
1,6 Kilometer lang ragt sie aus dem sumpfigen Boden der Camargue auf. Wehrhaft, wuchtig, ein Bollwerk der Gotik: die Stadtmauer von Aigues-Mortes. Damals endete sie direkt am Ufer einer großen Lagune. Kanäle verbanden sie mit dem Meer. Moore erstreckten sich ringsum.

Damals, im Jahr 1240, hatte Ludwig der Heilige das Land erworben und begonnen, dort eine Bastide zu errichten. Denn der französische König brauchte unbedingt eines: einen Hafen am Mittelmeer. Denn es war die Zeit der Tempelritter und der Kreuzzüge gen Jerusalem.

Das Land, das Ludwig in der Camargue kaufte, glich einem Keil zwischen zwei Machtblöcken. Die Provence gehörte zum Heiligen Römischen Reich, das Languedoc dem König von Aragón. Der französische König war dort ein machtpolitisch ein Winzling.

Doch seine Vision schuf Großes. Er ließ einen Damm aufschütten und darauf eine Straße anlegen. Sie bewachte die Tour Carbonnière.

Seine neue Siedlung folgte dem Bauplan der südfranzösischen Bastiden, die überall im Mittelalter zur Grenzsicherung aus dem Boden schossen: mit rasterförmigem Straßennetz, zentralem Hauptplatz und schützenden Mauern.
Rauf auf die Stadtmauer ( remparts ) geht es neben der Tour de Constance. 30 Jahre war Frankreichs berühmteste Hugenottin dort im Dunkel eingekerkert: Marie Durand.

Juwel im Salz-Reich
Vom Wehrgang eröffnen sich traumhafte Ausblicke auf die Altstadt, die Camargue und die Salzberge der Salins du Midi.

Seit März 2016 könnt ihr in Aigues-Mortes sogar einen Salzkegel besteigen und aus 20 Metern Höhe die Aussicht genießen – mit 60.000 Tonnen Salz unter den Füßen!
Die Salzberg-Besteigung ist die neueste Attraktion der Salins du Midi und wird bei der Rundfahrt mit dem Petit Train angeboten.

Hinein in die ville close !
Durch die Porte de la Gardette gelangt ihr ins Innere der ville close, der befestigten Altstadt, und geradeaus direkt zur Place Saint-Louis.
In den Sommermonaten, und besonders zur Fête Saint-Louis, pulsiert das Leben hier bis in den frühen Morgen. Die Tische, Stühle und Sonnenschirme der Terrassencafés drängen sich hier so dicht, dass das Denkmal des Stadtgründers im Grün der Platanen fast verschwindet.

Direkt am Hauptplatz erhebt sich seit 1246 die Stadtkirche Notre-Dame-des-Sablons, in der auch Ludwig der Heilige gebetet haben soll, bevor er zum siebten Kreuzzug aufbracht.

Es sollte sein letzter sein. Mit seinem 10.000 Mann starken Heer traf er am 18. Juli 1270 in Tunesien ein, mitten in der Sommerhitze. Karthago war schnell erobert, doch in Tunis war der Widerstand stark.

Statt schneller Eroberung war Belagerung angesagt. Das Trinkwasser fing zu faulen an. Nachts schleuderten die Tunesier Tierkadaver ins Lager. Seuchen brachen aus. Auch Ludwig IX. erkrankte.

Am 25. August 1270 starb der Stadtgründer von Aigues-Mortes im Alter von 56 Jahren. 27 Jahre später sprach Papst Bonifatius VIII. den König heilig. Mit Aigues-Mortes hat er ein Juwel hinterlassen.
Im Sommer erdrückt es der Tourismus. Doch von September bis Mai könnt ihr das Städtchen ganz entspannt genießen!

