Das Rezept: Velouté de châtaigne
La châtaigne : Von der Wiege bis zum Grab begleitete die Kastanie das Leben vieler Franzosen, die in den südlichen bergigen Regionen des Landes lebten. Der Brotbaum des Midi, der aus Kleinasien nach Frankreich kam, ernährte die Bergbewohner – und prägte ihre Sitten, Küche und Kultur.
Im Massif Central und in den Cevennen, im Limousin, im Département Ardèche, in den Alpen wie in den Pyrenäen – und auf Korsika bildeten Kastanien Jahrhunderte lang die Lebensgrundlage.
Auf Korsika hat der chataîgnier sogar einem Landstrich seinen Namen gegeben: der Castaniccia im Osten der Mittelmeer-Insel. Genua, das damals über die Île de la Beauté herrschte, trieb die Kultivierung von Kastanien dort gezielt voran. Für geraume Zeit wurde die Herbstfrucht zum Hauptnahrungsmittel der Korsen.
Auch in den Cevennen hat die Edelkastanie Geschichte und Landschaft tief geprägt. Während der Kamisardenkriege hielten Hugenotten ihre Treffen im Schutz der Kastanienhaine ab. Liebespaare nutzten hohle Kastanienbäume als Briefkasten. Im Herbst wurde bei den afachadas im Herbst während des Röstens der châtaigne am Feuer Geschichten erzählt.
Brotbaum des Midi: die Kastanie
Rund 9.500 Tonnen Esskastanien ernten Frankreichs Kastanienbauern jedes Jahr. Die noch warmen, frisch gerösteten Früchte verkaufen fliegende Maroni-Händler als Nascherei auf der Straße. Aus Kastanienmehl werden Kuchen und Brote gebacken.
Als Beilage zum Hauptgericht präsentiert sich die châtaigne als Brei. Sehr lecker zum Frühstück oder zum chèvre chaud ist Kastanien-Honig. Auf Korsika gibt es auch Bier mit Kastanie. Seit 1994 stellen es Dominique und Armelle Sialelli von der Brauerei Pietra in Furiani her.
Maronen & Esskastanien: ein Unterschied?
Maronen und Kastanien sind sich sehr ähnlich – und beide Früchte von Kastanienbäumen. Doch es gibt Unterschiede. Bei Maronen ist das weiße Fruchtfleisch von keiner der dünnen, bitteren Haut umhüllt.
Die Marone enthält daher auch nur einen einzigen Kern, während die eigentliche Kastanie mehrere Kerne enthält. Meist sind es zwei, aber es können auch bis zu fünf Kerne sein.
In der Umgangssprache hingegen bezeichen Franzosen besonders großkalibrige Kastanien als Maronen – und verwenden sie für Maronencreme oder Marron glacé.
Völlig ungenießbar sind Rosskastanien. Die Früchte dieses Zierbaumes sind mit Kastanien biologisch gar nicht verwandt und gehören zu den Seifenbaumgewächsen, die Edelkastanie hingegen zu den Buchengewächsen.
Die Edelkastanie: Châtaigne d’Ardèche AOP
Seit dem 14. Jahrhundert bedeckt die châtaigne die Hänge der Ardèche. Damals diente die Schalenfrucht als Tauschmittel, ebenso wie Weizen oder Salz. Im Jahr 2014 erhielt die Ardèche-Kastanie die geschützte Ursprungsbezeichnung (AOP). 188 Gemeinden im Département Ardèche sowie einige Gemeinden im Gard und in der Drôme gehören zum Anbaugebiet.
Kastanien ernten, einkaufen und aufbewahren
Im Oktober beginnt die Erntezeit für die Esskastanien, und mit etwas Glück entdeckst du ihre Früchte auch bei einer Herbstwanderung im Midi oder auf Korsika. Viele Kastanienbäume sind bis heute wild dort zu finden.
Woran erkennst du frische Kastanie?
Bereits die Schale verrät, ob die châtaigne frisch oder alt ist. Bei frischen Früchten ist die Schale glatt und glänzend sein. Auch darf sie keine Löcher haben – sonst könnten sich Würmer darin befinden. Nach der Ernte oder dem Einkauf solltest du die Schalenfrüchte zur Kontrolle erst einmal in einen Behälter mit Wasser geben. Diejenigen, die schwimmen, sind nicht zum Verzehr geeignet. Sie sind vermutlich hohl.
Wie solltest du Kastanien aufbewahren?
Lass dich nicht von ihrer festen Schale täuschen: die frische Kastanie ist recht empfindlich. Einmal geerntet, lässt sich die frische châtaigne nicht lange im Kühlschrank aufbewahren: Höchstens eine Woche hält sie sich im Gemüsefach!
Kastanien vorbereiten fürs Verarbeiten
Jetzt ist Geduld gefragt! Die Pulerei – sprich, das Entfernen der harten Schale und der brauen Haut – kosten Zeit. Und ist eine Fummelei und Tortur für die Nägel.
