Das Licht und die kräftigen Farben begeisterten die Maler immer wieder aufs Neue. Foto: Hilke Maunder
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Auf den Spuren von Cézanne & van Gogh

1839 wurde in der Rue de l’Opéra von Aix-en-Provence ein Maler geboren, der wie kein Zweiter die Impressionisten in den Süden lockte: Paul Cézanne. Aber auch Vincent van Gogh wurde vom Flair der Provence in den Bann gezogen – und war in Arles und Saint-Rémy-de-Provence ungeheuer produktiv.

In 30 Ölbildern und 45 Aquarellen hat Paul Cézanne die Montagne Sainte-Victoire in seinen Bildern verewigt. 1902, mit 63 Jahren, wechselte er zum allerletzten Mal sein Atelier und zog nach Les Lauves, um seinem Lieblingsmotiv noch näher zu sein.

Aix-en-Provence: das Atelier von Cézanne. Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Bis zu seinem Tod 1906 arbeitete der Maler in diesem Atelier der Stille und des Lichts. Dort schuf er Meisterwerke, die heute in den Museen der Welt hängen – darunter auch die letzten großen Badenden.

Aix-en-Provence: das Atelier von Cézanne. Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Für den Transport seiner großformatigen Tableaus ließ Cézanne neben den Atelierfenstern einen Schlitz in die Wand einbauen und mit einem Flaschenzug versehen. Sein Atelier ist bis heute unverändert – und gewährt ergreifende Einblicke in sein Leben und Werk. Mehr dazu findet ihr hier.

Schlemmen mit Zola

Mittags tafelte Cézanne mit seinem Freund Zola am Cours Mirabeau in einer Brasserie, die mit vergilbten Spiegeln, Lüstern, Stuck, Gold und Glanz bis zum zerstörischen Brand von Ende 2019 ein Schmuckstück der Belle Époque war: Les 2 Garçons.

Charmant mit Schnauzer: der Ober einer Brasserie. Foto: Hilke Maunder
Charmant mit Schnauzer: der Ober einer Brasserie. Foto: Hilke Maunder

Das einzige Portrait, das Cézanne je von Zola gemalt hat, hängt in Aix im Musée Granet – gemeinsam mit neun weiteren Werken des Malers. In den historischen Mauern hatte Cézanne von 1857 bis 1862 das Zeichnen gelernt.

Das alte Priorat des Malteserordens barg damals die kostenlose Zeichenschule der Stadt. Zeitlebens bannte ihn die Provence mit ihren Straßen, Orten, Landschaften und Menschen.

„Wenn man dort geboren wurde, ist es um einen geschehen, man kann sich für nichts anderes mehr begeistern“, sollte Cézanne in der Ferne später sagen. Denn wo er auch war, die tiefe Verbundenheit zur Provence sollte ihn stets begleiten.

Aix-en-Provence: das Atelier von Cézanne. Foto: Hilke Maunder
Äpfel – im Atelier von Cézanne schmücken sie drinnen wie draußen die Tische. Der Maler liebte sie als Motiv. Foto: Hilke Maunder

Malen im Freien: eine Innovation

Sein erstes Atelier richtete der junge Maler im alten Familiensitz Bastide du Jas de Bouffan ein. Im Erdgeschoss malte er Dutzende Wandgemälde. Gelegentlich stellt er seine Staffelei auch im Park, vor dem Haus oder an der Kastanienallee auf und malte plein air – eine Innovation zur damaligen Zeit. Insgesamt 36 Ölbilder und 17 Aquarelle entstanden von 1859 bis 1899 auf dem Anwesen.

Auf der Suche nach neuen Motiven war Cézanne viel unterwegs. Die Jahre 1885/1886 verbrachte Cézanne in Gardanne. Heute verdeutlicht ein Pfad auf der Colline des Frères das strukturelle Konzept des Malers.

Paul Cézanne: Das Meer bei Estaque. National Gallery London. Foto: Hilke Maunder
Paul Cézanne: Das Meer bei Estaque. National Gallery London. Foto: Hilke Maunder

In L’Estaque an der Côte Bleue arbeitete Cézanne zwischen 1864 und 1885. Vom Chemin des Peintres könnt ihr bis heute den Blick auf die Bucht von Marseille genießen, den auch Maler wie Braque, Derain und Dufy auf die Leinwand gebannt haben.

Lieblingsmotiv wurde ein Berg, der die Landschaft seiner Heimat dominiert: die Montagne Sainte-Victoire. Die berühmtesten Bilder vom schroffen Kalkriegel malte Cézanne vom Chemin de la Marguerite auf der Colline des Lauves, zu der er seine 20 Kilogramm schweren Malutensilien schleppte.

