Gaillac mit der Klosterkirche Saint-Michel hoch über dem Tarn. Foto: Hilke Maunder
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Gaillac: die Heimat des Hahnenweins

Das südliche Tarntal zwischen Albi und Toulouse gehört zu den ältesten Weinbaugebieten Frankreichs. Bereits vor der Ankunft der Römer wurden rund um Gaillac Reben gekeltert.

Zeugnis geben davon Töpferfunde aus dem 2. Jahrhundert vor Christus, die bei Montans am linken Tarnufer gefunden wurden.

Alte Rebsorten

Das Weinbaugebiet im Winter. Foto: Hilke Maunder
Das Weinbaugebiet im Winter. Foto: Hilke Maunder

Auf den sanft gewellten Hügeln zwischen den Ufern des Tarn und den Kalkböden bei Cordes-sur-Ciel werden bis heute vorwiegend alte autochthone Rebsorten angebaut. Mauzac, Duras, Braucol und Len de l’El sind nur in diesen Lagen von Gaillac zu finden.

Braucol

Die Rebsorte Braucol liefert körperreiche Rotweine, Foto: Hilke Maunder
Die Rebsorte Braucol liefert körperreiche Rotweine, Foto: Hilke Maunder

Diese rote Rebsorte ist im gesamten Südwesten Frankreichs daheim, wo sie auch Fer Servadou heißt. Im Anbaugebiet Gaillac ist sie mit 22,4 Prozent Anteil im Weinberg die rote Haupttraube. Sie ergibt reiche, körperreiche Weine mit Aromen von schwarzen Früchten, Gewürzen und erdigen Noten.

Duras

Ein Wein aus der alten Sorte Duras. Foto: Hilke Maunder
Ein Wein aus der alten Sorte Duras. Foto: Hilke Maunder

Nach der Stadt Duras ist diese dunkelhäutig rote Rebsorte benannt, die vollmundige, tanninhaltige Weine mit Aromen von Brombeeren, schwarzen Johannisbeeren und Gewürzen hervorbringt. Duras wird oft mit anderen Rebsorten wie Braucol verschnitten und wächst auf 17,4 Prozent der Rebfläche.

Mauzac

Diese weiße Rebsorte ist eine der ältesten und mit 31 Prozent die wichtigste Rebsorten in der Region Gaillac. Sie besitzt einen hohen Säuregehalt und apfelähnliche Aromen. Sortenrein gibt es sie kaum. Meist wird sie mit anderen Rebsorten verschnitten – bei trockenen Weinen ebenso wie bei Süß- oder  Schaumweinen.

Len de l’El (Loin de l’Œil)

Fern vom Auge, aber nah dran am allerbesten Genuss in Weiß: Loin de l'Oeil. Foto: Hilke Maunder
Fern vom Auge, aber nah dran am allerbesten Genuss in Weiß: Œil. Foto: Hilke Maunder

Fast nur in der AOP Gaillac findet ihr diese weiße Rebsorte, die 31,3 Prozent in den Rebgärten stellt – und damit fast genauso viel wie der Mauzac. Sie bringt aromatische, blumige Weine mit Aromen von Pfirsich, Aprikose und Honig hervor.

Len de l’El wird vorwiegend für die Herstellung von süßen Weinen aus der Spätlese verwendet, eignet sich aber auch für trockene und halbtrockene Weine.

Himmlische Wurzeln

Die Abtei Saint-Michel von Gaillac. Foto: Hilke Maunder
Die Abtei Saint-Michel von Gaillac. Foto: Hilke Maunder

Als offizieller Beginn des  Weinbaus nach ersten Wurzeln in der Antike gilt die Gründung der Benediktinerabtei Saint-Michel im Jahr 972. Rasch avancierte die Abtei zum Zentrum des Weinbaus.

Die Benediktinermönche bauten auf den Ländereien der Abtei nicht nur Wein für den Eigenbedarf an, sondern auch für den Verkauf an die umliegenden Gemeinden.

Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich die Abtei Saint-Michel zu einem bedeutenden Weinproduzenten des Gaillac, kaufte immer mehr Weinberge auf – und produzierte im 18. Jahrhundert jährlich mehr als 500.000 Liter Wein.

