Welterbe: das Loire-Tal der Schlösser. Hier: Schloss Villandry. Foto: Hilke Maunder
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Villandry & Co.: Frankreichs schönste Küchengärten

Vive le potager – und nicht nur in Villandry! Der Renaissancedichter Ronsard schrieb eine Ode an den Kopfsalat. Voltaire wurde im potager zum Philosophieren angeregt. Küchengärten sind in Frankreich nicht schnöde Nutzgärten, sondern wahrhafte Kunstwerke der Tischkultur, die eine gewaltige Blüte erleben.

Blumen, Kraut und Rüben werden dort so kunstvoll komponiert und arrangiert, dass selbst glanzvolle Schlösser vor ihnen verblassen.

Doch nicht beim Château de Villandry. Das Schloss südwestlich von Tours ist für mich das schönste der vielen noblen Residenzen an der Loire.

Von außen lässt das Château de Villandry kaum ahnen, was für ein Juwel es ist! Foto: Hilke Maunder
Von außen lässt das Château de Villandry kaum ahnen, was für ein Juwel es ist! Foto: Hilke Maunder

Seit fast 500 Jahren ist das weitläufige Anwesen ein strenges, dann wieder verspieltes, überraschendes Gesamtkunstwerk aus Architektur und Gartenkunst.

Das meinen auch die 330.000 Besucher, die jährlich durch die Anlagen von Villandry spazieren. Sie hievten damit Château et Jardins de Villandry auf Platz drei der beliebtesten Loire-Schlösser gleich nach Chambord und Chenonceau. Villandry ist das letzte große Renaissanceschloss im Loire-Tal. Und berühmt für seine Gärten.

Die Gartenseite vom Château de Villandry. Foto: Hilke Maunder
Die Gartenseite vom Château de Villandry. Foto: Hilke Maunder

Das grüne Trio von Villandry

Was mich an Schloss Villandry begeistert, sind besonders die Außenanlagen. Schaut bei der Schlossbesichtigung einmal durch die Fenster.

Von oben ist die geometrische Anlage, die sich im Lauf der Jahreszeiten immer wieder verändert, am besten zu erkennen.

Der Küchengarten des Château de Villandry. Foto: Hilke Maunder
Der Küchengarten des Château de Villandry. Foto: Hilke Maunder

Joaquín Carvallo restaurierte das kunstvolle grüne Gartenreich im 19. Jahrhundert und führte das Ensemble auf die ursprüngliche Anlage zurück.

Sie besteht aus drei Ebenen: dem Küchengarten ( jardin potager ), dem Ziergarten ( jardin d’ornement ) und dem Wassergarten ( jardin d’eau ). Schilder erklären zwischen den ornamental gestutzten Blumen und Büschen Herkunft und Bedeutung der Pflanzen

Château de Villandry: die Buchsbaumhecken des ornamentalen Ziergartens. Foto: Hilke Maunder
Château de Villandry: Die Buchsbaumhecken des ornamentalen Ziergartens. Foto: Hilke Maunder

Frankreichs schönster potager

Jedes Jahr werden in Villandry 250.000 Blumen- und Gemüsestecklinge in den Gewächshäusern gezogen und per Hand in die Beete gesetzt, die niedrige Buchsbaumcarrees einrahmen.

80.000 Gemüsepflanzen fassen sie ein. Aneinander gereiht, ergäben sie eine Strecke von 52 Kilometern Länge! Zweimal im Jahr, im März und im Juni, werden sie nach sorgsam ausgeklügelten Plänen bepflanzt. Für Spannung im Beet sorgen Kontraste der Farben, Blattstrukturen und Wuchshöhe.

Blütenrausch in Blau-Lila. Foto: Hilke Maunder
Blütenrausch in Blaulila im Schlosspark des Château de Villandry. Foto: Hilke Maunder

Gartenkunst mit Gemüse

Besonders schön präsentiert sich Villandry am Morgen oder späten Nachmittag, wenn das niedrig stehende Licht die Farben zum Leuchten bringt. Dann leuchten die Stiele des Ziermangolds in tiefem Rot, bilden die breiten Blätter des Bleu de Solaise-Lauchs silbrig-violette Kontraste. Salat setzt von Laubfroschgrün bis Bronzerot Akzente.

