Île des Pins: Fast ein Paradies
Jenseits der Korallenstrände und türkisblauen Pazifikfluten lädt die Île des Pins zur Zeitreise in die Vergangenheit von Neukaledonien. In nur 25 Minuten bringt euch der einheimische Carrier Air Calédonie mit Propellermaschinen vom Typ ATR 72-600 von Nouméas Flughafen Magenta zur größten Insel im Süden von Neukaledonien.
Die Wahrzeichen des 130 Quadratkilometer großen Eilands sind die sehr gerade wachsenden Cook-Kiefern. Sie lieferten den europäischen Segeln zahlreiche Masten. James Cook zeichnete erste Karten und hinterließ der Nachwelt den offiziellen Namen der „Insel der Kiefern“. Cook betrat die Insel nicht, stellte aber fest, dass sie bewohnt war, weil er Rauch sah. Ebenfalls im 18. Jahrhundert hinterließen die ersten europäischen Entdecker ihre Reiseberichte.
Kunyie nennen die einheimischen Kanaken ihre Heimat. Eine Ringstraße mit Stichstraßen zu einzelnen Häusern, Ortschaften und Sehenswürdigkeiten macht es möglich, die Kieferninsel auch auf eigene Faust zu entdecken.
Mehrere markierte Wanderwege bringen euch zu Aussichtspunkten wie Pic N’Ga, mit 282 Metern der höchste (und einzige) Gipfel der Insel. Querfeldeinwandern ist nicht möglich! Alle Gebiete sind privat und gehören den acht Stämmen der Insel. Auch Hotelbetreiber können nur Anlagen erbauen, aber kein Land erwerben.
Oberhäuptling der 2000 Kanaken der acht Kunie-Stämme Vao, Youati, Ouatchia, Touété, Wapan, Gadji, Kéré und Comagna ist der Grand Chef Hilanion Vendegou. Er ist zugleich Bürgermeister der Inselhauptstadt Vao.
Den Eingang zu seinem Wohnhaus zieren Wächterfiguren, wie ihr sie auch auf Grande Terre bei der Hauptstadt Nouméa im kanakischen Kulturzentrum Tjibaou sehen könnt.
Missionare und Sandelholz-Händler
Die Wächter umgeben auch am Ortseingang der Inselhauptstadt Vao ein Denkmal, das an die Ankunft des katholischen Missionars Pater Goujon im Jahr 1848 erinnert.
In den 1840er-Jahren waren die ersten Missionare auf die Insel gekommen – erst die Protestanten, dann die Katholiken. Auch britische Kaufleute ankerten vor der Insel auf der Suche nach Sandelholz und richteten Handelsposten ein, ohne die Insel zu kolonialisieren. Das machten kurz darauf die Franzosen.
Der neue Oberste der Mission, Pater Goujon, verstand es gut, seine Interessen bei den Stammesfürsten durchzusetzen. Im September 1854 erhielt er die Religionsfreiheit und damit das Recht, den Katechismus zu unterrichten.
In alten Dokumenten heißt es, die Kouniés – die indigenen Einwohner der Île des Pins – konvertierten 1857 in Massen. Als die Kirche von Vao am 15. August 1860 gesegnet wurde, betrachtete Pater Goujon die Île des Pins als christianisiert und für den Katholizismus gewonnen.
Zur gleichen Zeit verließen die englischen Sandelholzhändler nach und nach die Insel, die keine Handelsmöglichkeiten mehr bot, während der vielversprechende Markt von Nouméa gerade erst eröffnet worden war.
Die Hölle auf Erden
Drei Jahrzehnte später – 1872 – sahen sich die Kunie-Kanaken vor vollendete Tatsachen gestellt: Ihre Insel war Verbannungsort geworden. Unter der Herrschaft von Samuel und Kanendjo, der Tochter von Kaoua Vandégou II. und besser bekannt als Königin Hortense, hatte Frankreich im Südwesten der Insel seine Strafkolonie errichtet.
Tausende Kommunarden aus Paris und algerische Berber wurden nach dem Kabylenaufstand von 1872 bis 1880 dorthin verfrachtet. 1873 waren bereits 2.560 Deportierte auf der Insel.
Eingepfercht wurden die Häftlinge im Bagne de l’Île des Pins. Zu zehnt hausten sie in den engen, vergitterten Zellen. Wegen Überfüllung wurden die Deportierten auch draußen in Ketten zur Nacht an ihren Kerker gefesselt. Tagsüber mussten sie in sengender Hitze Steine brechen. 1909 wurde das Gefängnis aufgegeben. Seitdem hat die Natur die Hölle im Paradies zurückerobert. Doch bedrückend, eindringlich und nachhaltig ist der Besuch bis heute.
Louise Michel und die Kommunarden
Auch „Anarchisten“ der Pariser Kommune wurden auf die Insel deportiert. An ihr Schicksal erinnert bei Ouro der Cimetière des Condamnés mit 240 Gräbern der Pariser Kommunarden.
