Die Wehrkirche von La Bouteille. Foto: Hilke Maunder
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Die Wehrkirchen der Thiérache

Ecktürme, Verliese, Schießscharten und Wachtürme: Wenn ihr durch die Thiérache im Nordosten fahrt, habt ihr bestimmt schon einmal die großen Wehrkirchen der Dörfer und Städtchen gesehen.

Die Thiérache erstreckt sich heute über zwei Regionen und drei Départements: Aisne und Nord in Hauts-de-France und Champagne-Ardenne in Grand Est. In Belgien setzt sie sich in den Provinzen Hainaut (Hennegau) und Namur fort.

Typische Landschaft der Thieraché bei La Bouteille. Foto: Hilke Maunder
Typische Landschaft der Thiérache bei La Bouteille. Foto: Hilke Maunder

Als alte Grenzregion war die Thiérache von ständigen Konflikten, Plünderungen und Raubüberfällen geprägt. Die Einheimischen beschlossen daher, das einzige feste Gebäude zu befestigen, das den Angreifern standhalten konnte: ihre Kirchen. Als Erbe eines tausendjährigen Durchzugslandes sind besonders während des Achtzigjährigen Krieges (1568-1648) mehr als 60 befestigte Bastionen entstanden.

Auf der Rundstrecke der Wehrkirchen der Thiérache könnt ihr heute dieses ungewöhnliche Architekturerbe entdecken. Die ausgeschilderte Strecke beginnt bei Charleville-Mézières  in den Ardennen von Grand Est an der Grenze zum Département Aisne. Von dort führt die Themenroute als 150 Kilometer lange Rundstrecke durch Wälder und Wiesen zu 15 befestigten Wehrkirchen in der Thiérache.

Detail der Türe der Wehrkirche von La Bouteille. Foto: Hilke Maunder
Detail der Türme der Wehrkirche von La Bouteille. Foto: Hilke Maunder

Auch abseits der markierten Route findet ihr solche Kirchen. Wie in La Bouteille. Seinen Namen erhielt das 400-Seelen-Dorf von einer Flaschenfabrik. 1540 eröffnete sie in La Bouteille (Die Flasche). Die wuchtige Wehrkirche geht auf 1547 zurück. Aber erst 1860 erhielt sie ihren vierten Turm. Bis dahin diente ein Strebepfeiler als Stütze.

Weiter nördlich findet ihr in Origny-en-Thiérache eine weitere Wehrkirche. Notre-Dame-du-Mont-Carmel du Chaudron entstand direkt an der D963 im Jahr 1872. Sehr wehrhaft ist auch die zweite Kirche des Ortes, Saint-Cyr-et-Sainte-Julitte.

Schnurgerade durchschneiden Landstraßen wie hier bei La Bouteille die Orte. Die alten Achsen für den Lastverkehr sind heute mitunter verwaist – ein wenig wie aus der Zeit gefallen. Doch wer anhält und durch die Orte spaziert, entdeckt plötzlich Kleinode. Foto: Hilke Maunder

Die schönsten Wehrkirchen

Diese zehn Wehrkirchen gehören für mich zu den schönsten der Region – und solltet ihr auf keinen Fall verpassen!

Saint-Médard in Beaurain

Saint-Martin in Burelles

Saint-Nicolas in Églancourt

Saint-Théodulphe in Gronard

Saint-Martin in Jeantes

Saint-Martin in Montcornet

Saint-Médard in Parfondeval

Notre-Dame de l’Assomption in Plomion

Saint-Médard in Prisces

Saint-Martin in Wimey

Detaillierte Beschreibungen zu all diesen wehrhaften Gotteshäusern enthält der Reiseführer des Chamina-Verlags, erhältlich bei den Touristeninformationen.

Bilderbuchdorf: Parfondeval

Ein Dorfidyll aus roten Backsteinen und grauen Schieferdächern, das eine imposante Wehrkirche überragt, ist Parfondeval. Heute gehört es zu den schönsten Dörfern Frankreichs! Bis heute ist das Dorf dennoch recht landwirtschaftlich ausgerichtet und ein wunderschöner Ausgangspunkt für Wanderungen, Spaziergänge oder Radtouren vorbei an  Apfelhainen, Weiden und Maisfeldern.

