Verkehrswende in Frankreich: Das Land setzt auf Elektromobilität. Foto: Hilke Maunder
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Die Verkehrswende in Frankreich

Die Verkehrswende in Frankreich: Straff und zügig will der Zentralstaat sein Verkehrswesen umbauen und der Elektromobilität, der Schiene und dem Rad mehr Raum geben. Zugpferde beim klimafreundlichen und nachhaltigen Umbau sind nicht nur Paris, sondern auch einige Regionen wie beispielsweise Okzitanien. Sie sehen in der transition écologique, der Wende zu mehr Nachhaltigkeit mit klimafreundlichen Infrastrukturen und einer echten Verkehrswende hin zu null Emissionen, echte Chancen für mehr Wachstum und größere Eigenständigkeit.

Die Verkehrswende auf der Straße

Verschärfung der Umweltzonen

Die Critair-Plakette. Copyright: Ministère de la Transition Écologique et Solidaire
Die Critair-Plakette. Copyright: Ministère de la Transition Écologique et Solidaire

Zum 1. Januar 2023 haben mehrere Ballungsräume in Frankreich im Zuge der Verkehrswende ihre Umweltzonen verschärft. In Straßburg und Montpellier wurden Crit’Air 5 und nicht eingestufte Fahrzeuge verbannt. In Lyon sind diese Fahrzeuge bereits seit September 2022 verboten. Seit 1. Januar gibt es bei Zuwiderhandlungen Strafzettel. In Toulouse ist für alle Fahrzeuge mit den Plaketten Crit’Air 4, 5 und nicht eingestufte Fahrzeuge ab 1. Januar die Einfahrt verboten. In Reims gilt das Einfahrtsverbot seitdem auch für Fahrzeuge mit der Crit’Air 4-Plakette. Dort gibt es nur noch für die Stufen 1-3 sowie E-Autos grünes Licht für die Fahrt in die Stadt.

Runter vom Tempo

Sehr beliebt: Fahrbahnverengungen. Foto: Hilke Maunder
Sehr beliebt: Fahrbahnverengungen. Foto: Hilke Maunder

Bodenschwellen (ralentisseurs oder policiers dormants), Straßenverengung durch Barrikaden, Fahrgassenversatz, Aufpflasterungen über die gesamte Fahrbahn, nur teilweise oder Pflasterkissen: Beim baulichen Inventar zur Tempo-Drosselung haben die Franzosen in den letzten Jahren enorm aufgerüstet. Ziel aller Maßnahmen zur Verkehrswende ist es, die Individualmobilität mit eigenem Fahrzeug unattraktiv zu machen.

Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Sehr beliebt sind neben „pädagogischen Radars“, die nur die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit anzeigen, aber Raserei nicht blitzen, intelligente Ampeln. Sobald die zugelassene Geschwindigkeit überschritten wurde, springen sie auf Rot.

Bodenplateau. Foto: Hilke Maunder
Bodenplateau in Lapradelles-Puilaurens. Foto: Hilke Maunder

Möglich wurden die Baumaßnahmen zur Tempodrosselung bereits mit einem Dekret vom 29. November 1990. Es gestattet Städten und Gemeinden, unabhängig vom Département Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung durchführen.

Pufferkissen. Foto: Hilke Maunder
Pufferkissen. Foto: Hilke Maunder

Nicht nur in urbanen Räumen, sondern auch auf der Autobahn geringere Geschwindigkeiten: Auch dies wird bei der Verkehrswende in Frankreich heiß und sehr kontrovers diskutiert. Tempo 110 statt 130: Die Entscheidung ist schwierig – und noch nicht gefällt.

Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Tempo 30

2005 erklärte sich Fontenay-aux-Roses zur Ville 30. Kurz darauf gründete sich das gleichnamige Netzwerk Ville 30. Fast 300 Gemeinden hatten Anfang 2023 das Tempo von 50 auf 30 km/h reduziert. Mit dabei sind auch zwei Dutzend Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern.

Ein pädagogischer Radar. Foto: Hilke Maunder
Ein pädagogischer Radar. Foto: Hilke Maunder

Nach Grenoble und Angers als Vorreitern folgten Metropolen wie Toulouse, Rennes, Lille, Straßburg, Montpellier, Lyon und Tours, Clermont-Ferrand, Alençon, Saint-Malo – und seit August 2021 auch die Hauptstadt Paris. In ganz Paris gilt seitdem 30 km/h, mit Ausnahme des Périphérique, des Boulevard des Maréchaux und einiger anderer Achsen.

Rückbau von Straßen und Plätzen

Municipales Paris: Auch die einst verkehrsumtoste Place de la Nation wurde rückgebaut und begrünt. Foto: Hilke Maunder
Auch die einst verkehrsumtoste Place de la Nation im Osten von Paris wurde für die Verkehrswende rückgebaut und begrünt. Foto: Hilke Maunder

Im ganzen Land wurden und werden im Zuge der Verkehrswende viel befahrende Boulevards und verkehrsumtoste Kreisel rückgebaut. Einst breite innerstädtische Straßen sind heute reduziert auf eine Fahrbahn für Auto & Co. und separaten Spuren für Radfahrer und Busse des ÖPNV.

Der Radweg der Corniche Kennedy in Marseille. Foto: Hilke Maunder
Rückgebaut für Radfahrer: die Corniche Kennedy in Marseille. Foto: Hilke Maunder

Einbahnstraßen

Einbahnstraßen an Strandpromenaden sind am Atlantik seit Jahrzehnten vielerorts üblich. Nun entdecken auch die Küstenorte am Mittelmeer diese Verkehrsführung und bauen ihre Achsen entsprechend um.

Auch bei der innerstädtischen Verkehrsberuhigung feiern die Einbahnstraßen eine triumphale Rückkehr. In Frankreich entstehen derzeit neue sens uniques so schnell, dass die Aktualisierungen für Navigationssysteme nicht mehr hinterherkommen.

Und so wartet nicht selten dort bereits die Gendarmerie, wenn Touristen den Weg zum Innenstadthotel zu nehmen, den Garmin und Tom-Tom angezeigt haben – und verkehrswidrig in Einbahnstraßen einbiegen. Denn die Schilder fehlen mitunter noch.

Auf größeren Parkplätzen sind in Frankreich Photovoltaik-Schattenspender jetzt Pflicht. Foto: Hilke Maunder
Auf größeren Parkplätzen sind in Frankreich im Zuge der Verkehrswende jetzt Photovoltaik-Schattenspender Pflicht. Foto: Hilke Maunder

Weniger Parkplätze

Autos und Motorräder raus aus den Zentren: Das bringt auch den Rückbau von Parkplätzen und Parktaschen für die Verkehrswende mit sich. Und wo es sie noch gibt und früher frei geparkt werden konnte, stehen heute vielerorts Parkautomaten. Musste bislang das Nummernschild für die Ausgabe des Parkscheins händisch eingegeben werden, können moderne Geräte es digital erfassen.

Teurere Parkgebühren

Parken in Troyes. Foto: Hilke Maunder
Rote Anzeige: Die zehn Minuten zum freien Parken sind überschritten. Das wird teuer – denn das Kennzeichen wird elektronisch erfasst. Foto: Hilke Maunder

Seitdem die Verkehrswende im Land politische beschlossen ist, ziehen die Parkgebühren jedes Jahr massiv an – um 18 bis 23 Prozent jährlich. Das Ziel: die Autos aus den Städten zu vertreiben. Teurer wurde nicht nur das Parken am Straßenrand und im Parkhaus, sondern auch das Anwohnerparken. Fast 120 Euro kostet es pro Monat in Paris.

Montpellier und Lyon sind kaum günstiger. In der zweitgrößten Stadt kamen wütende Anwohner auf eine ungewöhnliche Idee. Sie suchten Mieter in einem HLM (Sozialwohnungsbau) auf, die kein Fahrzeug besaßen – und mieteten deren Stellplätze.

Seit 2018 können die Gemeinden die Parkgebühren für das Parken auf Straßen auf ihrem Gebiet sowie die Höhe der ausgelagerten Nachparkpauschale (FPS / forfait post stationnement ), die als Bußgeld gilt, frei festlegen.

Davon machte Paris medienwirksam Gebrauch und erhöhte nach einer Volksabstimmung, in der sich am 4. Februar 2024 rund 55 Prozent der Teilnehmer der Abstimmung dafür gestimmt hatte, die Parkgebühren für SUVs und andere schwere Fahrzeuge (ab 1,6 Tonnen, E-Autos ab 2 Tonnen) zum 1. September 2024 um das Dreifache.

In der französischen Hauptstadt werden dann pro Stunde 8 Euro, für sechs Stunden 225 Euro fällig. Allerdings nahmen nur rund drei Prozent aller Wahlberechtigen an der Volksabstimmung teil. Das Ergebnis findet ihr hier.

