Charleville-Mézières: Ardenner Entdeckungen
Im Nordosten von Frankreich, nahe der Grenze zu Belgien, liegt Charleville-Mézières in der Großregion Grand Est. Charleville-Misère heißt es im Volksmund, liegt die Doppelstadt doch im Norden der diagonale du vide, der Diagonale der Leere, die sich einmal von Nordwesten nach Südwesten durch Frankreich zieht. Gern wird die Stadt daher gerne links liegen gelassen. Doch wer sich hineinwagt, kann viel erleben und entdecken. Voilà ein paar Inspirationen!
Charleville-Mézières entdecken
Die Stadt zu beiden Ufern der Maas (frz. Meuse) entstand 1966 durch den Zusammenschluss von Charleville und Mézières. Mitten im Herzen der Doppelstadt lädt seit 1995 das Musée Regional zur Zeitreise ein. Es gilt als bester Einstieg für Entdeckungen in diesem grenznahen Landstrich, der gerne durchsaust wird auf dem Weg zum Ziel. Lohnt sich der Besuch?
Regionalmuseen sind so eine Sache. Entweder sind sie so detailreich, dass auswärtige Besucher Mühe haben, die Ausstellungsstücke einzuordnen. So reich an Exponaten, dass sie mich mit ihrer Masse schlicht „erschlagen“. Oder sie sind so plakativ, so reduziert auf eine Handvoll Kernaussagen und so multimedial angelegt, dass selbst meine Tochter nach zehn Minuten meint: fertig, hab alles gesehen.
Das Museum der Ardennen indes schafft den Spagat. Der reiche Fundus ist klar strukturiert und so abwechslungsreich präsentiert, dass die Zeit wie im Fluge vergeht: von den Römern über die Merowinger bis zur Industrialisierung eine spannende Zeitreise!
Im modernen Komplex mit überdachten Passagen und Rampen lassen Schaukästen und Bleiglasfenster, Filme und Fotos, Uniformen und Modelle die Stadt-, Kultur-, Arbeits- und Sozialgeschichte lebendig werden.
Inszenierte Räume wie die Apotheke mit ihren 120 blau verzierten Fayence-Gefäßen oder ein original getreu eingerichtetes Landhaus der Ardennen gehören zu den Schätzen des Museums.
Die Place Ducale von Charleville-Mézières
Bei der XXL-Marionette und dem Regionalmuseum findet ihr einen Arkadenplatz, der als kleine Schwester der Pariser Place des Vosges gilt. Unter Charles de Gonzague, dem Herzog von Mantua und Nevers, entstand im 17. Jahrhundert in Charleville-Mézières die charmante Place Ducale im Stil der Renaissance.
Beide Plätze – die Place des Vosges und die Place Ducale – entwarf Clément Métezeau. Sie weisen daher ähnliche architektonische Merkmale auf. Beide Plätze rahmen beeindruckende Stadthäuser ein. Ihre Arkaden im Erdgeschoss bergen in beiden Städten Cafés, Restaurants und Boutiquen.
Doch die Place Ducale ist kleiner und intimer als die Place des Vosges. Bei der Place Ducale sind ihre 36 Stadthäuser zudem meist zweistöckig, aus dem goldgelbem Sandstein von Dom-le-Mesnil erbaut und mit steilen Schiefer-Dächern versehen, auf denen sich der winterliche Schnee kaum halten kann.
Die verkehrsberuhigte Place Ducale ist die gute Stube der Stadt. Hier trifft man sich in den Bars und Cafés, erlebt Märkte und Festivals – oder erledigt Administratives im 1843 erbauten Hôtel de Ville mit seinem Glockenturm, der an Italien erinnert.
Auch die schachbrettartig angelegten Straßen um den Platz herum erinnern ein wenig an italienische Städte mit ihren Brunnen und alten Häusern mit Fassaden im Stil des Klassizismus.
Bummeln wir virtuell weiter zur Maas, die majestätisch und still mitten durch die Stadt fließt und ihr Charakter verleiht. An ihren Ufern widmet sich im Vieux Moulin ein Museum dem enfant terrible des Landes: Arthur Rimbaud. Der Dichter flüchtete zu Fuß aus den heimatlichen Ardennen nach Paris, wo sich sein Schicksal besiegelte …
Der Grand Marionnettiste
Auf der Place Winston Churchill erlebt ihr zu jeder vollen Stunde le grand marionettiste in Aktion, gülden und schlichtweg großartig!