Aigues-Mortes: meine Reisetipps
Schlafen & schlemmen
Hôtel Les Remparts*
Am einstigen Standort der Kavallerie betreiben Karine und Thomas Carrière ein charmantes wie ruhiges Hotel mit 12 Zimmern, die Komfort, Nostalgie und Moderne perfekt vereinen. Bei gutem Wetter könnt ihr draußen mit Blick auf die Stadtmauer speisen.
• 6, place Anatole France, 30220 Aigues-Mortes, Tel. 04 66 53 82 77, www.remparts-aiguesmortes.fr

Weitere Unterkünfte*
Booking.com

Nicht verpassen
La Maison du Grand Site de France de la Camargue Gardoise
Die Maison du Grand Site de France de la Camargue Gardoise stellt das Wirken des Heiligen Ludwig und anderer Menschen, die die Camargue geprägt haben, in der Ausstellung heraus. Auch hier gehört ein Entdecker-Pfad zum Komplex.
• Route du Môle, Aigues-Mortes, Tel. 04 66 77 24 72, www.camarguegardoise.com

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Im Blog
Wie die berühmte Salzblume gewonnen wird, verrate ich in diesem Beitrag, der auch Adresse und Reisetipps rund ums Salz enthält.
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Seit 1933 bringt euch die Kabelfähre Bac du Sauvage ans andere Ufer des Petit Rhône hin nach Les Saintes-Maries-de-la-Mer. Aus dem Meer von Ferienhäusern ragt im Herzen des quirligen Urlaubsörtchens die Wehrkirche Notre-Dame de la Mer heraus, wo ihr dem Klerus aufs Dach steigen und den wohl schönsten Panoramablick auf die Stadt, die Küste und die Salzwiesen der Camargue genießen könnt. Mehr dazu gibt es hier.

Im Buch
MARCO POLO Languedoc-Roussillon/Cevennen*
Diesen Titel habe ich nach Axel Patitz und Peter Bausch inzwischen seit sechs Ausgaben umfangreich erweitert und aktualisiert.
Strandvergnügen und Kultur, quirlige Städte und wildromantische Landschaften: Von den Cevennen über das Languedoc bis hin zum Roussillon findet ihr dort Highlights und Kleinode, Tipps für Entdecken und Sparfüchse – und Adressen, die ich neu entdeckt und getestet haben. Denn dieser Landstrich ist seit 2014 meine zweite Heimat.
Wandert rund um den Mont Lozére, radelt durch die Petite Camargue, schippert im Hausboot auf dem Canal du Midi, taucht mit der Zahnradbahn in die faszinierende Tropfsteinwelt der Cevennen ein oder entdeckt die Côte Vermeille bei einer Schnorchelwanderung. Wer mag, kann ihn hier* direkt bestellen.
Der Reisebegleiter vor Ort: Ralf Nestmeyer, Languedoc-Roussillon*
Zwischen dem Delta der Camargue und den Gipfeln der Pyrenäen hat Ralf Nestmeyer nahezu jeden Strand gesehen, jede Stadt besucht, jedes Wehrdorf besichtigt – im Languedoc etwas intensiver, im Roussillon fokussiert er auf bekannten Highlights. Inzwischen ist der wohl beste Führer für diese wunderschöne Ecke Frankreichs 2021 in 9. Auflage erschienen.
Das 588 Seiten dicke Werk ist der beste Begleiter für Individualreisende, die diese Region entdecken möchten und des Französischen nicht mächtig sind. Wer möchte, kann den Band hier* direkt bestellen.
Okzitanien: 50 Tipps abseits der ausgetretenen Pfade*
Okzitanien ist die Quintessenz des Südens Frankreichs. Es beginnt in den Höhen der Cevennen, endet im Süden am Mittelmeer – und präsentiert sich zwischen Rhône und Adour als eine Region, die selbstbewusst ihre Kultur, Sprache und Küche pflegt.
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Interessanter Artikel über einen interessanten Ort!
Lieber Herr Uhlmann, ganz herzlichen Dank! Noch ein kleiner Tipp, den ich gestern von meiner Hamburger Bekannten Dagmar Winkelhofer-Bülow erhalten habe: Mittendrin hat der Künstler Mario di Maio seine Werkstatt! Er macht Vogelskulpturen aus Holz, sehen Sie sie doch einmal hier an: http://www.oiseaux-sculpture-mariodimaio.com. Viele Grüße! Hilke Maunder