Saint-Paul-de-Fenouillet: Bereits 2017 gab es die ersten Ladestationen für e-Autos. Foto: Hilke Maunder
Bereits 2017 gab es die ersten Ladestationen für E-Autos in unserem Dorf Saint-Paul-de-Fenouillet. Foto: Hilke Maunder

Mehr Ladesäulen

Im Februar 2021 führte ein Dekret die Verpflichtung für alle Autobahnbetreiber ein, bis zum 1. Januar 2023 auf allen Raststätten mit Tankstelle Ladestationen für E-Autos zu installieren. Das Dekret schreibt mindestens vier Ladestationen vor, wobei der Schwerpunkt auf dem Schnellladen liegt. Dies wurde geradezu vorbildlich umgesetzt entlang der Autobahn, wo ihr im Schnitt sieben bis acht Ladestationen pro Tankstelle findet, oft auch mehr.

Landesweit wird das Netz der Ladestationen weiter ausgebaut, sei es auf Straßen, Parkplätzen von Geschäften oder vor Tankstellen. Die Regierung hat zudem Gelder bereitgestellt, um die Installation von Schnellladestationen an ländlichen Stationen zu finanzieren.

Die Kraft der Sonne für emissionsfreie Mobilität: eine Ladestation für E-Autos in Frankreich. Foto: Hilke Maunder
Die Kraft der Sonne für emissionsfreie Mobilität: eine Ladestation für E-Autos in Frankreich. Foto: Hilke Maunder

Gemeinsam mobil: Covoiturage

Immer mehr Metropolen richten im Zuge der Verkehrswende auf den Hauptverkehrsachsen, die in die Stadtzentren führen, eigene Spuren für Fahrgemeinschaften ( covoiturage ) ein. Um die Einhaltung der Regel zu kontrollieren, werden derzeit Radargeräte getestet. Damit soll eine automatisierte Strafverfolgung derjenigen möglich sein, die die mit einer senkrechten Raute markierte Spur ohne Mitfahrer nutzen. Das Radargerät ermittelt Anzahl der Personen an Bord anhand der Körpertemperatur.

Mitfahrbonus

Die Regierung fördert Mitfahr-Angebote mit einer prime de covoiturage. Dieser Mitfahrbonus gilt seit 2023 für Kurzstrecken (bis einschließlich 80 km) ebenso wie für Langstrecken (über 80 km). Es gibt jeweils pauschal 25 Euro für die 1. Fahrt und 75 Euro für die 10. Fahrt, die innerhalb von 3 Monaten nach der ersten abgeschlossenen Fahrt durchgeführt wird. Lang- und Kurzstreckenfahrten können addiert werden. Dadurch sind maximal 200 Euro Prämie möglich.

Die Fahrgemeinschaftsprämie ist für alle bestimmt, die seit Januar 2023 Fahrgemeinschaften bilden. Auch Mitreisende können den Zuschuss erhalten. Um die Prämie zu beantragen, müsst ihr euren Antrag beim jeweiligen Mitfahrportal mit einer Verbindung über France Connect aktivieren.

Mitfahrzentralen

Copyright: Gouvernement Français
Copyright: Gouvernement Français

E-Auto-Förderung

Mit mehreren Finanzzuschüssen fördert Frankreich bei der Umsetzung der Verkehrswende den Kauf von E-Autos bzw. E-Bikes.

La prime à la conversion

Diese Prämie ist im Grunde eine Abwrackprämie und gedacht für Besitzer alter Verbrenner, die auf ein Elektroauto umsteigen möchten. Die Höhe der Prämie hängt vom Einkommen des Käufers und dem Typ des neuen Fahrzeugs ab.

Achtung: Das alte Fahrzeug mit Benzinmotor (zugelassen vor 2006) oder Dieselmotor (zugelassen vor 2011) darf nicht als Gebrauchtwagen verkauft werden, sondern muss in einer zugelassenen Auto-Recyling-Anlage (Centres VHU Agréés) verschrottet werden.
www.primealaconversion.gouv.fr

Le bonus écologique

Diese Prämie richtet sich an Käufer neuer Elektroautos. Die Höhe der Förderung ist einkommensabhängig und wird zusätzlich zur Prime à la conversion gewährt.

Der Umweltbonus wird für den Kauf eines neuen E-Autos mit einer Reichweite von mindestens 200 Kilometern gewährt. Die Prämie beträgt bis zu 7.000 Euro für Neuwagen und 1.000 Euro für gebrauchte E-Autos. Der Gesamtbetrag aller Prämien kann auf über 10.000 Euro steigen. Der Bonus soll Käufer bewegen, beim Neukauf auf Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor zu verzichten.

L’Initiative sociale pour l’achat d’un véhicule électrique

Diese zusätzliche Prämie, eingeführt im September 2023, ist speziell für einkommensschwache Haushalte konzipiert und im Zuge der Verkehrswende auch ihnen den Zugang zu Elektroautos erleichtern.

Voraussetzungen sind ein Jahreseinkommen unter 15.400 Euro, ein Führerschein und ein ständiger Wohnsitz in Frankrech. Zudem muss der Leasingvertrag über mindestens drei Jahre abgeschlossen werden. Die Fahrzeuge müssen in Europa hergestellt und umweltfreundliche Merkmale wie geringe CO2-Emissionen und eine ausreichende Batteriekapazität aufweisen.

Malus für Verbrenner

Seit 2009 gibt es in Frankreich einen Malus für Autos mit Verbrennungsmotor, der sich an den CO2-Emissionen orientiert und seitdem mehrfach verschärft wurde. Der Malus ist gestaffelt: Je höher die CO2-Emissionen, desto höher der Malus. Der maximale Malus betrug 2024 40.000 Euro für Fahrzeuge mit einem CO2-Ausstoß von mehr als 225 g/km – und damit rund 40 Prozent des Kaufpreises bei manchen Fahrzeugen.

Subventionen für Unternehmen

Eine weitere Initiative darauf ab, die französische Automobilindustrie zu stärken und die lokale Produktion von Elektroautos zu fördern. Dazu wurden staatliche Prämien für den Kauf von in Frankreich produzierten Elektroautos erhöht. Zusätzlich gibt es Steuererleichterungen für Unternehmen, die in Frankreich Elektroautos herstellen. Diese Maßnahmen sollen nicht nur die Produktion und den Verkauf von Elektroautos ankurbeln, sondern auch Arbeitsplätze sichern und die Wirtschaft stärken.

Mit diesen beiden Initiativen will die französische Regierung einen wichtigen Beitrag zur Verkehrswende leisten. Sie sollen die Elektromobilität fördern, einkommensschwache Haushalte unterstützen und zugleich die heimische Automobilindustrie stärken.

Frankreichs Verkehrswende im ÖPNV

Le bus à 1 euro

Im Département Pyrénées-Orientales ist es seit inzwischen mehr als zehn Jahren möglich, für einen Euro mit dem Bus zu fahren. Dieser Service ist in ländlichen Gebieten für Menschen, die keine andere Möglichkeit haben, sich fortzubewegen, seit 2012 unverzichtbar geworden.

Seit 2022 gibt es zudem die ersten fünf grenzüberschreitenden Ein-Euro-Busse in den Pyrénées-Orientales. Sie verkehren zwischen Formiguères und Puigcerdà, Le Boulou und Figueres sowie zwischen Camprodon und Prats-de-Mollo.

Kostenloser Nahverkehr

Der Busbahnhof der Place de la Brèche. Foto: Hilke Maunder
Der Busbahnhof der Place de la Brèche in Niort ist das große Drehkreuz im kostenlosen ÖPNV. Foto: Hilke Maunder

46 städtische Verkehrsnetze in Frankreich bieten eine teilweise oder komplette kostenlose Nutzung ihrer öffentlichen Verkehrsmittel an. Im Rahmen der Verkehrswende haben sich Hunderte von Gemeinden an dieses Netz angeschlossen. Wo und wer, verrät der Observatoire des villes du transport gratuit.

Anstelle einer vollständigen Kostenfreiheit ohne Fahrkartenverkauf entscheiden sich einige Städte für eine teilweise Kostenfreiheit. Sie behalten ihr Fahrkartensystem bei, übernehmen aber die Kosten ganz oder teilweise für bestimmte Bevölkerungsgruppen (Jugendliche, Senioren, Arbeitslose, Geringverdiener, Behinderte). Andere Betreiber bieten die kostenlose Nutzung nur zu bestimmten Zeiten an (Smog, Nachtfahrpläne, Wochenenden) oder beschränken sie auf einen Teil des Netzes.

