Rot, weiß, grün: Die baskischen Nationalfarben – vereint auf der Fassade. Foto: Hilke Maunder
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Ciboure: der Charme der kleinen Schwester

Nur eine Brücke trennt Ciboure von Saint-Jean-de-Luz. Von dieser berühmten Brücke hat Ciboure (baskisch: Ziburu) seinen Namen. Und doch: Am linken Ufer der Nivelle, die dort in den Atlantik mündet, taucht ihr ein in eine völlig andere Welt.

Beschaulicher und weniger trubelig als am anderen Ufer verläuft das Leben in Ciboure. Volkstümlicher. Und doch gediegen. Großzügige Wohnviertel haben den Hang erobert. Von ihren weißen Häusern mit Ziegeldächern eröffnent sich traumhafte Ausblicke auf die Baie de Saint-Jean-de-Luz.

Der Blick auf Ciboure von Saint-Jean-de-Luz. Foto: Hilke Maunder
Der Blick auf Ciboure von Saint-Jean-de-Luz. Foto: Hilke Maunder

Vom Meer geprägt

Ciboure ist genauso vom Fischfang geprägt wie der bekannte Nachbar am Nordufer. Auch Ciboure mit seinen 6.250 Einwohnern war schon immer auf das Meer ausgerichtet. Bis ins letzte Jahrhundert hinein waren Fischfang und Fischkonservenherstellung die Lebensgrundlage für die gesamte Bevölkerung.

Das Meer hat das Leben und die Geschichte des Dorfes geprägt und ist nach wie vor fest im Leben der Einwohner verwurzelt, auch, wenn die Wirtschaft heute stärker auf den Tourismus und den Dienstleistungssektor setzt.

Ein Fischer kehrt zurück in den Hafen von Ciboure. Foto: Hilke Maunder
Ein Fischer kehrt zurück in den Hafen von Ciboure. Foto: Hilke Maunder

Unterwegs im alten Zentrum

Aus dem Gewirr der tonfarbenen Dächer ragt die église Saint-Vincent auf. Im 14. Jahrhundert im Barockstil erbaut, weist sie dennoch typische Merkmale des Labourd auf. Labourd ist eine der historischen baskischen Provinzen des französischen Baskenlandes. Ihr Name verweist auf die alte Hauptstadt Lapurdum, das heutige Bayonne.

Die église Saint-Vincent von Ciboure. Foto: Hilke Maunder
Die église Saint-Vincent von Ciboure. Foto: Hilke Maunder
Der Zugang zur Pfarrkirche. Foto: Hilke Maunder
Der Zugang zur Pfarrkirche. Foto: Hilke Maunder
Das Kirchenschiff wurde als umgedrehtes Schiff errichtet - das ist typisch für die Kirchen des Labourd. Foto: Hilke Maunder
Das Kirchenschiff wurde als umgedrehtes Schiff errichtet – das ist typisch für die Kirchen des Labourd. Foto: Hilke Maunder

Dazu gehören neben den bootsförmigen Votivgaben, welche die Fischer der Jungfrau zum Schutz auf ihren Fahrten auf dem Meer darbrachten, auch die hölzernen Galerien, die einst nur den baskischen Männern vorbehalten waren.

Der Altar mit der Jungfrau Maria. Foto: Hilke Maunder
Der Altar mit der Jungfrau Maria. Foto: Hilke Maunder
Das Taufbecken von Maurice Ravel. Foto: Hilke Maunder
Das Taufbecken von Maurice Ravel. Foto: Hilke Maunder

In dieser Kirche mit Steinkreuz auf dem Parvis und ihrer Jungfrau Maria auf dem Hochaltar mit seinen goldgedrechselten Säulen wurde ein Junge getauft, der am 7. März 1875 in der Maison San Estebenia der Rue Pocalette geboren worden war: Maurice Ravel. Mit seiner Komposition Boléro begeistert er bis heute die Welt.

Baskische Lebensart

Wenig weiter erhebt sich neben dem Rathaus der Fronton. Rund um die Prellwand für das Pelota-Spiel findet ihr im Schatten von Platanen Bars und Restaurants wie Maitenia, wo chipirons und Thunfisch mittags auf dem Teller liegen.

