So schmeckt Frankreich!
Einige der berühmtesten Zutaten für die köstliche Küche, die heute zum Welterbe zählt, stelle ich euch hier vor. So schmeckt Frankreich!
Kulinarische Ikonen
Was haben Nürnberger Würstchen, Lübecker Marzipan, Roquefort-Käse, Dresdener Stollen, Feta-Käse und Champagner gemeinsam? Sie sind weltberühmte Hochgenüsse, typisch und einzigartig wie ihre Herstellung, Geschichte, Rohstoffe und Region. Ihre Einzigartigkeit sichert seit 1992 EU-weit die Kennzeichnung als „geschützte Herkunftsbezeichnung“ .
Mehr als 700 Produkte werden so bereits europaweit aufgrund der jeweiligen regionalen Besonderheiten vor Nachahmern und Fälschungen geschützt. 500 davon stammen aus einem Land, das zum Vorreiter dieser geschützten Herkunftsbezeichnung wurde: Frankreich.
AOC und AOP
Bereits 1919 stellte es seine hochwertigen Regionalprodukte unter staatlichen Schutz – und gewährte nur wenigen von ihnen die begehrte AOC ( Appellation d’Origine Contrôlée ; kontrollierte Ursprungsbezeichnung).
2009 wurde das französische Label AOC dazu verurteilt, dem europäischen Label AOP ( Appellation d’Origine Protégée = geschützte Ursprungsbezeichnung) zu weichen.
Beide Labels schützen nicht nur das traditionelle Herstellungsverfahren, sondern stellt auch eine Verbindung her zur Kultur und Geschichte.
Esskultur ist Welterbe
Ob Zwiebel oder Knoblauch, Miesmuschel oder Bresse-Huhn: Die kulinarische Vielfalt der französischen Regionen gehört für die Grande Nation zum nationalen Kulturerbe.
Sie machten 2010 die französische Küche zum immateriellen Welterbe. Goût de France feiert sie alljährlich zum Frühlingsanfang am 21. März mit einem Menü, das Köche weltweit zubereiten. Die schönsten, mitunter bei uns kaum bekannten Kleinode der französischen Küche, könnt ihr hier entdecken!
Königliche Stinker: Roquefort & Bleu de Causse
Oh wie ausgezeichnet ist der Roquefort, um die Liebe wiederherzustellen und eine keimende Liebe rasch zur Reife zu bringen
soll Casanova geschwärmt haben. Bis heute umgeben Mythos und Tradition den berühmten Edelpilzkäse. Seine Heimat ist ein rund zwei Kilometer langer Felssturz beim Örtchen Roquefort auf dem Causse de Larzac, dessen Höhlen und Grotten bis in 300 Meter Tiefe reichen.
Diese natürlichen Höhlen, zu Veredlungskellern ausgebaut, bergen das Geheimnis des Roquefort. Erfahrt hier mehr!
Brotbaum der Ardèche: die Esskastanie
Auf den faysses, den uralten Terrassen im Parc Naturel Régional des Monts d’Ardèche, wachsen Kastanienbäume. Bis heute werden in der Ardèche mit 6.000 Tonnen jährlich die meisten Esskastanien Frankreichs geerntet.
Seit 2006 sind sie als AOC geschützt. Zur Blütezeit um 1860 dehnte sich die Kastanienproduktion auf 60.000 Hektar aus. Heute werden noch 34.000 Hektar von 1000 Kastanienbauern bewirtschaftet.
Wie vielfältig die Nutzung des „Brotbaums“ der Ardèche ist, verraten das Kastanienmuseum Castanea in Joyeuse und La Maison du Châtaignier von Sait-Pierreville.
Ob Suppe, Ragout, Püree, Gratin oder Pudding, ob geröstet oder gekocht, oder selbst als Bier – die Kastanie ist aus der lokalen Küche nicht fortzudenken. Richtig salonfähig wurde sie aber erst als kandidierte Marone, an denen man sich bereits unter Ludwig XIV. ergötzte.
Miiiam …Maronencreme!
1882 industrialisierte Clément Faugier aus der Ardèche ihre Herstellung. Seine Maronencreme ist bis heute ein heiß geliebter Klassiker – zum Frühstück, zu Crêpes, zu Vanille-Eis – oder einfach so. Bis heute bereiten die Häuser ClémentFaugier in Privas, Sabaton in Labégude und Imbert in Aubenas die vornehme wie vielseitige Nascherei zu.