Kostenlos für unter 18-Jährige

Straßburg und Lille bieten beispielsweise seit einigen Jahren die kostenlose Nutzung ihrer Verkehrsmittel für alle Minderjährigen an. Valenciennes und die Communauté d’agglomération de la Port du Hainaut mit 82 Gemeinden und 355.655 Einwohner haben den kostenlosen Zugang auf alle Jugendlichen bis 25 Jahre ausgeweitet. Paris setzt auf preisreduzierte Tickets für den Nachwuchs und für alle bei Smogalarm. Dann gilt ein 3,90 Euro teures Umweltticket für die Hauptstadt.

Kostenlos an Samstagen oder an Wochenenden

Nantes war die erste Stadt, die wieder eine Straßenbahn einsetzte. Foto: Hilke Maunder
Nantes war die erste Stadt, die wieder eine Straßenbahn einsetzte. Foto: Hilke Maunder

Freie Fahrt nur am Wochenende gilt in Nantes – dort sind Busse, Straßenbahnen und Pendelbusse samstags und sonntags kostenlos. Dies gilt seit April 2021 sowohl für Einwohner als auch für Touristen. Allerdings benötigt ihr nach wie vor einen Fahrschein – und müsst ihn bei jedem  Einsteigen neu entwerten.

Die kostenlose Nutzung des gesamten ÖPNV in der Metropolregion Rouen Normandie gab es nur von September 2020 bis Ende 2021. Seit Januar 2022 gilt in Rouen wieder der reguläre Tarif mit Ticketpflicht.

Kostenlose City-Shuttles

Kostenlos und emissionsfrei: der E-Shuttle-Bus von Bergerac. Foto: Hilke Maunder
Kostenlos und emissionsfrei: der E-Shuttle-Bus von Bergerac. Foto: Hilke Maunder

Mehrere Städte in Frankreich bieten im Zuge ihrer Verkehrswende in den Innenstädten kostenlose City-Shuttles an. Dazu gehört neben Bergerac, Caen, Colmar, Limoges und Rennes auch Toulouse. Ein einfacher Wink mit der Hand genügt, und schon hält der Fahrer an.

Beim Aussteigen genügt ein Knopfdruck, um auszusteigen, wo man möchte. Und so hält die Navette Centre-Ville auch mitten in der Gasse, setzt ihre Passagiere ab – und lässt andere Fahrzeuge warten. Alle zehn Minuten saust der kleine Bus so kreuz und quer durch das alte Herz von Toulouse.

Zehn dieser kleinen Mini-Busse sind von Montag bis Samstag während der Geschäftszeiten unterwegs. Mit Elektroantrieb und Niederflur fertigte das italienische Unternehmen BredaMenarinibus die Stadtkleinbusse. So sind sie auch rollstuhl- und kinderwagentauglich.

Immer gratis und fahrscheinfrei

Montpellier: Port Marianne. Foto: Hilke Maunder
Montpellier: Auch in Port Marianne hält die Tram. Foto: Hilke Maunder

Andere Städte sind sogar schon einen Schritt weiter gegangen und haben ihre Verkehrsmittel für alle ihre Nutzer unterschiedslos völlig kostenlos gemacht. Die Metropolregion Montpellier (450.000 Einwohner) hatte zunächst freien Zugang zu den öffentlichen Verkehrsmitteln an Samstagen und Sonntagen getestet.

Der Test wurde dann auf unter 18-Jährige und über 65-Jährige an Wochentagen ausgeweitet. Seit 2023 gilt für alle Einwohner: freie Fahrt in Tram und Bus. Die Metropolregion Montpellier ist die größte Gebietskörperschaft mit kostenlosem Nahverkehr für alle, die dort wohnen. Sie lässt sich dies jährlich 24 Millionen Euro kosten.

Völlig gratis und fahrscheinfrei ist der ÖPNV u.a. auch in Aubagne, Bernay, Castres, Châteauroux, Compiègne, Dinan, Dinard, Dunkerque, Douai, Gaillac, Issoudun, Levallois, Libourne, Figeac, Gap, Joigny, Mayennes, Morlaix, Neuves-Maisons, Nyons, Porto-Vecchio, Saint-Brévin-les-Pins, Saint-Flour, Vitré und Villeneuve-sur-Lot.

Der kostenlose Nahverkehr in Frankreich. Copyright: L’Observatoire des villes du transport gratuit
Der kostenlose Nahverkehr in Frankreich. Copyright: L’Observatoire des villes du transport gratuit

Frankreichs Verkehrswende beim Rad

Bereits 2018 verabschiedete Frankreich seinen Plan Vélo. Dieser Plan ist ein wesentlicher Bestandteil der Verkehrswende und umreißt alle jene Maßnahmen, mit denen Frankreich die Rad-Kultur fördern will. Dazu gehören neben dem Ausbau der Infrastruktur und einer verbesserten Sicherheit auch steuerliche Anreize.

Mit dem e-Bike saust ihr entspannt durch das Hügelland. Foto: Hilke Maunder: Mit dem e-Bike saust ihr entspannt durch das Hügelland. Foto: Hilke Maunder
Mit dem e-Bike saust ihr entspannt auch durch Frankreichs Hügel und Berge. Foto: Hilke Maunder

E-Bike-Prämie

Die Umtauschprämie zur Förderung der E-Mobilität gibt es in Frankreich nicht nur fürs Auto, sondern auch fürs Fahrrad. Bis zu 4.000 Euro Förderung sind möglich. Wie hoch die Förderung tatsächlich ausfällt, bemisst das Referenzeinkommen. Je weniger Geld auf dem Konto, desto höher die Fördersumme. Zusätzliche 1.000 Euro gibt es für alle, die in einer Umweltzone leben und dort auf ein elektrisch unterstütztes Fahr-, Falt- oder Lastenrad umsteigen.

Vorfahrt für Radfahrer: eine vélorue in Tarbes. Foto: Hilke Maunder
Vorfahrt für Radfahrer: eine vélorue in Tarbes. Foto: Hilke Maunder

Grenoble – Frankreichs Fahrradhauptstadt

Grenoble statt Straßburg: 2022 gelang Grenoble als Umwelthauptstadt 2022 auf dem Kongress 2022 der FUB Fédération des Usagers de la Bicyclette in Tours der große Coup. Grenoble wurde dort offiziell zur französischen Fahrradhauptstadt gekürt – eine Premiere! Straßburg, das jahrelang den Spitzenplatz innegehalten hatte, rutschte auf Platz zwei, gefolgt von Rennes auf Platz drei.

Stadträder

In Niort gibt es auch günstige Stadträder. Eine der Stationen befindet sich am Port Boinot. Foto: Hilke Maunder
In Niort gibt es auch günstige Stadträder. Eine der Stationen befindet sich am Port Boinot. Foto: Hilke Maunder

Frankreich hat für seine Verkehrswende Frankreich hat für seine Verkehrswende ein gut ausgebautes Stadtradsystem auf die Beine gestellt. Zalreiche Stadtradanbieter haben neben Tandems, Standard- und Kinderrädern auch Elektro- und Lastenräder im Angebot. Dies soll künftig weiter ausgebaut werden.

Mehr Radwege

Bourg Saint-Andéol ist eine Etappe der ViaRhôna vom Genfer See zum Mittelmeer. Foto: Hilke Maunder
Bourg Saint-Andéol ist eine Etappe der ViaRhôna vom Genfer See zum Mittelmeer. Foto: Hilke Maunder

Mehr als 60.000 Kilometer umfasste 2023 das Radwegenetz, so das nationale Statistikamt INSEE. – und jährlich wächst es um 1.5000 Kilometer! Frankreichs Vision beim Ausbau ist ein Netzwerk von großen europäischen, nationalen und lokalen Radrouten. Sie sollen die Alltagsmobilität verändern und die touristische Nutzung des Fahrrads fördern.

Derzeit umfasst das Radwandernetzwerk mehr als 60 Routen. Darunter befinden sich zehn EuroVelo-Routen mit einer Gesamtlänge von 25.408 Kilometern.

• Die schönsten Radfernwege in Frankreich sowie viele Infos rund ums Rad findet ihr hier.

Frankreichs Verkehrswende auf der Schiene

Der Pariser Bahnhof Gare Saint-Lazare ist der Bahnhof für die Linien in die Normandie - und den Eurostar nach London. Foto: Hilke Maunder
Die Pariser Gare Saint-Lazare ist der Bahnhof für die Linien in die Normandie – und den Eurostar nach London. Foto: Hilke Maunder

Auch in Frankreich ist heute der Schienenverkehr wieder en vogue. Er gilt geradezu als Trumpf bei der Verkehrswende und dem ökologischen Umbau. Laut der Agence de la transition écologique (ADEME) hat die Bahn den geringsten CO2-Ausstoß pro Fahrgast – bis zu 80-mal weniger als das Flugzeug und 8-20-mal weniger als das Auto. Damit ergänzt die Schiene ideal den lokalen Verkehr per Rad.