Das baskische Nationalsysmbol lauburu mit seinen vier "Köpfen". Foto: Hilke Maunder
Das baskische Nationalsysmbol lauburu mit seinen vier „Köpfen“. Foto: Hilke Maunder

Jeden Donnerstag, außer in der Hauptsaison Juli/August, laden die Wirte beim Fronton zum Pintxo Pote. Dies ist eine Gelegenheit für alle, Tapas zu essen und gemeinsam etwas zu trinken und einen angenehmen Moment zu erleben.

Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

„Der nahe Brunnen aus dem  Jahr 1676 war einst die Hauptquelle für fließendes Wasser im Zentrum und ein beliebter Ort für einen ausgiebigen Dorfklatsch“, erzählt Myriam Tonati von den Villes d’Art et d’Histoire.

Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Aussichtsreiche Ville d’Art et d’Histoire

Seit 2016 gehört die Bucht, die  Ciboure und Socoa mit Saint-Jean-de-Luz vereint, zum Verband der Kunst- und Geschichtsstädte. Myriam besitzt den Schlüssel, der euch von hoch oben den schönsten Ausblick auf die drei Orte und ihr Umland bietet.

Die Hafeneinfahrt von Ciboure. Foto: Hilke Maunder
Die Hafeneinfahrt von Ciboure. Foto: Hilke Maunder

Knarrend öffnet sich die Tür der Tour de Bordagain. Das Seezeichen erhebt sich am Standort der einstigen Kirche Notre-Dame de Bordagain. Im 14. Jahrhundert wurde der Turm Teil einer Verteidigungsanlage, die Hafen und Stadt schützte.

Heute gehört er zu den wenigen Orten, die einen schönen 360°-Blick auf den Atlantik, die Bucht von Saint-Jean-de-Luz und die Bergspitzen der Pyrenäen am Horizont eröffnen.

Der Ausblick von der Tour de Bordagain. Foto: Hilke Maunder
Der Ausblick von der Tour de Bordagain. Foto: Hilke Maunder

Socoa – das Strandviertel

Zu Fuß, mit dem Fahrrad oder im eigenen Fahrzeug erreicht ihr innerhalb weniger Minuten entlang der D912 Socoa mit seinem Sandstrand.

Da dort ein Seedeich die Wellen „bricht“, ist er besonders bei Familien mit Kindern beliebt. Am Kai vermieten mehrere Wassersportshops Katamarane, Jollen, Optimisten und Auslegerboote, die am Strand liegen.

Der Strand von Socoa. Foto: Hilke Maunder
Der Strand von Socoa. Foto: Hilke Maunder

Bunte Batteleku

Wer mag, kann sich dort auch die Ausrüstung zum Tauchen, Schnorcheln oder Stand-Up-Paddling ausleihen. Zwischen den Jollen und Jachten im Hafen von Socoa sind bis heute auch die kleinen, bunten Batteleku-Boote vertäut.

Die fünf bis sechs Meter langen Holzboote waren einst die kleinsten mit Segel und Ruder betriebenen Fischerboote der Basken.

Auch SUP-Boards warten am Strand auf euch! Foto: Hilke Maunder
Auch SUP-Boards warten am Strand auf euch! Foto: Hilke Maunder

Heute werden sie fast nur noch bei Heimatfesten, Festivals oder sportlichen Wettkämpfen eingesetzt. Bei der Teink Trophy müssen die Ruderer seit 1993 mit ihrem Batteleku die Strecke von Getxo bis Saint-Jean-de-Luz auf dem Meer zurücklegen.

In die alten Lagerhäuser sind heute Boutiquen, Bars und Lokale gezogen, die vor allem eines auf der Karte führen: bestes Seafood und allerfrischesten Fisch.

Das Fort von Socoa

Das Fort von Socoa. Foto: Hilke Maunder
Das Fort von Socoa. Foto: Hilke Maunder

Das Wahrzeichen von Socoa ist ein wuchtiges Fort, dessen Bau 1627 begann. Später ließ es Vauban zum Schutz des Hafens von Socoa und der Bucht ausbauen. Diese Aufgabe erfüllte das Fort bis ins 19. Jahrhundert.

