Anse Vata: das Longchamp von Nouméa
5.36 Uhr an der Anse Vata. Genau dann geht die Sonne über dem Pazifik aus, kriechen die ersten Strahlen durch den Vorhang meines Hotelzimmers – und beginnt ein spektakuläres Vogelkonzert. Aus den Wipfeln der Palmen und Banyan-Bäume tönt es mit einer solchen Lautstärke und in einer so großen Vielfalt, dass die erste Nacht auf Neukaledonien ein Ende hat, ich den Vorhang beiseite schiebe, die Balkontür aufschiebe … und überrascht denke: frisch.
„Wir haben noch Frühling“, sagt der Rezeptionist. „Da kannst Du bei 15-18 °Celsius noch herrlich bei offenem Fenster schlafen – um Weihnachten herum ist es dafür zu heiß. Da freust Du Dich dann über die Klimaanlage!“ Direkt vor dem Hotel erstreckt sich die Anse Vata.
Treffpunkt für Frühsportler
Um sechs Uhr morgens – und das an einem Sonnabend! – herrscht hier Hochbetrieb. Männer in knallig engen wie bunten Outfits rasen im Pulk auf Rennrädern an mir vorbei. Damen auf high heels führen ihre Hunde Gassi. Andere Frauen joggen. An den Trimm-Dich-Geräten stählt ein Insulaner seine Bauchmuskeln.
Auf dem schmalen Naturstrand, der die weite Palmenbucht säumt, verraten ein paar weiß-rote Flaggen, die neben Flaschen, Handtüchern und Rucksäcken liegen: Auch die Taucher sind schon unterwegs. Weiter entfernt, kraulen die Gäste eines Hotels durch die glasklaren Fluten, während Müllmänner die Tonnen leeren und mit jedem, der des Weges kommt, ein wenig plauschen. Auch Freestyler sind bereits in der ruhigen Bucht unterwegs. Draußen am Riff brechen Wellen, die im Winter mehr als drei Meter groß werden können.
Schlemmen auf Stelzen
Dort, wo die Bucht gen Osten endet, ragt ein hölzerner Steg weit ins Meer. Ein Angler hat dort seine Rute ausgeworfen, raucht und blickt über das Meer. Fischen ist Zen… Was die großen Kutter aus dem Korallenmeer ziehen, landet wenig weiter auf den Tellern eines Restaurants, das auf Stelzen über den flachen Fluten ruht. Mahi-Mahi, Langusten …Le Roof: fine dining à la Nouvelle-Caledonie mit allerbester Aussicht!
1859 erwarb Joseph Leclère zwölf Hektar lang an der Baie des Canards, wie sie damals noch hieß, und eröffnete ein Restaurant, das zum Treffpunkt der Hauptstadt wurde. „Hier liegt das Longchamp von Nouméa“, schwärmte Charles Lemire 1870. Um 1900 bekam der Glanz Risse. Erste évadés kampierten am Strand.
Frankreich reagierte und setzte eine Polizeistation an den Strand. Die Maßnahme zeigt Erfolg, die Gäste kehrten zurück. Zumal 1939 ein Haus dort an den Strand gesetzt wurde, das 1930 in La Coulée eröffnet worden war. 1936 von den Witt-Brüdern gekauft, abgebaut und umgesetzt, barg es zunächst Badekabinen für den Strand, den die Stadt hai-sicher gemacht hatte.
Legendär: Le Biarritz
1946 kaufte Charles Bonin die Villa, taufte sie Le Biarritz um, und ließ zur Seeseite eine Tanzterrasse anlegen. 1959 holte Ernest Maltagliati als neuer Besitzer italo-australische Tanzorchester zur Unterhaltung: Kein Nachtclub war damals legendärer. Le Biarritz war die Adresse der Nachtschwärmer. Bis 1992 ein Feuer den Club zerstörte.