Eine alte Weinpresse der Abtei von Gaillac. Foto: Hilke Maunder
Eine alte Weinpresse der Abtei von Gaillac. Foto: Hilke Maunder

Legendär: der vin du coq

Der Exportschlager der Abtei Saint-Michel war ein Rotwein mit recht ungewöhnlichen Reifungstechnik: der vin du coq.

Dieser „Hahnenwein“ ist eine Cuvée aus mehreren Rebsorten, darunter Duras, Braucol und Syrah. Mindestens drei Jahre lang reift er in Eichenfässern, bevor er in die Flaschen kommt.

Im Mittelalter exportierte sie den vin du coq aus Gaillac sogar nach England und in die Niederlande. Bereits im 13. Jahrhundert legte Raymond VII., Graf von Toulouse, eine Qualitätscharta für Gaillac-Weine fest.

Während dieses Reifungsprozesses setzten einst die Winzer aus Gaillac einen Hahn auf das Fass, um die Oxidation zu verhindern. Zugleich diente der Hahn auf dem Fass als Zeichen für Qualität.

Ein gesunder, lebhafter Hahn galt als Zeichen für einen guten Wein, während ein kranker oder schwacher Hahn auf einen minderwertigen Wein hinwies.

Showcase der AOP

Das Weinzentrum der Abtei Saint-Michel in Gaillac. Foto: Hilke Maunder
Das Weinzentrum der Abtei Saint-Michel in Gaillac. Foto: Hilke Maunder

Heute birgt die Abtei Saint-Michel ein Weinzentrum, das neben Verkostungen auch Führungen durch die historischen Weinkeller und Weinberge der Abtei anbietet.

Im Ausschank sind nicht nur Tropfen der Abtei, sondern nahezu aller führenden Winzer der AOC – Genossenschaften und andere Großbetriebe ebenso wie unabhängige Winzer.

Die besten Winzer aus Gaillac

Die Auswahl in der Wein-Boutique ist groß – und köstlich. Foto: Hilke Maunder
Die Auswahl in der Wein-Boutique ist groß – und köstlich. Foto: Hilke Maunder

Gaillac ist rot. 174.350 Hektoliter Rotwein wandern jedes Jahr in der AOC Gaillac auf die Flasche. Das entspricht rund 23 Millionen Flaschen. Nur neun Millionen Flaschen der AOC Gaillac enthalten Weißwein, sechs Millionen Flaschen einen Rosé.

Domaine Plageoles

Dieses Weingut in Familienbesitz gehört seit 1805 zu den angesehensten und innovativsten Erzeugern in der AOC Gaillac. Es ist bekannt für seineKonzentration auf einheimische Rebsorten, biologische und biodynamische Anbaumethoden und einzigartige Weinbereitungstechniken
•  Durantou, 81140 Cahuzac-sur-Vère, Tel. 05 63 33 90 40, www.vins-plageoles.com

Domaine d’Escausses

Auf halbem Weg zwischen der Bischofsstadt Albi und dem mittelalterlichen Dorf Cordes-sur-Ciel findet ihr das Weingut der Familie Balaran. Sie vinifiziert auf zwei Terroirs in Gaillac.

Jean-Marc kümmert sich in Sainte-Croix um die Domaine d’Escausses, seine Tochter Aurélie in Cahuzac-sur-Vère um das Château L’Enclos des Roses.
• 32, Route de la Salamandrié, 81150 Sainte-Croix, Tel. 05 63 56 80 52, https://famillebalaran.com

Château Lastours

Dieses historische Weingut stammt aus dem 13. Jahrhundert und produziert eine Reihe von Spitzenweinen, darunter Rot-, Weiß- und Roséweine. Es ist bekannt für die Anwendung traditioneller Weinbereitungstechniken und sein Engagement für Nachhaltigkeit.
• Lastours, 81310 Lisle-sur-Tarn, Tel. 05 63 57 07 09, www.chateau-lastours.com

Domaine Causse Marines

Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Das Weingut Causses Marines gehört zu den Pionieren des  biodynamischen Weinbaus in Frankreich. Zahlreiche Winzer, die heute so produzieren, nennen dieses Weingut immer wieder als Vorbild – oder haben sogar dort gearbeitet.

