Clos de Vougeot. Foto: Hilke Maunder
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Clos de Vougeot: Grand Cru in XXL

Der Clos de Vougeot gehört zu den bekanntesten Weinlagen Burgunds, vielleicht sogar der Welt. Mehr als 900 Jahre ist der Weinberg alt – und tief verwurzelt in der Geschichte eines mittelalterlichen Ordens, der so gar nicht für Genuss und Lebensart berühmt war.

Schlicht, schmucklos und karg: Askese war die Maxime der Zisterzienser. Doch in den dunklen Kellern ihrer Klöster kultivierten sie vollendeten Sinnesgenuss: Wein. Cîteaux und seine Kloster-Töchter machten im 12. und 13. Jahrhunderten die sanften Flanken der Côte d’Or, des „Gold-Hanges“, zum Garten Eden des Pinot Noir.

Weingüter mit großen Lagen entstanden in Aloxe, Beaune, Fixin, Gevrey, Gilly, Pernand und Savigny. Doch zum Synonym für die Spitzentropfen der Zisterzienser wurden zwei Orte: Vougeot und Meursault.

Clos de Vougeot. Foto: Hilke Maunder
Rebenreihen des Clos de Vougeot. Foto: Hilke Maunder

Die Mönche der Abtei von Cluny waren die ersten gewesen, die einen Weinberg im Mâconnais in kleine Einzel-Parzellen eingeteilt hatten. Das Kloster von Cîteaux machte es zur Methode.

Seine Mönche studierten genau Mikroklima und Bodenbeschaffenheit der jeweiligen Lagen, klassifizierten sie – und schufen daraus jene berühmten climats de Bourgogne. Als Ursprung dieser climats gilt der Clos de Vougeot. 

Der Urvater der Climats?

Die climats sind spezifische Teilstücke von Weinbergslagen oder Appellationen mit einzigartigen geologischen und klimatischen Eigenschaften, die jeweils einen eigenen Namen und eine lange Geschichte haben. Climats kommen vor allem in Burgund vor und flossen dort auch in die Klassifizierung ein. Seit 2015 gehören die burgundischen climats zum Welterbe der UNESCO.

Der Clos de Vougeot ist eine der bekanntesten Grand Cru-Lagen Burgunds. Auf seiner Rebfläche von rund 50 Hektar repräsentiert er eine ganze Reihe von climats. Diese climats haben jeweils ihre eigenen einzigartigen Eigenschaften und tragen zur Vielfalt und Komplexität der Weine bei, die aus dem Clos de Vougeot produziert werden.

Größte Grand-Cru-Lage Burgunds

Clos Vougeot. Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Doch nicht nur der Terroir-Gedanke und die Cru-Klassifizierungen gehen auf die Zisterzienser zurück. Die Mönche experimentierten damals schon mit neuen Techniken des Rebschnitts, der Veredelung und der Weinbereitung. Und da sie zu den wenigen gehörten, die damals schreiben konnten, konnten sie ihre Erkenntnisse auch für die Nachwelt festhalten.

Fast 700 Jahre lang kelterten die Zisterzienser in Burgund Spitzenweine. Den ältesten Weinberg der Zisterzienser findet ihr in Meursault: den Vieux Clos du Château de Cîteaux. Er wurde dem Orden im Gründungsjahr 1098 vom Herzog von Burgund geschenkt. Heute bewirtschaftet ihn Philippe Bouzereau. Und die Mönche waren die ersten, die im Burgund, genauer gesagt im Chablis, Chardonnay anbauten. Andere Spuren der Zisterzienser sind diskreter.

In Beaune birgt ihr einstiger Keller heute ein Restaurant. Blagny war die Zisterzienser-Scheune. Von dort aus wurde der Montrachet im Süden die Côte de Beaune bewirtschaftet, ein steiniger, nach Südost ausgerichteter Weinberg. Doch die Zisterzienser wussten, welchen Schatz er barg: Adern von rotbrauner Erde.

