
Australien bildete zusammen mit Neuseeland und anderen Ecken im Südwestpazifik einst den riesige Urkontinent Gondwana. Als er vor rund 250 Millionen auseinanderbrach, entstand auch Neukaledonien – und driftete gen Nordosten.
Im Süden von Grande-Terre, der Hauptinsel des Außenposten Frankreichs im Pazifik, fühlt ihr euch sofort auf den fünften Kontinent versetzt.

Schuld daran ist die rote Erde, die das Land bedeckt. Ausgemergelt und erodiert, dann wieder dicht bewachsen mit neukaledonischer Macchia. Und sogar tropischem Regenwald.
Früher bedeckte er rund 80 Prozent des Archipels. Heute sind nur noch knapp 20 Prozent erhalten. Landbau und Besiedlung, aber vor allem der Bergbau haben ihn dezimiert.

Die Nickel-Berge
Auf Neukaledonien wird im großen Stil Nickel, das für die Herstellung von rostfreiem Inox-Stahl benötigt wird, abgebaut. Der Archipel birgt ein Drittel der weltweiten Nickelvorräten. Im Rivière-Bleue-Naturschutzgebiet der Provinz Süd steckt überall Nickel in der Erde. Blaue Adern im Gestein verraten sein Vorkommen.

Die Gebiete, die einst abgeholzt wurden, werden heute gezielt mit einheimischer Flora aufgeforstet. Dass das gelingt, hat Forscher weltweit neugierig gemacht. Denn Nickel ist ein hochgiftiges Metall!

Doch trotzen ein paar Superpflanzen nicht nur dem Nickel, sondern nutzen es sogar! Als „Hyperakkumulatoren“ ziehen sie die Schwermetalle aus dem Boden und speichern sie in ihren Blättern. Auf dem Weg dorthin färbt der Nickel den Pflanzensaft: Er ist blaugrün!

Grüne Saubermacher
Der Ökologe Antony van der Ent hat diese außergewöhnlichen Pflanzen mit nach Melbourne genommen und dort in einen Teilchenbeschleuniger gesteckt.

Die hochauflösenden Bilder aus dem Innersten der Pflanze verrieten ihm, wie die Pflanze die Metallanreicherung anlegte und nutzte. Und genau mit dieser Technik sollen nun verseuchte Böden weltweit mit solchen Superpflanzen renaturiert werden.

Zwischen dem dichten Grün verstecken sich auch Orchideen wie die Megastylis gigas. Eine Besonderheit sind auch die fleischfressenden Pflanzen wie die Drosera neocaledonica und Nepenthes vieillardii.

„Da der Boden so nährstoffarm ist, fressen sie Insekten und decken so ihren Nährstoffbedarf“, sagt Axelle. Die 37-Jährige kam 2010 nach einem BTS Tourisme nach Neukaledonien, blieb, heirate. Und machte sich 2013 mit Toutazimut als Outdoour-Guide und Veranstalter selbstständig .

Der versunkene Wald
Der 22.000 Hektar große Parc provincial de la Rivière Bleue ist Teil des Wildreservates von Haute-Yaté. Seit 1980 schützt er die Becken der Flüsse Rivière Blanche, Rivière Bleu und Mois de Mai.
Die beiden letztgenannten füllen seit dem Bau des Yaté-Damms im Jahr 1958 den Yaté-Stausee. Aus den Fluten ragt einen natürlichen Wahrzeichen des Parkes hervor: ein großer ertrunkener Wald – die forêt noyée.

Den Stausee überquert der Pont Pérignon. Errichtet wurde die 80 m lange Brücke 1958 aus „chêne gomme“ (Arillastrum gummiferum). Das Holz dieses tropischen Myrtengewächs widersteht seit mehr als 60 Jahren dem Wasser.

Mountainbiker und Kanuten starten hier ihr Erkundungstouren, denn für private Fahrzeuge ist vor der Brücke Pont Pérignon Schluss. Weiter geht es nur zu Fuß, paddelnd oder radeln.
Axelle gehört zu den wenigen Touranbietern, die dank einer Sondergenehmigung tiefer in das Naturschutzgebiet eindringen darf.
Ihr Toyota Landcruiser erklimmt auf roten Offroad-Pisten auch Aussichtspunkte wie Guepyville, den ihr auch mit dem Parkshuttle erreichen könnt. Danach dringen wir tiefer in den urzeitlichen Regenwald ein, der hier überlebt hat.

Zu den Veteranen der Fauna gehören riesige Kaori (Agathis lanceolata; Kauri). Auf einem Holzbohlenweg, der euch als 20 Minuten-Runde den Regenwald präsentiert, kommt ihr auch zum größten bekannten Exemplar dieser Art in Neukaledonien. 40 m hoch ragt Le Grand Kaori aus dem Grün auf.
In der Krone haben ihn Epiphyten erobert. An der Basis beträgt der Stammdurchmesser 2,70 m im Durchmesser. Mit etwa 1.000 Jahren gehört der grüne Riese auch zu den ältesten Exemplaren seiner Art. Das Holz der Kaori war auf Neukaledonien begehrt. Häuser, Möbel und Schiffe wurden einst daraus hergestellt.