In den letzten Jahren hat die Staatsbahn SNCF jedoch viele Linien geschlossen. Dadurch sind heute viele ländliche Gebiete isoliert – und ist das Auto dort zum unverzichtbaren Verkehrsmittel aufgestiegen. Im Zentralstaat verlaufen zudem nach wie vor die meisten nationalen Linien über Paris. Querverbindungen sind selten.

Der Bahnhof von Lapradelle. Foto: Hilke Maunder
Der Bahnhof von Lapradelle. Foto: Hilke Maunder

Rein theoretisch wohnen 90 Prozent der Franzosen weniger als zehn Kilometer von einem Bahnhof entfernt. Tatsächlich jedoch werden 30 Prozent der Bahnhöfe nicht mehr vom Schienennetz bedient. Zum Vergleich: Vor dem Zweiten Weltkrieg umfasste das französische Schienennetz mehr als 42.000 Kilometer. Heute misst das Netz weniger als 28.000 Kilometer. Doch dank der Verkehrswende gibt Zeichen der Hoffnung. Das Umdenken hat begonnen – besonders in der Region Okzitanien.

Wiederinbetriebnahme stillgelegter Strecken

Die stillgelegten Gleise von Lapradelle. Foto: Hilke Maunder
Die stillgelegten Gleise von Lapradelle. Foto: Hilke Maunder

In Okzitanien eröffnete Regionalpräsidentin Carole Delga, die die Verkehrswende in ihrer Region mit Verve vorantreibt, am 22. August 2022 eine Bahnstrecke, die 50 Jahre lang für Reisende geschlossen war. Sie verläuft auf dem rechten Rhôneufer zwischen Avignon (Vaucluse) und Pont-Saint-Esprit (Gard). Die Schienen waren zuletzt nur vom Güterverkehr genutzt worden. Das Investionsvolumen war dadurch gering.

Train à 1 Euro

In Ergänzung zum Ein-Euro-Bus startete Okzitanien für seine Verkehrswende die Initiative Le Train à 1 Euro. Seit Dezember 2022 könnt ihr in 21 liO-Regionalzuglinien am ersten Wochenende im Monat für einen Euro unterwegs sein, Kinder wie Erwachsene, von früh bis spät. Einzig in den Hauptferienmonaten Juli und August gibt es dieses Angebot nicht.

Die Initiative der Verkehrswende im Midi war zunächst als temporäre Maßnahme zur Bekämpfung der hohen Spritpreise gedacht und sollte ursprünglich nur bis Ende April 2023 laufen. Aufgrund des großen Erfolgs und der positiven Resonanz wurde der Train à 1 Euro jedoch zu einem dauerhaften Angebot gemacht.

Die Region verzeichnet täglich 70 000 Fahrgäste auf ihrem 2.483 Kilometer großen Schienennetz. Bis 2030 sollen es täglich 100 000 Fahrgäste werden. Diese Schwelle hat die Region im Sommer 2022 bereits fünfmal überschritten.

Günstige Preise erleichtern den Umstieg auf die Schiene. Für 18- bis 26-Jährige ist die Fahrt kostenlos mit dem Angebot + = 0. Der Sozialtarif SolidariO‘ umfasst 20 kostenlose Fahrten, die sechs Monate lang gültig sind. Für alle über 60 Jahre gibt es degressive Tarife.

Laut Jean-Pierre Farandou, Vorstandsvorsitzender der SNCF, gehören die Regionalzüge in Okzitanien zu den billigsten in ganz Frankreich. Die Region ist außerdem die einzige in Frankreich, die die Tarife für Regionalzüge seit 2018 nicht erhöht hat.
www.ter.sncf.com/occitanie/tarifs-cartes/billets-un-euro

Copyright: SNCF
Copyright: SNCF

Liberalisierung des Schienenverkehrs

Frankreich hat im Dezember 2020 den Schienenverkehr für den Wettbewerb geöffnet.  eitdem können auch andere Betreiber als die SNCF Züge auf dem französischen Schienennetz betreiben. Als erster ist das italienische Unternehmen Trenitalia auf der Strecke Paris-Mailand über Lyon auf den Zug aufgesprungen. Spaniens Renfe folgte im Juli 2023 mit der ersten Renfe-Verbindung zwischen Barcelona und Lyon; kurz darauf folgte die Erweiterung der Strecke bis nach Madrid. Ziel der spanischen Bahn ist, im gesamten Schienennetz Frankreichs sich als direkter Konkurrent zur französischen SNCF aufzustellen.

Auf lokale Strecken setzt Transdev, das 2011 aus der Fusion von Veolia Transport und dem französischen Unternehmen Transdev entstand. Die größten Anteilseigner von Transdev sind die französische staatliche Bank Caisse des Dépôts und die deutsche Rethmann-Gruppe. Ab 2025 wird Transdev für zehn Jahre (mit Option auf zwei Jahre Verlängerung) die Bahnlinie Marseille – Toulon – Nizza betreiben. Der Vertrag umfasst einen Jahresumsatz von 50 Millionen Euro. Die Strecke ist 160 Kilometer lang und stellt ein Zehntel der Regionalstrecken in der Region dar. Ziel ist es, die Zugpaare zwischen Marseille und Nizza zu verdoppeln – und damit die ständig verstopfte Küstenautobahn zwischen den beiden Metropolen signifikant zu entlasten. Auf der Strecke will Transdev 16 neue Omneo Premium-Triebzüge von Alstom einsetzen. Für sein neues Wartungszentrum in Nizza investierte Transdev 220 Millionen Euro.

Die Bürgerbahn Railcoop

Bereits im November 2019 hatte sich die erste private Genossenschaft gegründet. Katalysator war die Aufgabe der Bahnverbindung von Bordeaux nach Lyon im Jahr 2014 gewesen. Drei Jahre nach ihrer Gründung zählte RAILCOOP bereits mehr als 13.000 Genossenschaftsmitglieder und sieben Millionen Euro Kapital.

RAILCOOP will nicht frontal mit der SNCF konkurrieren, sondern das Angebot der Staatsbahn komplementieren – besonders in ländlichen Gebieten und für mittelgroße Städte. Dazu will RAILCOOP Bahnstrecken neu beleben, die von der staatlichen Eisenbahngesellschaft SNCF aufgegeben wurden. Der Anfang wurde mit Frachtverbindungen gemacht. Seit November 2021 verkehren RAILCOOP-Güterzüge zwischen Orten in den Départements Lot und Aveyron und Toulouse.

Nun soll der Personenverkehr folgen. Als erste Strecke sollte im Zuge der Verkehrswende auf der Schiene Ende 2023 die Verbindung Bordeaux – Lyon aufgenommen. Doch die in Figeac im Département Lot ansässige Bahnkooperative hat trotz inzwischen fast 16.000 Genossenschaftsmitgliedern noch zu viele Budgetprobleme. Daher rollte auch Ende 2024 noch kein Zug auf der neuen Verbindung.

Zwei Hin- und Rückfahrten sind pro Tag geplant. Während der rund 7,5 Stunden dauernden Fahrt werden folgende Haltestellen bedient:

  • Bordeaux
  • Libourne
  • Périgueux
  • Thiviers
  • Limoges
  • Saint-Sulpice-Laurière
  • Guéret
  • Montluçon
  • Gannat
  • Saint-Germain-des-Fossés
  • Roanne
  • Lyon-Perrache

Wweitere Linien sollen folgen. Geplant sind:

  • Lille – Nantes über Amiens, Caen und Rennes
  • Straßburg – Clermont-Ferrand via Dijon
  • Massy – Brest via Caen
  • Saint-Étienne und Grenoble – Thionville via Dijon und Metz
  • Le Croisic – Basel (Schweiz) via Nantes, Tours, Dijon und Mulhouse
  • Saint-Brieuc oder Caen – Toulouse via Le Mans und Limoges
  • Brest – Bordeaux via Nantes
  • Annecy – Marseille via Grenoble
Das geplante Netz. Copyright: RAILCOOP
Das geplante Netz. Copyright: RAILCOOP

Weitere Konkurrenten auf der Schiene

Das italienische Bahnunternehmen Trenitalia betreibt seit 2021 eine Zugverbindung zwischen Paris und Lyon.

Seit Dezember 2022 betreibt auch die spanische Staatsbahn RENFE Zugverbindungen in Frankreich. Die erste Verbindung war eine Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Barcelona und Paris mit dem AVE-Zug. Der AVE-Zug verkehrt zwischen Barcelona und Paris zweimal täglich und benötigt etwa 6 Stunden und 30 Minuten. Die Verbindung zwischen Lyon und Barcelona wird einmal täglich angeboten. Die Fahrzeit beträgt etwa 4 Stunden und 30 Minuten. Die AVE-Verbindung zwischen Marseille und Madrid verkehrt einmal täglich und dauert ungefähr 10 Stunden und 30 Minuten.