Die Montagne Saint-Victoire bei Pourrières. Foto: Hilke Maunder
Die Montagne Sainte-Victoire bei Pourrières. Foto: Hilke Maunder

Der Ruf des Berges

Morgens hinauf, mittags herab, und mitunter nachmittags erneut hinauf und hinab – angesichts seines Alters, seiner Zuckerkrankheit eine beachtliche Leistung. Für Kunstfans hat Aix-en-Provence dort mit Blick auf den markanten Gipfel das Terrain des Peintres gestaltet und neun Reproduktionen der schönsten Saint-Victoire-Bilder aufgestellt.

Ein zweites Motiv fand Cézanne zu Füßen der Montagne Sainte-Victoire: Steinbrüche. In den Carrières de Bibémus (3090, chemin de Bibémus) waren bis weit ins 18. Jahrhundert hinein die Steine für den Bau von Aixer Monumenten gebrochen worden.

Rund um eine einfache Hütte, in der der Künstler seine Werke lagerte und manchmal nächtigte, führt ein Rundweg zu den Stellen, die Cézanne zu Meisterwerken wie „Der rote Felsen“ inspirierte.

Gauguin lockt van Gogh

Das gelbe Café. Foto: Lara Maunder
Das gelbe Café in Arles. Foto: Lara Maunder

Das Licht der Provence lockte auch Vincent van Gogh. Am 22. Februar 1888 traf er in Arles ein. Der Niederländer durchstreifte Stadt und Land zu Fuß, malte Ernteszenen, Landschaften und Portraits: 300 Bilder in 15 Monaten.

Ein markierter Rundweg folgt heute seinen Motiven – vom gelben Haus, das van Gogh im Mai 1888 mietete, zu den Caféterrasse am Abend am Platz des Forums bis zur Brücke von Trinquetaille. Die Zugbrücke erinnerte den Maler an seine niederländische Heimat.

Arles: Pont van Gogh. Foto: Hilke Maunder
So ähnlich sah die Brücke aus, die van Gogh in Arles malte. Das Original existiert heute nicht mehr. Foto: Hilke Maunder

Fünfmal war sie sein Motiv. Van Gogh, der gerne als spontan beschrieben wird, ging beim Malen ganz altmeisterlich und akkurat vor. Zunächst baute er sich einen Perspektivrahmen und legte damit den Bildausschnitt fest. Hilfslinien aus Bindfäden halfen ihm beim Übertragen des Motivs.

Die römische Nektropole Alychamps hat van Gogh gemeinsam mit seinem Malerfreund Gauguin 1888 in Öl festgehalten. Gauguin war der einzige gewesen, der van Goghs Vision gefolgt war, in Arles eine Künstlerkommune zu gründen. Doch zwischen den beiden Männern kam es immer öfter zu Spannungen. Und zu einem folgenschweren Streit. In der Nacht des 23. Dezember schnitt sich van Gogh einen Teil seines linken Ohres ab.

Der rote Verrückte

Nachbarn ließen den fou roux, den verrückten Roten, ins Irrenhaus einliefern. Ein Jahr lang – von Mai 1889 bis Mai 1890 – verbrachte der Künstler im Kloster Saint-Paul-de-Mausole in Saint-Rémy. In dieser Zeit entstanden einige seiner bedeutendsten Werke: die „Die Sternennacht“ (Juni 1889), das „Weizenfeld mit Zypressen“ (September 1889).

Und das teuerste Gemälde, das je auf der Kunst- und Antiquitätenmesse TEFAF angeboten wurde. 28 Millionen Euro erzielte sein Bild „Park der Klinik Saint-Paul“. Es ist  leidenschaftlich und expressiv, wie es typisch für die Spätphase war.

Denn bereits im nächsten Sommer verstarb van Gogh am 29. Juli 1890 mit 37 Jahren an den Folgen einer Schussverletzung, die er sich selbst zugefügt hatte. Das wilde, kurze Leben des Impressionisten hat seitdem Künstler weltweit inspiriert. Wie sehr, verrät in Arles die Fondation Vincent van Gogh.

Arles: Fondation Vincent van Gogh. Foto: Hilke Maunder
Modern und kantig: die Fondation Vincent van Gogh in Arles. Foto: Hilke Maunder

Auf den Spuren von…

Paul Cézanne

Mit Metallplatten, die ein C tragen, ist in Aix-en-Provence ein Rundgang gekennzeichnet, der vom Geburtshaus des Malers bis zum Friedhof Saint-Pierre führt, wo Cézanne 1906 seine letzte Ruhestätte fand.