Abtransportiert wurde das Holz einst per Bahn. Mitten im Regenwald könnt ihr verlassene Schienenstränge sehen. 1918 nur sechs Kilometer lang, wurde die Gleisstrecke 1920 – 28 von Albert Varin, dem Direktor von „La Forestière“, ausgebaut und verlängert.
Der Nationalvogel von Neukaledonien
Die frühe Isolation hat dem Inselreich nicht nur eine einzigartige Flora, sondern auch Fauna beschert. Als vor uns ein paar Mountainbiker ganz aufgeregt ihre Handys und Kameras zücken, hält auch Axelle. Direkt an der Schotterpiste stochert ein junger Cagou (dt. Kagu) zwischen Blättern nach Nahrung.
Der entengroße Laufvogel, der wegen fehlender natürlicher Feinde nie fliegen musste, ist heute selten geworden. Neukaledoniens Nationalvogel könnt ihr nur noch in den Naturparks von Grande-Terre mit etwas Glück entdecken. Ihr erkennt ihn an seinem grauweißen Federkleid und seinem langen, rötlichen Schnabel.
Im Unterholz des Regenwaldes lebt auch die Riesentaube Notou. In den Höhlen des Parc Provincial de la Rivière Bleue ist La Roussette Roux heimisch. Im April darf die bedrohte Fledermausart – ganz legal – gejagt werden, um das kanakische Festgericht Le Bougna vorzubereiten.

La Rivière Bleu gehört zu den faszinierendsten Landschaften, die ich in Nouvelle-Calédonie kennengelernt habe. Mitten hindurch führt auf 120 km die Grande Randonnée Sud (GR 1 NC), eine der beiden großen Fernwanderwege von Grande-Terre.
Ein zweiter Fernwanderweg erschließt den Norden der Hauptinsel. Im Naturpark findet ihr zudem ein dichtes Netz mit 18 kürzeren und längeren Tageswanderungen sowie sechs sehr gut markierter Mountainbike-Strecken.

Bei der Brücke am Stausee könnt ihr zudem Kanus leihen und auf der Rivière Bleue paddeln. Der Fluss, den Felsen hier und da verblocken, ist so sauber, klar und erfrischend, das ihr darin auch herrlich baden könnt! Mit dem Besuch im Süden endete meine einwöchige Entdeckertour durch Neukaledonien.
Ich hoffe, euch hat die Blogparade zu Frankreichs Außenposten in der Süde genauso viel Freude bereitet wie mir. Alle Beiträge findet ihr hier.

Parc Provincial de la Rivière Bleue: meine Reisetipps
Eintritt
Wer nicht auf einer geführten Tour den Park besucht, zahlt eine Gebühr – 2018 waren es 600 Pazifische Francs.
Schlafen
Gegen eine kleine Gebühr dürft eine Nacht im Naturschutzgebiet in eurem Biwak übernachten.
Maison du Parc
Das Infozentrum des Naturschutzgebietes stellt euch mit Ausstellungen und Filmen die Landschaften und Biotope vor.
Mein Buchtipp
Eine Maske aus Holz, die ihr Großvater einst aus Neukaledonien mitgebracht hatte, wird zum Auslöser für eine Reise, bei der Birgit Weidt nicht nur die Kultur der Kanaken von Neukaledonien, sondern auch sich selbst besser kennen lernen.
Die freie Journalistin, die u.a. für DIE ZEIT schreibt, lernt auf Grande Terre den Stammeshäuptling Bergé Kawa kennen, der ihr gestattet, in seiner Dorfgemeinschaft mit seinen Ritualen, Ahnen, Geistern und Traditionen kennenzulernen. Dort lernt sie, warum man fremden Menschen nicht in die Augen sehen soll und warum Frauen ihre Altersfalten wie Schmuck zur Schau tragen.
Das Leben der Ureinwohner im Einklang mit der Natur: Mit ihrem Taschenbuch seid ihr hautnah mit dabei. Wer mag, kann den Band hier* online bestellen.
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Offenlegung
Neukaledonien entdeckte ich auf einer Pressereise, die ATOUT France mit ihren Partnern Nouvelle-Calédonie Tourisme, Air France und Aircalin organisiert hatte. Ihnen allen sage ich dafür merci und herzlichen Dank.
Einfluss auf meine Blogberichte hat dies nicht. Ich berichte subjektiv, wie ich es erlebt habe, mache kein Merchandising und werde erst recht nicht für meine Posts bezahlt.
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