Kevin Speed ist ein französisches Eisenbahnunternehmen, das im Jahr 2021 von Laurent Fourtune gegründet wurde. Fourtune war zuvor Entwicklungsleiter bei der RATP. Am 29. Februar 2024 hat das Unternehmen eine Rahmenvereinbarung mit SNCF Réseau geschlossen, die es Kevin Speed ermöglicht, drei Hochgeschwindigkeitsverbindungen in Frankreich zu betreiben. Der Start ist für das Jahr 2028 geplant.

Nachtzüge

In Frankreich gibt es derzeit Intercités-Nachtzuglinien, die alle vom Bahnhof Paris-Austerlitz abfahren:

Paris – Nizza über Marseille, Toulon, Cannes
Paris –Cerbère via Nîmes, Montpellier, Perpignan
Paris – Latour-de-Carol via Toulouse, Foix
Paris – Albi via Rodez.
Paris – Briançon via Gap
Paris – Lourdes (Verlängerung bis Hendaye im Juli und August) via Tarbes
Paris – Aurillac , Kopplung mit Zug nach Rodez

In Planung
Paris –Pau via Bordeaux, Dax, Bayonne.

Frankreichs Verkehrswende: U-Bahn, S-Bahn, Seilbahn!

U-Bahn

Auf der Île de la Cité findet ihr noch einen der traditionellen Jugendstil-Metroeingänge. Foto: Hilke Maunder
Auf der Île de la Cité von Paris findet ihr noch einen der traditionellen Jugendstil-Metroeingänge. Foto: Hilke Maunder

Im Jahr 1900 erhielt Paris Frankreichs erste U-Bahn (métro). Heute besitzen auch die Ballungsräume von Lyon, Marseille, Lille, Toulouse und Rennes derartige Untergrundbahnen.

Seit der Einweihung der Métro von Rennes im Jahr 2002 ruht der Ausbau dieses urbanen Verkehrsträgers, da er mit sehr hohen Kosten verbunden ist. Einzige Ausnahme ist der Grand Paris Express. Hier erfahrt ihr mehr.

S-Bahn

Banlieue de Paris: Die RER schafft Verbindungen. Foto: Hilke Maunder
Angeschlossen an die RER B: Arcueil. Foto: Hilke Maunder

Das Réseau Express Régional (RER) ähnelt dem S-Bahn-Netz. Seit den 1960er-Jahren besteht es aus Regionalzügen, die in der Île-de-France in hoher Taktung verkehren und die Vororte an das Zentrum von Paris anschließen. Am 6. Mai 2024 wurde die RER-Linie E um acht Streckenkilometer und drei neue Stationen erweitert. Auf den Linien N und E werden neue NG-Züge eingesetzt.

Ende November 2022 verkündete Staatschef Emmanuel Macron, der Staat werde zehn neue S-Bahn-Systeme außerhalb von Paris einrichten. Als zweite französische Stadt weihte Straßburg am 12. Dezember 2022 ein S-Bahnnetz ein. Es besteht aus insgesamt sechs Linien, die im Halbstundentakt verkehren. Im Berufsverkehr ist die Taktzeit auf 15 Minuten reduziert.

Für alle großen Ballungsräume

Geplant sind weitere neun S-Bahn-Netze in den Metropolen Lyon, Marseille-Aix, Lille, Toulouse, Bordeaux, Nizza, Nantes, Toulon und Douai-Lens. Insgesamt sind bereits rund 15 Projekte in Frankreich in der Entwicklung, darunter auch in Grenoble. Aus dem Élysée-Palast hieß es jedoch, dass es manchmal zehn Jahre oder mehr dauern könne, bis diese Projekte fertiggestellt sind.

Im Dreiecksländle soll künftig eine trinationale S-Bahn die eingestellte Ligne Verte ersetzen. Die S-Bahn Linie S2 soll ganztägig im Halbstundentakt zwischen Mulhouse – EuroAirport – Basel – Liestal verkehren, die S-Bahn Linie S4 jeden Tag im Halbstundentakt zwischen EuroAirport – Basel – Laufen.

Straßenbahn

Montpellier: Tram-Linie 2. Foto: Hilke Maunder
Bunt wie einst die Pril-Blumen: die Tram-Linie 2 von Montpellier. Foto: Hilke Maunder

Seit Mitte der 1980er-Jahre erlebt die Straßenbahn in den französischen Ballungsräumen ein Comeback. Tours war 2013 der 26. Ballungsraum in Frankreich, der die Straßenbahn, die in der Nachkriegszeit nach und nach aus dem Stadtbild verschwunden war, wieder neu belebte. Seitdem sind zahlreiche weitere Städte gefolgt.

Wenn man die Straßenbahnen sich ansieht, scheinen sie alle unterschiedlich. Und doch haben sich die meisten Städte für den Bestseller des Herstellers Alstom entschieden: das Modell Citadis. Eine ganz besondere Tram besitzt Nancy. Dort ist der Bus ist ein Zwitter (Guided Light Transit System) und steigt auf steilen Strecken der Stadt auf die Schiene um.

Der Bus ist ein Zwitter und steigt auf steilen Strecken der Stadt auf die Schiene um. Foto: Hilke Maunder
Die Bus-Tram von Nancy. Foto: Hilke Maunder

Seilbahn

Seilbahnen sind besonders saubere Verkehrsträger. Sie funktionieren zu 100 % elektrisch, setzen daher kein CO2 frei, sind im Betrieb sehr leise und versiegeln mit ihren Pylonen und notwendigen Bauten nur sehr wenig Bodenfläche. Zudem sind die Betriebskosten drei- bis viermal niedriger als bei der Straßenbahn.

Bereits 1934 weihte Grenoble die erste innerstädtische Seilbahn Frankreichs ein. Doch erst 1976 erhielt sie ihre berühmten Gondeln – die bulles. In nur fünf Minuten schwebt ihr in diesen runden, lichtdurchlässigen Gondeln aus dem Zentrum hinauf zu den Befestigungsanlagen der Bastille in 500 Metern Höhe.

Grenoble: die Bulles. Foto: Hilke Maunder
Mit den bulles schwingt ihr in Grenoble hinauf zur Bastille.

2016 lockerte Frankreich für die Verkehrswende ein Gesetz aus dem Jahr 1941, das die Überquerung von Wohngebäuden mit Gondelbahnen untersagte. Noch im selben Jahr installierte die bretonische Hafenstadt Brest eine Seilbahn über den Penfeld-Fluss. Sie bindet seitdem die Stadtviertel Siam und Les Capucins ans Zentrum an, die zuvor vom Rest der Stadt abgeschnitten waren.

Als Nummer drei im Land wollte Toulouse seine städtische Seilbahn aeinweihen. Doch Saint-Denis, Hauptstadt des französischen Übersee-Départements Île de la Réunion, war schneller. Im Dezember 2021 weihte die Tropen-Kapitale Frankreichs erste urbane Insel-Seilbahn ein.

26 Masten bis zu 40 Meter hoch halten das Tragseil für die 2,7 Kilometer lange Strecke. Zwischen den fünf Stationen verkehren 46 Kabinen – alle 34 Sekunden eine Kabine!  Den 45 Millionen Euro-Bau bezuschussten die Europäische Union und der Regionalrat mit insgesamt 15 Millionen Euro.

Frankreichs längster téléphérique urbain

Am 14. Mai 2022 schließlich konnte Toulouse Frankreichs vierte Seilbahn einweihen – und im ersten Betriebsjahr die stolze Zahl von einer Million Fahrgäste vermelden. Mit einer Strecke von derzeit 2,7 Kilometern ist die aus drei Stationen bestehende Verbindung, die für Windgeschwindigkeiten von bis zu 108 km/h ausgelegt ist, die längste Seilbahn Kontinentalfrankreichs. In Spitzenzeiten überquert alle 90 Sekunden eine Gondel des Téléo die Garonne – und ist in das bestehende Verkehrsnetz eingebunden. In den nächsten Jahren soll das luftige Verkehrsnetz für die Verkehrswende weiter ausgebaut werden.

Weitere 20 Seilbahnen


Als nachhaltige und effiziente Verkehrsmittel für urbane Gebiete fördert die französische Regierung die Entwicklung von Seilbahnen intensiv. Sie bilden einen wichtigen Bestandteil der Verkehrswende und soll sowohl die Umweltbelastung reduzieren als auch die Mobilität in Städten verbessern.

In Ajaccio wurde im Mai 2023 eine Seilbahn in Betrieb genommen. Die 2,5 Kilometer lange Strecke verbindet den Hafen mit der Zitadelle. Die Seilbahn verfügt über elf Gondeln, die jeweils bis zu 10 Personen befördern können.