Köstliches aus der Bocage

Die Thiérache ist recht dünn besiedelt. Typisch ist ihre Bocage-Landschaft. Immer wieder trennen „Knicks“, Hecken- und Strauchwälle, die Felder und schützen sie vor dem Wind. In den Apfelhainen wachsen uralte Sorten an knorrigen Bäumen und liefern den Rohstoff für eine Spezialität, die ich dort nicht vermutet hätte: Cidre.

Die Milch der Kühe, die auf den weiten Wiesen weiden, liefern die Milch für einen Stinkekäse, den ich enorm schätze: den Maroilles. Ein Verwandter des quadratischen Maroilles ist ein köstlicher Kegel: die Boulette d’Avesnes aus dem Avesnois im Département Nord.

Er kann mit Petersilie, Estragon und Nelken gewürzt werden, mit Bier gewaschen oder in Paprika oder Rauke gerollt werden. Letzteres verleiht ihm eine rotbraune Farbe und einen etwas würzigen, mitunter herben Geschmack.

Die Wehrkirche Notre-Dame-du-Mont-Carmel von Origny-en-Thiérache. Foto: Hilke Maunder
Die Wehrkirche Notre-Dame-du-Mont-Carmel von Origny-en-Thiérache. Foto: Hilke Maunder

Die Wehrkirchen der Thiérache: meine Reiseinfos

Der Führer

Bei den Offices de Tourisme erhaltet ihr einen informativen Führer zu den befestigten Kirchen der Region. www.tourisme-thierache.fr/Incontournables/La-Thierache-fortifiee

Essen & trinken

Die Infrastruktur an Cafés ist in diesem Landstrich recht dünn. Die Küche ist einfach und bodenständig mit Steak Frites und anderen Café-Bar-Klassikern. Richtig gut und köstlich sind die Holzofen-Pizze.

Bar Tabac de Lugny

Chez Franck, 29, rue du Vilpion, 02140 Lugny, Tel. 98 23 98 17 00

Miiaam... Maroilles! Foto: Hilke Maunder
Miiaam… Maroilles! Foto: Hilke Maunder

Die Käse-Macher

Maroilles Fauquet

Seit1925 fertigt Fauquet die Tradition des symbolträchtigen Käses des Nordens  – ihr kennt ihn vielleicht von der Käsetheke von Carrefour.
• 28, rue de la Croix, 02170 Le Nouvion-en-Thiérache, Tel. 03 23 98 35 70, www.quiveutdufromage.com

Maroilles Leduc

In dritter Generation wird bei Leduc der Landkäse gefertigt.
• 4, route de la Capelle, 02260 Sommeron, Tel. 03 23 97 23 86, www.leduc-maroilles.com

Maroilles Lesire

1923 wurde diese Käserei gegründet.
• 9, rue Dardennes, 02500 Mondrepuis, Tel. 03 23 58 13 51, https://www.facebook.com

Ferme de la Fontaine Orion

Auf dem Käsehof von Claire Halleux könnt ihr auch übernachten!
• 1, rue de Hurtebise – 02140 Haution, Tel. 03 23 98 22 50, https://maroilles-claire-halleux.fr

Ferme de Maliécour

• 02450 Oisy, Tel, 03 27 77 60 44

Die Cidre-Höfe

Im Mai blühen die Apfelbäume der Thiérache. Foto: Hilke Maunder
Im Mai blühen die Apfelbäume der Thiérache. Foto: Hilke Maunder

Le Clos de la Fontaine Hugo

Im Hofladen von Grégoire Leroux gibt es neben Apfelsaft, Cidre und frischen Äpfeln auch Apfelessig, Apfelgelee und Cidre-Konfitüre. Wer mag, kann auf dem Hof übernachten.
• Hameau de Wichery,  02360 Rozoy-sur-Serre, Tel.  03 23 97 69 47, www.bienvenue-a-la-ferme.com

La Folie Douce

Ferme de la Chapelle Jérôme, 1, rue de la Fontaine des Pauvres,  02170 Le Nouvion-en-Thiérache, Tel. 03 23 97 09 99, www.facebook.com/Folie.Douce.de.Thierache

Schlemmer-Shopping

Les Vergers du Baty

Gleich mehrere lokale Produzenten findet ihr in dem Hofladen dieses Apfelhofes.
• 9 rue du Baty, 02500 Neuve-Maison, Tel 03 23 58 19 27, www.facebook.com

Saveurs et Terroir

• 43, rue du Général de Gaulle, 02260 La Capelle, Tel. 03 23 97 17 16

Les Copains d’Thiérache

• 24, rue Camille Desmoulins, 02120 Guise, Tel. 09 73 22 18 74, www.facebook.com/copainsthierache

Nicht verpassen

Die Tour Florentine von Hirson. Foto: Hilke Maunder
Die Tour Florentine von Hirson. Foto: Hilke Maunder

Tour Florentine

Kein Überrest einer Kirche ist die Tour Florentine nahe der Grenzübergangsstelle von Hirson. Den 45,76 m hohen, sechsstöckigen Turm erbaute der französische Architekt Gustave Umbdenstock gemeinsam mit dem Ingenieur Raoul Dautry. Beide waren bei der Compagnie des Chemins de Fer du Nord.