Der Küchengarten des Château de Villandry. Foto: Hilke Maunder
Château de Villandry: Kohl-Kunst. Foto: Hilke Maunder

Dann brechen skurril geformte Kürbisse die strenge geometrische Ordnung auf. Kürbis, verrät die Infotafel, steht für Fruchtbarkeit.

Der Kohl hingegen symbolisiert sexuelle Verdorbenheit. Und wurde doch reichlich angepflanzt – als Hausmittel bei Kater….

❤  Im Gartenshop auf dem Schlossgelände gibt es von vielen Sorten, die dort gepflanzt sind, Samen für daheim! Und mein Lieblingsschloss liegt direkt am Loire-Radweg!

Der Blick vom Schloss auf den Küchengarten des Château de Villandry. Foto: Hilke Maunder
Der Blick vom Schloss auf den Küchengarten des Château de Villandry. Foto: Hilke Maunder

Der Tomaten-Garten

Ganz in der Nähe von Villandry findet ihr das Schloss Bourdaisière. Es hat was ganz Besonderes zu bieten.  Sein zwei Hektar großer Gemüsegarten Goût et Saveurs ist ausschließlich der Tomate gewidmet. Prinz Louis-Albert de Broglie liebt die Tomate in ihren vielen Formen und Farben und hat das Gemüse zur Kultfrucht gemacht.

In La Bourdaisière in Montlouis-sur-Loire  pflanzte er 1992 die ersten 40 Tomatensorten. Einige Jahre später waren es schon fast 600 – von den rund zehntausend Arten, die es auf der Erde gibt.

Tomaten in Hülle und Fülle, alte Sorten und alle Farben findet ihr in Frankreich Foto: Hilke Maunder

Im Tomatenkonservatorium werden mehr als 400 Sorten angebaut. In den ehemaligen Marställen könnt ihr sie verkosten – auch als Konfitüre oder Senf!

Probiert einmal das „Blondköpfchen“, eine Kirschtomate mit ihren bis zu 80 zwei bis drei Zentimeter großen Früchten. Oder die vom Aussterben bedrohte Sorte San Marzano, die besonders fleischige und kernarme Früchte ausbildet.

Bei Mr. Piper gedeiht die Tomate als grüne Kugel. Green Zebra kommt rund und grün-gelb panaschiert daher. Ihre großen Früchte bringen rund 120 Gramm auf die Waage und sind sehr würzig und saftig.

La Roche-Guyon: Im Küchengarten des Herzogsschlosses reifen die Äpfel. Foto: Hilke Maunder
Im Küchengarten des Herzogsschlosses von La Roche-Guyon reifen die Äpfel. Foto: Hilke Maunder

Hier sind Kraut und Rüben König!

Le Potager du Roi

Fünf Jahre brauchte Jean Baptiste de la Quintinie, um bis 1683 schweres Marschland in den neun Hektar großen Küchengarten des Sonnenkönigs zu verwandeln – natürlich mit den geliebten Erbsen des Herrschers.

Um an Spalieren und in 30 Gärten das ganze Jahr hindurch frisches Obst und Gemüse für den Hof zu züchten, experimentierte de la Quintie erfolgreich. Er brachte Früchte früher zur Reife und schaffte es, dass selbst Exoten in Versailles gediehen.