In Bordeaux befindet sich die Planung eines Seilbahnnetzes noch in der Untersuchungsphase. Hier werden neun verschiedene Trassen geprüft, die das Stadtzentrum mit den Vororten verbinden sollen. Eine endgültige Entscheidung über den Bau einer Seilbahn steht jedoch noch aus.

Nizza hat im März 2024 mit den Bauarbeiten für eine 4,5 Kilometer lange Seilbahn begonnen, die den Fluss Var überqueren und Saint-Laurent-du-Var mit der Stadt Nizza verbinden soll. Ihre 25 Gondeln sollen jeweils bis zu Personen transportieren Die Inbetriebnahme ist für Ende 2026 geplant.

Neben diesen konkreten Projekten gibt es in Frankreich viele weitere Seilbahnprojekte in Städten wie Montpellier, die sich entweder in der Planungs- oder Bauphase befinden.

Seilbahnen bieten zahlreiche Vorteile gegenüber traditionellen Verkehrsmitteln wie Bussen oder Straßenbahnen. Sie sind besonders umweltfreundlich, da sie emissionsfrei und energieeffizient sind. Ihre Flexibilität erlaubt den Einsatz in steilem und schwierigem Gelände, was in vielen urbanen Umgebungen von großem Vorteil ist. Darüber hinaus bieten Seilbahnen eine beeindruckende Aussicht und sind dadurch auch eine echte Touristenattraktion.

Das Cable C1 wird die erste Seilbahn in der Region Île-de-France sein. Die 4,5 Kilometer lange Linie soll Créteil über Limeil-Brévannes und Valenton mit Villeneuve-Saint-Georges verbinden. Geplant sind fünf Haltestellen im Abstand von 500 bis 1.800 Metern. Alle sind ebenerdig und zu 100 Prozent barrierefrei: eine Weltpremiere für diese Art von Transport! 2023 beginnen die Bauarbeiten. Die Inbetriebnahme ist für 2025 geplant. Statt 45 Minuten mit öffentlichen Verkehrsmitteln wird die Fahrt dann nur nur 17 Minuten dauern.

In Lyon hingegen gab Sytral Mobilités am 10. Mai 2022 bekannt, dass die geplante Seilbahn von Lyon nach Francheville im Département Rhône nicht gebaut werden wird. Schuld daran war der massive Widerstand der Bürger. „Die Planungen haben die Bewohner der betroffenen Gebiete weitgehend mobilisiert.

Es gibt eine starke Opposition der Bürger, die sich zu diesem neuen Transportmittel geäußert haben. Die Bedingungen sind also nicht gegeben, um dieses Projekt zu verwirklichen“, schrieb Bruno Bernard in einer Pressemitteilung. Nun sucht der Präsident der Metropole Lyon Alternativen.

Frankreichs Verkehrswende in der Luft

Weniger Kurzstreckenflüge

Die Verkehrswende verändert auch das Flugwesen. Auf Initiative des Bürgerklimarats aus dem Jahr 2020 schafft Frankreich kurze Inlandsflüge ab. Dies gilt für alle Strecken, für die eine alternative direkte Zugverbindung von weniger als 2,5 Stunden besteht.

Die Europäische Kommission gab am 1. Dezember 2022 grünes Licht für den Vorstoß von Staatschef Macron. Die Airlines hatten dagegen vergeblich protestiert. Nach drei Jahren muss die Maßnahme überprüft werden, so die EU. Vom Verbot betroffen sind derzeit nur Flüge zwischen Paris-Orly und Nantes, Bordeaux und Lyon.

Insgesamt gibt es mehr als 100 Kurzstreckenverbindungen innerhalb Frankreichs. Greenpeace fordert, alle Flüge zu untersagen, für die es alternativ eine Bahnreise von maximal sechs Stunden gibt.

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39 Kommentare

  1. Hallo und Servus. Vielen Dank Hilke für diesen tollen Bericht, und der vor allem leicht verständlichen Erklärungen. Meiner Meinung nach gibt es regional wie auch im Ausland immer wieder unterschiedliche Mentalitäten, Regeln und Entwicklungen. Daher bin ich schon lange nicht mehr derjenige, der nörgelt und jammert, wenn es Veränderungen gibt. Ob daheim oder im Ausland. Denn wie sehr schön beschrieben sind Landstriche wie auch Städte unterschiedlich, daher auch mit verschiedenen Kulturen wie auch Mentalität.

    Im Zeitraum als Kind und Jugendlicher ging es oft mit der Familie nach Südspanien. Meist ist Papa alleine gefahren, auch zu Zeiten, wo es in Spanien kaum Autobahnen gab. Was sich seither getan hat, stimmt mich immer wieder positiv. Ob auf Frankreichs Autobahnen, wie auch im ÖPNV.
    Ich bin leidenschaftlicher Wanderer, zertifiziert als Wander- und Naturführer. Seit einer persönlichen Veränderung, seit Corona, seit 2021 im Spätsommer bin ich mit stetigen Unterbrechungen auf dem GR34 zu Fuß unterwegs. Immer wieder geht es je nach Urlaubsmöglichkeiten mit dem Fernbus nach Paris und von dort aus an die bretonische Küste zum Ort, wo ich bei dem jeweils letzten Mal stoppte. So wie andere den Jakobsweg nutzen, so gehe ich immer wieder meine vorgenommene Strecke auf dem Zöllnerpfad, der 2000 Kilometer lang sein soll. Seit meinem Start 08`21 in Cancale bin ich 13 x mit dem Fernbus an- und abgereist und etwa 1050 bis zum Cap Sizun gegangen. Immer wieder nachhaltig mit den Mitreisemöglichkeiten des öffentlichen Verkehrs, bis auf ganz wenige Ausnahmen fast jede Nacht im Zelt auf dem jeweilig angegangenen Campingplatz. Mein Ziel, meine Lebensaufgabe wird es sein, diesen Fernwanderweg ganz zu begehen. Tausende Bilder, tausend Stories, die bislang zu einer Lesung reichten.

    Um auf den Punkt zu kommen, die Art und Weise meines gesamten Projekts resümieren von den tollen und zuverlässigen Angeboten des ÖPNV, welchen ich zwischenzeitlich immer mal nutzen musste. Hilfsbereite und freundliche Menschen, die ich zwischenzeitlich antraf sind ein weiteres Plus für dieses Projekt. Solche billigen Transfers übers Land war ich daheim nicht gewohnt. Ich musste mich mehrmals schütteln, als ich erstmals mit dem Linienbus bei Saint-Malo unterwegs war, und immer wieder diese freundliche Kommunikationen zwischen Fahrgäste und Fahrer*innen erlebte. Verabschiedungen, Danksagungen, welche ich bis nach Brest, nach Crozon oder auch zuletzt am Cap Sizun erlebte.
    Ich bin so glücklich und zufrieden, das ich damals die Entscheidung traf, diesen Weg mit all seinen Nebengeschichten zu gehen, so das ich heute diese Glücksgefühle meines Weges ( GR34meinbunterWeg) immer wieder daheim mit Menschen teile, die zum einen das Interesse haben, oder mit den Menschen zwecks Aufmunterung, denen es nicht gut geht.
    Kein Plan, ob es dazu kommen wird, aber ich könnte mir gut vorstellen, meine restliche Lebenszeit im Seniorenalter in der Bretagne zu verbringen, um die wegen des Weges nicht gesehenen Sehenswürdigkeiten, Ruhezeiten an der Küste und der lieben Menschen wegen nachzuholen. Verkehrstechnisch wie preislich agiert Frankreich lebenswerter wie unser Heimatland.

    Herzliche Grüße Rudi

    1. Lieber Rudi, ganz herzlichen Dank für Deine tollen Eindrücke – was für ein spannendes Projekt!! Die GR 34 in gesamter Länge: Hochachtung!! Ich bin einige Teilstrecken bereits abgewandert und ganz Deine Begeisterung für die Bretagne, die Wanderstrecke und den dortigen ÖPNV vollends teilen. Frohes Wandern und weiterhin noch ganz viele schöne Erlebnisse und Begegnungen! Bises, Hilke

  2. „…den Individualverkehr unattraktiv machen…“
    Wenn man die obigen Ausführungen liest bekomme ich bald Hemmungen noch mal nach F zu reisen. Es hat den Anschein, dass man permanent mit einem Bein (oder Reifen) seinen Führerschein, sein Fahrzeug oder zumindest Gefahr läuft, die halbe Reisekasse los zu werden. Das ist jetzt etwas überspitzt, aber wenn ich von unausgewiesenen EInbahnstraßen lese, in denen die Obrigkeit dann zu Kasse bietet… pardon … es fühlt sich an, als ob man darauf wartet, einen Fehler „entdecken“ zu können.
    Ich mag Frankreich, ich mag auch den unterschwelligen (?) Opportunismus. Aber F hat in den letzten Jahren einige (ich kennen garantiert nicht alle) Entscheidungen getroffen (und mit Bußen belegt) die auch schnell wieder „verschwunden“ sind, ich nenne da mal die Sache mit den Alkotestern oder Vorschriften für Motorradfahrerbekleidung.