Le Biarritz ist eine der Legenden und Geschichten, die Schautafeln entlang der Promenade vorstellen. Sie erinnern auch an Le Camp Barnes und Le Pentagone, das Hauptquartier der US-Streitkräfte im Pazifik während des Zweiten Weltkrieges.
Für Neukaledonien war die Ankunft der US-Amerikaner ein Kulturschock. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit bekam eine völlig neue Bedeutung.
Das Inselreich erwachte, erlebte während der Kriegsjahre eine unerwartete Blüte. Bis heute tragen Stadtviertel und Straßen die Namen von Amerikanern, die in Noumeá stationiert gewesen waren. Und das Bewusstsein vieler Insulaner verändert haben.
Anse Vata: meine Reise-Infos
Schlemmen
Chai de l’Hippodrome
Chai heißt im Französischen „Weinkeller“, und Wein ist hier Programm. Die Weinbar ist eine von sechs Dependancen des Bordelaiser Weinverbandes CVIB und gehört zum Netzwerk der École du Vin de Bordeaux.
Beim Interieur spielt Kunst von heute mit ausgefallen Unikaten und nostalgisch frankophilem Flair. Auf der Weinkarte dominieren zwar Bordelaiser Wein, doch auch andere Tropfen sind vertreten. Gut dazu passen die sehr üppigen planches mit charcuterie und magret de canard.
• 17, rue Louis Bleriot, Tel. +687 23 11 89, https://www.chaihippodrome.nc
Le Roof
Die Adresse der Anse Vata für frischeste Meeresküche: Fisch und Krustentiere vom Feinsten!
• 134, promenade Roger Laroque, Tel. +687 25 07 00, www.facebook.com/restaurantleroof
Stone Grill
Einfaches Straßenlokal mit leckeren Steaks und Seafood, das ihr auf dem heißen Stein nach Belieben garen könnt.
• 113, Promenade Roger Laroque, Tel.+687 24 03 24, www.facebook.com/StonegrillNoumea
Schlafen
Hilton Nouméa La Promenade
Die Viersterneanlage an der Promenade birgt ausschließlich gut ausgestattete Ferienwohnungen mit Hotelservice und Pool. La Terrasse serviert Thunfisch, Mahi-Mahi oder Rinderfilet zum Dîner.
• 109, promenade Roger Laroque, 98807 Nouméa, Tel. +687 24 46 00
Le Lagon
100 Meter vom Strand entfernt, birgt das 2009 komplett renovierte Hotel 62 kompakte Zimmer und 39 Studios mit moderner, praktischer Einrichtung.
• 149, route de l’Anse Vata, 98807 Nouméa, Tel. +687 26 12 55, https://lelagon.nc
Château Royal
Der ehemalige Club Med wandelte sich 2011 zum wohl schönsten Hotel der Bucht. Der 7-stöckige Komplex mit 108 Suiten liegt eingebettet in einen drei Hektar großen Tropengarten an der Anse Vata. Von den Balkonen und der Bar L’Escale habt ihr einen unverstellten Blick auf den Sonnenuntergang.
• 2018, route de l’Anse Vata, 98807 Nouméa, Tel. +687 29 64 00, https://www.hotelchateauroyal.nc/
Noch mehr Betten*
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Im Blog: Mein Neukaledonien-Special
Zur Einführung: Frankreich in der Südsee
Die Hauptstadt: Nouméa erleben: die Hauptstadt-Highlights
Nouméa: Die cases der Kanaken
Anse Vata: Das Longchamp von Nouméa
Îlot Maître: Die Spielwiese von Nouméa
Grande Terre: Der wilde Westen von Grande Terre
Grande Terre: PNR Rivière Bleue: das große Stauen
Île des Pins: Fast ein Paradies
Ouvéa: Bei den Kanaken
Neukaledonien: Das dürft ihr nicht verpassen!