Später von der Armee, Zollbehörden, vom Baskischen Yacht-Club und als Ferienlager genutzt, untersucht heute eine europäische Universität dort das Meer.

Der Aufgang zum Seedeich. Foto: Hilke Maunder
Der Aufgang zum Seedeich. Foto: Hilke Maunder

Ein Hingucker am Seedeich sind seine riesigen Betonblöcke, die die Kraft des Meeres brechen und den Deich vor Erosion schützen sollen.

Dafür werden jedes Jahr seit 1984 etwa dreißig Blöcke im Meer versenkt. Mehr als  20.000 Blöcke schützen so bereits die Deiche von Artha und Socoa versenkt. Jeder dieser 20 Kubikmeter-Riesen wiegt 50 Tonnen.

Die Betonblöcke werden vor Ort hergestellt. Foto: Hilke Maunder
Die Betonblöcke werden vor Ort hergestellt. Foto: Hilke Maunder

Intellligente Blöcke

Zu Wasser gelassen werden sie mit zwei Booten, die ein Eisenrahmen verbindet. Dort wird der Block befestigt, bis er hinter dem Deich platziert ist. Wer beim Spazierengehen genau hinschaut, sieht auf einigen Blöcken weiße Fliesen. Unter diesen Kacheln befinden sich Sensoren und Chips, die per Satellit verraten, wie sich die Blöcke im Laufe des Jahres bewegen.

Abends in der Rue Pocalette. Foto: Hilke Maunder
Abends in der Rue Pocalette. Foto: Hilke Maunder

Der Wein des Atlantik

Emmanuel Poirmeur voin Egiategia braucht keine Sensoren, sondern sieht es beim Öffnen der Plastikcontainer: Wenn es blubbert, sind seine Weine gut. Der Wahl-Baske ist der erste Winzer in Frankreich, der seine Weine für die zweite Gärung unter Wasser gären lässt – 15 Meter tief im Atlantik.

Anfangs in Betoncontainern, heute weißen Polymerbehältern, versenkt er per Boot die 300-Liter-Fässer vor Socoa an der baskischen Küste im Meer, wo sie Taucher verankern.  Dort reift er – und entwickelt Kohlendioxid. Leicht perlend kommt er so in Rot, Rosé und Weiß in die Flasche. Und  wer in der Bucht paddelt, schnorchelt oder tauscht, sieht die Weinfässer in der Tiefe hell leuchten. Erfahrt hier mehr!

In diesen Behältern kommt der Wein in die Tiefe. Foto: Hilke MaunderMaunder
In diesen Behältern kommt der Wein in die Tiefe. Foto: Hilke MaunderMaunder

Ciboure: meine Reisetipps

ALAÏA

Die Terrasse des ALAÏA. Foto: Hilke Maunder
Die Terrasse des ALAÏA. Foto: Hilke Maunder

Seit 2017 verwöhnt Küchenchefin Charlotte Reinling mit Blick auf die Bucht mit einer kleinen, feinen wie frischen Karte und köstlichen Tapas.
• 2, Allée André Hiriart, 64500 Ciboure, Tel. 05 40 07 15 02, www.facebook.com/atalaiarestaurant

Boulangerie de l’Océane

Die Baguettes und Brioche von Laurine Devanne sind die besten weit und breit.
• 3, Rue Pocalette, 64500 Ciboure, Tel. 05 59 47 06 36, www.facebook.com

Die buttrigen Brioches von Laurine gibt es nicht nur als grote Kastenbrote, sondenr auch als kleine Singles - pur oder mit Schokostückchen. Foto: Hilke Maunder
Die buttrigen Brioches von Laurine gibt es nicht nur als grote Kastenbrote, sondenr auch als kleine Singles – pur oder mit Schokostückchen. Foto: Hilke Maunder

Chez Pantxua

Seit 60 Jahren ist Kochen hier Familientradition. Gegründet von Gabrielle und Pantxua, heißt euch heute die dritte Generation willkommen und verwöhnt euch mit echter Baskenküche.