    Ich kenne nicht alle HotSpots der genannten regulierten Verhinderungen.
    Aber einen oder zwei kenne ich schon sehr lange. Z. B. Lyon. Schon bei meiner ersten Durchfahrt vor 40 Jahren war es ein Graus, dieses Gewurschtel. Und wenn dann noch ein Unfall oder Baustelle dazu kommt, ist das Chaos perfekt. Klar, dass das den Einwohnern im wahrsten Sinn des Wortes „stinkt“. Nur geändert hat sich von der Verkehrsführung her nichts. Die Tunnellösung ist auch nicht besser, nur man sieht den Stau nicht. Wie viel Pastis muss damals geflossen sein, als man die heutige A6 und die A7 innerstädtisch am Rhoneufer verknüpfte, ohne jemals die Chance zu haben etwas anpassen zu können. Die A7 ist schließlich DIE Hauptverkehrsstrecke Richtung Marseille und dem Mittelmeer…. Heute ist das natürlich der Untergang und die Schuldigen sind schnell genannt. Das ist nicht anders als in D.

    Frankreich ist das beliebteste Reiseziel der Welt! Im Jahr 2019 kamen 90 Millionen Touristen aus dem Ausland in das Nachbarland, vor der Pandemie machte der Tourismus acht Prozent des erwirtschafteten nationalen Einkommens aus, bot zwei Millionen Arbeitsplätze und erzielte Einnahmen in Höhe von 56,2 Milliarden Euro. (Quelle: https://world.businessfrance.fr).
    Im letzten Jahr soll das Ergenis mit > 60 Milliarden noch höher gewesen sein.
    Keine Frage, das waren sicher nicht nur Individualtouristen. Aber sicher auch… Möchte man die verunsichern?

    1. Hallo Micha, danke für Deine Ausführungen. Ziel ist es, die Städte lebenswerter zu machen. Stinkende Autokolonnen, wie sie einst die Rue de Rivoli verstopften in Paris und schwarz färbten, sind schon lange Vergangenheit. Heute zeigt sich beispielsweise in Toulouse oder Aix-en-Provence, dass günstiger, schneller, häufiger ÖPNV mit Tram oder Bus eine durchaus attraktive Alternative zu Blechkolonnen in den Innenstädten sein kann. Ich bin leidenschaftliche Autofahrerin, würde aber nie auf die Idee kommen, mit dem Auto ins Zentrum zu fahren, da ich viel zu gerne dort flaniere und mich dort vom Verkehr schnell gestört fühle. Mein Beitrag zielt darauf auf, Tendenzen und Trends deutlich zu machen. Und zu zeigen, was Frankreich alles macht, damit seine Städte und Dörfer auch in Zukunft akttraktiv bleiben. Bonne route und schöne Zeit in Frankreich!

  3. Danke für die vielen interessanten Informationen zur Verkehrswende in Frankreich. Leider war es in unserem Urlaub in der Provence in diesem Jahr (2023) mit dem Fahrrad nicht so lustig. In den Städten an der Cote d’Azur ist der Verkehr einfach wahnsinnig. Abgesehen von einzelnen schönen Radwegen am Meer ist die Erkundung der Umgebung im Bereich Antibes mit dem Fahrrad ein Albtraum. Z.B. in Cagne sur Mer… Dort sind zum Beispiel genau die (im Artikel gelobten) Einbahnstrassen das Problem, und zwar die zweispurigen. Also Einbahnstrassen, die zweispurig geführt werden – für sicheres und entspanntes Radfahren eine Katastrophe! In Aix-en-Provence wiederum ist der das Fahrradfahren auch kein Vergnügen. Radwege, wenn sie denn existieren sind schlecht markiert (oft kaum zu erkennen) und obendrein fahren dort sehr viele Menschen mit extrem lauten Motorrädern, um das „Vergnügen“ ab zurunden. Es wird gerast und sehr knapp überholt, sodass man den Luftzug der Motorräder noch spürt. Vom Krach ganz zu schweigen.

    Das Bahnfahren war durchwachsen. Seit wir nun in den letzten Wochen das französische Bahnsystem kennengelernt haben, kann ich das Gejammer über die Deutsche Bahn noch weniger verstehen als vorher. Die TGVs die wir benutzten wirkten abgestanden und waren schlecht designed. Vor allem die Eingangsbereiche der Doppelstock TGVs sind eng und mit STUFEN IM ZUG! Wir erlebten wie ungemütlich es z.B. für Eltern mit Kinderwagen war. Aber auch für uns mit einem schweren Koffer war es wenig anheimelnd und eng. Da sind sowohl die deutschen ICEs und Regionalexpresszüge, als auch die französischen TER komfortabler. Auch beim optischen Design schneiden die Züge der Deutschen Bahn deutlich besser ab und wirken geradezu elegant im Vergleich zu den TGV.

    Die Anbindungen mancher TGV-Bahnhöfe an ihre Städte sind geradezu absurd. Aix-en-Provence z.B. hat einen herrlichen Bahnhof ganz nah am Zentrum. Aber nein, der Ahnungslose Neukunde wird 18km vor der Stadt vom Bahnsteig mit dem Fahrstuhl auf eine Autobahn bugsiert, wo man recht ungemütlich auf den Bus nach Aix wartet, bei dem dann jeder Fahrgast einen extra Fahrschein beim Fahrer lösen muss, was fast länger dauert als die Fahrt nach Aix. Letzen Endes dauert die Fahrt nach Aix ungefähr eine 3/4 Stdunde länger als der ahnungslose Kunde annimmt. Und wenn er dann ankommt, dann ist er immer noch weiter von der Altstadt entfernt, als der schöne alte Stadtbahnhof. Der wiederum hat nur Züge nach Marseille und zum Endbahnhof der Linie in der Gegenrichtung. Warum man von Aix (Stadt) z.B. nicht nach Manosque oder gar Grenoble fahren kann, bleibt ein Rätsel der SNCF. Der Bahnhof wurde anscheinend schon vor Jahren zur einer Art S-Bahnstation nach Marseille degradiert. Und offenbar wurden in Frankreich in den letzten 50 Jahren noch mehr Strecken stillgelegt als in Deutschland… Es ist also zu hoffen, dass eine „Verkehrswende“ in Frankreich noch schneller voranschreitet als in Deutschland…

    1. Hallo Frank, ganz herzlichen Dank für diese Ausführungen. Mit den einzelnen Zugarten und Details zum Bahnfahren in Frankreich beschäftigt sich ein zweiter Beitrag: https://meinfrankreich.com/bahn-in-frankreich – schau gerne auch einmal dort. Es ist gut, dass es europaweit eine Renaissance der Bahn gibt, besonders gut kommt der Nachtzug Paris – Nizza an. Auch wurden inzwischen weitere Regionalstrecken wieder geöffnet. Viele Grüße, Hilke

  4. Ein sensationeller Beitrag. Vielen herzlichen Dank dafür, Hilke!!
    Ich bin gerade von einem knapp dreiwöchigen Roadtrip durch Südfrankreich mit dem E-Auto zurück in Südtirol und hatte im Anschluss einige Frage im Kopf – die nun samt und sonders hier beantwortet wurden. Klasse!

    Werde Deinem Blog folgen und empfehlen!

    Viele Grüsse, und Danke!

    1. Lieber Jürgen, danke! E-Auto-Trip will ich demnächst in Frankreich mal testen, bin gespannt. Bei uns auf dem Dorf gibt es eine E-Tanke, aber die ist seit 2021 defekt… ich denke, es wird spannend. Herzlich, Hilke

  5. Hallo, herzlichen Dank für diesen informativen Beitrag!
    Nur der Vollständigkeit halber (wobei das sicher auch nicht vollständig ist):
    Auch im Großraum Antibes kostet eine Busfahrt mit „Envibus“, seit ich zurückdenken kann (~20 Jahre) 1 Euro, die Zehnerkarte sogar nur 8 Euro.
    Ganz neu ist das 0-Euro-Ticket (auf dem Smartphone; sonst 5 Euro für die Chipkarte) für die Hauptbuslinie A (Juan-Les-Pins – Antibes – Sophia Antipolis) und die kleinen innerstädtischen Busse.
    Da sollten sich unsere deutschen Städte (hier z.B. Einzelticket 3,30) mal eine Scheibe abschneiden…

    1. Hallo Matthias, ganz herzlichen Dank für diese Tipps aus Antibes! Viele Grüße an die Côte! Hilke

  6. Liebe Hilke,
    du hast mal wieder einen umfassenden und sehr interessanten Bericht erstellt. Danke dafür!
    Hier in der Umgebung von Antibes hat man einiges von dem was du beschrieben hast umgesetzt. Mehr Fahrradwege, dafür verengte Fahrbahnen und eigene Busstrassen. Leider sind dadurch die Staus erheblich grösser geworden. Von Antibes zum Golfplatz in Mouans Sartoux sind es ca. 16 km bergauf. Bahn, Bus oder Fahrrad sind für uns keine Option. Für diese Strecke haben wir bisher ca. 25 – 35 min. benötigt. Dieses Jahr brauchen wir wegen des ständigen Stop-and-Go für dieselbe Strecke 45 – 60 min, der Spritverbrauch ist durch die Staufahrerei um 30% höher. Medaillen haben leider immer 2 Seiten.
    Liebe Grüße aus Antibes
    Renate H.