Köstliche Kastanienliköre produziert die Distillerie Jean Gauthier in Saint-Désirat, Biere mit Zusatz von Kastanienhonig die Brasserie Bourganel in Vals-les-Bains.
Die Erntezeit der Esskastanien begleiten die Castagnades alljährlich von Mitte Oktober bis Mitte November – mit Wanderungen, Ausstellungen, Konzerten und Theater. Damit ihr keine der Festlichkeiten rund um die Castagnades verpasst, hat die Regionalparkverwaltung die Broschüre Carnet de Route des Castagnades aufgelegt.
Trophäe des Torero: das Stierfleisch der Camargue
In der Camargue mit ihren Salzwiesen und Salinen liegt die Heimat der schwarzen Stiere. Mit schlanken Körpern und Köpfen und ihren typischen, sehr langen und spitz zulaufender Hörnern leben heute noch 15.000 Tiere fast wild in den Herden der Manades, und warten auf ihren Einsatz bei Stierkämpfe und Festen.
Doch zu Pfingsten und im September, wenn die Viehhirten auf ihren weißen Pferden beim Abrivado die Stiere in die römischen Arenen von Nîmes treiben, sehen sie ihrem Schicksal ins Auge.
Steht eine spanische Corrida auf dem Programm, wird das Tier vom Torero getötet und sein Fleisch in den Restaurants der Stadt vom Publikum der Feria verzehrt. Ihr Fleisch, seit dem Jahr 2000 mit dem AOC-Siegel versehen, ist unvergleichlich würzig und kräftig.
Schilf, Salicornia (Salzkraut) und Triangel (Bockshornklee) sind die einzigen Futterpflanze der Stiere. Gegrillt oder im Eintopf Gardiane, der typischen Spezialität aus der Camargue, begeistert es Gourmets.
Das Bresse-Huhn – Frankreichs nationales Federvieh
Frankreichs edelstes Geflügel ist das Poulet de Bresse, das Bresse-Huhn. Rund 600 Höfe kümmern sich rund um Louhans, der Hauptstadt der Bresse, um die Aufzug der Küken.
Bereits optisch zeigen sie sich schon äußerst patriotisch: roter Kamm, weißes Federkleid, blaue Füße – eben bleu, blanc, rouge, die Nationalfarben Frankreichs. Gerade einen Monat jung, geht es für die Küken ins Grüne, hinaus auf garantierte zehn Quadratmeter Freilauffläche pro Tier.
Gefüttert wird ausschließlich Mais und Buchweizen, geschlachtet stets beim Züchter. Versehen mit seinem blau-weiß-roten Gütesiegel, wird es jeden Montag auf dem großen Geflügelmarkt in Louhans verkauft, und darf, anders als seine deutschen Artgenossen, noch Kopf und Füße tragen.
Bei den jährlichen GeflügelwettmeisterschaftenLes Glorieusewerden alljährlich im Dezember in Louhans, Pont-de-Vaux, Montrevel und Bourg-en-Bresse die besten Kapaune und Poularden aus der Bresse gekürt.
Natürlich gewürzt: Salzwiesenlämmer
Kein anderes Fleisch – mit Ausnahme von Wild – ernährt sich noch so ursprünglich und naturnah wie das Lamm. In Frankreich grast es zu Tausenden auf den Salzwiesen der Normandie und Bretagne.
77 Pflanzenarten wachsen dort auf den salzigen, sandigen Böden und verleihen dem berühmten Agneau pré-salé seinen einzigartigen Geschmack – Puccinelli, Salzmelde, Queller, Seeaster und Schlickgräser, die das magere, zartrosa Fleisch auf ganz natürliche Weise salzen und würzen.
Besonders delikate sind die Salzlämmer aus den Buchten von Somme und Mont St-Michel – sie tragen seit 2007 bzw. 2009 das Gütesiegel AOC. Es garantiert, das die Mutterschafe mit ihren Lämmern ab Anfang März mindestens 230 Tage auf den offenen Salzwiesen weiden, täglich dabei 10 – 15 Kilometer zurücklegen und ohne Schutz vor Regen, Schnee und Sonne in der Natur leben. Exakt nach 90 Tagen der Aufzucht werden die jungen Lämmer geschlachtet.
