo zusammengetragen hat. Es sind je 50 unterhaltsame Anekdoten voller Esprit!

Das Buch ist als Wendebuch gestaltet. Die deutschen Redewendungen (und ihr französisches Pendant) stellt Waltraud Schleser vor; die französischen Redewendungen erläutert Pierre Sommet. Das Verständnis der französischen Texte erleichtern Vokabelhilfen. Wer mag, kann es direkt bei der DFG Duisburg bestellen, im Buchhandel erhalten oder hier* online bestellen.

Marie-Louise Wolf, Die UnbeirrbarenMarie-Louise Wolff, Die Unbeirrbare*

Sie hat Musikwissenschaft und Anglistik studiert, ihre Karriere bei der Bayer AG in der Unternehmenskommunikation begonnen und ist seit 2013 Vorstandsvorsitzende der Entega GmbH in Darmstadt: Marie-Louise Wolff.  Und damit genau bei jenem Unternehmen, das als Hessische Eisenbahn AG (HEAG) dort 1912 gegründet worden war – damit in jener Stadt, in der Blogleserin Regine Schlegel-Krahnstöver einst gelebt hatte, die mich auf diesen Titel aufmerksam machte. Von 1996 bis 1999 hatte ich die Unternehmenskommunikation der HEAG geleitet.

Damals war das Unternehmen in den Führungsetagen durchweg männlich geprägt. Marie-Louise Wolf war damals in gleicher Position bei der VEBA AG als Vorgängerin der E.ON AG tätig gewesen, wo die Verhältnisse ähnlich waren. Wie setzt sich eine Frau in solch einer Arbeitsumwelt durch – und hat Erfolg in einer Männerdomäne? Die Antwort darauf gibt Marie-Luise Wolff in ihrer Romanbiografie „Die Unbeirrbare“, die dazu ins Frankreich des 18. Jahrhunderts führt.

In jener Zeit der politischen Umstürze waren Frauen weitgehend rechtlos und im öffentlichen Leben unsichtbar. In dieser Atmosphäre wuchs Nicole Clicquot-Ponsardin auf. Trotz aller Rückschläge und Anfeindungen setzte sie zweimal alles aufs Spiel und errichtete mit Beharrlichkeit und Weitblick ein Weltunternehmen, das bis heute floriert: La Veuve Cliquot –  die erste Unternehmerin der Welt. Hier könnt ihr die Romanbiografie bestellen.

Temps PerduStefan Hefele, Felix Röser, Hilke Maunder, Temps Perdu*

Verlassen, vergessen, verloren – und doch ungeheuer faszinierend. Dieser Bildband stellt die schönsten lost places des Hexagons vor: Schlösser, Herrenhäuser, Schiffswracks, Bibliotheken und Kirchen, Schwimmbäder, Bunker, Bahnhöfe, Fabriken und Geisterdörfer.

Stefan Hefele und Felix Röser entdeckten und fotografierten sie. Drinnen wie draußen entfalten ihre Objekte einen morbiden Charme und ein ganz besonderes Flair.

Begleitet werden ihre stillen Fotos von meinen Texten, die Frankreichs Kultur- und Alltagsgeschichte passend zu den Fotos Revue passieren lassen.

Ein Buch zum Schauen, Staunen und Träumen von vergangenen Zeiten. Eine nostalgische Zeitreise, garniert mit Zitaten und Einblicken in die Befindlichkeiten und Lebenswelten unserer Nachbarn. Hier gibt es eine Leseprobe. Und hier* könnt ihr das Buch online bestellen.

Noch mehr tolle Bücher aus und über Frankreich

Aus den vielen Buchtipps, die mittlerweile im Blog erschienen sind, habe ich mehrere Leselisten zusammengestellt. Schau doch mal hier für und lasst euch inspirieren. Mehr als 200 Bücher habe ich inzwischen besprochen.

Offenlegung

Sämtliche Titel stellten mir die Verlage kostenlos zur Rezension zur Verfügung. Dafür sagte ich herzlichen Dank. Einfluss auf die Berichterstattung und die Bewertung hat dies nicht.

4 Kommentare

  1. Da kann ich mich nur anschließen!
    Danke für immer wieder neue, überraschende, kundige und inspirierende Berichte, liebe Hilke Maunder.
    Fröhliche Festtage,
    Katarina

    1. Liebe Katarine, merci! Auch dir und deiner Familie wünsche ich ein frohes Weihnachtsfest herzliche Grüße! Hilke

  2. Bester Frankreich Blog wo gibt !
    Und die verfassten Bücher in Wort und Bild eine große Wohltat für den frankophonen Frankophilen Leser !

    1. Merci, lieber Axel, das freut mich! Frohe Festtage ! Hilke

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