Der einstige Küchengarten des Sonnenkönigs ist inzwischen um ein Drittel geschrumpft. Heute liefern die 20 Gärten 50 Tonnen Obst und 20 Tonnen Gemüse. Und dabei nicht Mainstreamgenüsse von heute, sondern vor allem aus alten Sorten des 17. bis 19. Jahrhunderts. Wer gerne kocht, kann es in der Boutique du Potager du Roi erwerben!
• 10, rue du Maréchal-Joffre, 78000 Versailles, Tel. 01 39 24 62 62, www.potager-du-roi.fr

Auf seinen Mauern erzählt der Potager du Roi seine Geschichte. Foto: Hilke Maunder

Auf seinen Mauern erzählt der Potager du Roi seine Geschichte. Foto: Hilke Maunder

Château de Miromesnil

Ein potager wie ein jardin de curé – mit Nantaiser Karotten, feuerroten Étampes-Kürbissen, St-Saëns-Kohlköpfen und dicken Bohnen.
• 76550 Tourville-sur-Arques, www.chateaumiromesnil.com

La Maison des Champs de Pierre Corneille

Sorten aus dem 17. Jahrhundert birgt der einstige potager des Dramatikers Pierre Corneille.
• 502, rue Pierre-Corneille, 76650 Petit-Couronne, Tel. 02 35 68 13 89, http://museepierrecorneille.fr

Château du Val Joanis

Weingut, Landhausgarten und Barockgarten in einem ist der Garten des provenzalischen Weinguts von Val Joanis. Der potager nimmt eine Terrasse des Jardin Remarquable ein. Hier habe ich den besonderen Garten vorgestellt.
 2404, route de Villelaure, 84120 Pertuis, Tel.  04 90 79 20 77, www.val-joanis.com

Val Joanis. Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

So schmeckt es aus dem Potager!

La Galinette 

Was Christophe Comes in der Küche verarbeitet, hat er meistens selbst gezogen – mehr als 50 Tomatensorten, aber auch Auberginen, Zucchini, große und kleine Kürbisse, Fenchel, Gewürze und vielerlei Kräuter wachsen in seinem potager. Aus ihnen zaubert der junge Sternekoch erfindungsreich mediterrane Hochgenüsse.
• 23, rue Jean Payra, 66000 Perpignan, Tel. 04 68 35 00 90, www.restaurant-galinette.com

Eine Aubergine samt Blüte und Frucht. Foto: Hilke Maunder
Eine Aubergine samt Blüte und Frucht. Foto: Hilke Maunder

Auberge La Fenière

Die Natur inspiriert mich. Ich nehme mir Zeit, die rohen und natürlichen Elemente ganz bewusst zu schmecken. Und lasse meinen Inspirationen und allen Ideen, die mir so kommen, freien Lauf. Beim Kochen freue ich mich schon, wie diese Nahrung meinem Körper Freude bereitet, wie eine kleine Welle lebendiger Zutaten der Natur Zellen und Neuronen zum Tanzen bringt, anstatt sie einzuschläfern!

Cuisine Libre, freie Küche, nennt Spitzenköchin Nadia Sammut von der Auberge La Fenière ihre Kochphilosophie. Ihre Unterkunft sei daher auch mehr als ein Hotel mit zwölf Zimmern, sagt Madame Sammut. Sie versteht es als eine Residenz, in der man sich vom Küchengarten bis zur Kultur bewusst ernährt und ernährt wird.
• 1680, route de Lourmarin, 84160 Cadenet, Tel. 04 90 68 11 79, www.aubergelafeniere.com

Le Potager du Nebbio 

Auf großen Tischen unter alten Oliven servieren Sophie und Jeremy Verdeau-Pollini, Bio-Bauern seit 2006, sonntags Köstlichkeiten vom eigenen Hof: gegrilltes Lamm im Kräutermantel der Macchia, Huhn, Kalb und vegetarische Gerichte mit unglaublichen Aromen und Gewürzen.
• Paladese, route de San Griolo, 20217 Saint-Florent, Tel. 06 17 17 45 53, www.facebook.com/Le-Potager-du-Nebbio

La Chassagnette

Auch ein Brunnen plätschert im Küchengarten. Foto: Hilke Maunder
Auch ein Brunnen plätschert im Küchengarten des Restaurants La Chassagnette. Foto: Hilke Maunder

20 Kilometer südlich von Arles, nur einen Katzensprung von der Rhône und dem Naturreservat der Sümpfe von Vigueirat entfernt, versteckt sich im Herzen der Provence seit 2006 La Chassagnette. Das Gourmet-Lokal ist mehr als ein Bio-Restaurant: eine Oase für das Genießen mit allen Sinnen.

