Domaine Riberach: Wo alle Sinne reisen
Es war einmal… so beginnen Märchen, und so muss meine Geschichte über die Domaine Riberach* beginnen, denn die Verwandlung ist einfach märchenhaft.
Erst eine Genossenschaftskellerei, jetzt ein Hotel-Restaurant, in dem Entschleunigung keine Marketing-Maxime ist, sondern gelebte Realität. Erdacht von den beiden Architekten Karin Pühringer und Luc Richard.
Riberach versteckt sich in Bélesta. Nein, nicht beim Namensvetter in Ariège, sondern in „66“, im Département Pyrénées-Orientales, und dort in einem Nest in den Vorbergen der Pyrenäen, eine kurvige Autostunde von Perpignan entfernt.
Noch bevor ich den 225- Seelen-Ort erreiche, erinnert eine Stele an die Gefallenen der letzen Kriege. Dann tauchen rote Tondächer aus der Garrigue aus, die im Sonnenlicht würzig duftet. Zikaden zirpen. Hoch spannt sich der Himmel über den Bergkuppen.
Auf schmalen Straßen dringe ich vor bis ins Herz von Bélesta. Zwischen verwitterten Steinhäusern, die Wände krumm von der Last der Jahrhunderte, taucht rot-weiß eine Art-Deco-Fassade auf: Domaine Riberach*. Restaurant La Coopérative. Angekommen. Auf einem Gitterrost, über das Tal gehängt, parke ich meinen Wagen.
Schlummern im Fasskeller
Die Küferei, wo einst Weinfässer lagerten, bergen heute elf Zimmer und sieben Suiten. Jede(s) von ihnen individuell eingerichtet, doch mit dem gleichen hohen Standard an Komfort.
Mal gibt Treibholz dem Raum eine besondere Note, dann wieder die Struktur der Textilien oder die Kunst. Unaufdringlich individuell – mir gefällt dieses Styling.
Und der unbezahlbare Luxus, Platz zu haben in meinem Domizil auf Zeit – und das nicht nur im Schlaf-/Lebensraum, sondern auch im Bad. Die Domaine Riberach achtet auf solche Details.
Von den Erdgeschoss-Zimmern geht es direkt nach draußen, Sofa und Sonnensitz trennen nur wenig Meter. Tief unten sieht man von der Brüstung den Pool.
Er entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Naturbadeteich. Das frische Bachwasser fließt mitten hindurch! Der Glockenschlag des Kirchturms unterbricht meine Tagträumerei.
Zwölf Uhr. Zeit fürs déj. Meine Tochter und ich folgen einer Großfamilie, die eben noch Fotos auf der langen Terrasse gemacht hat, in einen Saal mit unglaublich hoher Decke.
Auf seinen Natursteinwänden erzählen große Foto-Collagen von der Arbeit der Kellerei. La Cooperative, die Genossenschaft, nennt sich das Hotel-Restaurant.
Mit Slow Food zum Bocuse d’Or
Slow Food, feine Küche, in der Region verwurzelt, mit Zutaten von regionalen Produzenten, steht hier auf der Karte. Oder genauer: auf Seite eins. Auf der Speisekarte, die saisonal wechselt, verrät Riberach genau, wer was liefert. Schon das gefällt mir unglaublich gut.
Das tat es wohl auch der Jury, die dem früheren Küchenchef Laurent Lemal 2015 den Bocuse d’Or verlieh. 2016 vertrat Laurent Lemal Frankreichs Köche beim Bocuse d’Or in Budapest, 2017 beim Bocuse d’Or Monde in Lyon. Dort gewann er Gold mit dem besten vegetarischen Gericht.
Heute kocht Laurent Lemal in Canet-en-Roussillon. Sein Nachfolger ist seit 2020 der junge Koch, der vier Jahre lang Sous-Chef bei ihm gewesen war: Julien Montassié. Ihm assistiert Nicolas.