Seit dem Mittelalter holen die 13 Züchter der Baie de Somme Ende September ihre rund 3.600 Schafe von den tideabhängigen Salzwiesen zurück zu den Weiden an ihren Höfen. Heute ist diese traditionelle Transhumanz alljährlich Anlass für die Fête du Mouton in Crotoy, zu der neben Verkostungen der Lammfleisch-Köstlichkeiten auch ein Markt mit regionalen Produkten gehört.
Piment d’Espelette – Frankreichs schärfster Chili
Ein kleines Dörfchen im Baskenland, nahe an der spanische Grenze in de Pyrenäen versteckt, sorgt für Feuer auf der Zunge. Espelette ist die Heimat der aromatischen Chili-Sorte Capsicum annum L. var. Gorria.
Sie ist milder als Cayennepfeffer, aber schärfer und aromatischer als herkömmliches Paprikapulver ist. Zu Tausenden hängen die Schoten aufgereiht auf langen Schnüren zum Trocknen leuchtend rot vor weiß gekalkten Häuserwänden.
Besser bekannt als Piment d’Espelette, peppt der fruchtig-scharfe Chili mit seiner leicht rauchigen Note nicht nur baskische Fisch- und Fleischgerichte auf wie Axoa, gehacktes Kalbfleisch, oder Tripox, eine Grützwurst aus Lamm, sondern wird auch zu Püree, Konfitüren und pikanten Gelees verarbeitet. In Öl eingelegt, gehören sie zum Aperitif – doch das ist eher nur etwas für die Einheimischen.
Ein Seemann, der einst Kolumbus auf seinen Fahrten begleitet hatte, brachte die ersten Chili-Pflanzen aus Mexiko ins Baskenland, ab 1650 begann der kommerzielle Anbau. Zunächst mixten chocolatiers aus Bayonne die scharfen Schoten in ihre Schokolade – Montezumas scharfer Kakaotrunk war damals äußerst populär.
Heute umfasst das AOC-Anbaugebiet des Piment d’Espelette neben Espelette neun Nachbardörfer – Aïnhoa, Cambo-les-Bains, Halsou, Itxassou, Jatxou, Larressore, Saint-Pée-sur-Nivelle, Souraïde und Ustaritz mit insgesamt 130 Produzenten. Gemeinsam feiern sie die jährliche Ernte am letzten Wochenende im Oktober mit der farbenfrohen Fête du Piment in Espelette.
Michel Darraidou, Inhaber und Chefkoch, serviert aus Liebe zur Region baskische Hausmannskost als erlesenes Menü: Elzekaria, Axoa und Koka – Gemüsesuppe, Kalbfleisch und Karamellkrem, gewürzt mit Piment d’Espelette.
Die grüne Linse von Le Puy
In der Mitte der Auvergne, des größten Mittelgebirges Europas, wird seit mehr als 2000 Jahren eine kleine grüne Linse angebaut, die ein wahres Powerpaket ist: Die Lentille Verte du Puy A.O.C. ist reich an Proteinen und Oligoelementen und enthält mehr als Eisen als Spinat. Vom Volksmund wird der delikate Winzling daher auch gerne „vegetarisches Beefsteak“ genannt.
Der Genuss der delikaten Perlen, die leicht nussig schmecken, hat jedoch seinen Preis: Edel in Emailledosen verpackt, sind sie eher ein Sonntagsessen als Alltagskost. Das hat sich auch im All herum gesprochen.
Der französische Astronaut Jean-François Clervoy, der den Silvesterabend 1999 an Bord des Space-Shutttle Discovery verbrachte, verfeinerte zur Millenniumswende sein gewöhnliches Menü mit einem Block foie gras – und grünen Linsen aus Le Puy.
La Raïolette – die süße Zwiebel der Cevennen
Bis heute Handarbeit: die Zucht der Oignon Doux. Jede Zuchtzwiebel pflanzt Francine per Hand. Foto: Hilke Maunder
Auf den Terrassen von 30 Gemeinden zwischen Vallerauge bis Saint-Martial, auf denen früher Wein, Getreide und Maulbeerbäume für die Seidenherstellung wuchsen, werden heute kleine, gelbe Knollen angebaut.
Als erste ihrer Art in Europa erhielten sie ein geschützte Herkunftsbezeichnung: die süßen Zwiebel der Cevennen. Bis heute sind Anbau und Verarbeitung Handarbeit, anstrengend und zeitintensiv.