Auch Louise Michel, eine der bekanntesten Kommunarden, war unter den Deportierten auf der Île des Pins. Louise Michel wurde am 29. Mai 1830 in Vroncourt-la-Côte, Haute-Marne, geboren und war vermutlich ein Bastard. Ihre Mutter war eine Dienstmagd, und ihr Vater war vermutlich der Sohn des Gutsherrn, bei dem ihre Mutter arbeitete.
Sie las mit Begeisterung die Werke von Voltaire und Rousseau, gründete das Vigilance Committee des 18. Arrondissements und war eine prominente Figur in der Frauenrechtsbewegung. Während der Pariser Kommune (18. März bis 28. Mai 1871) war sie eine der führenden Figuren. Sie diente als Krankenschwester und kämpfte an den Barrikaden. Sie war bekannt als die „rote Jungfrau von Montmartre“. Nach dem Fall der Kommune wurde sie verhaftet und 1873 nach Neukaledonien deportiert, wo sie bis 1880 in einer Strafkolonie lebte.
Während ihrer Zeit in Neukaledonien beschäftigte sich Michel mit der Kultur und Sprache der Kanak, der indigenen Bevölkerung und schrieb zwei Bücher über ihre Beobachtungen. Nach ihrer Begnadigung kehrte sie 1880 nach Frankreich zurück und setzte ihr politisches Engagement fort. Sie blieb bis zu ihrem Tod 1905 eine aktive Revolutionärin.
Die Naturwunder der Île des Pins
Ungleich idyllischer – und wahrhaft paradiesisch – sind die natürlichen Attraktionen der Insel. Dazu zählen besonders Tropfsteinhöhlen wie La Grotte de la Troisième, auch Grotte de Diable (Teufelsgrotte) genannt, und die Grotte d’Oumagne bei Touété, besser bekannt als Grotte de la Reine Hortense.
Man erzählt sich, dass die junge Kanak-Prinzessin Kanedjo, Tochter des großen Häuptlings Kaoua Vendégou, sich in dieser Höhle vor Verfolgern versteckt hat. Später wurde sie auf den Namen Hortense getauft, zu Ehren der Mutter Napoleon III. Dieser Name hat sich im Laufe der Zeit so eingebürgert, dass die Höhle heute meist unter diesem Namen bekannt ist.
In der Piroge durch die Baie d’Upi
An der Uferstraße von Vao gen Nordwesten warten Auslegerkanus auf Ausflügler. Auch Edmond fährt täglich mit seiner Piroge hinaus und schippert in der Baie d’Upi um die Kalksteinfelsen, die Fabelwesen gleichen.
Die Baie d’Upi erinnert mit ihren markanten Felsformationen ein wenig an die viel berühmtere Ha Long-Bucht in Vietnam – doch wie viel ruhiger und authentischer ist es noch hier!
Im leich milchigen, türkisblauen Wasser erkenne ich kleine Haie. Dann rudert eine Meeresschildkröte direkt am Boot vorbei.
An einem kleinen Naturstrand endet für uns nach fast zwei Stunden der Ausflug. Weiter geht es jetzt zu Fuß. Jérôme führt uns durch einen urtümlichen Wald, in dem Würgefeigen die dicken Stämme der Kuni-Bäume erobert haben, aus denen die Kanaken ihre Auslegerboote fertigen.
Nach einer halben Stunden haben wir einen kleinen Meeresarm erreicht. Im knietiefen, glasklaren Wasser laufen wir gen Osten, folgen dann einem Trampelpfad am Nordufer.
Die Piscine Naturelle der Île des Pins
So erreichen wir einen gleißend hellen Strand an einem länglichen Bassin, das eine Felsbarriere von den Meereswellen trennt. Als Piscine Naturelle der Baie d’Oro ist dieser Naturpool der Touristen-Magnet der Insel.
Und besonders unter Japanern bekannt, die in voller Montur die flachen Fluten durchwandern, Selfies machen, ihre Go-Pro-Kamera unter Wasser halten und versuchen, die farbenfrohen Fische, die sich zur Meerseite an der tiefsten Seite des Badebeckens tummeln, aufs Bild zu bannen.
Was neben bunten Fischen im Meer so lebt, kommt abends in den Restaurants auf den Tisch: Seafood vom Feinsten – große, saftige Langusten und die Escargots de l’Île des Pins, große Schnecken mit kleinem, feinen Muskelfleisch im Innern. Auch ihr Genuss ist ein kleines Stück vom Paradies…
Île des Pins: meine Reise-Infos
Schlemmen
Le Kou-gny
Nur wenige Schritte östlich von Le Méridien kommen Langusten frisch vom Grill: lecker!
• route d’Oro, Tel. +687 46 10 65
Schlafen
Le Méridien
Le Méridien gehört zu Marriott, und das merkt man auch bei dieser Anlage. Die Zimmer und Bungalows im gepflegten Palmengarten direkt an der Baie d’Oro sind geräumig und gut ausgestattet, haben schön große Betten und eine kleine Terrasse.
Das Animations- und Freizeitangebot ist reichhaltig, das Spa klein und fein. Nur beim Restaurant hätte ich mir gewünscht, dass Frankreich statt Amerika das Sagen hätte. Service und Qualität der Küche vom Hotelrestaurant La Pirogue haben noch Luft nach oben. Internet gibt es nur in der Lobby – das soll sich aber 2019 ändern.