Traditionell werden die Kastanien kreuzweise eingeschnitten und in die Pfanne mit dem Löcherboden gelegt, diese ins Kaminfeuer gestellt und angeröstet. Danach kamen die Kastanien in ein Küchentuch und wurden mit den Handballen immer hin und her gerubbelt. Dann lösten sich Schale und Haut recht gut. Da solche Pfannen heute Seltenheitswert haben, gibt es diese Methoden.
Am aufwendigsten ist die Vorarbeitung bei der Verarbeitung von Esskastanien oder Maroni. Beide Sorten schmecken als Suppe köstlich. Nach der harten Schale muss auch noch die dünne Haut entfernt werden. Foto: Hilke Maunder
Runter mit der Schale: Methode 1
Kastanien für einen Tag in Wasser geben. Fürs Ritzen gibt es Spezialwerkzeuge ab zehn Euro, jedes gute Küchenmesser tut’s aber auch. Danach die Maronen in einer mit Wasser benetzen Schüssel bei 600 Watt für fünf Minuten in die Mikrowelle erhitzen und die Kastanien von ihrer Schale befreien.
Methode 2
Alternativ können die Kastanien auch nach dem Wässern und kreuzweisen Einschneiden auch bei 180 °Celsius in den vorgeheizten Ofen vorgegart werden. Sie lassen sich dann auch recht gut schälen. Aber Fummelei ist es trotzdem!
Methode 3
Methode Nummer drei ist ähnlich – und kitzelt schon einmal die Aromen der Kastanien. Dazu die Kastanie nicht im schnöden Wasser wässern, sondern in gesalzenem Wasser nach dem Ritzen aufkochen.
Velouté de châtaigne: das Rezept
Zutaten (4 Personen)
- 400 g Esskastanien
- 1 Liter Hühnerbrühe
- 1 Zwiebel
- etwas Butter
- 200 ml Crème fraîche (alternativ: Sahne)
- Salz, Pfeffer
- Petersilie für die Garnitur
Zubereitung
- Die Kastanien von der Schale befreien. In einem Topf in der Hühnerbrühe aufkochen und garen.
- In einem zweiten Topf etwas Butter bräunen, dann die fein gehackten Zwiebeln darin glasig dünsten.
- Die Kastanien und die Crème fraîche hinzugeben, alles fein pürieren und unter Schlagen in kleinen Schritten nur so viel Brühe hinzugeben, bis eine glatte, cremige Suppe entstanden ist.
- Mit Salz und Pfeffer abschmecken, falls erforderlich, noch weiter erhitzen. Mit Petersilie und einem Klecks Crème fraîche servieren.
Raffiniert verfeinern
Dieses Grundrezept für Kastaniensuppe wird in Frankreich je nach Region ganz unterschiedlich verfeinert. Beliebt sich besonders dieses beiden Variationen.
Speck-Emulsion
Zutaten
- 200 g geräucherter Speck
- 2 Schalotten
- 500 ml Schlagsahne
- 100 ml Milch
- Etwas Nussbutter (beurre noisette)
- Petersilie zum Dekorieren
Zubereitung
Die Schalotten häuten und in dünne Scheiben schneiden. Den Speck würfeln oder in dünne Streifen schneiden.
Für den beure noisette ungesalzene Butter in einem Topf schmelzen und so lange weiter erhitzen, bis sich die festen Bestandteile der Butter vom eigentlichen Fett trennen und das Wasser verdampft ist.
Wenn sämtliches Wasser verdampft ist, beginnt das Protein der Butter zu schäumen. Das Milchfett setzt sich dann am Boden ab und bräunt sich. Jetzt den Topf vom Herd nehmen.
In dem Nussbutter-Topf die Schalotten und den geräucherten Speck anbraten, bis sie leicht karamellisiert sind. Die flüssige Sahne und die Milch hinzufügen, alles kurz aufkochen und danach ohne Hitze 15 Minuten ziehen lassen. Die Emulsion in die Kastaniensuppe einarbeiten und heiß servieren.
Speck-Sahnehaube
Raffiniert ist auch diese Verfeinerung des Kastanien-Velouté.
Zutaten
- 200 ml Schlagsahne
- 100 g geräucherter Speck
- Petersilie zum Dekorieren
Zubereitung
Die Sahne in einem Topf zum Kochen bringen. Dann die Speckwürfel hinzufügen und rund 20 Minuten ziehen lassen. Danach abseihen und kaltstellen. In einen Sahne-Siphon geben und als Schaumhäubchen auf die Kastaniensuppe setzen. Mit Petersilie dekorieren.
Dazu passen frisches, knuspriges Baguette und ein runder, kraftvoller Rotwein.
Kastanien erleben
Kastanien-Museen
Maison de la châtaigne/Musée des Arts Religieux
Eine sehenswerte Ausstellung rund um die Brotfrucht des Midi – der Museumsshop verkauft Kastanienprodukte!