Sein Bau war in den Jahren 1920-1921 notwendig geworden, weil Hirson Anfang des 20. Jahrhunderts zum zweitgrößten französischen Rangierbahnhof nach Paris aufgestiegen war. Der Turm war Ausguck und Stellwerk zugleich. Obgleich aus Stahlbeton gebaut, orientiert sich seine Architektur am traditionellen Stil der Belfriede des Nordens und integriert gleichzeitig ein Dekor aus Ziegelsteinen und Keramiken im Art-déco-Stil.

Am nahen franco-belgischen Grenzübergang Hirson drehte Dany Boon seinen zweiten Erfolgsfilm aus dem Land der Scht’i: Rien à déclarer* (Nichts zu verzollen*. 2010).

Der Grenzübergang von HIrson war Drehort. Foto: Hilke Maunder
Der Grenzübergang von HIrson war Drehort. Foto: Hilke Maunder

Familistère de Guise

Der riesige Backsteinkomplex gilt als erster sozialer Wohnungsbau der Moderne. Jean-Baptiste André Godin, überzeugter Sozialist und Fabrikant, errichtete ihn in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Guise, um den Arbeitern seiner Fabrik das Wohnen dicht am Arbeitsplatz zu ermöglichen. Bis in die 1960er-Jahre bestand das Genossenschaftsmodell. Heute ist der Komplex ein Museum – und sein Theater Bühne für spannende Veranstaltungen.
• Cité Familistere, 02120 Guise, Tel.  03 23 61 35 36www.familistere.com

Festival de musique ancienne et baroque

Alljährlich im Juni in der Abtei von Saint-Michel.
• Abbaye de Saint-Michel-en-Thiérache,  BP 18, 02830 Saint-Michel, Tel. 03 23 58 23 74, www.festival-saint-michel.fr

Ducales de Guise

Am ersten Wochenende im August feiert die Burg von Guise alljährlich vier Tage lang ihr Mittelalterfest.
• Château Fort de Guise, Allée Maurice Duton, 02120 Guise, Tel. 03 23 61 11 76, www.chateaudeguise.fr

Hier könnt ihr schlafen*
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Die markierte Route der Wehrkirchen in der Thiérarche: Auch in den Ardennen wie hier bei Jandun könnt ihr ihren Spuren folgen. Foto: Hilke Maunder
Die markierte Route der Wehrkirchen in der Thiérarche: Auch in den Ardennen wie hier bei Jandun könnt ihr ihren Spuren folgen. Foto: Hilke Maunder

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Das ganze Land

Secret Citys Frankreich*

Gemeinsam mit meinem geschätzten Kollegen Klaus Simon stelle ich in diesem Band 60 Orte in Frankreich vor, die echte Perlen abseits des touristischen Mainstreams sind. Le Malzieu in der Lozère, Langogne im Massif Central, aber auch Dax, das den meisten wohl nur als Kurort bekannt ist.

Mit dabei sind auch Sens, eine filmreife Stadt im Norden von Frankreich, und viele andere tolle Destinationen. Frankreich für Kenner  – und Neugierige!

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2 Kommentare

  1. Hallo Hilke, das hört sich sehr interessant an und ist sicher wieder ein lohnenswertes Ziel. Empfehlen möchte ich, die Rundtour in Belgien in Boullion zu starten. Das liegt direkt bei Charleville-Mézière an der belgischen Grenzseite und ist wirklich ein sehr sehenswertes Städtchen, mit einer Burg oberhalb der Stadt auf einem Bergrücken entlang des Flüsschens Semios. Einen Abend in einem Restaurant mit Moulle et Frites an der Uferpromende und Übernachtung im Hotel de la Poste kann ich wirklich empfehlen. So kann es morgens ausgeruht losgehen.
    Viele Grüße
    Heinz Bruns

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