    1. Oh je, liebe Renate! Hier werden derzeit wie wild Parkverbotsstreifen in Geld auf den Asphalt gepinselt… auch vor der eigenen Haustür. Viele Grüße an die Côte! Hilke

    2. Dieses Jahr brauchen wir wegen des ständigen Stop-and-Go für dieselbe Strecke 45 – 60 min, ….
      Bonjour Renate, hm… verstehe ich nicht … wenn ich nicht irre, ist der Golfplatz doch die Strasse runter wo sich ALDI befindet (oder ist es ein anderer G-Platz) Da fahre ich auch im Sommer 2 x im Monat und habe noch nie mehr als 30 Min . gebraucht…(die alte Strecke)
      Grüsse aus Antibes , Gitte

  7. Danke für die umfangreiche Auflistung! Da weiß man doch, wo man nicht hinfahren sollte.

    1. Ich finde es ganz spannend, was da angeschoben wird – und möchte gerne einmal die urbanen Seilbahnen kennenlernen, die völlig neue Ausblicke auf die Städte eröffnen.

  8. Bonjour und Danke für die Mühe! Ich nutze an der Côté Azur sehr viel die Bahn uns es klappt hervorragend, wenn nicht gerade gestreikt wird oder Ausflüge ins Hinterland geplant sind.
    So viel Bahn gefahren wie in Frankreich, bin ich in meinem ganzen Leben nicht. Von Antibes aus fährt die Bahn nicht nur nach Nizza oder Marseille, sondern auch direkt an der Küste und den Stränden entlang.

    Fahrräder lassen sich auch mitnehmen. Nizza hat mittlerweile viele Fahrradwege bekommen.

    Nachteilig ist, dass die Züge hauptsächlich bis 22 bzw 23 Uhr abends fahren. Wir müssen immer zu sehen , dass wir pünktlich aus Nizza wegkommen oder ein Uber nehmen.

    Liebe Grüße
    Kathrin

    1. Hallo Kathrin, danke für diese Eindrücke von der Côte. Und ja, das ist schade – hier fährt um 18 Uhr der letzte Bus aus Perpignan zurück ins Dorf. In der Ladefläche nimmt er Räder mit.
      Viele Grüße! Hilke

  9. Was soll man diesen relativen Elogen noch zufügen, liebe Hilke?
    Alles gesagt. Dieser Beitrag zur (politisch-behördlich konsquent vollzogenen) Verkehrswende in Frankreich ist einfach nur gut, ist sehr gut. Ist erklärend, nachvollziehbar.
    Als Gast wundert man sich ja schon manchmal, wie stringend diese Neuerungen durchgezogen werden. Wobei ich nach wie vor bezweifle, ob sie auch angenommen werden, ob sie in die Köpfe der Menschen gelangen.
    Mein Beispiel Avignon. Alte bahnstrecke von und nach Carpentras vor sechs, acht Jahren revitalisiert, Bahnhöfe erneuert, personell investiert, Takt-Verkehr … und mittlerweile bleiben die Triebwagen an Wochenenden wieder im Depot, verkehren in der Woche reduziert, sind die fahrkartenschalter entlang der Strecke verwaist.
    Aber die Straßen in die Stadt inklusive des innerstädtischen Rings entlang der Mauer sind jeden Vormittag und jeden Abend voll. Ohne Not … aber die Leute machen es sehenden Auges.
    Zu ViaRhona & Co. hatte ich Dir ja schon mal geschrieben: Das Beste, was mir bislang als Radler untergekommen ist – inklusive des EutroVelo-Zubringers von Basel/Mulhouse her entlang des Doubs.

    Bis wieder einmal.
    Cordilalement

    1. Hallo Norbert, danke für Deine Eindrücke aus Avignon und Carpentras. Zur ViaRhôna: auch eine tolle Strecke, die ich erst in Teilstrücken abgeradelt bin, die ViaRhôna fast vollständig – nur Seyssel – Grenze F/CH fehlt noch… Bises, Hilke

  10. Synthèse très exhaustive! Merci, cela nous aide pour le travail sur l‘ecomobilité.

  11. Sehr informativ, danke! Es regt auch an, sich noch ökologischer zu verhalten.

  12. Sapperlott! Das ist toll übersichtlich! Vielen, vielen Dank
    Christiane

    1. Hallo Christiane, danke! Hab mir gleich mal Deine Webseite angeschaut – WP-Profis sind immer wertvolle Kontakte!
      Viele Grüße! Hilke

      1. Ja, immer gern zu Diensten, une main lave l’autre!

      2. merci – denke gerade auf einem Relaunch rum ;-).

  13. Wow, grossartige Übersicht liebe Hilke Maunder, herzlichen Dank!
    Ich bin sehr beeindruckt von diesen vielfältigen Massnahmen für die Verkehrswende und wünschte mir für die Schweiz ähnliches.
    Unsere jährlichen zweiwöchigen E-Biketouren in Frankreich würden tatsächlich noch erleichtert durch bessere Velolangstreckenverbindungen. Ich erhoffe mir da etwas von Railcoop Lyon – Bordeaux zum Beispiel.

    1. Hallo Thomas, in Frankreich bewegt sich derzeit viel. Da auch der Kauf von E-Bikes finanziell unterstützt wird und Rad + Schiene als eine der wichtigsten Mobilitätsschienen für die Zukunft gesehen werden in Frankreich, wird sich dort sicherlich noch viel tun. Ich bleibe am Thema. Viele Grüße, Hilke

  14. Liebe Hilke,
    verfolge Deinen bloc seit vielen Jahren mit großem Interesse – dieser Beitrag haut mich um.
    Toll was die Franzosen machen und wir Deutschen glauben, wir werden (sind) Weltmeister (auch im Fußball).
    Fetten Respekt.

    1. Danke, Bernd! Und ja, ich bin auch beeindruckt! Unser Dorrf (1800 Einwohner) hat seit 2017 zwei E-Ladestellen, die noch nie defekt waren, und jetzt am Ortseingang und Ortsausgang je einen covoiturage-Parkplatz erhalten. Und jener wird genutzt. Bises, Hilke

      1. Ein toller Übersichtsbericht!
        In meinen beiden Dörfern (1000 bzw. 3000 Einwohner) im VAR sind die 2 E-Ladestation immer verwaist. In den franz. Sommerferien steht manchmal ein Auto zum Laden dort.
        Hier auf dem flachen Land existieren kaum Radwege. Manche alte Zuglinien sind zu Wander- und Radwegen in Abschnitten umgebaut worden. Normalerweise fahren die Menschen (meist Rentner) mit ihren Rennrädern auf der normalen Landstrasse und werden von den 80km/h schnellen Autos überholt. Mir persönlich ist das Risiko bei so einer Tour zu sterben einfach zu groß.
        @Benno ich stimme dir zu, dass die Deutschen sich manchmal überschätzen und glauben es besser zu wissen.

      2. Ja, die Rennradfahrer… die jagen mir hier in den Pyrenäen regelmäßig einen Schrecken ein, wie sie im Pulk um die Kurven sausen…

  15. Liebe Hilke, danke für die vielen Informationen. Was mir in Frankreich fehlt, ist die Möglichkeit, Fahrräder über längere Strecken mit dem Zug zu transportieren (über rein regionale Verbindungen hinaus). Gibt es hier auch positive Tendenzen? Viele Grüsse, Susan

  16. Bonjour und Guten Morgen, liebe Hilke,
    da hast Du Dir viel Arbeit gemacht und alles verständlich zusammengefasst.
    Chapeau!

  17. An und für sich eine gute Entwicklung. Wir werden sehen. Aber da das ganze so unglaublich unübersichtlich und verwirrend ist gibt es nur eins. Alle öffentlichen Verkehrsmittel Gratis.

    1. Lieber Martin, kostenloser Nahverkehr in Frankreich entwickelt sich – immer mehr Kommunen führen ihn ein. 2022 kam mit Montpellier auch erstmals eine Großstadt hinzu mit diesem Angebot. Das sind positive Signale. Viele Grüße, Hilke

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