Sie sorgen dafür, dass, so bemerkte Stendhal staunend, diese „recht hässliche Bergkuppe einen so großen Wein hervorzubringen imstande ist“.

Clos Vougeot. Foto: Hilke Maunder
Der Blick in den Innenhof des Renaissance-Gutes des Château du Clos de Vougeot. Foto: Hilke Maunder

Eine wechselvolle Geschichte

Im Laufe des 12. Jahrhundert erwarben die Zisterziensermönche das Land des Clos de Vougeot und bauten eine Mauer um das gesamte Anwesen – daher auch der Name clos für eingezäuntes Grundstück. Seine Weinberge wurden im Jahr 1336 fertiggestellt und dienten als Flaggschiff-Weinberg der Zisterzienser.

Sein weltberühmtes château setzte Dom Losier, der 48. Abt von Cîteaux, im Jahr 1551 mitten ins bereits damals berühmte Rebenland. Die Eleganz seines Herrenhauses im Stil der Renaissance stand in starkem Kontrast zum Stil der ursprünglichen Gebäude. Strenge und Askese gepaart mit urbaner Lebenskunst: Das Château du Clos de Vougeot hatte seine perfekte und bis heute unveränderte Form gefunden.

Im Zuge der Französischen Revolution wurden 1789 alle Klostergüter konfisziert und verkauft, ein Jahr später der Orden wegen „Nutzlosigkeit“ aufgelöst.

Clos Vougeot. Foto: Hilke Maunder
Detail im Innenhof des Château du Clos de Vougeot. Foto: Hilke Maunder

Die Klostergebäude verfielen. Nicht so der Weingarten, der Clos de Vougeot. Dessen Kellermeister wurde beauftragt, die Güter zum „Schutze der Nation“ zu verwalten. Trotzdem wäre der Clos du Vougeot beinahe für immer aus der Grand-Cru-Landschaft Burgunds verschwunden.

 Im Jahr 1818 kaufte Ouvrard das Château und die Weinberge von Clos de Vougeot. Er war ein wohlhabender Bankier und Weinliebhaber, dem auch der Romanée-Conti-Weinberg gehörte.

1889 kaufte der Weinhändler Léonce Bocquet das Weingut und das Château, das sich zu dieser Zeit in einem desolaten Zustand befand. Bouquet leitete Renovierungs- und Restaurierungsarbeiten am Château ein und rettete es vor weiterem Verfall.

Clos Vougeot. Foto: Hilke Maunder
Im Museum des Château du Clos de Vougeot. Foto: Hilke Maunder

Er brachte auch das Weingut auf Vordermann und sorgte dafür, dass der Clos de Vougeot wieder in die Liga der besten und bekanntesten Weinlagen zurückkehrte. An sein Engagement für das Anwesen erinnert heute die Zufahrt zum Château, die nach ihm benannt wurde.

1944 wurde das Kloster der Weinbrüderschaft Confrerie du Tastevin übertragen, die im Château ihren Sitz hat und wohl die berühmteste Weinbruderschaft der Welt ist. Sie führt jedes Jahr am dritten Novemberwochenende die weltberühmte wie wohltätige Weinversteigerung Les Trois Glorieuses (die drei Ruhmreichen) durch.

Die erste der Glorieuses wird im Château du Clos de Vougeot gefeiert, bevor es am Sonntag mit der größten Wein-Charity-Auktion der Welt in den Hospizen von Beaune weitergeht und  am Montag mit der Paulée de Meursault endet. Seit 1947 steht das Weinkloster unter Denkmalschutz.

Clos Vougeot. Foto: Hilke Maunder
In der Scheune des Château du Clos de Vougeot sind die riesigen Pressen des Weingutes ausgestellt. Foto: Hilke Maunder

Rund 80 Weinbauern besitzen die Lage Clos de Vougeot. Doch nur François Labet vinifiziert seine Weine innerhalb des Château du Clos de Vougeot und baut sie dort aus. Ihm gehören fünf Hektar Land – und damit zehn Prozent des Weinbergs.

