
Nur eine Brücke trennt Ciboure von Saint-Jean-de-Luz. Von dieser berühmten Brücke hat Ciboure (baskisch: Ziburu) seinen Namen. Und doch: Am linken Ufer der Nivelle, die dort in den Atlantik mündet, taucht ihr ein in eine völlig andere Welt. Beschaulicher und weniger trubelig als am anderen Ufer verläuft das Leben in Ciboure. Und volkstümlicher.

Und ist genauso vom Fischfang geprägt wie der bekannte Nachbar am Nordufer. Auch Ciboure mit seinen 6.250 Einwohnern war schon immer auf das Meer ausgerichtet. Bis ins letzte Jahrhundert hinein waren Fischfang und Fischkonservenherstellung die Lebensgrundlage für die gesamte Bevölkerung.

Das Meer hat das Leben und die Geschichte des Dorfes geprägt und ist nach wie vor fest im Leben der Einwohner verwurzelt, auch, wenn die Wirtschaft heute stärker auf den Tourismus und den Dienstleistungssektor setzt.

Aus dem Gewirr der tonfarbenen Dächer ragt die église Saint-Vincent auf. Im 14. Jahrhundert im Barockstil erbaut, weist sie dennoch typische Merkmale des Labourd auf. Labourd ist eine der historischen baskischen Provinzen des französischen Baskenlandes. Ihr Name verweist auf die alte Hauptstadt Lapurdum, das heutige Bayonne.


Dazu gehören neben den bootsförmigen Votivgaben, welche die Fischer der Jungfrau zum Schutz auf ihren Fahrten auf dem Meer darbrachten, auch die hölzernen Galerien, die einst nur den baskischen Männern vorbehalten waren.


In dieser Kirche mit Steinkreuz auf dem Parvis und ihrer Jungfrau Maria auf dem Hochaltar mit seinen goldgedrechselten Säulen wurde ein Junge getauft, der am 7. März 1875 in der Maison San Estebenia der Rue Pocalette geboren worden war: Maurice Ravel. Mit seiner Komposition Boléro begeistert er bis heute die Welt.

Wenig weiter erhebt sich neben dem Rathaus der Fronton. Rund um die Prellwand für das Pelota-Spiel findet ihr im Schatten von Platanen Bars und Restaurants wie Maitenia, wo chipirons und Thunfisch mittags auf dem Teller liegen.

Jeden Donnerstag, außer in der Hauptsaison Juli/August, laden die Wirte beim Fronton zum Pintxo Pote. Dies ist eine Gelegenheit für alle, Tapas zu essen und gemeinsam etwas zu trinken und einen angenehmen Moment zu erleben.

“Der nahe Brunnen aus dem Jahr 1676 war einst die Hauptquelle für fließendes Wasser im Zentrum und ein beliebter Ort für einen ausgiebigen Dorfklatsch”, erzählt Myriam Tonati von den Villes d’Art et d’Histoire.

Seit 2016 gehört die Bucht, die Ciboure und Socoa mit Saint-Jean-de-Luz vereint, zum Verband der Kunst- und Geschichtsstädte. Myriam besitzt den Schlüssel, der euch von hoch oben den schönsten Ausblick auf die drei Orte und ihr Umland bietet.

Knarrend öffnet sich die Tür der Tour de Bordagain. Das Seezeichen erhebt sich am Standort der einstigen Kirche Notre-Dame de Bordagain. Im 14. Jahrhundert wurde der Turm Teil einer Verteidigungsanlage, die Hafen und Stadt schützte.

Heute gehört er zu den wenigen Orten, die einen schönen 360°-Blick auf den Atlantik, die Bucht von Saint-Jean-de-Luz und die Bergspitzen der Pyrenäen am Horizont eröffnen.

Zu Fuß, mit dem Fahrrad oder im eigenen Fahrzeug erreicht ihr innerhalb weniger Minuten entlang der D912 Socoa mit seinem Sandstrand.

Da dort ein Seedeich die Wellen “bricht”, ist er besonders bei Familien mit Kindern beliebt. Am Kai vermieten mehrere Wassersportshops Katamarane, Jollen, Optimisten und Auslegerboote, die am Strand liegen.

Wer mag, kann sich dort auch die Ausrüstung zum Tauchen, Schnorcheln oder Stand-Up-Paddling ausleihen. Zwischen den Jollen und Jachten im Hafen von Socoa sind bis heute auch die kleinen, bunten Batteleku-Boote vertäut.
Die fünf bis sechs Meter langen Holzboote waren einst die kleinsten mit Segel und Ruder betriebenen Fischerboote der Basken.

Heute werden sie fast nur noch bei Heimatfesten, Festivals oder sportlichen Wettkämpfen eingesetzt. Bei der Teink-Trophy müssen die Ruderer mit ihrem Batteleku die Strecke von Getxo bis Saint-Jean-de-Luz auf dem Meer zurücklegen.

In die alten Lagerhäuser sind heute Boutiquen, Bars und Lokale gezogen, die vor allem eines auf der Karte führen: bestes Seafood und allerfrischesten Fisch.