Sobald der Schnee geschmolzen ist, recken die Zwiebeln ihre hellgrünen Schösslingen aus der kargen Erde. Den ganzen Sommer über reifen sie auf den Terrassen in der Sonne. Erst im Herbst werden die Oignon Doux des Cevennes geerntet – und dann in Saint-Martial auf einem großen Markt gefeiert.
Roh oder gekocht kommt sie auf den Tisch, als confit ins Glas – gewürzt mit Koriander, weißen Rosinen, Honig, Thymian oder einigen Spritzern Aceto Balsamico.
Wer mehr über die Zwiebel mit der seidigen Haut erfahren will: Die Route de l’Oignon doux des Cévennes folgt von Vallerauge über die Passhöhen Col du Pas und Col de l’Espinasse, Saint André de Valborgne, l’Estréchure, Col du Mercou, Soudorgues, Lasalle und St-Martial ihren Spuren.
Picholine oder Tanche?
30.000 Olivenbauern in 13 Départements, 220 Ölmühlen und 13 AOC-Auszeichnungen garantieren eine enorme Geschmacksvielfalt beim Olivenöl. Geschmacks- und Glaubensgrenze ist bis heute die Rhône.
Bereits seit dem 16. Jahrhundert rivalisieren die Oliven Okzitaniens mit denen der Provence: die grüne, leicht gebogene „Picholine“ mit ihren charakteristischen Haselnuss-Noten, die im Gard Okzitaniens daheim ist und zu Öl gepresst das Qualitätslabel AOP Huile d’Olive de Nîmes tragen darf, und die „Tanche“, die schwarze Olive aus Nyons in der Drôme, die erst geerntet wird, wenn sie überreif und von den ersten Dezember- und Januarfrösten fein zerfurcht ist.
Danach werde sie verlesen, nach Größe sortiert und sechs Monate in zehnprozentiger Salzlake gelagert, um die Bitterstoffe herauszulösen.
Für dass cremige, goldgelbe Olivenöl von Nyons werden die schwarzen Oliven in der Coopérative du Nyonsais zermahlen und anschließend kalt gepresst, um das Öl vom Wasser zu trennen – 100 kg Oliven liefern 20 – 25 kg feinstes Olivenöl.
Das Olivenfleisch kommt in die Tapenade, einem köstlichen Olivenpüree mit Anchovis, Kapern und anderen Gewürzen, das im Midi auf frischem Baguette zu jeden Aperitif gehört. Mehr zu den Oliven aus Frankreich – und ein Rezept – findet ihr hier.
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Im Blog
Lokale Erzeugnisse aus Frankreichs, tolle Restaurants und viele Rezepte findest du in meinem Blog in der Kategorie Genuss.
Im Buch
Hilke Maunder, Le Midi*
Die poule au pot ist eine der 80 echten, authentischen Speisen, die ich bei meiner kulinarischen Landpartie durch den Süden von Frankreich entdeckt habe. Zwischen Arcachon, Hendaye und Menton schaute ich den Köchen dort in die Töpfe, besuchte Bauern, kleine Manufakturen, Winzer und andere lokale Erzeuger.
Gemeinsam mit dem Fotografen Thomas Müller reiste ich wochenlang durch meine Wahlheimat und machte mich auf die Suche nach den besten Rezepten und typischsten Spezialitäten der südfranzösischen Küche. Vereint sind sie auf den 224 Seiten meines Reise-Kochbuchs Le Midi.
Ihr findet darin 80 Rezepte von der Vorspeise bis zum Dessert, Produzentenportraits, Hintergrund zu Wein und Craftbeer, Themenspecials zu Transhumanz und Meer – und viele Tipps, Genuss à la Midi vor Ort zu erleben. Wer mag, kann meine 80 Sehnsuchtsrezepte aus Südfrankreich hier* online bestellen.
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Hallo Hilke,
die Rezepte im Midi-Kochbuch klingen ja superlecker. Aber wir stehen mit dem Ausprobieren noch am Anfang. Im Rezept zu Axoa sind aber die 2 kg Zwiebeln nicht ernst gemeint, oder ist das die Spezialität des Kochs?
Liebe Grüße Birgit
Liebe Birgit, danke für Deine Rückfrage. Und ja, Du kannst die Zwiebelmenge ohne Probleme reduzieren, wenn ich sie nicht fein einschmiere, sondern noch bissig haben möchte, nehme ich nur zwei bis drei. Viele Grüße! Hilke