• www.marriott.com
Ouré Lodge
Sehr engagiert führt der General Manager seine Lodge, zu der zehn Gartenzimmer, 17 tropische Bungalows und drei Strandbungalows mit vielen liebevollen Details gehören.
• www.facebook.com/OureLodge
Noch mehr Betten*
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Weiterlesen
Im Blog: Mein Neukaledonien-Special
Zur Einführung: Frankreich in der Südsee
Die Hauptstadt: Nouméa erleben: die Hauptstadt-Highlights
Nouméa: Die cases der Kanaken
Anse Vata: Das Longchamp von Nouméa
Îlot Maître: Die Spielwiese von Nouméa
Grande Terre: Der wilde Westen von Grande Terre
Grande Terre: PNR Rivière Bleue: das große Stauen
Île des Pins: Fast ein Paradies
Ouvéa: Bei den Kanaken
Neukaledonien: Das dürft ihr nicht verpassen!
Im Buch
Joseph Andras, Kanaky*
Dreimal hat bereits die südpazifische Inselgruppe Neukaledonien über ihre Unabhängigkeit von Frankreich abgestimmt. Bei jeder Abstimmung überwog knapp die Zustimmung zum Verbleib beim fernen Mutterland. Einer der führenden Figuren der kanakischen Unabhängigkeitsbewegung war Alphonse Kahnyapa Dianou.
Er war einer der Anführer, die den Angriff militanter Kanak-Nationalisten auf die Gendarmerie von Fayaoué in Ouvéa am Freitag, dem 22. April 1988, geplant hatten. Die Aktion misslang. Sie führte zum Tod von vier Gendarmen, gefolgt von der Geiselnahme der anderen Gendarmen.
Alphonse Dianou und sein Bruder Hilaire flohen in den Norden und fanden schließlich Zuflucht in der „heiligen“ Höhle von Wateö, nicht weit vom Stamm der Gossanah entfernt. Dreizehn Tage später, am 4. Mai 1988, startete die Elite der Streitkräfte ihren Angriff, bei dem Dianou ums Leben kam. Seitdem ranken sich die widersprüchlichsten Legenden um dessen Tod.
Joseph Andras beginnt nachzuforschen, er reist an den Ort des Geschehens, trifft Dianous Witwe, Vertraute und Zeitzeugen. Die Erzählung beruht auf Aussagen der Kanak und stellt ihr Wort in den Mittelpunkt des Buches. Es besteht aus einem doppelten Erzählrahmen: 45 Kapitel berichten über die Suche anhand von Zeugenaussagen und werden von 14 chronologischen Sequenzen unterbrochen, die den Ablauf des Angriffs und der Geiselnahme vom 22. April bis zur Erstürmung der Höhle am 5. Mai 1988 rekonstruieren.
Die Sequenz der 13 Tage der Ereignisse (22. April bis 5. Mai) verwebt die Wiedergabe der Zeugenaussagen aus den 45 Kapiteln. Die Wahl der Komposition verleiht der Erzählung Intensität und Dichte. Der Schreibstil ist eng an die Realität angelehnt.
Seine Notizen, Gespräche und Begegnungen verbindet Andras zu einem fesselnden Text, der in den Kern eines hier nur wenig bekannten Konflikts dringt. Andras erzählt vom Widerstand gegen die Kolonialmacht, von einer verdrängten Kultur und von einem Land, zerrissen im Kampf für einen unabhängigen Staat: Kanaky. Wer mag, kann den Doku-Roman hier* bestellen.
Birgit Weidt, Das Lächeln der Vergangenheit*
Eine Maske aus Holz, die ihr Großvater einst aus Neukaledonien mitgebracht hatte, wird zum Auslöser für eine Reise, bei der Birgit Weidt nicht nur die Kultur der Kanaken von Neukaledonien, sondern auch sich selbst besser kennenlernen.
Die freie Journalistin, die u.a. für DIE ZEIT schreibt, lernt auf Grande Terre den Stammeshäuptling Bergé Kawa kennen, der ihr gestattet, in seiner Dorfgemeinschaft mit ihren Ritualen, Ahnen, Geistern und Traditionen kennenzulernen. Dort lernt sie, warum man fremden Menschen nicht in die Augen sehen soll und warum Frauen ihre Altersfalten wie Schmuck zur Schau tragen.
Das Leben der Ureinwohner im Einklang mit der Natur: Mit ihrem Taschenbuch seid ihr hautnah mit dabei. Wer mag, kann den Band hier* online bestellen.
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Offenlegung
Neukaledonien entdeckte ich auf einer Pressereise, die ATOUT France mit ihren Partnern Nouvelle-Calédonie Tourisme, Air France und Aircalin organisiert hatte. Ihnen allen sage ich dafür merci und herzlichen Dank.
Einfluss auf meine Blogberichte hat dies nicht. Ich berichte subjektiv, wie ich es erlebt habe, mache kein Merchandising und werde erst recht nicht für meine Posts bezahlt.