
Eine schiffbare Verbindung zwischen Atlantik und Mittelmeer: Davon träumten bereits in Römer in Frankreich. Sonnenkönig Ludwig XIV. machte dazu den ersten Schritt und ließ durch den Baron Pierre-Paul Riquet den Canal du Midi von Sète bis Toulouse bauen.
Doch erst 1856, und damit fast 200 Jahre nach dem Canal du Midi, wurde der Canal latéral à la Garonne fertiggestellt. Die langersehnte Verbindung von Mittelmeer und Atlantik war nun vollendet. Und doch von der Zeit längst überholt.
Bereits zwei Jahre später hievte die zuständige Eisenbahngesellschaft den gesamten Warenverkehr auf die Schiene. Der Garonne-Seitenkanal, kurz Canal de Garonne genannt, geriet in Vergessenheit.

Das blaue Band des Südens
Der Name Canal des Deux Mers indes täuscht. Tatsächlich muss jeder, der vom Atlantik zum Mittelmeer schippern möchte, neben den beiden Kanälen auch natürliche Wasserwege benutzen. Vom Atlantik aus geht es ab Royan auf der Gironde bis zur Einmündung der Dordogne, dann auf der Garonne vorbei an Bordeaux bis nach Castets-en-Dorthe. Dort beginnt der 193 Kilometer lange Garonne-Seitenkanal.

Brücken für Boote
Bei Moissac trifft der Garonne-Kanal auf den Fluss Tarn – und wird auf dem 356 Meter langen Pont-Canal du Cacor hoch über den Fluss geführt. So eine faszinierende Passage wiederholt sich in Agen, wo eine 549 Meter lange Kanalbrücke mit 23 Bögen die Boote über die Garonne leitet. Spektakuläre Wasserbauten wie diese machen den Reiz dieser Wasserstraße aus.
Als Pilgerort am Jakobsweg besitzt Moissac in der Abtei Saint-Pierre romanische Steinmetzkunst mit Welterbestatus. 1930 überflutete ein Hochwasser den Ort. Viele Häuser wurden damals im Stil der Zeit neu aufgebaut.
Moissac besitzt daher die meisten Art-déco-Bauten Südwestfrankreichs. Zu den Prachtbauten jener Epoche gehört die Hall de Paris. Der Backsteinbau mit feinem Traubendekor dient heute als Konzerthaus.

Hoch das Schiff!
1974 ging dort in Montech das weltweit erste Schiffskeilhebewerk in Betrieb. 35 Jahre lang zog die Pente d’eau de Montech innerhalb von 20 Minuten Schiffe über eine 14 Meter hohe Rampe am Kanal hinauf beziehungsweise hinab – und war damit fünfmal schneller als die fünfstufige Schleusentreppe.
Nach einem Brand 2009 stillgelegt, ist sie seit diesem Jahr das Herzstück eines Museums, das gemeinsam mit der nahen Papierfabrik das industrielle Erbe thematisiert.
Der Canal Latéral à la Garonne endet in Toulouse am Port de l’Embouchure mit seinen Ponts Jumeaux. Die Doppelbrücke samt imposantem Marmorrelief markiert den Anfang des Canal du Midi, der bei Marseillan am Étang de Thau endet.
Alle Schiffe müssen dort den größten Lagunensee der Ausgleichsküste des Languedocs durchqueren, um Sète zu erreichen. Vorbei an den prachtvollen Fassaden des Canal Royal wird schließlich das Mittelmeer erreicht – nach insgesamt 590 Kilometern.
Der Canal des deux mers: eine Reise in Bildern






























Mein Tipp: Le Canal des 2 Mers à vélo
Nicht nur mit dem Hausboot, sondern auch mit dem Fahrrad lässt sich die längste Schifffahrtsstrecke Südfrankreichs entdecken. Das Gros der Strecke verläuft dabei auf einstigen Treidelpfaden. Bäume spenden dort Schatten. Herrlich! So lässt sich die Kanalroute auch an heißen Sommertagen gut radeln.

Es geht nur mit euch.
Sichere Technik. Kein Tracking. Keine Werbung.
Sondern: unabhängiger Journalismus.
Das gefällt euch? Dann freue ich mich über eure Unterstützung.
Fünf Möglichkeiten gibt es. Und auch PayPal.
Weiterlesen
Im Blog
Canal du Midi: Traumtörn im Hausboot
Die Garonne: Strom des Südwestens
Im Buch
Gemeinsam mit meinem geschätzten Kollegen Klaus Simon stelle ich in diesem Band 60 Orte in Frankreich vor, die echte Perlen abseits des touristischen Mainstreams sind. Le Malzieu in der Lozère, Langogne im Massif Central, aber auch Dax, das den meisten wohl nur als Kurort bekannt ist.
Mit dabei sind auch Sens, eine filmreife Stadt im Norden von Frankreich, und viele andere tolle Destinationen. Frankreich für Kenner – und Neugierige!
Lasst euch zu neuen Entdeckungen inspirieren… oder träumt euch dorthin beim Blättern im Sessel oder am Kamin. Wer mag, kann das Lesebuch mit schönen Bildern hier* bestellen.
Einfach aus dem Besten auswählen und Neues ausprobieren, ist das Motto der Marco Polo-Reiseführer. Den MARCO POLO Frankreich* habe ich vor vielen Jahren von Barbara Markert übernommen und seitdem für mehrere Auflagen umfassend aktualisiert und erweitert.
Freut euch auf neue Insidertipps, neue Reiseziele, frischen Hintergrund und viele Erlebnisvorschläge für Aktive und Entdecker – von Lichterkunst in Bordeaux’ U-Boot-Basis bis zu Wanderungen unter Wasser.
Und damit ihr Frankreich noch besser versteht, gibt es natürlich auch viel Hintergrund zu Frankreich und seinen Menschen inklusive zahlreicher Tipps, wie ihr das Frankreich-Feeling mit nach Hause nehmen könnt. Wer mag, kann ihn hier* direkt bestellen.
Die französichen Kanäle wären eigentlich eine eigene Serie wert.
Hallo Titus, ja, das stimmt! Wenn Du einen Kanal kannst besonders gut kennst, freue ich mich über einen Gastbeitrag! Viele Grüße, Hilke
Hallo, seit vielen Jahren lebe ich zeitweise in der Nähe des Kanals bei Homps. In dem Beitrag vermisse ich den Abschnitt zwischen Carcassonne und Béziers, der mit zu den schönsten Strecken gehört, nur wenige Schleusen aufweist und deshalb gut befahrbar ist. La Redorte, Homps, Argens und Le Somail sind malerische Häfen, hübsche Dörfer wie Paraza und Ventenac laden zum Anhalten ein. Liegt es am Verschwinden der Platanen, die wegen ihrer Krankheit gefällt werden mussten, dass dieser Streckenabschnitt nicht erwähnt wurde? Natürlich hat sich das Aussehen des Kanals dadurch sehr verändert, aber als Schiffsbesatzung hat man jetzt einen außergewöhnlich weiten Blick auf die umliegenden Weinfelder und die Silhouette der Berge. Das ist ein ganz neues und interessantes Erlebnis!
Hallo Ilse, danke für Deinen Kommentar. Ich habe den Abschnitt des Canal du Midi beim Canal des deux mers hier vorgestellt: https://meinfrankreich.com/canal-du-midi. Und ja, Du hast recht – eine wunderschöne Ecke! Viele Grüße, Hilke