
Er hatte schon an vielen Orten gemalt, viele Studios eingerichtet. Und all dieses Wissen, all diese Erfahrungen flossen in die Gestaltung des letzten Ateliers ein, das Paul Cézanne (1839-1906) im oberen Geschoss eines kleinen Anwesens Les Lauves oberhalb von Aix-en-Provence einrichtete.

Das Landhaus des Malers
Das Landhaus umgaben damals noch 7000 qm landwirtschaftliche Nutzfläche, auf der Oliven- und Feigenbäumen wuchsen. Cézanne hatte es im November 1901 von Joseph Bouquier gekauft. Und dabei genau die Vorzüge der Lage bedacht: noch außerhalb der Stadt – und doch schon genau auf halbem Weg zu einem Punkt, von dem aus er seine geliebteMontagne Saint-Victoire sehen konnte.

Von & für Cézanne maßgeschneidert
Die Wände ließ er grau mattieren, gen Norden deckenhohe Fenster einbauen. An der Südseite schützen vor dem starken Sonnenlicht des Südens. Eine Öffnung neben der Fensterfront erlaubt ihm, großformatige Werke über eine Winde ganz bequem hinein- oder hinaus zu transportieren, ohne sie umstündlich durch das Treppenhaus balancieren zu müssen.

Der tägliche Marsch des Malers
Von 1902 bis zu seinem Tod 1906 arbeitete er hier und marschierte fast täglich mit seinem samt Staffelei 20 kg schweren Malrucksack zu Motiven in die Natur und zum heutigen Terrain des Peintres mit Paradeblick auf den Berg. Auf zehn Tafeln sind heute hier Motive des Malers zu sehen. Mittags ging’s zum Déjeuner den Hügel hinab in die Stadt.

Dort tafelte Cézanne häufig mit seinem Freund Zola am Cours Mirabeau in einer Brasserie, die mit vergilbten Spiegeln, Lüstern, Stuck, Gold und Glanz bis zum großen Brand ein Schmuckstück der Belle Epoque war: Les 2 Garçons. Das einzige Portrait, das Cézanne je von Zola gemalt hat, hängt in Aix im Musée Granet – gemeinsam mit neun weiteren Werken des Malers.
In den historischen Mauern hatte Cézanne von 1857 bis 1862 zeichnen gelernt – das alte Priorat des Malteserordens barg damals die kostenlose Zeichenschule der Stadt.Nachmittags marschierte Cézanne wieder hinauf zum Atelier, abends den Hügel hinab nach Hause.

Cezannes Atelier: ein Museum, das berührt
Nach dem Tod von Cézanne blieb das Atelier geschlossen, 15 Jahre lang. Erst dann verkaufte es Cézannes Sohn an Marcel Provence, der das Maler-Anwesen bis zu seinem Tod bewohnte. Danach verwaist, drohte der Abriss. Nur dank der Initiative von James Lord und John Rewald könnt ihr heute ein Atelier erleben, das noch die Gegenwart des Malers spüren lässt. Fast scheint es, als sei Cézanne nur mal eben fortgegangen.
Lord und Rewald gründeten das Cézanne Memorial Committee. Sie starteten in den USA eine Spendenaktion, erwarben mit den eingesammelten Geldern das Anwesen – und schenkten es der Universität Aix-Marseille. Die Uni eröffnete in den Räumlichkeiten am 8. Juni 1954 ein Ateliermuseum. Seit 1969 ist die Stadt Aix-en-Provence Eigentümerin des Objekts, und das dortige Office de Tourisme der offizielle Betreiber.

Info: Cézanne & Aix
Sur les pas de Paul Cézanne
Mit Metallplatten, die ein C tragen, ist in Aix ein Rundgang gekennzeichnet, der vom Geburtshaus des Malers bis zum Friedhof Saint-Pierre führt, wo Cézanne 1906 seine letzte Ruhestätte fand.
Geführte Besichtigung auf den Spuren von Cézanne, Apr. – Okt. Do. 10.00 Uhr, Office de Tourisme.
Atelier Paul Cézanne
9, Avenue Paul Cézanne, Aix-en-Provence, Tel. 04 42 21 06 53, www.atelier-cezanne.com

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Merci Hilke !!! très intéressant
Amicalement Jackie