Die 124 Parzellen des Clos du Vougeot erstrecken sich auf insgesamt 50,96 Hektar in der AOP Vougeot. Das macht ihn nach Corton und Corton-Charlemagne zum größten Grand Cru in Burgund. Seine Weine sind etwas für das große Portemonnaie: Der Flaschenpreis beginnt bei 180 Euro.

Sein Schloss birgt ein sehr anschauliches Museum zum zisterziensischen Weinbau. Ihr findet es mitten im Rebenland der 1.247 Parzellen Burgunds, die mit ihrem jeweils  einzigartigen Terroir Geschmack und Geschichte, Boden und Ausbau widerspiegeln. Geht nach dem Besuch dort einmal noch spazieren!

Clos Vougeot. Foto: Hilke Maunder
Der Herbst zieht ein in den Clos de Vougeot und färbt das Laub bunt. Foto: Hilke Maunder

Die berühmten Eier des Clos de Vougeot

Das Château du Clos de Vougeot ist nicht nur weltberühmt für seinen Wein, sondern Frankreichs Hauptstadt des œuf en meurette. Seit 1953 werden diese pochierten Eier in Rotweinsoße bei jedem im Schloss organisierten Essen serviert. Bei jedem Empfang variiert das Menü, nur das Ei steht stets auf der Speisekarte.

Küchenchefin Alexandra Bouvret schaffte es im Jahr 2021, 1200 perfekt pochierte œuf en meurette in nur fünf Minuten, ihren 600 Gästen zu servieren. Seit 2018 veranstaltet das Schloss alljährlich Anfang Oktober das championnat du monde de l’œuf en meurette – eine Weltmeisterschaft des berühmten Eies aus Burgund mit Verkostungen und Wettbewerben für Amateure und Profis.

Œufs en meurette. Foto: Thomas Müller
Œufs en meurette. Foto: Thomas Müller

Die berühmten Eier Burgunds standen auch am 3. November 2021 auf der Karte, als die damalige Kanzlerin Angela Merkel im Rahmen ihres Abschiedsbesuchs in Frankreich das Château du Clos de Vougeot zusammen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron besuchte.

Nach einem außergewöhnlichen Konzert des Virtuosen Alexandre Kantorow im Grand Cellar erhielten die beiden Staatsoberhäupter von der Confrérie des Chevaliers du Tastevin das Insignium des Großoffiziers des Tastevin. Gefeiert wurde diese Auszeichnung mit einem Gala-Dîner im alten Speisesaal des Schlosses, bei dem ihnen ein besonderes Menü mit großartigen burgundischen Weinen serviert wurde. Das Rezept zum Nachkochen der berühmten Eier gibt es hier.

Drehort für einen Kultfilm

Vougeot: Der Wein und der Wind.

Vier Jahre zuvor, 2017, hatte ein abendfüllender Kinofilm das berühmte château und die climats der Bourgogne zum Schauplatz einer bewegenden Familiengeschichte gemacht. Ce qui nous lie* nannte Cédric Klapisch seinen Film. Als Der Wein und der Wind* kam er in die deutschen Kinos.

Der Inhalt ist rasch erzählt:  Es ist Spätsommer im Burgund, und die Weinernte steht bevor. Der dreißigjährige Jean (Pio Marmaï) kehrt nach vielen Jahren der Funkstille auf das idyllische Familienweingut zurück. Sein Vater liegt im Sterben.

Seine Geschwister Juliette (Ana Girardot) und Jérémie (François Civil), die das Gut in der Zwischenzeit aufrechterhalten haben, können jede Unterstützung gebrauchen.

Clos Vougeot. Foto: Hilke Maunder
Eine beschlagene Tür des Weingutes Clos de Vougeot. Foto: Hilke Maunder

So wie sich jedes Erntejahr nach den Jahreszeiten richtet, erkennen die Geschwister, dass manch offene Wunden auch über die Jahre hinweg nicht heilen. Gemeinsam müssen sie entscheiden, ob die Familientradition weitergeführt werden soll oder jeder seinen eigenen Weg geht.