Geführte Besichtigung auf den Spuren von Cézanne, Apr. – Okt. Do. 10.00 Uhr, Office de Tourisme

Cézanne Pass: 1 Ticket, 3 Stätten (Atelier de Cézanne, Bastide du Jas de Bouffan, Carrières de Bibémus)

Webseite: www.aixenprovencetourism.com/de/sehen/die-statten-cezannes

Miniführer als kostenloses PDF zum Download: www.aixenprovencetourism.com/de/sehen/die-statten-cezannes/

Im Atelier von Cézanne. Foto: Hilke Maunder
Im Atelier von Cézanne. Foto: Hilke Maunder

Vincent van Gogh

Fondation Vincent van Gogh

1983 gründete Yolande Clergue  den Verein zur Gründung der Fondation Van Gogh. Zwei Jahre später schlug die Kuratorin vor, die  mit dem Fotografen Lucien Clergue verheiratete war, eine Sammlung von Werken zeitgenössischer Künstler zu Ehren Van Goghs anzulegen. Francis Bacon war begeistert. Voller Elan schuf er Gemälde speziell für die Stiftung. Mehr als neunzig Künstlerinnen und Künstler entschieden sich, zu dieser Hommage an Vincent van Gogh beizutragen.

2008 regte Luc Hoffmann an, in Arles ein Museum im Andenken von  van Gogh in Arles und zur Förderung der zeitgenössischen Kunst zu schaffen. Seit 2010 residiert es im Hôtel Léautaud de Donines.
• 35ter, rue du Dr Fanton, Tel. 04 90 93 08 08, www.fondation-vincentvangogh-arles.org

Centre d’Interprétation Van Gogh, Musée Estrine

Hintergrund und Erläuterungen zu den 150 Werken, die während des Aufenthaltes im Hospice Saint-Paul de Mausole entstanden sind.
• 8, rue Lucien Estrine, Tel. 04 90 92 34 72, www.musee-estrine.fr

Saint-Paul-de-Mausole

Zu besichtigen ist das Zimmer im Männertrakt, in dem Vincent van Gogh 53 Wochen verbrachte, der Garten und die Galerie d’art Valetudo.
• Chemin Saint-Paul, Tel. 04 90 92 77 00, www.saintpauldemausole.fr

Les Paysages de Vincent van Gogh

In Saint-Rémy-de-Provence führt in rund einer Stunde dieser Themenweg vom Stadtzentrum zum Kloster Saint-Paul-de-Mausole. 19 Stationen stellen die Werke des Künstlers vor; www.alpillesenprovence.com

Circuit Van Gogh

Zu allen zehn Stellen, in denen Van Gogh seine Staffelei aufgestellt hat, führt in Arles dieser Rundgang (Faltblatt beim Office de Tourisme)

Van Gogh Route

Sehr informative Webseite auf Englisch und Niederländisch zu allen Van-Gogh-Orten und Motiven, www.vangoghroute.com

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Malerisch: die Rue de Littera in Aix-en-Provence. Foto: Hilke Maunder
Malerisch: die Rue de Littera in Aix-en-Provence. Foto: Hilke Maunder

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Im Blog

Paul Cézanne: das letzte Atelier

Im Buch

Zur Einstimmung: DuMont Bildatlas Provence*

DuMont Bildatlas Provence 2021In meinem DuMont-Bildatlas „Provence“* stelle ich in sechs Kapiteln zwischen Arles und Sisteron die vielen Facetten der Provence vor. Ihr erfahrt etwas vom jungen Flair zu Füßen des Malerberges, vom Weltstadttrubel an der Malerküste, dem weißen Gold aus der Pfanne oder einer Bergwelt voller Falten.

Neben Aktivtipps, Hintergrund und Themenseiten gibt es in der Edition 2021 zwei neue Rubriken. “Ja, natürlich” präsentiert zahlreiche Tipps für nachhaltige Erlebnisse und Momente. In “Urlaub erinnern” stelle ich Andenken, Eindrücke und Erinnerungen vor, mit denen der Urlaub daheim noch weiter lebendig bleibt. Hinzu kommen Serviceseiten mit allen Infos, persönlichen Tipps und großer Reisekarte. Wer mag, kann den Band hier* direkt bestellen.

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Le Grand Sud nennen die Franzosen die weite Region ihrer Mittelmeerküste. Gemeinsam mit Klaus Simon und Rita Henß als Co-Autoren präsentiere ich im DuMont Südfrankreichdie vielen Facetten des Südens zwischen der Provence und den Pyrenäen in unterhaltsamen Storys und auf Infoseiten.

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4 Kommentare

  1. Auch in Saint-Rémy de Provence gibt es einen Van-Gogh-Weg (Les Paysages de Vincent van Gogh , er führt in einer knappen Stunde vom Stadtzentrum zu Saint-Paul de Mausole, an 19 Stationen wird auf Werke des Künstlers hingewiesen.

  2. Van Gogh, ein unersetzlicher Künstler, der Epochen geprägt hat und die Kunst auf seine art und weise verstand. Er ist bis heute mein Lieblingskünsler und hat mich schon im Kindesalter geprägt und dazu gebracht, mit dem Malen zu beginnen. Danke für alles.

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