Zum Glockenschlag präsentiert der rund zehn Meter hohe Automat die lokale Legende der „Vier Söhne Aymons“. Jenen begegnet ihr auch bei Monthermé bei einer Wanderung, die ich hier vorstelle.
Charleville-Mézières rühmt sich als „Welt-Hauptstadt der Marionetten“ und ist alle zwei Jahre Gastgeberin eines Internationalen Marionettenfestivals, das im September die gesamte Innenstadt zur Bühne von Puppenspielern aus aller Welt macht. Es gilt als größtes der Welt. Der Grande Marionnettiste ist die zentrale Figur und Symbol des Festivals.
In Charleville-Mézières befindet sich auch das IIM Institut International de la Marionnette, das Internationale Institut für Puppenspiel, ein Exzellenzzentrum mit dem weltweit größten Dokumentationszentrum für Puppenspiel.
Ebenfalls ansässig in Charleville-Mézières ist die einzige französischen Hochschule, die sich auf Puppenspielkunst spezialisiert hat: die ESNAM École Nationale Supérieure des Arts de la Marionnette, die alle drei Jahre etwa 15 Absolventen pro Jahrgang hervorbringt.
Die Aussichtsfelsen der Maas
Nördlich von Charleville-Mézières windet sich die Maas, frz. Meuse, zwischen Givet und Sedan in vielen Mäandern durch die Felsen und Wälder der Ardennen. Atemberaubende Ausblicke auf ihre eindrucksvollste Flussschleife eröffnet ein sechs Kilometer langer Wanderweg zum Felschaos von Monthermé. Mehr dazu erfahrt ihr hier!
Charleville-Mézières: meine Reiseinfo
Musée Régional
• 31, place Ducale, 08000 Charleville-Mézières, Tel. 03 24 32 44 60, www.charleville-mezieres.fr, Di. – So. 10.00 – 12, 14.00 – 18.00 Uhr
Schlemmen und genießen
La Table d’Arthur
Hier hast du zwei Optionen. Im Gewölbekeller gibt es traditionelle Hausmannskost wie Kalbshaxe mit getrockneten Aprikosen. Im Erdgeschoss serviert ein modernes Bistro französische Klassiker wie Steak Tartare.
• 9, rue Pierre Bérégovoy, 08000 Charleville-Mézières, Tel. 03 24 57 05 64, www.latabledarthurr.fr
Amorini
Der kleine Italiener an der Place Ducale, dessen Wände Fresken aus der Villa der Mysterien in Pompeji schmücken, holt mit Antipasti, guter Pasta und italienischen Weinen das dolce vita in die Ardennen. Im kleinen Delikatessengeschäft könnt ihr es während der Servierzeiten mit nach Hause nehmen.
• 46, place Ducale, 08000 Charleville-Mézières, Tel. 03 24 37 48 80
Hier könnt ihr schlafen*
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Im Blog
In der Stadt beginnt eine Themenroute, die den Spuren der Dichter Rimbaud und Verlaine folgt. Mehr Infos gibt es hier. Eine zweite Themenroute erschließt heiß umkämpfte Orte in den Ardennen. Mehr zur Route des Fortifications könnt ihr hier lesen.
Im Buch
Klaus Simon, Hilke Maunder, Roadtrips Frankreich*
Das zweite gemeinsame Werk mit Klaus Simon stellt euch die schönsten Traumstraßen zwischen Normandie und Côte d’Azur vor. 14 Strecken sind es – berühmte wie die Route Napoléon durch die Alpen oder die Route des Cols durch die Pyrenäen, aber auch echte Entdeckerreisen wie die Rundtour durch meine Wahlheimat, dem Fenouillèdes.
Von der Normandie zur Auvergne, vom Baskenland hin zu den Stränden der Bretagne und dem wunderschönen Loiretal laden unsere Tourenpläne ein, Frankreich mobil zu entdecken – per Motorrad, im Auto, Caravan oder Wohnmobil. Hier* gibt es das Fahrtenbuch für Frankreich!
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