Probiert den berühmten Bellota-Schinken, den typischen Tintenfisch a la plancha oder eine zarte Txuleta. Das baskische T-Bone-Steak wird, rund fünf Zentimeter dick, normalerweise blutig oder höchstens medium rare serviert. Ein Traum für Steakliebhaber!
• 37, Avenue du Commandant Passicot, 64500 Ciboure, Tel. 05 59 47 13 73, www.facebook.com/people/Chez-Pantxua

Chez Mattin

Ttorro heißt die Spezialität von Michel Niquet, Küchenchef des Chez Mattin. Sein Großvater hat die Cibourer Fischsuppe erfunden!
• 63, Rue Evariste Baignol, 64500 Ciboure, Tel. 05 59 47 19 52, www.chezmattin.fr

Der Fischeintopf Ttoro im Chez Mattin. Foto: Hilke Maunder
Der Fischeintopf Ttoro im Chez Mattin. Foto: Hilke Maunder

Maitenia

Gegrillte Sardinen, Thunfisch und Cidre, der mit langem Arm aus der Flasche ins tief gehaltene Glas eingeschenkt wird: Maitenia ist drinnen wie draußen ein rustikaler, einfach schöner Ort fürs Mittagsessen.
• 8, Place du Fronton, 64500 Ciboure, Tel. 05 40 39 26 03, www.facebook.com/maitenia

Eine Vorspeise im Maitena. Foto: Hilke Maunder
Eine Vorspeise im Maitena. Foto: Hilke Maunder

Marché du Dimanche

Jeden Sonntag morgen gastiert von 8 bis 13 Uhr ein bunter Wochenmarkt mit vielen lokalen Produzenten auf der Place Camille Jullian im Herzen der Altstadt.

Egiategia

Emmanuel Poirmeur von Egategia. Foto: Hilke Maunder
Emmanuel Poirmeur von Egategia. Foto: Hilke Maunder

2008 war Emmanuel Poirmeur noch Visionär. Heute hat der Pionier eine Fangemeinde für seine ungewöhnlichen Weine:  Er lässt sie im Atlantik vinifizieren. Mehrere Monate verbringen die Trauben in 15 Meter Tiefe und vergären in der Bucht auf ganz natürliche Weise.

Heute findet man seinen Wein nicht nur in den Restaurants der Region, sondern auch in Paris. Das ganze Jahr über könnte ihr bei Kellertouren hinter die Kulissen blicken und die Weine verkosten.
•  5 Bis, Chemin des Blocs, 64500 Ciboure, Tel. 05 59 54 92 27, www.egiategia.fr

Der Arbeitsablauf der Weinherstellung bei Egiategia. Foto: Hilke Maunder
Der Arbeitsablauf der Weinherstellung bei Egiategia. Foto: Hilke Maunder

Aktiv

Atlantic Pirogue

Wave Rafting, Stand-Up-Paddling, Meerkayak und Pirogen-Törns: Worauf habt ihr Lust?
• Port de Socoa, 64500 Ciboure, Tel. 05 59 47 21 67, www.atlantic-pirogue.com

Hier könnt ihr schlafen

Hôtel La Caravelle

In einem Stadthaus aus dem 19. Jahrhundert birgt dieses Hotel Zimmer unterschiedlicher Kategorien – einige besitzen Meerblick. Der Empfang ist freundlich, das WLAN nicht überall gut.
• 1, Boulevard Pierre Benoît, 64500 Ciboure, Tel. 05 59 47 18 05, www.hotellacaravelle-stjeandeluz.com

Das baskische Nationalsysmbol lauburu mit seinen vier "Köpfen". Foto: Hilke Maunder
Das baskische Nationalsysmbol lauburu mit seinen vier „Köpfen“. Foto: Hilke Maunder

Noch mehr Betten*

 

Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Weiterlesen

Im Blog

Mehr zu Saint-Jean-de-Luz am anderen Ufer der Nivelle erfahrt ihr in diesem Beitrag.

Im Buch

Marcus X. Schmid, Südwestfrankreich*

Der freie Reisejournalist Marcus X. Schmid hat für alle, die gerne auf eigene Faust unterwegs sind, den besten Reisebegleiter verfasst: sachlich, mit viel Hintergrund, Insiderwissen und Tipps, und dennoch sehr unterhaltsam und humorvoll.

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