Doch zurück zu den Menüs. Kilomètre Zéro ist das günstigste. Drei Gänge – und doch viel mehr. Als amuse-bouche kommen Churros aus der Küche, eingewickelt wie Pommes frites in das Papier der Zeitung The New Fork Times.
Wie der Titel, überrascht auch der Geschmack: nicht süß, sondern delikat salzig-käsig geben sich die spanischen Stangen-Krapfen.
Ob das so typisch ist? „Wir sind hier in Katalonien. Vor dem Pyrenäenfrieden war das Gebiet hier spanisch!“ klärt mich Guillaume auf, mein bretonischer Sommelier, und schenkt mir das Glas ein.
Synthèse heißt der Weiße. Später sollen noch Thèse, Antithèse und Parenthèse folgen. Es sind allesamt Weine der Domaine Riberach, die im Kellerei-Laden am Hotel auch für daheim erhältlich sind.
Doch bevor ich die Namensgebung ergründen kann, steht bereits die Vorspeise vor mir. „Ein Frühlingsgarten – der Wein hüpft wie ein Schmetterling von Blüte zu Blüte“, sagt Guillaume.
Nach dem leichten Auftakt wird es handfest. Mein Lamm ist – wie das Schwein auf dem Teller meiner Tochter – so sehr marmoriert, wie man es bei uns daheim nicht kennt. Dazu gibt es Couscous für mich, Gnocchi für sie.
Das Dessert flirtet mit optischen und geschmacklichen Kontrasten: Café trifft Orange, kühl mag knusprig. Töchterchen freut sich über einen New York Cheese Cake mit Himbeerspiegel, Minze und Crumble.
Und während ich etwas sehnsüchtig zum Käse schiele, kommt noch ein süßer Gruß zum Kaffee: Macarons, hausgemacht und poppig bunt.
Um drei Uhr nachmittags räumt der Keller die leere Tasse fort. Drei Stunden lang haben wir getafelt! Wie man jetzt wieder fit werden kann für das abendliche dîner?
Zum Beispiel im Spa, das 2015 eröffnete. Mit Sternenhimmel im Hammam zum Weiterträumen. Im südfranzösischen Märchen aus 1001 Nacht.
Riberach: Info & Buchung
Hôtel Domaine Riberach*
2A, route de Caladroy, 66720 Bélesta, Tel. 04 68 50 30 10, www.riberach.com. Wer mag, kann das Hotel hier* direkt online buchen.
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Ralf Nestmeyer, Languedoc-Roussillon*
Zwischen dem Delta der Camargue und den Gipfeln der Pyrenäen hat Ralf Nestmeyer nahezu jeden Strand gesehen, jede Stadt besucht, jedes Wehrdorf besichtigt – im Languedoc etwas intensiver, im Roussillon fokussiert er auf bekannten Highlights. Inzwischen ist der wohl beste Führer für diese wunderschöne Ecke Frankreichs 2024 in der 10. Auflage erschienen.
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Wow, das sieht echt verlockend aus. Da müssen wir mal ein paar Tage Station machen.
Es ist wirklich sehr schön dort, liebe Ingeborg. Herzliche Grüße, Hilke
Liebe Hilke.
Du hast ein sehr schönes Kleinod aufgetan, das ich nach der Bélesta-Ortsbegehung unbedingt einmal bei einer Weinsafari besuchen möchte. Vorfreudige Grüße aus Allemagne.
Hallo Thomas, guck mal hier – da findest Du weitere Infos zur Weinsafari: https://www.riberach.com. Bises, Hilke
Laurent Lemal, Küchenchef vom Restaurant „La Coopérative“ à Bélesta , wurde am 22. September 2015 mit dem Bocuse d’or France als bester Küchenchef des Landes ausgezeichnet – und vertritt Frankreich beim europäischen Finale des Wettbewerbes der Spitzenköche. Bravo!