Im Buch
Joseph Andras, Kanaky*
Dreimal hat bereits die südpazifische Inselgruppe Neukaledonien über ihre Unabhängigkeit von Frankreich abgestimmt. Bei jeder Abstimmung überwog knapp die Zustimmung zum Verbleib beim fernen Mutterland. Einer der führenden Figuren der kanakischen Unabhängigkeitsbewegung war Alphonse Kahnyapa Dianou.
Er war einer der Anführer, die den Angriff militanter Kanak-Nationalisten auf die Gendarmerie von Fayaoué in Ouvéa am Freitag, dem 22. April 1988, geplant hatten. Die Aktion misslang. Sie führte zum Tod von vier Gendarmen, gefolgt von der Geiselnahme der anderen Gendarmen.
Alphonse Dianou und sein Bruder Hilaire flohen in den Norden und fanden schließlich Zuflucht in der „heiligen“ Höhle von Wateö, nicht weit vom Stamm der Gossanah entfernt. Dreizehn Tage später, am 4. Mai 1988, startete die Elite der Streitkräfte ihren Angriff, bei dem Dianou ums Leben kam. Seitdem ranken sich die widersprüchlichsten Legenden um dessen Tod.
Joseph Andras beginnt nachzuforschen, er reist an den Ort des Geschehens, trifft Dianous Witwe, Vertraute und Zeitzeugen. Die Erzählung beruht auf Aussagen der Kanak und stellt ihr Wort in den Mittelpunkt des Buches. Es besteht aus einem doppelten Erzählrahmen: 45 Kapitel berichten die Suche anhand von Zeugenaussagen und werden von 14 chronologischen Sequenzen unterbrochen, die den Ablauf des Angriffs und der Geiselnahme vom 22. April bis zur Erstürmung der Höhle am 5. Mai 1988 rekonstruieren.
Die Sequenz der 13 Tage der Ereignisse (22. April bis 5. Mai) verwebt die Wiedergabe der Zeugenaussagen aus den 45 Kapiteln. Die Wahl der Komposition verleiht der Erzählung Intensität und Dichte. Der Schreibstil ist eng an die Realität angelehnt.
Seine Notizen, Gespräche und Begegnungen verbindet Andras zu einem fesselnden Text, der in den Kern eines hier nur wenig bekannten Konflikts dringt. Andras erzählt vom Widerstand gegen die Kolonialmacht, von einer verdrängten Kultur und von einem Land, zerrissen im Kampf für einen unabhängigen Staat: Kanaky. Wer mag, kann den Doku-Roman hier* bestellen.
Birgit Weidt, Das Lächeln der Vergangenheit*
Eine Maske aus Holz, die ihr Großvater einst aus Neukaledonien mitgebracht hatte, wird zum Auslöser für eine Reise, bei der Birgit Weidt nicht nur die Kultur der Kanaken von Neukaledonien, sondern auch sich selbst besser kennenlernen.
Die freie Journalistin, die u.a. für DIE ZEIT schreibt, lernt auf Grande Terre den Stammeshäuptling Bergé Kawa kennen, der ihr gestattet, in seiner Dorfgemeinschaft mit seinen Ritualen, Ahnen, Geistern und Traditionen kennenzulernen. Dort lernt sie, warum man fremden Menschen nicht in die Augen sehen soll und warum Frauen ihre Altersfalten wie Schmuck zur Schau tragen.
Das Leben der Ureinwohner im Einklang mit der Natur: Mit ihrem Taschenbuch seid ihr hautnah mit dabei. Wer mag, kann den Band hier* online bestellen.
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Offenlegung
Neukaledonien entdeckte ich auf einer Pressereise, die ATOUT France mit ihren Partnern Nouvelle-Calédonie Tourisme, Air France und Aircalin organisiert hatte. Ihnen allen sage ich dafür merci und herzlichen Dank. Einfluss auf meine Blogberichte hat dies nicht. Ich berichte subjektiv, wie ich es erlebt habe, mache kein Merchandising und werde erst recht nicht für meine Posts bezahlt.