Winzer Patrice Lescarret und sein Team verbinden bei ihrer Arbeit  biodynamische Praktiken mit  traditionellen Kellertechniken. Sie folgen einem Mondkalender, um zu bestimmen, wann die Reben gepflanzt, geerntet und in Flaschen abgefüllt werden, und sie verwenden natürliche Präparate wie Kompost und Kräutertees, um den Boden zu düngen und die Reben vor Krankheiten zu schützen.

Ihre Weinstöcke sind fast ausschließlich lokale, endemische Rebsorten wie Mauzac, Len de l’El und Braucol.
• Le Causse, 81140 Vieux, Tel. 05 63 33 98 30, https://causse-marines.com

Domaine du Moulin

Auf beiden Ufern des Tarn erstrecken sich auf 38 Hektar die Weinberge der Familie Hirissou, die sie seit drei Jahrhunderten berarbeitet – handwerklich wie einst.
• Chemin des crêtes, 81600 Gaillac, Tel. 05 63 57 20 52, www.ledomainedumoulin.com

Domaine des Terrisses

Seit vielen Generationen lebt die Familie Cazottes im Herzen ihres Weinguts. Als Alain Cazottes 1984 die Nachfolge seines Vaters antrat, begann er die Umstellung auf nachhaltigen Anbau. Unkraut bespielsweise wird seitdem nur unter den Rebreihen auf Basis von Blattdünger bekämpft.
• 249, chemin des Terrisses, 81600 Gaillac, Tel. 09 50 27 11 38, www.domainedesterrisses.fr

Altes Fachwerk prägt das Herz der Bastide Lisle-sur- Tarn. Sie war einst die einzige Bastide des Südwestens mit einem Hafen! Foto: Hilke Maunder
Altes Fachwerk prägt das Herz von Lisle-sur-Tarn. Sie war einst die einzige Bastide des Südwestens mit einem Hafen! Foto: Hilke Maunder

Dies sind nur einige Beispiele für die vielen außergewöhnlichen Winzer des Gaillac. Mit seiner langen Geschichte und seiner Vielfalt an Rebsorten ist Gaillac eine AOC, die auch weiterhin einige der spannendsten und innovativsten Weine Frankreichs hervorbringt.

Aus dem Grün der Rebfläche erheben sich Taubenhäuser und Pinien. Sanft gewellt ist das Land, beschaulich und weit.

Verschifft wurden die Weinfässer von den beiden Häfen Lisle-sur-Tarn und Rabastens. Letzterer prägte eine bis heute beliebte Redensart. Être entre Gaillac et Rabastens heißt im Volksmund „betrunken sein“. Und das kann leicht passieren. Denn nicht nur die Tropfen des Moulin Hirissou, der Rot-, Rosé- und Weißweine trocken wie süß herstellt, sind köstlich.

Blick über den Tarn auf Rabastens. Foto: Hilke Maunder

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Gaillac: Die Fassaden der Rue Portal. Foto: Hilke Maunder
Die Fassaden der Rue Portal von Gaillac. Foto: Hilke Maunder

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Im Blog

Albi am Tarn. Foto: Hilke Maunder
Albi am Tarn. Foto: Hilke Maunder

Albi

Nicht weit von Gaillac entfernt findet ihr im Tarn-Tal die alte Bischofsstadt Albi. Mehr zum Welterbe mit dem Beinamen la rouge erfahrt ihr hier.

Rauf aufs Rad im Tarntal

Durch das Tarntal führt eine Radwanderroute. Hier erfahrt ihr mehr!

Die Radroute im Tarn-Tal. Foto: Hilke Maunder
Die Radroute im Tarn-Tal bei Trébas-les-Bains. Foto: Hilke Maunder

Im Buch

Mein Reiseführer-Tipp: Midi-Pyrénées*

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Ihr findet darin 80 Rezepte von der Vorspeise bis zum Dessert, Produzentenportaits, Hintergrund zu Wein und Craftbeer, Themenspecials zu Transhumanz und Meer – und viele Tipps, Genuss à la Midi vor Ort zu erleben. Wer mag, kann meine 80 Sehnsuchtsrezepte aus Südfrankreich hier* online bestellen.

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