Schlendert durch den Garten, entdeckt alte, vergessene Sorten, schnuppert den Duft frischer Früchte, die Aromen der Kräuter und Gewürze, riecht an den Blumen, lasst eure Sinne wandern und taucht ein in dieses grüne Paradies, ehe ihr euch an den Tisch setzt, der im Sommer unter Lauben voller Wein und farbiger Blüten gedeckt ist.

Im Küchengarten von La Chassagnette bei Arles. Foto: Hilke Maunder
Im Küchengarten von La Chassagnette bei Arles. Foto: Hilke Maunder

In der Küche wirbelt Armand Arnal. Und lässt sich von seinem Chefgärtner Claude Perinix inspirieren. 20 Meter von der Küche entfernt, baut er mit seinem Team auf drei Hektar Land mehr als 200 essbare Pflanzen an, 100 Prozent bio und ohne chemische Mittel und Pestizide.

Dort wachsen  im Rhythmus der Jahreszeiten Gemüse, Früchte, Blumen, Kräuter und Gewürze – mal alte, endemische Sorten, dann ferne Exoten, die Arnal auf seinen Reisen entdeckt hat. Was er morgens erntet, bestimmt mittags das Menü.

Beim Kochen lässt sich Arnal nicht nur von Frankreichs Küchentraditionen leiten, sondern auch von Spontaneität und Kühnheit. Kein Rezept ist in Stein gemeißelt, keine Technik verboten. Das gefiel den Testern des Guide Michelin 2015. Sie haben seitdem jedes Jahr einen Stern an den Meisterkoch vergeben.
• Mas de la Chassagnette, Chemin du Sambuc, 13200 Arles. Tel. 04 90 97 26 96, www.chassagnette.fr

Einer der Gärtnern des Küchengartens von La Chassagnette. Foto: Hilke Maunder
Einer der Gärtnern des Küchengartens von La Chassagnette bei Arles. Foto: Hilke Maunder

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Der Loire-Radweg. Foto: Hilke Maunder
Der Loire-Radweg. Foto: Hilke Maunder

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4 Kommentare

  1. Hallo liebe Hilke
    welche Freude über meine Lieblingsregion „La Loire“ zu lesen. Das Tomatenfest in Château Bourdaisiére ist immer wieder ein Highlight für mich. Ausprobieren, schmecken, Rezepte sammeln über tolle Gerichte, die man aus Tomaten herstellen kann. Das ist einmalig.
    War es spannend in den tollen Gärten von Villandry, dort habe ich mich in gelbe Oleander verliebt, die hier nur schwer zu bekommen sind. Danke, liebe Hilke, für diesen wunderbaren Bericht.
    Mit vielen Grüßen
    Huberta Jacobs

    1. Liebe Huberta, wie schön, das freut mich! Kennst Du die Gartenboutique von Villandry? Dort gibt es Hunderte Samen von alten Sorten und bei der Fête des Plantes auch Pflanzen zu kaufen. Herzliche Grüße! Hilke

  2. Wir sind jahrelang in unseren Ferien in die Bretagne gefahren und haben aufgrund der grossen Entfernung auf der Hin- und Rückreise immer Übernachtungshalt an der Loire gemacht. Natürlich mit dem Ziel ein uns noch unbekanntes Loire Schloss zu besichtigen. So kamen wir auch in den Genuss das Château Villandry und seine wunderschönen Gärten kennenzulernen. Übrigens hatten wir bei der Gelegenheit auch das Château Azay-le-Rideau angeschaut (auch wunderschön!) und in der Nähe einem Hôtel troglodytique (Höhlen-Hotel) übernachtet. Somit war dies ein rundherum gelungener Aufenthalt gewesen. Dein Bericht hat uns sofort dazu animiert die entsprechenden Fotoalben herauszunehmen und in Erinnerungen zu schwelgen. Danke vielmals dafür!

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