• Place des écoles 12430 Ayssenes, Tel. 05 65 46 48 76
Castanea -Espace découverte de la châtaigne d’Ardèche
Vom 15. September bis 15. November werden im Süden des Départements Ardèche die Kastanien geerntet. Die châtaigne d’Ardèche erhielt 2006 die AOC-Anerkennung, 2014 das AOP-Siegel für frische und getrocknete Kastanien und Kastanienmehl. Mit Ausstellungen, Ateliers und Kursen sowie Kastanienshop bringt euch Castanea die Frucht näher.
• Parvis de l’Église, 07260 Joyeuse, Tel. 04 75 39 90 66, www.castanea-ardeche.com
Musée Cévenol
Der Esskastanienanbau, die Seidenraupenzucht und andere traditionelle Wirtschaftszweige der Cevennen dokumentiert auf drei Etagen das Musée Cévenol.
• 1, rue des Calquières, Le Vigan, Tel. 04 67 81 06 86, https://musee-cevenol.fr
Kastanien-Feste
Fête de la châtaigne
Eine der bekanntesten Kastanienfeste feiert seit 2011 die Collobrières im Département Var. Es feiert im Oktober die örtliche Kastanienernte mit Musik, Tanz und einer Vielzahl von Kastaniengerichten wie gerösteten Kastanien, Kastanienpüree und Kastanienmehl-Crêpes.
• www.collobrieres.fr
Foire de la châtaigne
Ebenfalls im Oktober steigt seit 1991 der Kastanienmarkt von Mourjou im Département Cantal der Auvergne liegt. Den Markt mit frischen Kastanien und Kastanienprodukten ergänzen traditionelle Musik- und Tanzvorführungen sowie ein Schaukochen.
• https://foirechataignemourjou.fr
Fête de la châtaigne
Seit 1996 feiert Lassale in den Cevennen alljährlich sein Kastanienfest mit einem großen Produzentenmarkt und vielen Veranstaltungen.
• www.facebook.com/FetedelachataigneLasalle
Fête du marron
Die Spezialität des korsischen Dörfchens Évisa ist die Kastaniensorte Insitina. Einen Tag lang wird sie dort seit drei Jahrzehnten im Winter gefeiert.
Fiera Di A Castagna
Zum Kastanienfest in Bocognano gehören neben Gaumenfreuden auch Kunsthandwerksstände.
• www.fieradiacastagna.com
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Im Blog
Alle typisch französischen Speisen zum Nachkochen und Nachbacken gibt es mit Rezept hier im Blog.
Im Buch
Hilke Maunder, Le Midi*
Die velouté de châtaigne ist eine der 80 echten, authentischen Speisen, die ich bei meiner kulinarischen Landpartie durch den Süden von Frankreich entdeckt habe. Zwischen Arcachon, Hendaye und Menton schaute ich den Köchen dort in die Töpfe, besuchte Bauern, kleine Manufakturen, Winzer und andere lokale Erzeuger.
Gemeinsam mit dem Fotografen Thomas Müller reiste ich wochenlang durch meine Wahlheimat und machte mich auf die Suche nach den besten Rezepten und typischsten Spezialitäten der südfranzösischen Küche. Vereint sind sie auf den 224 Seiten meines Reise-Kochbuchs Le Midi.
Ihr findet darin 80 Rezepte von der Vorspeise bis zum Dessert, Produzentenportraits, Hintergrund zu Wein und Craftbeer, Themenspecials zu Transhumanz und Meer – und viele Tipps, Genuss à la Midi vor Ort zu erleben. Wer mag, kann meine 80 Sehnsuchtsrezepte aus Südfrankreich hier* online bestellen.
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Am einfachsten kauft man geschälte und vorgegarte Kastanien/Maronen im Glas oder sous vide mit dem gleichen aber abgekürztem Kochvorgang wie beschrieben. Wenn man in der Mitte des Suppentellers noch eine frisch gebratene Jacobsmuschel plaziert-die ideal dazu passt- sind alle Gäste glücklich
Lieber Herr Sachsenheimer, das ist ja ein schöner Tipp mit der Jakobsmuschel! Merci und viele Grüße! Hilke Maunder
Die Kastanien von der Schale befreien – das hört sich so einfach an. Kennt jemand einen genialen Weg, wie man die Schale abbekommt, ohne sich die Finger kaputtzumachen und ohne dass die Kastanien im Ofen explodieren, wie es mir passiert ist?
Oh! Waren die Kastanien vor dem Erhitzen kreuzweise eingeschnitten? Und ja, es ist eine fürchterliche Pulerei….
Viele Grüße ! Hilke
Ich schneide die Kastanie kreuzweise ein lege sie in meine Heisluftfritteuse (geht auch im Backofen) bei 200 Grad 15-20 Minuten und die Schale mit dem braunen Häutchen geht super leicht ab.
Danke für diesen Tipp, lieber Fritz!