Clos Vougeot. Foto: Hilke Maunder
Das Château du Clos de Vougeot wurde während der Renaissance erbaut. Foto: Hilke Maunder

Mit dem Wandel der Jahreszeiten folgt Regisseur Cédric Klapisch (L´Auberge espagnole-Trilogie, „So ist Paris“) dem Beziehungsgeflecht dreier ungleicher Geschwister.

In den Hauptrollen sind Pio Marmaï („Nathalie küsst“), Ana Girardot („Escobar – Paradise Lost“) und François Civil („Molière“, „Das bessere Leben“, „Frank“) zu sehen.

Clos Vougeot. Foto: Hilke Maunder
Ein Innenhof des Château du Clos de Vougeot. Foto: Hilke Maunder

Gedreht wurde auf der Domaine Roulot in Meursault. Der Besitzer des Weinguts, Jean-Marc Roulot, ist nicht nur Bio-Winzer, sondern wirkt auch als Schauspieler im Film mit – in einer Nebenrolle als Marcel, der den Geschwistern zur Seite steht.

Die Dachlandschaft des Clos Vougeot. Foto: Hilke Maunder
Die Dachlandschaft des Château du Clos de Vougeot . Foto: Hilke Maunder

Clos de Vougeot: meine Reise-Infos

Château du Clos de Vougeot

Seit 2007 ist das Klostergut Gastgeber des Festivals Musique et Vin, wo im Juni nach der Weinverkostung schon im Innenhof Klassik von Ravel, Schubert, Debussy, Liszt und Mendelssohn erklang. Das Programm wechselt jährlich!
• La Montagne, 21640 Vougeot, Tel. 03 80 62 86 09, www.closdevougeot.fr

Route des Grands Crus

Die Champs-Élysées des Burgunds verbindet seit 1937 insgesamt 37 Weinorte zwischen Dijon und Santenay. Das Weinland lässt sich auch per Rad auf der Voie des Vignes oder beim Wandern auf dem 87 Kilometer langen Chemin des Grands Crus entdecken.

Bourgogne Greeters

Ehrenamtlich führen Einheimische als Bourgogne Greeters zu den schönsten Ecken ihrer Heimat. Die Gästeführer arbeiten unentgeltlich, freuen sich aber über ein Trinkgeld.
• www.bourgogne-greeters.fr

Clos Vougeot. Foto: Hilke Maunder
Vor den Rebenreihen stehen Rosen. Sie sind Frühindikatoren für Krankheiten im Weinberg. Foto: Hilke Maunder

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Im Blog

Alle Beiträge aus dem Département Côte-d’Or vereint diese Kategorie. Mehr zum Wein gibt es in dieser Kategorie.

Im Buch

Hilke Maunder, Burgund*

Hilke Maunder, BurgundNach Le Midi habe ich auch Burgund intensiv erkundet. Viele Wochen lang habe ich zusammen mit dem Fotografen Thomas Müller Schneckenzüchtern, Käsemachern, Viehzüchtern, Winzern und anderen lokalen Produzenten, männlich, weiblich oder divers, über die Schulter geschaut. Wir haben Märkte und Manufakturen besucht und vielen Köchen in die Töpfe geguckt.

Vom einzigen Dreisternekoch Burgunds, Éric Pras von der Maison Lameloise, über Alain Renaud, Küchenchef der Auberge Les Tilleuls in Vincerolles bis zu Julien Fuchey von der Auberge La Morvandelle in Tintry haben sie mir typisch burgundische Rezepte verraten.

Neben berühmten Klassikern wie Bœuf Bourguignon findet ihr unter den 80 authentischen Rezepten auch viele Gerichte, die seit Generationen in den Familien Burgunds tradiert wurden – und doch noch Geheimtipps sind. Wer die Speisen nachkochen möchte oder neugierig auf die Küche Burgunds ist, kann mein Reise-Koch-Erlebnisbuch hier* bestellen.

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