Das Wahrzeichen von Socoa ist ein wuchtiges Fort, dessen Bau 1627 begann. Später ließ es Vauban zum Schutz des Hafens von Socoa und der Bucht ausbauen. Diese Aufgabe erfüllte das Fort bis ins 19. Jahrhundert.
Später von der Armee, Zollbehörden, vom Baskischen Yacht-Club und als Ferienlager genutzt, untersucht heute eine europäische Universität dort das Meer.

Ein Hingucker am Seedeich sind seine riesigen Betonblöcke, die die Kraft des Meeres brechen und den Deich vor Erosion schützen sollen. Dafür werden jedes Jahr seit 1984 etwa dreißig Blöcke im Meer versenkt. Mehr als 20.000 Blöcke schützen so bereits die Deiche von Artha und Socoa versenkt. Jeder dieser 20 Kubikmeter-Riesen wiegt 50 Tonnen.

Zu Wasser gelassen werden sie mit zwei Booten, die ein Eisenrahmen verbindet. Dort wird der Block befestigt, bis er hinter dem Deich platziert ist.
Wer beim Spazierengehen genau hinschaut, sieht auf einigen Blöcken weiße Fliesen. Unter diesen Kacheln befinden sich Sensoren und Chips, die per Satellit verraten, wie sich die Blöcke im Laufe des Jahres bewegen.

Ciboure: meine Reisetipps
Alaia


Seit 2017 verwöhnt Küchenchefin Charlotte Reinling mit Blick auf die Bucht mit einer kleinen, feinen wie frischen Karte und köstlichen Tapas.
• 19, Rue de la Fontaine, 64500 Ciboure, Tel. 05 40 07 15 02, www.facebook.com/atalaiarestaurant
Boulangerie de l’Océane

Die Baguettes und Brioche von Laurine Devanne sind die besten weit und breit.
• 3, Rue Pocalette, 64500 Ciboure, Tel. 05 59 47 06 36, www.facebook.com
Chez Pantxua
Seit 60 Jahren ist Kochen hier Familientradition. Gegründet von Gabrielle und Pantxua, heißt euch heute die dritte Generation willkommen und verwöhnt euch mit echter Baskenküche.
Probiert den berühmten Bellota-Schinken, den typischen Tintenfisch a la plancha oder eine zarte Txuleta. Das baskische T-Bone-Steak wird, rund fünf Zentimeter dick, normalerweise blutig oder höchstens medium rare serviert. Ein Traum für Steakliebhaber!
• 37, Avenue du Commandant Passicot, 64500 Ciboure, Tel. 05 59 47 13 73, https://chez-pantxua.fr
Chez Mattin

Ttorro heißt die Spezialität von Michel Niquet, Küchenchef des Chez Mattin. Sein Großvater hat die Cibourer Fischsuppe erfunden!
• 63, Rue Evariste Baignol, 64500 Ciboure, Tel. 05 59 47 19 52, www.chezmattin.fr
Maitenia
Gegrillte Sardinen, Thunfisch und Cidre, der mit langem Arm aus der Flasche ins tief gehaltene Glas eingeschenkt wird: Maitenia ist drinnen wie draußen ein rustikaler, einfach schöner Ort fürs Mittagsessen.
• 8, Place du Fronton, 64500 Ciboure, Tel. 05 40 39 26 03, www.facebook.com/maitenia
Marché du Dimanche
Jeden Sonntag morgen gastiert von 8 bis 13 Uhr ein bunter Wochenmarkt mit vielen lokalen Produzenten auf der Place Camille Jullian im Herzen der Altstadt.
Egiategia

2008 war Emmanuel Poirmeur noch Visionär. Heute hat der Pionier eine Fangemeinde für seine ungewöhnlichen Weine: Er lässt sie im Atlantik vinifizieren. Mehrere Monate verbringen die Trauben in 15 Meter Tiefe und vergären in der Bucht auf ganz natürliche Weise.

Heute findet man seinen Wein nicht nur in den Restaurants der Region, sondern auch in Paris. Das ganze Jahr über könnte ihr bei Kellertouren hinter die Kulissen blicken und die Weine verkosten.
• 5Bis, Chemin des Blocs, 64500 Ciboure, Tel. 05 59 54 92 27, www.egiategia.fr
Aktiv
Atlantic Pirogue
Wave Rafting, Stand-Up-Paddling, Meerkayak und Pirogen-Törns: Worauf habt ihr Lust?
• Port de Socoa, 64500 Ciboure, Tel. 05 59 47 21 67, www.atlantic-pirogue.com

Schlafen
Hôtel La Caravelle
In einem Stadthaus aus dem 19. Jahrhundert birgt dieses Hotel Zimmer unterschiedlicher Kategorien – einige besitzen Meerblick. Der Empfang ist freundlich, das WLAN nicht überall gut.
• 1, Boulevard Pierre Benoît, 64500 Ciboure, Tel. 05 59 47 18 05, www.hotellacaravelle-stjeandeluz.com

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